5 Monate "Flitterwochen"

Reisezeit: Februar - Juli 2015  |  von Vi O.

Kambodscha: Battambang

Battambang

05.06.15

Drei Stunden dauerte die Fahrt nach Battambang, neuer Guide inklusive. Unsere Gruppe war auf sechs Leute geschrumpft und darüber war ich gar nicht böse. In Battambang fuhren wir zuerst zum Bamboo Train, auch kambodschanische Achterbahn genannt. Mitten im Grünen kamen wir zu Zugschienen. Überall wuchs Gras darüber und ausser ein paar "Lokführern" hatte es weit und breit nichts und niemanden. Das Gefährt, das sich tatsächlich Bamboo TRAIN nennen darf, ist ein Brett auf vier Rädern mit einem Motor hinten. Früher wurden die Züge genutzt, um Personen und alles andere Erdenkliche zu transportieren. Dazumal hatte man noch keinen Motor und mit einem Stock wurde man vorwärts geschoben, à la Gondel in Venedig. Der Witz an der Sache ist, dass es nur eine Schiene gibt, sprich kreuzen ist unmöglich. Das einzige Schienensystem in Kambodscha wurde aber dennoch von beiden Seiten befahren, wenn zwei Züge aufeinander zufahren, muss der mit der kleineren Last absteigen und den Zug von dem Gleis nehmen, damit der andere durchfahren kann. Unser Fährtchen mit Motor war richtig witzig. Zweige und Ästlein peitschen einem ins Gesicht und um die Beine, mit einer Geschwindigkeit von bis zu 40 kmh saust man die Schienen entlang, für ein Brett ist das ein Mega-Tempo finde ich und der Übername kambodschanische Achterbahn ist fast passender als dies Zug zu nennen
Auf alle Fälle war es ein riesen Spass und der wurde auch nicht getrübt, als wir auf der andern Seite von minderjährigen Verkäuferinnen total überrumpelt wurden. Sie gaben erst auf, als das Brett gedreht und die Fahrt zurück los gehen konnte. Tatsächlich mussten wir "kreuzen", zum guten Glück waren die Entgegenkommenden weniger und so mussten die ihr Hab und Gut vom Zug laden und uns durchlassen.

Der nächste Stop hatte einen weniger spassigen Hintergrund und unsere Stimmung kehrte sich um 180 Grad als wir im Auto sassen und den Erzählungen unseres Guides lauschten. Dass Kambodscha eine rabenschwarze Geschichte hat, wusste ich bereits. Aber dies nun hier mit eigenen Augen zu erleben und Menschen zu treffen, die das alles persönlich durchgemacht haben, ist unwahrscheinlich bedrückend und traurig. Dennoch gehört dies für mich klar zu einem Länderbesuch dazu. Ich kann hier natürlich nicht die ganze Historie eines Landes erklären, aber vielleicht einen kleinen Happen davon...
Das Königreich Kambodscha wurde grausamer Schauplatz des Kriegs von den USA, der UdSSR und China. Zwar ist dieser Krieg unter Vietnamkrieg bekannt, allerdings haben natürlich auch die umliegenden Ländern darunter schwer gelitten. Armut und Bombadierungen beherrschten Kambodscha als die Roten Khmer am 17.04.1975 die Stadt Phnom Penh evakuieren liessen. Die Roten Khmer waren eine kommunistische Vereinigung von Kämpfern, welche die Vision von einem Land ohne Unterschiede in der Gesellschaft hatten. Sie liessen die Reisbauern auf dem Land am Leben, bildeten sie zu Kämpfern aus. Die Stadtgesellschaft wurde ausgelöscht. Schulen, Religion, Kunst und Geld wurden abgeschafft. Wer gebildet war, eine Brille trug oder in der Stadt wohnte, wurde getötet. Innerhalb von vier Jahren wurde ein Viertel (!) der Bevölkerung Kambodschas ausgerottet, das waren über 1.5 Millionen Menschen. Die Schreckensherrschaft dauerte bis die Vietnamesen endlich eingriffen und nach einem furchtbaren Bürgerkrieg wurden die Roten Khmer gestürzt. Die Nachwehen waren lang und schmerzhaft, die Welt hatte tatenlos zugesehen und nichts unternommen. Fassungslos erfuhr ich heute, dass erst 2012 die letzten Folterchefs verurteilt wurden. Bis dorthin sassen sie weiter in der Regierung und nahmen Einfluss auf die Politik. Wenn man rechnet, weiss man, dass jeder der über 40 Jahre alt ist, dieses Märtyrium miterlebt hat.

Dies ist ein kurzer Einblick, ich lese gerade Biografien und Berichte, um mich weiterzubilden.
Heute hatten wir einen anstrengenden Aufstieg zu der Killing Cave unternommen. Dort oben fand ein Teil des Grauens statt. Die Höhle bekam den Namen, weil die Roten Khmer ihre Opfer dort teilweise von etwa 10 Metern Höhe heruntergestürzt hatten. Viele starben so, einige waren nur verwundet, konnten aber verletzt niemals den Weg den Berg hinunter schaffen und starben elend auf dem Weg. Die vielen Skelette und Totenköpfe liegen noch dort herum und bestärken das beklemmende Gefühl in der Höhle.
Der Abstieg vom Berg hinunter geschah auf wackligen Beinen und dies nicht nur wegen der steilen Treppenstufen.
Die zweite Höhle, die hier bekannt ist, kann man vom Parkplatz aus betrachten. Die Bat Cave macht ihrem Namen alle Ehre und als wir um 17:30 Uhr davor standen, hörte man die Schreie abertausenden von Fledermäusen. Sie flogen wie wild im Höhleneingang umher und wir warteten darauf, dass die erste ihr Versteck verliess. Kurz vor Sonnenuntergang war es dann soweit und die Fledermäuse flogen gemeinsam in die anbrechende Nacht hinaus. Diesen Anblick werde ich wohl so schnell nicht vergessen! In einem riesigen Schwarm und mit lautem Kreischen flatterten die Tiere alle in die gleiche Richtung. Das Spektakel dauerte über eine halbe Stunde und man konnte kaum glauben, dass diese Tiere zuvor alle in dieser verhältnismässig kleinen Höhle Platz gefunden hatten. Laut Tripadvisor sind es 10 Millionen Fledermäuse!!!
Nach diesem Erlebnis war es definitiv Zeit für eine Dusche und ein reichhaltiges Abendessen, heute wieder einmal in einem Homestay. Die kambodschanische Familie empfing uns herzlich und wir freuten uns auf die etwas luxuriösere Variante. Die Familie hatte fliessend Wasser und wir schliefen sogar in einem richtigen Bett. Das Essen war sensationell und ein klitzekleines Teilchen hatten wir selbst dazu beigetragen, denn wir hatten die Frühlingsrollen nach Anleitung selbst gemacht. Selbst der Stromausfall während dem Essen machte uns nichts aus, viel zu gemütlich war es mit den vielen Kerzen. Hier probierte ich zum ersten mal Amok (das absolut nichts mit unserem deutschen Wort gemein hat!) Es ist eine kambodschanische Spezialität aus Fisch, Kokosnuss und weiteren (teilweise geheimen) Zutaten, eingewickelt in Palmenblätter. Hallo neues Lieblingsessen!
Als der Ventilator oberhalb unseres Bettes zu brummen begann (Willkommen zurück lieber Strom!) schliefen wir richtig gut und erwachten erst am Morgen früh wieder.

Willkommen auf dem Bamboo Train

Willkommen auf dem Bamboo Train

Durch das Dickicht

Durch das Dickicht

Die Schienen entlang sausen

Die Schienen entlang sausen

Bretter-Zug

Bretter-Zug

Bat Cave

Bat Cave

Familienausflug

Familienausflug

Wahnsinn!

Wahnsinn!

Festessen beim Homestay

Festessen beim Homestay

© Vi O., 2014
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Die Reise
 
Worum geht's?:
5 Monate um die Welt reisen... Ein Traum geht in Erfüllung!
Details:
Aufbruch: 18.02.2015
Dauer: 5 Monate
Heimkehr: 13.07.2015
Reiseziele: Kuba
Jamaika
Vereinigte Staaten
Hongkong
Thailand
Laos
Kambodscha
Vietnam
Der Autor
 
Vi O. berichtet seit 9 Jahren auf umdiewelt.