Mit dem Zug nach Südostasien

Reisezeit: August 2017 - Juni 2018  |  von Helmut V.

Bac Ha - zweiter Wanderversuch

Tiefhängende Wolken über Bac Ha

Tiefhängende Wolken über Bac Ha

Typisches Bergbauernhaus

Typisches Bergbauernhaus

Eine neugierige Schweinerei

Eine neugierige Schweinerei

Bac Ha 26. - 29. 10.

So ein Reisetag, von dem man später gerne erzählt, der aber im Moment viel Nerven kostet!
Am Vorabend hatte uns die Vermieterin schon gesagt, dass es am Morgen leider auf Grund zu weniger Touristen keinen Bus von unserem ( abgelegenen) Dorf Tag Van nach Sa Pa zum Busbahnhof geben werde. Nur Taxi - auch hier teuer. Wir stehen früh auf, um an der Brücke ein Fahrzeug anzuhalten. Doch dann treffen wir einen jungen Taxifahrer, der uns für den Buspreis fahren will - dann auch noch gleich in die nächste Stadt und wir sagen gerne zu. Doch dann beginnt er zu rechnen und setzt uns doch in Sa Pa beim Linienbus ab. Von dort fahren wir in die nächste größere Stadt Lao Cai. Hier wollen wir ein Tagbusticket für einen öffentlichen Bus Richtung Laos kaufen. Es gibt hier zwar viele Anbieter für sogenannte Sleeper - Busse, die über Nacht fahren. Aber erstens passen wir mit unserer Größe nicht in die Schlafsitze, zweitens haben wir Zeit und wollen etwas von der Landschaft sehen und drittens haben wir den Wunsch, mit den Einheimischen zu fahren.
Beim Ausstieg haben wir gleich einen "Geier" an der Backe, einen jener Menschen, die so tun, als wollten sie einem helfen und dabei nur ihr Geschäft im Sinn haben. Trotz ihm finden wir den Busbahnhof, dort aber nur gelangweilt wirkende Menschen, die uns nicht verstehen oder verstehen wollen. Da bereue ich schon ein bisschen, es nicht fertig gebucht zu haben. Schließlich finden wir eine Garage, in der Busse nach Dien Bien Phu abfahren und einen findigen, windigen Verkäufer, der uns ein Ticket verkaufen will. Aus dem lonely planet- Reiseführer haben wir einen ungefähren Preis, seiner liegt gleich mehr als doppelt darüber. Wir verhandeln gut und bekommen für 500.000 Dong, statt 820000, 2 Tickets. Jetzt haben wir einen winzigen Zettel mit mehrmals durchgestrichenem Preis und hoffen, damit am Montag Richtung Laos zu kommen.

Für Nachmacher: der reguläre Preis ist 200.000 pro Person
Ein Kaffee und dann zum öffentlichen Bus nach Bac Ha. Zehn Minuten vor Abfahrt sind wir die einzigen Passagiere neben einem dicken Paket Kunststoffprofile im Mittelgang. Auch die Rückbank ist schon gut beladen mit Kartons und Paketen. 3 junge Vietnamesen steigen ein, der Bus fährt zum Bahnhof - 3 min - die drei steigen wieder aus und setzen sich ins Cafe. Der Bus fährt zurück zum Busbahnhof. 2 Franzosen steigen ein und eine Frau bringt ca 30 Paletten Eier. Mein Rucksack wird hergenommen, um sie auf dem Sitz zu stabilisieren und ich frage mich, warum ich die Rucksackhülle nicht darum gepackt habe. Es geht wieder los und bald schon sind wir zügig auf der Ausfallstraße unterwegs. Bei einem Hotel hält der Bus, 3 Vietnamesen steigen zu. Der Bus fährt zurück in die Stadt, wir landen wieder beim Bahnhof. Ein Vietnamese steigt aus, die 3 aus dem Cafe steigen ein. Dann geht es langsam stadtauswärts, mal steigt ein Passagier zu, mal wird etwas eingeladen, zwei riesige Beutel geschlachtete Hühnchen, Briefe, ein Autoreifen - immer mit einer Nachricht an den Adressaten versehen, die der Beifahrer auch aufmerksam zur Kenntnis nimmt. Als wir auch weit außerhalb der Stadtgrenze noch mit 20 km/ h vorwärts kriechen, sind wir verwundert, doch dann braust von hinten noch ein Moped heran und hat auch noch etwas mitzugeben. Wunderbarer Weise geht alles so auf, dass schließlich alle Plätze mit Passagieren belegt sind und alle Zwischenräume mit Waren. Dann geht es eine Zeitlang richtig zügig durch die herrliche Berglandschaft von Nordvietnam, bis die ersten Gäste und Waren auszuladen sind und die Botschaften übermittelt werden. Da unser Homestay an der Straße liegt, fährt uns der Bus direkt bis dorthin. Homestay ist eine günstige Unterkunft, bei der man im Haus der Vermieter in einem eigenen Raum wohnt und manchmal auch dort am Essen teilnehmen kann. Wir sind erst einmal entsetzt, denn das Haus liegt gleich neben einem Steinbruch, in dem fleissig gearbeitet wird. Doch die Familie ist so herzlich und gibt sich solche Mühe mit uns, dass wir den Lärm bald nicht mehr als schlimm empfinden und um 16.30 h ist dort auch Feierabend. Das Abendessen ist liebevoll zubereitet und so lecker und ich gewöhne mich langsam daran, dass bei Ente halt immer der Kopf mit auf der Platte liegt - ich muss ihn ja nicht essen!

Am 27.10 sind wir früh auf den Beinen. Um 6:45Uhr gibt's hier Frühstück. Das ist für uns eigentlich kein Problem , wir wollen ja eine lange Wanderung machen, aber es giesst wie aus Eimern. Also legen wir uns nach dem Frühstück wieder ins Bett und nach zwei Stunden machen wir uns bei leichtem Nieselregen auf den Weg. Unsere Bergwanderung können wir angesichts des Wetters vergessen , wir laufen jetzt über kleine Umwege nach Bac Ha. Hier bummeln wir durch den Ort und können verschiedenen Handwerkern bei der Arbeit zuschauen. Die Wolken hängen sehr tief und von der schönen Landschaft ist nichts zu sehen. Am späten Nachmittag sind wir dann wieder zurück in unserem Quartier, wo es am Abend wieder ein tolles Essen gibt.
Der Samstag beginnt schon wieder mit tief hängenden Wolken obwohl der Wetterbericht schöneres Wetter angesagt hat. Heute wollen wir unsere Wanderung in die Berge durch die Dörfer der Hmog machen. Nach dem Frühstück werden wir von unserer Hausherrin, einer jungen Hmongfrau, eingeladen ihren Grossvater zu besuchen. Wir wollen nicht unhöflich sein und sagen zu. Bereits kurz nachdem wir die Dorfstrasse verlassen haben tauchen wir in eine andere Welt ein. Rechts und links des Weges stehen kleine Häuser aus Lehmziegeln mit Stroh gedeckt zwischen den abgeernteten Reisfeldern. Das Reisstroh steht in Garben gebunden zum trocknen am Strassenrand, der Reis liegt auf Planen in der nun endlich herausgekommenen Sonne. Hier und da wird bereits der trockene Reis in kleinen Mühlen von Spelz befreit. Nach einer Dreiviertelstunde erreichen wir ein altes, typisches Hmonghaus. Hier wohnt der Grossvater und wir erfahren daß er heute seinen 90. Geburtstag feiert. Wir sind als "Langnasen" besondere Gäste. Der Grossvater, ein Schamane oder Priester, ich weiss nicht, wie man hier dazu sagt, bereitet eine Feier für die Familie vor. Aus Papier schneidet er zahlreiche Papierfähnchen und andere, für uns erst einmal unbekannte Formen aus. Vor der Türe bereitet die Familie einen Tisch mit diversen Utensilien.

Mit dem Google-Translater werden wir darauf vorbereitet, dass Grossvater jetzt in den Himmel geht um eine Medizin für die Nachbarin zu holen. Zutiefst beeindruckt erleben wir nun, wie der 90 jährige Greis eine Art Gebet beginnt, begleitet von einer Glocke und einen Rassel, und in eine Trance versinkt. Das ganze dauert über zwei Stunden, in denen ein Helfer ein Ritual mit der kranken Nachbarin sowie mit dem vier Monate altem Urenkel durchführt. Hierbei werden über dem Tisch mit den Utensilien zwei Hühner geschlachtet und diverse Raeucherwaren verbrannt. Während der Zeremonie geht für die anderen Familienmitglieder das Leben ganz normal weiter. Es wird gekocht, laut telefoniert, gespielt und dazu kommen von draußen die Geräusche der zahlreichen Haustiere. Nach der Zeremonie ist der alte Herr ziemlich mitgenommen und wackelig, erholt sich aber erstaunlich schnell wieder.
Inzwischen sind ausser den geopferten Hühnern auch der Reis, Gemüse, Schweinefleisch und Suppe gar und die ganze Grossfamilie sitzt auf kleinen Hoeckerchen am Boden und geniesst das gemeinsame Mittagessen, auch wenn es inzwischen schon fast 15:00 Uhr ist. Zum Essen fliesst reichlich Reisschnaps, ein gefährliches, brennbares Getränk. Glücklich und beseelt ( nicht nur vom Reisschnaps)
verlassen wir das Fest, lassen die Familie noch alleine weiterfeiern, und geniessen beim Zurückweg die Eindrücke des Festes und der schönen Umgebung.
Gut, dass wir dem Schicksal seinen Lauf liessen und nicht die Bergwanderung gemacht haben.
Beim Abendessen gibt es für uns noch eine Überraschung. Es gibt Salat mit gehackten Erdnüssen, Reis, Schweinebraten und eine Art Gulasch mit Zitronengrass und Zimt Blätter. Eine sehr leckere Kombination. Nach einer Weile bekommen wir erklärt, dass das Gulasch aus Pferdefleisch besteht. Gut das wir es erst im Nachhinein erfahren sonst hätte unser Kopf uns wieder einen Streich gespielt.
Am Sonntag morgen sind wir dann früh in den Ort Bac Ha gelaufen. Sonntags ist immer Markttag und der Markt in Bac Ha ist in ganz Vietnam bekannt. Ich glaube, es gibt nichts, was man hier nicht kaufen kann. Interessant sind die Tiermärkte mit frischen Fischen, es gibt Wasserbüffel, Schweine, Hühner, Enten, Hunde, Vögel und diverse Maden zu kaufen. Sogar ein Falke wird angeboten. Es gibt ein riesiges Angebot an Obst und Gemüse aller Art, vieles davon für uns ganz unbekannt. Sehr schön anzuschauen sind die Trachten der verschiedenen Ethnien, besonders die der Hmog- Frauen.
Ein Schöner Abschluss in Nordvietnam. Am Nachmittag beginnt unsere Reise nach Laos, zuerst nur bis Lao Cai,von wo wir dann morgen weiterfahren.

Alle helfen bei der Festvorbereitung mit.

Alle helfen bei der Festvorbereitung mit.

Opferzeremonie

Opferzeremonie

Der 90 jährige Grossvater, die Nachbarin und sein vier Monate alter Urenkel.

Der 90 jährige Grossvater, die Nachbarin und sein vier Monate alter Urenkel.

Ein Feuerwerk der Farben auf dem Markt.

Ein Feuerwerk der Farben auf dem Markt.

Auch einen Albino Wasserbüffel gab es.

Auch einen Albino Wasserbüffel gab es.

© Helmut V., 2017
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Meine Frau Martina und ich fahren mit der Transsib nach Peking und von dort weiter nach Vietnam,Laos und Kamboscha. Wie es dann weiter geht wird sich zeigen.
Details:
Aufbruch: 24.08.2017
Dauer: 10 Monate
Heimkehr: Juni 2018
Reiseziele: Ungarn
Russland / Russische Föderation
Mongolei
China
Vietnam
Laos
Kambodscha
Thailand
Indien
Nepal
Der Autor
 
Helmut V. berichtet seit 7 Jahren auf umdiewelt.
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