Mekong

Reisezeit: Juni - September 2017  |  von Beatrice Feldbauer

Reis

Meinen Bericht habe ich in der Nacht geschrieben und am Morgen frei gegeben. Ich bin heute früh unterwegs. Ein Tag auf dem Reisfeld hiess die Ausschreibung.

Ich fahre zur Living Farm. Wieder einmal hat sich eine internationale Gruppe eingefunden. Ein Paar aus Spanien - jupiiii, wieder einmal spanisch sprechen - zwei Engländer, ein Amerikaner und eine Schweizer Familie. Aus Payerne. Leider fehlt es da an meinem Französich, so bleiben wir beim Englisch. Aber immerhin sind das die ersten Schweizer, die ich bisher getroffen habe.

Wir werden von Laut Lee empfangen, der in sein sehr gutes Englisch immer ein paar Sätze Französisch hinein mischt, ich glaube, er könnte die ganze Präsentation auch in Französisch führen.

Zuerst stellt er die Farm vor. Sie wird von 7 Familien geführt. Man bewirtschaftet 20 Aren. Vor allem bauen sie Reis an, Sticky Reis, wie Laute Lee immer wieder betont. Sticky Reis, Kleebreis ist das Grundnahrungsmittel in Laos. Wir essen es dreimal pro Tag.
30 bis 40 Tonnen Reis werden hier auf der Farm im Jahr geerntet

Ausserdem wird auf der Farm auch verschiedenes Gemüse angebaut und auf dem Markt von Luang Prabang verkauft. Vor sechs Jahren kam die Idee, sich für Gäste zu öffnen und zu zeigen, wie Reis angebaut wird. Davon profitieren alle und die Farm hat sich zu einem Projekt entwickelt. Es wird organisch angebaut und man gibt Menschen eine Arbeitsstelle, die wegen mangelnder Ausbildung Mühe auf dem Arbeitsmarkt haben. Hier ist jeder wichtig, meint Laute Lee, auch der alte Mann, der nicht mehr viel arbeiten kann, aber er wird von den Touristen fotografiert und sein Bild wird in der ganzen Welt verteilt. Er fühlt sich wie ein Star, lacht Laute Lee.

Mir fällt überhaupt auf, dass dieser Führer sehr fröhlich ist, ja die gute Laune direkt verbreitet, etwas was ich bisher in Laos vermisse: Fröhliche Menschen.

Mit dem Geld das die Farm verdient, kann sie für die Lebenskosten der Familien aufkommen und vor allem die Kinder in die Schule schicken. Und ausserdem fügt er stolz hinzu, haben wir drei junge Leute, die studieren und am Abend jeweils hier den Kindern Englisch unterrichten. Es sind manchmal bis zu 70 Kinder, die am Abend hier sitzen und studieren.

"Wir werden alle Stufen durchgehen, die es braucht, bis aus dem Reiskorn eine Mahlzeit entsteht. Es sind vierzehn Stufen und ich sage Euch, die letzte mag ich am liebsten: Essen."

Zuerst erhalten wir eine kleine Chemielektion. Er zeigt, dass ein frisches Ei im Wasser untergeht. Bis man Salz dazu gibt. Viel Salz, fast wie im toten Meer. Dann schwimmt das Ei. Das ist der Moment wo genug Salz im Wasser ist, so dass die Reissamen kontrolliert werden können. Denn es soll nur der gute Samen in die Erde kommen. Er gibt eine Handvoll Reissamen ins Wasser. Ein Teil davon schwimmt, ein anderer sinkt zu Boden. Genau das ist der Reis, der gut ist, der stark genug ist, neuen Reis zu produzieren: der Reis, der im Salzwasser auf den Boden sinkt. Eine interessante Erkenntnis.

Er wirft die guten Samen auf einen Erdhügel und zeigt uns daneben, wie die Samen, die er gestern ausgesät hat, bereits anfangen zu keimen.

Wir gehen jetzt hinaus auf das Feld. Weit erstrecken sich die Reisfelder vor uns. Hellgrün leuchtet der junge Reis. Ja jetzt ist die Zeit der Reife, wir haben alles was es braucht. Wärme, viel Wasser und gute Erde.

Doch die Erde muss vorbereitet sein. Dazu muss der Acker umgegraben werden. "Das machen wir mit Buffalos, das hier ist Rudolf. Yes, wir haben fünf Buffalos, aber wir arbeiten auch mit Yamaha."

Jetzt gilt es also, hinein ins Vergnügen, die Schuhe haben wir bereits beim Eingang deponiert, wir steigen in den Schlamm. Ein Arbeiter zeigt uns, wie der Pflug geführt wird, Rudolf reagiert auf "Hoi Hoi" um vorwärts zu gehen. Jedenfalls wenn Laute Lee oder der Arbeiter ihm zurufen. Wir haben schon genug zu tun, uns im Schlamm auf den Beinen zu halten.

Um ein Feld umzupflügen braucht der Bauer mit dem Pflug 2-3 Stunden

Um ein Feld umzupflügen braucht der Bauer mit dem Pflug 2-3 Stunden

Die jungen Reissprösslinge vor dem Aussetzen

Die jungen Reissprösslinge vor dem Aussetzen

Dann wenden wir uns den jungen Reispflanzen zu. Dicht an dicht sind sie gesprossen und müssen jetzt einzeln ausgepflanzt werden.

Aus einem Reiskorn können bis zu 30 Halme wachsen, aber sie brauchen dazu genügend Platz.

Eine gute Gelegenheit für uns, wieder in den Schlamm zu steigen. Jeder bekommt ein Bündel Halme, die jetzt im Handbreiten-Abstand in den Schlamm gesteckt werden müssen. Geht ganz einfach, aber einen ganzen Tag ein Feld zu bepflanzen ist eine sehr mühsame Arbeit, die auf jeden Fall immer noch von Hand ausgeführt werden muss.

eine Anfängerpflanzung

eine Anfängerpflanzung

Bewässerung

Bewässerung

Die Bewässerung der einzenlen Felder passiert übrigens durch Wasserleitungen, die von Feld zu Feld weitergehen. Es muss ein ganz leichtes Gefälle geben, so dass das Wasser sich überall nach Bedarf verteilen lässt.

Wir haben eine eigene Quelle, doch im Moment kommt der Regen ganz von selbst von oben, so dass wir damit keine Schwierigkeiten haben.

Der Reis wächst jetzt, Laute Lee zeigt die verschiedenen Stadien des Reifens. Wie er aufrecht wächst, sich mit Flüssigkeit füllt und anfängt sich zu biegen, weil er schwerer wird.

Was sind das für rosa Gebilde, das man auf einigen Halmen erkennen kann?
Das sind Schneckeneier.
Sammelt ihr die ein?
Nein wir sammeln die Schnecken ein - und essen sie.

Laute Lee lacht wieder einmal, aber es ist ihm ernst. Ja, die Schnecken schaden zwar dem Reis, aber Schnecken sind eine beliebte Delikatesse, also lässt man sie lieber entstehen und sammelt sie später ein.

Schneckeneier

Schneckeneier

Der Reis braucht 4 Monate bis zur Reife. Geerntet wird er mit der Sichel. - Noch einmal in den Schlamm - Es werden Reisbündel gemacht und mit zwei Halmen zusammen gebunden. Die Bündel werden zum Trocknen ausgebreitet und dann über einem Brett abgeschlagen, damit sich der Reis löst. Das können wir auch gleich ausprobieren. Denkt an jemanden, den ihr nicht so mögt und schlagt los, rät Laute Lee und wir schlagen los, dass die Körner nur so stieben.

Die Halme werden mit einem grossen Fächer weggeblasen. Das geht ganz einfach, wenn man die Technik erst einmal raus hat.

Und dann werden die Körner eingesammelt und nach Hause getragen. Eingesammelt werden sie von der Matte mit dem Hut. Aha, der ist also nicht nur als Sonnenschutz gut, sondern dient auch als Schaufel.

Je nach Gegend gibt es die verschiedenen Arten, den Reis zu tragen. In der grossen Hutte mit dem Gurt am Kopf, als Rucksack, wie es die Mönche machen oder in zwei Körben, so dass man unterwegs auch immer ganz einfach die Schulter wechseln kann.

Und natürlich sind die Körbe jeweils voll, bis oben, macht uns Laute Lee aufmerksam.

Körner einsammeln mit dem Hut.

Körner einsammeln mit dem Hut.

Doch zu Hause fängt die Arbeit überhaupt erst an. Wir sehen, wie die Körner mit einer speziellen Vorrichtung gedroschen und die Spreu vom Weizen getrennt wird. Dann wird der Reis gesiebt, die zerbrochenen Körner geben Viehfutter. In einer alten Mühle mit zwei Steinen wird Reis gemahlen um Reisnudeln oder Gebäck aus feinem Mehl zu machen.

Wir gehen in die Küche, wo der Reis inzwischen gekocht wird. Respektive er wird gedämpft. Dazu muss er erst über Nacht oder mindestens zwei Stunden in Wasser eingelegt werden. Dann wird er über dem Wasser gegart. Dazu gibt es ganz spezielle Körbe und Deckel.

Die Zuckerrohr-Presse

Die Zuckerrohr-Presse

Zuckerrohr auspressen

Zuckerrohr auspressen

Bis das Essen soweit ist, bereiten wir einen speziellen Apero vor. Ein frischer Zuckerrohrsaft. Doch der muss zuerst aus den Stangen herausgepresst werden.

Diese Maschine wird oft von Bufalos betrieben, lacht Laute Lee am Schluss der mühsamen Pressung. Nur ein Bündel Zuckerrohr war es, der einen ganzen Liter Saft ergab.

Jetzt will uns Laute Lee noch den Garten zeigen. Gurken, Tomaten, Zucchini, Maniok und noch vieles mehr wird hier aus Samen gezogen und angebaut. Ausserdem auffällig viele Blumen. Ja, Blumen sind wichtig, weil sie schön sind, meint Laute Lee, als ich ihn darauf anspreche.

noch nie gesehen: Sesamsamen.

noch nie gesehen: Sesamsamen.

"Der Regen kommt, wir gehen besser zurück zum Haus", meint Laute Lee mit einem Blick zum Himmel und tatsächlich, kurz darauf regnet es. Er zeigt uns , wie aus Bambusrohren Körbe geflochten werden. Auch das eine Tätigkeit, die hier auf der Farm gemacht wird. Es sind vor allem alte Männer, die dieses Handwerk verstehen. Ihre Produkte werden auch auf dem Markt verkauft. Wir bekommen eine kleine Bastelstunde und versuchen den Bambus zu spalten und einen Schwingbesen zu flechten.

Dann ist noch die Esse gleich nebenan zu bewundern. Viele Geräte wie die Sichel werden selbst hergestellt. Aus Eisenstangen.

Und dann ist es soweit, das Essen ist bereit. Eifrige Helfer haben Körbe in den oberen Stock getragen und wir sind eingeladen, Reis in den verschiedensten Zubereitungsarten zu geniessen.

Sticky Reis, der separat in kleinen Reiskörbchen serviert wird, ist noch immer nicht mein Leibgericht, aber hier ist er sehr gut zubereitet und er schmeckt mir recht gut. Sehr fein sind die Gebäcke, die aus Reismehl zubereitet wurden und die Reiswaffel.

Sticky Reis isst man übrigens von Hand. Man rollt kleine Bällchen, tunkt sie in eine Sosse oder nimmt ein Stück Fleisch oder Fisch dazu und schiebt es in den Mund. So habe ich schon viele Einheimische essen sehen.

Ausserdem werden oft Stäbchen und Löffel und Gabel gereicht, ein Messer kommt nur beim Frühstück auf den Tisch.

Ich frage Laute Lee nach den Vögeln, die ich hier vermisse. Ausser ein paar Spatzen habe ich tatsächlich keinen Vogel mehr gesehen, seit ich in Laos bin.

Ja, meint er, wir haben hier zwar genügend Vögel, die sich über die Reisfelder machen, aber es stimmt, es sind vor allem Spatzen. Leider werden die Vögel hier in Laos gejagt. Und auch wenn das längst illegal ist, ist es tatsächlich so, dass es zur Zeit nicht mehr viele Vögel gibt bei uns.

Und ja, er bestätigt mir auch, dass auch Fischreiher und andere grosse Vögel gejagt wurden. Das erklärt einiges.

Zum Trost schenkt er mir den kleinen Vogel, den der alte Mann vorhin gemacht hat. Ich erküre ihn zum Vogel des Tages.

Vogel des Tages: der seltene Bambusrohrsittich.

Vogel des Tages: der seltene Bambusrohrsittich.

Hier der Link zur Farm

Laute Lee gibt zu, dass auf der Farm nicht mehr die ganze Produktion von Hand gemacht wird. Das ist mit dieser grossen Fläche fast nicht mehr möglich. Zum Pflügen braucht man nebst den Buffalos Maschinen und der Reis wird in die Mühle gebracht.

Aber an vielen Orten auf dem Land wird der Reis noch genau so mit diesen Geräten angebaut und verarbeitet.

Es regnet noch immer, als ich in die Stadt zurück komme. Also die richtige Gelegenheit für eine Massage.

Ein traditionelle laotische Krauterstempel-Massage.

Ich bekomme spezielle Kleidung: Shirt und Hosen aus Baumwolle und soll mich auf die dünne Matte auf dem Boden legen. Und dann geht es los. Mit Händen und Ellbogen traktiert mich die junge Frau. Es geht um lockern und dehnen, sie knetet und hämmert auf mich ein und ich entdecke Muskeln, von denen ich nichts wusste. Wenn das nur nicht Muskelkater gibt. Und dann robbt sie tatsächlich auf meinen Rücken, traktiert mich mit Knien und Füssen. Sie dehnt meine Beine, und in dem Moment wo ich meine, dass ich das nicht mehr aushalte, gibt sie nach, lässt sie mich wieder strecken.

Und dann kommt der Kräuterstempel. In einer Vorrichtung heizt sie diese in Frotteetücher eingewickelten Kräuter auf und drückt sie mir auf den Körper. Durch den Stoff, ich glaube das kommt bis zu den Knochen an. Wieder einmal eine ganz neue Erfahrung.

Danach brauche ich nur noch ein kleines Nachtessen und habe ganz schnell die nötige Bettschwere.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Es ist Zeit für etwas Neues. Für eine neue, mir völlig unbekannte Weltgegend. Spontan, ohne Planung, nur mit einer Idee: den Mekong sehen. Abflug am 16. Juni nach Bangkok. Ab dann wird es spannend. Freue mich, wenn auch diesmal wieder Freunde, Kunden und Bekannte virtuell mitreisen. Man kann den Reisebericht übrigens auch abonnieren, dann erhält man immer ein Mail, wenn ich etwas neues geschrieben habe.
Details:
Aufbruch: 16.06.2017
Dauer: 3 Monate
Heimkehr: 21.09.2017
Reiseziele: Thailand
Laos
Vietnam
Kambodscha
Myanmar
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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