Mekong

Reisezeit: Juni - September 2017  |  von Beatrice Feldbauer

Lod Cave

Überraschung am Morgen. Meine Schuhe, die ich gestern vor die Türe gestellt hatte, sind nass. Vom Regen, der in der Nacht ausgiebig gefallen ist. Und dabei hat der Mann von der Reiseagentur doch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ich besser nicht in den FlipFlops komme. Also ziehe ich sie noch nicht an, sondern nehme sie mit. Vielleicht trocknen sie auf der Fahrt.

Mein Chinese, Diu-Lei heisst er, erwartet mich bereits im Geschäft, begrüsst mich mit einem Lächeln und einer kleinen Verbeugung. Und dann schliesst er den Laden, lässt den Rollladen ganz hinunter. Heute geschlossen.

Schon habe ich befürchtet, wir würden mit dem Roller losfahren, der vor dem Laden steht, aber dahinten steht ein grosser Isuzu. Wir fahren los.

Es ist eine gut ausgebaute Strasse, und es geht in die Berge. Belustigt stelle ich fest, dass mein Fahrer mindestens soviele Probleme mit dem Schalten hat, wie ich. Eigentlich fährt er alles im vierten Gang, ausser es geht nicht mehr anders. Dann schaltet er mitten in der Steilkurve runter oder würgt den Wagen irgendwie um die Ecke.

Alle Bestandteile des Autos zittern vor jeder Kurve, hoffen, dass sie gut festgemacht sind. Und wenn es dann losgeht, wenn wir in der Kurve sind, ächzen und stöhnen sie, krallen sich aneinander fest und schlottern, die Kerzen schrauben sich fast von selbst aus und das Oel wird so durchgeschüttelt wie mein Früchteshake gestern Abend. Und dann ist die Kurve geschafft, es gilt auch noch das Steilstück zu nehmen, diesmal hat es mit dem Runterschalten noch rechtzeitig geklappt und wenn wir oben sind, geht es auch gleich wieder hinunter. Wenn es die Übersicht erlaubt, fahren wir auf der rechten Strassenseite, sonst brav auf der linken Seite der durchgezogenen Sicherheitslinie.

Es ist eine aufregende Fahrt, nicht nur für die Autobestandteile. Da ich selber immer wieder Schwierigkeiten habe, wenn ich unverhofft mit einem geschalteten Auto unterwegs bin, meine Rumänien-Mitreisende Michaela könnte davon ein Lied singen, schmunzle ich leise vor mich hin, während Diu-Lei die Schwierigkeiten mit stoischer Ruhe meistert.

Jedenfalls kommen wir vorwärts. Mit der Aussicht auf dem höchsten Punkt, die grandios sei, wie mir der Chef der Agentur versprochen hat, ist allerdings nichts. Dicker Nebel wallt auf allen Seiten. Mich erinnert die Gegend eh an Nebelwälder. Es ist tropisch heiss, feucht, wolkenverhangen.

Die letzten Kilometer sind eher Feldweg, der immer schmaler wird. Da fehlt dann auch die Sicherheitslinie

Die letzten Kilometer sind eher Feldweg, der immer schmaler wird. Da fehlt dann auch die Sicherheitslinie

Und dann sind wir da, bei der Kasse für die grosse Höhle Lod Cave. ich ziehe mir die immer noch feuchten Schuhe an, bezahle den Eintrittspreis und bekomme eine Guia, eine junge Frau, die mich in die Höhle begleiten wird. Diu-Lei wartet beim Auto.

Ein kurzer Fussmarsch durch den Wald führt uns zum Eingang, der sich unter einer überwachsenen Felswand befindet.

Ein Schild weist darauf hin, dass man ohne Lampe und ohne offizielle Begleitung nicht in die Höhle darf. Meine Begleiterin verneigt sich kurz vor dem Altar am Eingang und zündet dann die mitgebrachte Lampe an.

Im Eingangsbereich der riesigen Höhle schwirren hunderte von Vögeln herum. Zuerst vermute ich, es könnten Fledermäuse sein, aber die würden wohl mehr flattern und nicht so schön segeln, und ausserdem kaum einen solchen Lärm machen wie die Vögel. Ausserdem liegen am Boden ganz viele graue Federn. Wahrscheinlich ist es eine Schwalbenart auf Mückenfang.

Durch die Höhle fliesst ein Fluss, man fährt mit Flossen hinein. Auf der anderen Seite sehe ich zwei Männer, die dabei sind, ein neues Floss zu bauen. Dazu wird Bambus verwendet, der hier überall wächst.

Vor der Flossfahrt, gilt es, die beiden ersten Höhlen zu Fuss zu erkunden. Ob sie englisch spricht, frage ich meine Führerin. Little, meint sie und zeigt mit Daumen und Zeigefinger: nichts. Und so ist es denn auch. Sie kennt all die Namen, die man den Steinformationen gegeben hat, aber sie kann mich nicht verstehen, wenn ich etwas frage.

In der Höhle ist es feucht und warm. Wir steigen über viele Holzstufen hinauf und bald ist das Tageslicht von aussen verschwunden. Nur noch das Licht der Lampe zeigt uns den Weg. Ein sehr eigenartiges Gefühl, wenn man nur noch so weit sieht, wie der Schein des Lichtes reicht. Rundum völlige Dunkelheit. Wie hoch wohl die Höhle ist? Sie weiss es nicht, erklärt mir den Wasserfall, das Krokodil und dann stehen wir plötzlich vor einem Buddha. Sitzend. Ja er ist tatsächlich allgegenwärtig in diesem Land.

Wir steigen derweil die steilen Treppen hinauf. Über 100 Stufen zähle ich beim Heruntersteigen. Und mir ist jetzt auch klar, dass die FlipFlops hier nicht sehr geeignet wären.

Wir steigen tiefer hinein und wieder geht es hinauf. In immer andere Kammern, längst würde ich den Weg nicht mehr finden. Jedenfalls nicht im Dunkeln, denn nicht alle Wege sind mit Geländern versehen.

Und dann kriecht da plötzlich ein Tier durch diese Dunkelheit.
Es muss ein Tausendfüssler sein. Wie der wohl hier drin überlebt?

fast fertig...

fast fertig...

der Tausenfüssler lebt in fast völliger Dunkelheit. Nur die Lampen der Guias, die täglich hereinkommen, bringen Licht hinein.

der Tausenfüssler lebt in fast völliger Dunkelheit. Nur die Lampen der Guias, die täglich hereinkommen, bringen Licht hinein.

Das Krokodil

Das Krokodil

Buddha ist überall

Buddha ist überall

Nachdem wir auch aus der zweiten Höhle wieder hinunter gestiegen sind, kommen wir zum Wasser. Hier erwartet uns ein alter Mann mit seinem Floss. Ich setze mich auf den niederen Schemel, was mir nicht sehr einfach fällt, und das Floss legt ab. Dunkelheit. Nur der Strahl der Lampe. Der Flösser stakst mit dem langen Stab, die Führerin hilft am Flossende ebenfalls mit einem Stab und stösst uns von den Felsen ab.

Wir sind fast allein in der Höhle, nur noch ein anderes Floss ist unterwegs. Stockfinster, bis auf die beiden Lampen. Inzwischen sind wir auf einem grossen See, jedenfalls scheint es mir so, sehen kann ich weder Wände noch Decke des riesigen Sales. Es scheint, dass wir gegen das Wasser fahren, irgendwann wird es mit dem Staksen zu schwer, der alte Mann steigt ins Wasser, zieht das Floss jetzt. Irgendwo in der Dunkelheit warten jetzt andere Flosse und sie helfen dem Flösser unser Floss die letzten Meter ans Ufer zu ziehen. Aussteigen und umsehen. Wir sind in der Höhle drei.

Und dann fahren wir noch einmal gegen den Strom durch völlige Finsternis und plötzlich fällt Helligkeit ein. Wir sind am anderen Eingang der Höhle, da wo der Fluss hereinkommt. Auch hier Vögel, die herumschwirren.

Ich könnte jetzt noch einmal hinauf steigen, über unzählige Treppen hinauf um noch mehr versteinerte Formen zu sehen, doch ich verzichte darauf. Wir fahren, und jetzt geht es einfacher, mit dem Wasser zurück zum ersten Eingang. Hier warten inzwischen ziemlich viele Leute, bis sie an der Reihe sind.

Wieviele Leute auf ein Floss können, will ich von meiner Führerin wissen. Nur immer einer, sagt sie lächelnd. Ein Führer, ein Flösser, ein Tourist.

Es gibt hier 165 Höhlenführer und wahrscheinlich ungefähr gleichviel Flösser.

Beim Eingang verneigt sie sich kurz vor dem Buddha und begleitet mich zurück zur Kasse. Bald wird sie wieder einsteigen, mit dem nächsten Tourist. Ich erkenne mit Erstaunen, dass ich fast zwei Stunden in der Höhle war. Schön wieder Tageslicht zu sehen.

Bei den Imbissständen lasse ich mir einen Shake machen. Bananen mit Ananas und werde von einem Mann angesprochen. Er war der auf dem zweiten Floss. Er kommt aus Singapor, ist mit einem gemieteten Roller hergefahren, so wie es viele Junge hier machen.

Natürlich will er wissen, woher ich komme und schon bald sind wir im Gespräch. Er arbeitet in der Informatik für eine grosse Bank und leistet sich einmal im Jahr eine grosse Reise mit der Familie. Wobei Thailand natürlich noch nicht die ganz grosse Reise ist. In die Schweiz möchte er einmal kommen, Skifahren mit seiner Tochter. Sie hat das in Neuseeland gelernt und war völlig begeistert.

"How is life in Singapore?" will ich wissen. Nun, zum Leben und Arbeiten, um Kinder gross zu ziehen, ist es perfekt. Wenn man aber bedenkt, was mit der Welt gerade passiert in Politik und vor allem mit der Umwelt, dann ist es eher schwierig. Da sollte man vielleicht nicht zuviel studieren, meint er nachdenklich. Singapur, der Stadtstaat, der nichts produziert, alles muss eingeführt werden.

Der Buddha hat wenigstens einen Schirm...

Der Buddha hat wenigstens einen Schirm...

Auf dem Rückweg halten wir auf dem obersten Aussichtspunkt kurz an. In der Ferne scheint das Wetter besser zu sein und ich kann mir gut vorstellen, dass die Aussicht hier grandios ist. Heute aber meint es der Wettergott nicht so gut mit mir, denn gerade fängt es wieder an zu regnen.

Ich habe es knapp ins Auto geschafft, bevor die Wolken alles Nass ausschütten und schaue noch kurz hinauf zu Buddha, der da auf dem besten Platz sitzt. Der hat wenigstens einen Schirm.

Nach dem Pass, kurz vor Pai gibt es warme Quellen. Da will ich hin. An der Abzweigung gibt es einen Kontrollposten und es wird eine Art Eintritt verlangt. Ob das für die Benutzung der Strasse ist, geht aus dem Ticket nicht hervor, jedenfalls muss ich auch bei der Quelle noch einmal ein paar Bath bezahlen. Hier gibt es eine einfache WC-Anlage (verzichte hier auf die Foto, die ich geschossen habe) und ebenfalls einfache Umziehkabinen.

Ich habe mein Badekleid schon am Morgen angezogen, so dass ich ganz schnell im Wasser bin.

Wie herrlich das ist. Im angenehm warmen Wasser sitzen, es ist gerade tief genug, dass man locker knien, knapp sitzen kann. Ein Mann verteilt schwarzen Schlamm, den er am Ufer gefunden hat und gern nehme ich sein Angebot auch an. So wie ein irisches Paar und zwei Engländerinnen.

Tut der Haut gut, also schmieren wir es uns ausgiebig ins Gesicht. Bald ist eine internationale Gruppe beieinander. Auch ein Argentinier kommt dazu, womit natürlich Fussball kurz ein Thema wird.

Der Mann, der den Schlamm verteilt hat, scheint öfters hier zu sein. Er lebe seit ein paar Jahren in Pai und verbringe viel Zeit in diesem oder einem anderen Hot Spring, das halte jung. Er strahlt wie ein Maikäfer, als er erzählt, dass er nächstens 50 werde. Wir sind alle höchst erstaunt. Ja, meint er, er sei 50 an Jahren, 35 vom Gesicht her und im Herzen 19. Genauso wirkt er. Welche Nationalität er tatsächlich hat, weiss ich nicht, vermute, dass er eigentlich Chinese ist, aber in Chang Mai geboren.

Und dann klicke ich all die anderen einfach weg, schliesse die Augen und geniesse das Dasein. Das warme Wasser, die Vögel die hoch über mir zwitschern, die Ruhe, die Natur.

Als es wieder anfängt zu regnen, wasche ich mir den Schlamm vom Gesicht und gehe zurück ans Ufer. Will meine Kleider und Tasche vor dem Regen retten. Ausserdem ist es Zeit für die Rückfahrt.

Das war noch vor der Schlammpackung

Das war noch vor der Schlammpackung

Massagesalons gibt es an jeder Ecke

Massagesalons gibt es an jeder Ecke

Nach einer kurzen Siesta im Zimmer gönne ich meinem ausgekochten Körper eine wohlriechende Kokosnuss-Ölmassage und suche dann ein schönes Lokal fürs Nachtessen.

Es mag sich zwar verrückt anhören, aber ich bin hier in den Lokalen fast immer online. Ein Restaurant ohne Gratis-WLan hat wahrscheinlich kaum eine Chance, die Jugend von heute ist online unterwegs. In jedem Geschäft, in jedem Restaurant, Hotel, ja sogar im Massagesalon beim Warten ist man online. Auch beim Kochkurs habe nicht nur ich spontan ein paar Fotos ins Facebook gestellt, auch die anderen haben dauernd ihren Status gepostet. Nur bei den Elefanten waren alle offline.

Für mich ist das ideal, denn so bin ich beim Essen gar nicht so einsam, wie sich das Leute, die das nicht kennen, vorstellen. Wenn ich will, kann ich jemanden ansprechen, werde angechattet, reagiere auf ein Posting. Zu zweit würde ich das kaum machen, aber wenn ich allein unterwegs bin, ist das eine gute Möglichkeit, nicht nur einsam in die Welt zu gucken.

Alternativ habe ich auch mal ein Buch dabei, oder den Notizblock, um eine spezielle Szene, einen Dialog sofort zu notieren.

Manchmal frage ich mich schon, wie das für die Einheimischen ist, in einem Restaurant zu arbeiten, in dem ausschliesslich Ausländer verkehren.

Pai Colada - statt Pinacolada: sensationell

Pai Colada - statt Pinacolada: sensationell

Strassenbeleuchtung vor dem Lokal

Strassenbeleuchtung vor dem Lokal

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Es ist Zeit für etwas Neues. Für eine neue, mir völlig unbekannte Weltgegend. Spontan, ohne Planung, nur mit einer Idee: den Mekong sehen. Abflug am 16. Juni nach Bangkok. Ab dann wird es spannend. Freue mich, wenn auch diesmal wieder Freunde, Kunden und Bekannte virtuell mitreisen. Man kann den Reisebericht übrigens auch abonnieren, dann erhält man immer ein Mail, wenn ich etwas neues geschrieben habe.
Details:
Aufbruch: 16.06.2017
Dauer: 3 Monate
Heimkehr: 21.09.2017
Reiseziele: Thailand
Laos
Vietnam
Kambodscha
Myanmar
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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