Der Wahn geht los

Reisezeit: September 2010 - April 2011  |  von kathrin schmeling

im dschungel

kho sok, der dschungel liegt mitten im festland. er ist riesig und wir mieten uns nicht weit vom nationalpark ein, denn in kho sok wird der dschungel noch geschuetzt.
als wir die grosse steinere treppe des parks betraten, waren wir hoch motiviert und ganz gespannt. die stufen waren riesig und nach ein paar schritten blieb uns fast die luft weg, denn wir mussten unsere knie huefthoch ziehen, um den steilen pfad zu erklimmen, der den eintritt in die wildnis darstellt.
aus der steinernen treppe wurde bald eine eiserne, dann eine hoelzerne die uns ueber holzplanken brachte. danach hoerte der spaziergang auf und es gab nur noch einen schmalen pfad, ueberseht mit baumwurzeln, die bauchhoch vor uns standen und erklettert werden mussten, damit man weiterkommt. es ist also ganz anders als auf deutschen waldwegen, die fast gefegt und gut angelegt sind.
damit hatte ich gerechnet. dass ich kaum atmen konnte, war ueberraschend. im dschungel herrscht eine luftfeuchtigkeit von fast 100% und so wird jede bewegung zum leistungssport, es dauert eine weile, bis man sich daran gewoehnt. so waren unsere ersten schritte begleitet von unschoenem gekeuche, bis wir irgendwann einen rhythmus fanden, der einigermassen angenehm war und uns nicht total fertig machte.
um uns riesige baeume, blaetter, die so gross wir wir sind und groesser. bambushaine, so dick wie oberschenkel, lianen und gruenes gewirr. es ist ein lichter dschungel mit blickweite von 10 metern, bis sich dann das auge verharkt im blattgruen und man das gefuehl hat, eine wand anzuschauen. zum glueck gibt es diesen pfad. es muss nervenaufreibend sein, sich selbst einen weg mit einer machete zu schlagen, ich haette schon nach 20 cm keine lust mehr dazu. wenn ich mir vorstelle das einst die spanier in voller ruestung genau das taten, kann ich nur den imaginaeren hut ziehen. auch damals war es schweineheiss gewesen und dann mit einer ruestung wege schlagen?! anstrengend und mueselig muss es gewesen sein.

wir waren keine 20 minuten unterwegs, als wir auf einem schild den hinweis lasen, dass man sich vor wilden elefanten in acht nehmen soll. ich frage mich, wie ein wilder elefant auf so einem pfad zurecht kommt. fuer uns war kaum platz und wir gingen hintereinander. rechts gings steil bergab, man konnte das rauschen eines flusses hoeren, aber ihn nicht sehen. links das dichte buschwerk, wo man sich nicht vorstellen kann ueberhaupt durchzukommen. ein elefant hat natuerlich den entscheidenden vorteil mit seinen zentnern alles platt zu walzen, aber die baeume die uns umgaben waren auch nicht von schlechten eltern und unglaublich dick. wir hofften einfach auf keinen elefanten. wie soll man sich da verhalten, wenn einer kommt? weglaufen und wohin? stehenbleiben, doch was wenn er an einem vorbei will? es ist nur ein sehr kleiner, schmaler pfad.
uns beruhigte der gedanke, dass dort im dschungel irgendwo gebaut wurde, denn wir hoerten staendig kreissaegen. erst nach einer ganzen weile begriffen wir, dass dieser tosende laerm von einem tier kommt, eine grillenart. es faengt mit zarten zirpen an, das immer schneller wird und schliesslich in ein schnarren umschlaegt, so schell, dass es klingt, als wenn sich motorlaerm im kreis dreht. es ist bruellend laut und dauert einige minuten, bis es ausrollt und wieder als zirpen endet. ausser diesem geraeusch gibt es noch ganz andere, mindestens genauso unbekannt laute. heulen, kraechtsen und pfeifen. eine affenart jault lange und anhaltend auf. es klingt fast wie ein geheimzeichen eines vergessenen indianerstamms. voegel trillern wie pfeifen, es ist ein krach der nichts von unseren waeldern hat. gruselig, denn es machte uns klar, dass wir nichts von dem kennen, was hier alltag ist. unsere angst vor schlangen hielt uns gefangen, weil man staendig ueber etwas klettert und schliddert und sich ueberall festhalten und abstuetzen muss, was man erwischen kann. keiner von uns hatte lust in eine schlange zu fassen, die einem ast oder einer liane aehnlich sieht und nicht mal als tier von uns erkannt wird.

so schlugen wir uns den pfad entlang mit dem ziel, zu einem wasserfall zu gehen. es dauerte ewigkeiten, denn wir kamen nur langsam voran. ich waere auch gerne zur bluete gegangen, denn in kho sok gibt es eine besondere blume auf der welt. sie blueht nur 3 - 4 tage im jahr und hat eine bluete von 80 cm im durchmesser. diese blume schmarotzt an lianen und hat nicht einmal eine eigene wurzel. zuerst enstehem mikrobenkleine pollen, die sich zusammenpappen, dann fallen sie zu boden und ein same entsteht von der groesse eines fussballs. irgendwann platzt der auf und es entfalten sich die langen orangen bluetenblaetter. wir wussten nicht ob sie gerade blueht und hatten sie nur auf bildern gesehen. deshalb entschieden wir und fuer den wasserfall, denn die wahrscheinlichkeit, sie in der bluete zu erwischen war gering.
irgendwann gaben wir auch das ziel auf und drehten um, ueber uns setzte anhaltendes donnergrollen ein und das schummrige licht wurde noch duesterer. wir stoppten fuer eine zigarette und rauchten unentspannt rum. hinsetzen kam nicht in frage und irgendwie war es keine erholung, denn wir waren auch beim rauchen aengstlich. es gibt keine pause vom dschungel wenn man mitten drin ist.
als wir endlich aus dem gruen raus waren und noch einmal kurz ins besucherzentrum gingen, setzte der regen ein. ein rauschendes gewitter. johannes zog seine turnschuhe aus und wir bemerkten, dass sein fuss blutueberstroemt war. es war nur einee winzige wunde zu entdecken, doch sie blutete wie eine bauchschusswunde. also dokterten wir ewig daran herum, um den fluss zu stoppen; es gelang. ein blutegel war in seinen schuh gekrochen und hatte ihn angezapft. diese tiere sondern eine fluessigkeit ab, die die blutgerinnung verhindert, damit sie ungestoert trinken koennen. ziemlich fies, aber harmlos. ich mit meinen flippflopps hatte nichts, war heil geblieben und hatte glueck gehabt. wir liefen einem parkwaechter in die arme, der den affen beim spielen in den baeumen zuschaute und fragten ihn nach der bluete. er sagte, sie wurde heute bluehen, doch es sei der letzte tag, bevor sie zerfaellt. so waren wir im dschungel gewesen und hatten nichts gesehen und trotzdem alles erlebt.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Noch drei Tage und dann geht es los. Nach Bali. Sechs Wochen habe ich dort Zeit, dann geht es weiter nach Australien, Neuseeland und Thailand. Mit fliegenden Händen packe ich meine Wohnung zusammen, telefoniere, suche, organisiere parallel zu allem. Bali. Als ich vor ein paar Tagen im Buchladen einen Reiseführer über Bali durchblätterte, bin ich fast umgefallen, weil es so schön ist. Unfassbar, dass ich bald in dieser Schönheit stehen soll.
Details:
Aufbruch: 22.09.2010
Dauer: 7 Monate
Heimkehr: 08.04.2011
Reiseziele: Indonesien
Australien
Neuseeland
Thailand
Kambodscha
Vietnam
Der Autor
 
kathrin schmeling berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.