Mekong

Reisezeit: Juni - September 2017  |  von Beatrice Feldbauer

Kochen

Heut ist ein leichtes Frühstück angesagt...

Heut ist ein leichtes Frühstück angesagt...

Ich habe die Wasserkokosnuss-Tour gebucht. Die scheint ganz abwechslungsreich zu sein. Und es soll wieder gekocht werden. Vietnamesich.

Nhi heisst die junge Frau, die mich abholt. Die Gruppe ist international. hinter mir im Bus wird holländisch gesprochen, neben mir sitzt ein spanisches Paar und ganz hinten sind zwei Schweizer. Doch das merke ich erst, nachdem ich mich mit Christof ein wenig auf dem Markt über unbekannte Früchte unterhalten habe. Woher kommst du denn? diese Frage wird irgendwann gestellt - und plötzlich merkst du, dass du schon die ganze Zeit mit einem Deutschen, oder gar einem Schweizer englisch geradebrecht hast.

Christof und Clarissa sind bereits ein ganzes Jahr unterwegs. Und erleben trotzdem immer noch wieder etwas neues.

Nhi erklärt zeigt uns vierschiedene Gemüse und Früchte und kauft ein. Wir haben alle einen Korb erhalten und diese werden jetzt laufen gefüllt. Mit Salat, frischer Kresse, Koriander, Zwiebeln und Frühlingszwiebeln, Tofu, Gewürzen, Früchten. Ich bekomme einen Sack voller roher Crevetten.

Beim Fleischstand kaufen wir Knochen. Energisch haut die Verkäuferin auf ein Gelenk ein. Ausbeinen, oder wie das ein Metzger bei uns nennen würde, damit kann sie nichts anfangen. Sie haut mit ihrem Beil auf den Knochen. Er gibt nicht nach. Also kommt der ganze auf die Waage. Dafür wird ein Kleinerer weggenommen. Und dann wird die ganze Waagschale in einen Plastiksack geschüttet und einem der Männer in den Korb gelegt. Wir kaufen Rindsknochen und etwas Schweinefleisch.

Nhi zupft an einem Schweineschwänzchen. Wer mag das? Niemand, also bleibt das liegen.

Passionsfrüchte, Guaven und Agavenblätter. Wozu diese gebraucht werden, habe ich nicht herausgefunden.

Passionsfrüchte, Guaven und Agavenblätter. Wozu diese gebraucht werden, habe ich nicht herausgefunden.

Salat,

Salat,

Wir haben unsere Einkäufe beendet, dürfen die Körbe abgeben und während diese abtransportiert werden, bekommen wir noch eine kleine Demonstration, die mich an den Marktstand an der Luga erinnert, der mit den orangen Raffelgeräten.

Eine Frau zeigt einen Sparschäler mit vielen weiteren Funktionen. Sie macht aus Karotten Julienne, hat ein Messer mit Wellenklinge, schnitzt mit einem Zusatzgerät ganz einfach Blumen aus der Karotte. Und dazu gibt es noch etwas womit man aus Frühlingszwiebeln Blumen oder Streifen schneiden kann. Ein ganzes Set also, für ganz wenig Geld. Betty Bossy könnte sich hier mal ein paar Ideen holen.

Nach dem Marktbesuch geht es mit dem Schiff weiter. Nhi verteilt Wasser und erzählt ein wenig aus ihrem Leben.

Ich heiss Nhi, das spicht man aus wie der englische Knee. Ich bin 27, hab viel Spass und keinen Boyfriend. Scheint ein zentrales Thema bei ihr zu sein, denn obwohl sie das immer mit viel Spass erzählt, so kommt es doch immer wieder.

Auch das Haut-Thema. Sie vergewissert sich, dass sich alle mit Sonnencreme schützen, denn wir werden gleich ohne schützendes Dach unterwegs sein. Ich würde alles tun, um weisse Haut zu haben, erzählt sie und rollt die Ärmel ihrer Bluse nach vorn. Braun werden, ein Albtraum.

Christof meint, dass das auch der Grund ist, dass viele Leute hier in Vietnam mit Gesichtsschutz unterwegs sind. Ich war immer der Meinung, dass die Leute sich gegen Staub und Viren schützen, oder die Umwelt vor ihrem eigenen Husten. Doch es kann sehr gut sein, dass die Masken vor der Sonne schützen sollen. So wie die langen Ärmel. Ja sogar die Handschuhe, die viele Leute hier tragen.

Wir mögen Menschen mit weisser Haut und ihr mögt Menschen mit dunkler Haut. Nhi bringt es auf den Punkt. Könnte doch passen, oder nicht? Wenn also jemand einen tollen Mann kennt - ich bin hier. Sie lacht.

Ihr Traum wäre ein eigenes Restaurant, ihr eigenen Chef sein.

Auf dem Fluss sehen wir die grossen Netze der Fischer in den nahen Dörfern. Jede Familie hat ein Netz. Nachts werden die Netze ins Wasser gelassen und darüber wird eine Lampe angezündet. Die neugierigen Fische versammeln sich unter der Lampe und dann braucht nur noch das Netz zusammen gezogen werden.

Wir fahren unter einer grossen Brücke durch, fahren Richtung Meer. Hier wachsen ganze Wälder von Wasserkokosnusspalmen. Diese Pflanzen sind resistent gegen Salzwasser, denn hier im Delta wechselt der Wasserstand mit Ebbe und Flut, vermischt sich das Fluss- mit dem Meerwasser.

Wir werden erwartet. In runden Körben. Es sind Boote, bestimmt die speziellsten Boote, die ich je gesehen habe. Geflochten aus Bambus und mit einer Harz- oder Pechschicht wasserdicht gemacht. Sie drehen sich im Kreis wie Derwische. Immer zwei Personen sitzen in einem Boot und werden von einem Dorfbewohner gerudert. Direkt in den Palmenwald.

Dort drückt mir Nhi eine Angelrute mit einem Köder an der kurzen Schnur in die Hand. Soll ich jetzt angeln? Nein, zwischen den Palmen sitzen kleine Krebse. Diese sollen angelockt und gefangen werden. Ich sehe den einen oder anderen, sie sind aber so klein, dass der Köder grösser ist, als das was sie zum Essen hergeben würden. Ich finde es daher viel spannender, die Krebse zu sehen. Vielleicht gibt es auch grössere, die die Dorfbewohner tatsächlich fangen und essen.

Die Boote waren übrigens eine Erfindung der Vietnamesen zur Zeit der französischen Kolonie. Boote waren mit einer Bootssteuer belegt. So machte man die grossen Körbe und fing mit diesen an, zu fischen. Körbe sind keine Boote. Es scheint, dass das von den Franzosen so akzeptiert wurde.

Nhi, unsere quirlige Guia - und Köchin

Nhi, unsere quirlige Guia - und Köchin

Die kleinen Krebse sind nicht auf meinen Köder hereingefallen.

Die kleinen Krebse sind nicht auf meinen Köder hereingefallen.

Hier werden wir kochen, es ist schon alles bereit.

Hier werden wir kochen, es ist schon alles bereit.

Reismilch herstellen. Aus rohem Reis mit ein wenig kaltem Wasser gemischt.

Reismilch herstellen. Aus rohem Reis mit ein wenig kaltem Wasser gemischt.

Reispapier herstellen

Reispapier herstellen

Bevor wir zum eigentlichen Kochen kommen, stellt uns Nhi das wichtigste Grundnahrungsmittel vor: Reis.

Die Reiskörner müssen zuerst von den Häutchen getrennt werden, das machen wir mit dem grossen Mörser. Da müssen alle Hand anlegen und Nhi feuert vor allem die Männer an. Mehr, mehr, schneller, mehr Kraft!

Danach wird der Reis mit flachen Körben in die Luft geworfen um das Häutchen zu verlieren.

Jetzt machen wir Reismilch. Dazu gibt man den Reis mit kaltem Wasser in die Reismühle. Und dann wird gedreht. Immer wieder. Die Reismilch, die unten abfliesst, wird oben gleich noch einmal hineingeschüttet und noch einmal gemahlen. Immer wieder. Bis sie richtig dickflüssig ist.

Jetzt machen wir Reispapier. Die Verpackung für Frühlingsrollen.

Die Masse wird ganz ohne weitere Zutaten dünn auf ein Tuch gegeben und da wie eine Crepe verteilt. Das Tuch ist über einen Topf mit kochendem Wasser gespannt. Deckel drauf, eine knappe Minute warten und dann kann das Reispapier mit einem Bambusspachtel, der zuerst ins heisse Wasser getaucht wird, abgehoben und zum Trocknen auf ein Bananenblatt gegeben werden.

Wir schaffen das alle und fühlen uns bereits wie echte Vietnam-Spezialisten.

Jetzt geht es zurück an den Herd. Wir bekommen eine Kochmütze und eine Schürze.

Die Helfer haben inzwischen die Knochen auf die verschiedenen Plätze verteilt. Immer zwei zusammen beginnen mit den Vorbereitungen für die Rinds-Nudelsuppe.

Zwiebelchen, Anissterne, Ingwer und eine Zimtrinde werden erst einmal über dem Gas geröstet. Wenn es anfängt zu riechen, Anis und Zimt in den Topf, der Rest darf noch etwas weiter rösten. Dann kommen alle Zutaten, zusammen mit den Knochen und einem Stück weissen Rettich in den Topf, dazu ein Teelöffel Pfeffer, auffüllen mit Wasser und das ganze darf jetzt für sich allein kochen.

Als nächstes werden Frühlingsrollen gemacht. Mit selbstgemachtem Reispapier und mit gekauftem. Und dazu gibt es eine Erdnuss-Sauce.

Nhi macht vor und wir alle produzieren unsere eigene Frühlingsrollen.

Das schöne an einem Kochkurs ist, ja dass man das gemachte laufend wieder essen kann.

Als nächstes gibt es Pfannkuchen, gemacht aus Reismilch, etwas gewürzt und gefüllt mit Crevetten und frischem Salat. Eingerollt in ein Reisblatt und dazu wieder eine selber gemachte Sosse.

Und dann zum Hauptgang. Gebratener Nudeln mit Crevetten und viel Gemüse.

Zuerst schnitzen wir aus den Karotten schöne Blumen, denn das Auge isst mit.

Mit dieser tollen Vorgabe von Nhi und den fleissigen Helfern im Hintergrund macht Kochen richtig Spass. immer wird uns neues sauberes Kochgeschirr bereit gelegt. Alle Zutaten sind schön gerüstet und angerichtet und am Schluss wird alles wieder weggeräumt. Wir gehen mit Mörser, Kochsticks und kleinen Pfannen schon sehr professionell um. Möchte gar nicht wissen, wie viel Geschirr wir in diesen beiden Stunden gebraucht haben. Das Ergebnis ist aber sensationell. Ausserdem werden unsere Gläser laufend mit einem kühlen verdünnten Fruchtsaft aufgefüllt.

Einmal huscht ein kleiner Gecko vorbei. Wenn ihr ihn bringt, koche ich ihn, lacht Nhi. Wir sind alle überzeugt, dass sie das tatsächlich tun würde.

Knuspriger Pfannkuchen mit Dipping Sosse, alles selbstgemacht.

Knuspriger Pfannkuchen mit Dipping Sosse, alles selbstgemacht.

das Ergebnis schmeckt wunderbar.

das Ergebnis schmeckt wunderbar.

Am Schluss zeigt Nhi uns, wie die Nudelsuppe mit Reisnudeln, die in separatem Wasser kurz blanchiert werden, mit verschiedenen frischen Zutaten fertig gemacht wird. Alles wird in eine Bowle gegeben und am Schluss die fertige Fleischbrühe darauf. Sie schmeckt herrlich. Doch für mich ist es jetzt genug, ich verzichte auf die Nudelsuppe, nehme aber eine Nase voll mit.

Ich habe den Nachmittag übrigens doppelt genossen. Dank Clarissa und Christof konnte ich wieder einmal so sprechen, wie mir der Schnabel gewachsen ist, resp. so dass ich sicher bin, verstanden zu werden und auch den anderen zu verstehen. Auch mit dem spanischen Paar aus Bilbao habe ich mich sehr gut verstanden. Es war also in verschiedener Hinsicht ein äusserst erfolgreicher Tag für mich.

Auf dem Wasser sind übrigens immer wieder Gruppen mit Touristen vorbei gepaddelt. Wir waren aber in unserer Arbeit so sehr vertieft, dass wir sie kaum wahrgenommen haben. Nhi erzählt, dass das Wasser am Sinken sei, bis zum Abend werde man hier gehen können, dann ist Ebbe.

Und dann sind wir am Schluss der heutigen Tour. Nhi bittet darum sie weiter zu empfehlen, was ich hier mit sehr gern mache.

BayMau Eco Cooking Tour

Das Mitbringsel zum Nachmachen: Ein Kochbuch und die langen Kochsticks.

Das Mitbringsel zum Nachmachen: Ein Kochbuch und die langen Kochsticks.

Den Rest des Nachmittags widme ich dem Verdauen und dem Ausruhen.

Erst gegen Abend gehe ich noch einmal hinaus. Will die Stadt vor dem Eindunkeln kennen lernen. Es wird allerdings sehr schnell Nacht hier, Sonnenuntergang ist um viertel nach sechs.

Hoi An, bekannt für seine vielen Schneidereien. Eigentlich sollte man sich hier Masskleider machen lassen. Ich habe weder Bedarf noch Lust dazu, finde es aber spannend, dass sich hier auf kleinem Terrain eine solche 'Industrie' entwickelt hat. Jedes zweite Haus ist eine Schneiderei. Vor dem Laden stehen die Puppen mit den verschiedensten Kleidern. Die Empfehlungen von Kunden aus aller Welt sind daran angeheftet.

"Ich war zufällig hier und wollte mir drei Kleider lassen. Bin mit sechs Kleidern von hier weggegangen", steht da zum Beispiel. Oder: "Die Hochzeitskleidung, die ich hier machen liess, trage ich heute noch..."
"Ich komme seit Jahren immer wieder hierher, um mir eine neuen Kleidung machen zu lassen."

Ausserdem ist Hoi An für seine vielen farbigen Lampione bekannt. Das gefällt mir schon besser. Sie hängen in den Restaurants. Doch leider sind die Restaurants alle leer. Mir ist nicht klar, ob ich immer noch nicht im Zentrum bin, aber ich laufe die ganze Strasse entlang und treffe auch kaum einen Touristen. Die Lokale sind leer. Als ich irgendwo für einen Fruchtshake eintrete braucht es eine ganze Weile, bis mich jemand entdeckt. Es gibt ein paar böse Worte von der Besitzerin, die mir die Karte bringt, zum Kellner, doch kurz darauf sitzen alle wieder zusammen beim Buffet und starren in ihre Handys. Ich muss schon aufstehen, bis man bemerkt, dass da ja noch jemand bezahlen sollte.

Es ist ganz lustig, die Plakate zu lesen.

Eine Lampionfabrikation

Eine Lampionfabrikation

Möchtest du einen Ballon kaufen? Der Junge am wild beleuchteten Verkaufsstand hat mich angesprochen.

Nein, ich möchte keinen Ballon kaufen, ich will jetzt nur noch zurück ins Hotel.

In der Lobby trinke ich noch ein kühles Bier und dann ist für mich Nachtruhe. Und dabei ist es doch erst Acht Uhr. Doch auch um diese Zeit war in der Stadt nicht mehr los, als gestern um zehn.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Es ist Zeit für etwas Neues. Für eine neue, mir völlig unbekannte Weltgegend. Spontan, ohne Planung, nur mit einer Idee: den Mekong sehen. Abflug am 16. Juni nach Bangkok. Ab dann wird es spannend. Freue mich, wenn auch diesmal wieder Freunde, Kunden und Bekannte virtuell mitreisen. Man kann den Reisebericht übrigens auch abonnieren, dann erhält man immer ein Mail, wenn ich etwas neues geschrieben habe.
Details:
Aufbruch: 16.06.2017
Dauer: 3 Monate
Heimkehr: 21.09.2017
Reiseziele: Thailand
Laos
Vietnam
Kambodscha
Myanmar
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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