Marc und Marten um die Welt

Reisezeit: August 2013 - August 2014  |  von Marten Seifert

Moorea 2 + Tahiti

Montag und Dienstag 23./24. Dezember 2013
Heute stehen Weihnachtsbesorgungen auf dem Tagesplan. Also geht es mit dem Bus nach Maharepa zum Geldautomat und im Sturmschritt zurück nach Paopao. Im Sturmschritt deswegen, weil wir es irgendwie geschafft haben, uns auf dem Mount Rotui trotz dicker Wolken vor der Sonne Arme und Nacken dermaßen zu verbrennen, dass man bei jedem weiteren Sonnenstrahl quasi den Leberflecken beim Bösartigwerden zusehen kann.
Weil Weihnachten ist, kaufen wir zur Feier des Tages sogar 700g Steak für jeden und ein halbes Kilo von diesen coolen Kartoffeln, die gekocht genauso schmecken wie heiße Maronen. Zurück im Fare Maheata wird der restliche Tag hauptsächlich mit "der Sonne aus dem Weg gehen" und "Marc gesund werden lassen" verbracht, weil er es irgendwie geschafft hat, schon wieder 39°C Fieber zu bekommen. Ob es ein Sonnenstich oder dieser komische von Mücken ausgehende Zika-Virus ist, der ihn mit Kopfschmerzen und Unwohlsein ans Bett fesselt, wissen wir nicht. So oder so, sind die Symptome am nächsten Tag zum Glück ein wenig abgeklungen.
Nach dem Aufstehen wird in Deutschland bereits der Heilige Abend zelebriert und dank Skype können wir per Videokonferenz direkt bei unseren Eltern im Wohnzimmer dabei sein. Ansonsten verläuft der Tag sehr besinnlich mit Kaffeetrinken, Papaya- und Ananasessen und mit dem Backen von Kokosmakronen. Na gut, backen ist gelogen und Makronen sind es dementsprechend auch nicht, aber es will uns einfach partout nicht gelingen, den Gasofen zum Laufen zu bringen. Das einzige was läuft, ist das Gas, was zwar geruchsintensiv in den ganzen Bungalow strömt, sich aber an keiner Stelle im Ofen entzünden lässt. Aus Sicherheitsgründen wird der Versuch abgebrochen und die Kokos-Zucker-Sahne-Mischung im Topf gekocht. Klingt erst mal nicht so lecker, wenn man aber seit Deutschland außer Cola und ab und zu mal einem Milchreis nichts Süßes mehr gegessen hat, ist die ausgekochte Mischung ein wahrer Hochgenuss.
Als Weihnachtsgeschenk von uns an uns gibt es dann für jeden 2,5€ pro Dose teures Bier, bevor wir den Tag mit Wodka und Mangosaft ausklingen lassen. Verdient haben wir uns das nach unserer Tour auf den Mount Rotui auf jeden Fall.

Mittwoch/Donnerstag 1. und 2. Weihnachtsfeiertag 2013
Viel passiert eigentlich nicht am letzten Tag im Fare Maheata. Wir müssen immer noch die Sonne meiden und Marc kränkelt auch noch ein bisschen. Abgesehen davon hat inzwischen ohnehin die Regenzeit begonnen und es schüttet auch tagsüber immer öfter wie aus Eimern. Sehr ärgerlich ist, dass hier jetzt doch noch ein Bungalow über Silvester für uns frei gewesen wäre, weil jemand abgesagt hat. Da "Mark's Place" (was für ein Zufall der Name, auch wenn dieser Mark mit k statt c am Ende geschrieben wird) leider sehr strenge Stornierungsbedingungen hat und bei Nichtanreise trotzdem der volle Preis von meiner Kreditkarte abgebucht werden würde, bleibt uns leider keine andere Wahl, als das Fare Maheata zu verlasen.
Also heißt es am nächsten Tag Abschied nehmen von diesem wundervollen Ort mit seinen wundervollen Gastgebern, die uns dann sogar noch kostenlos nach Haapiti, zu "Mark's Place" fahren, was uns nicht nur 2,5€ pro Person und Busfahrt sondern gleich 5€ p.P. spart. Das liegt daran, dass die Busse hier nicht einfach einmal 60 Kilometer um die Insel herum fahren, sondern es zwei Endstationen gibt und man entsprechend doppelt auf den Bus warten und doppelt zahlen muss, wenn man auf die andere Hälfte der Insel kommen möchte. Genauso unlogisch ist das ausgefeilte Kilometerzählsystem. Ausgangspunkt und damit Kilometerpunkt Null ist der Flughafen. Doch auch hier zählt man nicht einfach 60 Kilometer einmal um die Insel, sodass es jeden Punkt nur einmal gibt, nein, man trifft sich in etwa bei Kilometerpunkt 25 und 35. Na warum auch nicht?
Egal. Der Abschied ist auf jeden Fall ziemlich traurig nach immerhin 22 Tagen im Paradies, aber man muss ja immer nach vorne blicken und sich auch mal auf was Neues einlassen.
In "Mark's Place" angekommen, würde man dann aber doch lieber wieder zurückschauen. Es gibt keinen Strandzugang und die Gegend hier ist allgemein nicht ansatzweise so schön, wie der Inselzipfel Pihaena, wo sich das Fare Maheata befindet.
Mark ist ganz nett, eben ein typischer, übertriebener Amerikaner, den man einfach nicht so ernst nehmen darf und dann passt das schon. Die Wohnung ist wirklich locker die ausgeschriebenen 65qm groß und eine riesige Terrasse haben wir auch noch dazu.
Sehr schön, so eine große Wohnung, weil uns der einsetzende Regen den Rest des Tages drinnen hält, wo wir im Bücherregal über einen deutschen Grisham-Roman und "Eine Reise um die Welt in achtzig Tagen" von Jules Verne stolpern. Die Küche ist leider etwas weniger gut ausgestattet als der Rest der Wohnung, aber um eines unserer standardmäßigen Reisgerichte mit Kokos-Curry-Soße zu kochen, reicht es aus.

Freitag und Samstag 27./28. Dezember 2013
Inzwischen hat es sich so richtig schön eingeregnet und so kommt es, dass wir bereits Mitte des ersten Tages in der neuen Unterkunft mit lesen fertig sind und die Bücher untereinander getauscht werden. Um den Kreislauf nicht ganz runterfahren zu lassen, geht es dann wenigstens am Samstag doch noch mal etwas weiter als nur bis zum kleinen Supermarkt die Straße entlang. Während des Weges heißt es wieder, regelmäßig einigen aggressiven Hunden auszuweichen, aber darin haben wir ja inzwischen Übung. Etwas gewöhnungsbedürftiger sind die vielen Hühner, die wirklich überall auf Moorea frei herumlaufen und niemandem gehören. Und so wird man plötzlich mitten im Dschungel von einer Henne mit ihren halbstarken Küken zu Tode erschreckt, während einen der Hahn mit großem Tamtam und Herumgekrähe zu vertreiben versucht.
In "Mark's Place" ist diese ganze Chickensache allerdings besonders außer Kontrolle geraten und das Gezanke, Gekreische und Gekrähe der Hähne fängt schon gegen fünf Uhr früh mit der Morgendämmerung an und hört erst abends mit dem Dunkelwerden wieder auf. Immerhin bekommen wir einen echten Hahnenkampf zu sehen und es gelingen sogar ein paar ganz witzige Schnappschüsse.

Das Gekrähe wäre an sich auch nur halb so schlimm, wenn wir verschließbare Fenster hätten. Hier sind aber alle Fensteröffnungen nicht mit Glas, sondern schlicht und einfach mit Moskitonetzen bestückt. Der große Vorteil ist natürlich, dass wir wirklich kaum Mücken in der Wohnung haben und nachts mehr oder weniger ungestört schlafen können. Umso seltsamer ist dann wiederum, dass außer Mücken so ziemlich alle anderen Insekten in unser Zuhause eindringen. Die Insektenvielfalt fängt mit einer allabendlichen Wespe an und reicht über sechs bis sieben Zentimeter große Kakerlaken im Badezimmer bis hin zu Tausend- und hochaggressiven Hundertfüßern (klingt lächerlich, steht aber sogar bei Wikipedia, wie wir es selbst erlebt haben, dass diese Tiere nämlich entgegen allen Instinkten den Kampf der Flucht auch dann vorziehen, wenn der Gegner haushoch überlegen ist). Wir sehen die Insekteninvasion einfach schon mal als kleinen Vorgeschmack auf all das Gekrabbel, das uns noch in Asien begegnen wird.

Babygekko! Wie süüüüß ;D

Babygekko! Wie süüüüß ;D

Sonntag 29. Dezember 2013
Das Wetter bessert sich allmählich und auch wenn die Gegend hier nicht so schön ist, muss man sie sich ja zumindest mal richtig angucken. Leider ist die Gegend hier komplett zersiedelt, weshalb man keine zwanzig Meter auf der Hauptstraße entlanggehen kann, ohne schon vor dem nächsten Grundstück zu stehen. Mal abgesehen davon, dass es hier auch tatsächlich keine Avocado- oder Litschibäume gibt. Um die Enttäuschung ein wenig zu lindern und den Ausflug doch noch zu einem Erfolg werden zu lassen, wird dann im nächsten Supermarkt erstmal ein schönes, zwei Kilogramm schweres Stück Steak eingekauft, was zwar eingeschweißt statt frisch ist, aber das muss ja nicht automatisch mit einer Qualitätsminderung einhergehen. Wir werden sehen.

Montag 30. Dezember 2013
Heute haben wir uns noch mal eine richtige Hammertour vorgenommen. Es geht zum Aussichtspunkt "Die drei Kokosnüsse". Das Wetter scheint auf unserer Seite zu sein und tatsächlich ist heute der einzige Tag während unseres gesamten Aufenthalts in "Mark's Place", an dem nicht ein einziger Tropfen Regen fällt.
Die ersten Kilometer des Weges geht es über die Hauptstraße gen Süden, bevor man in ein schönes grünes Tal einbiegt, zu dessen Ende hin die Besiedelung immer weiter abnimmt. Wären die blöden Hunde nicht hier, wäre es wirklich ein Garten Edens, wie sich der schmale Gebirgsbach so durch das saftige Grün der tropischen Vegetation windet. Am Ende des Tals beginnen dann die ersten richtigen Ausläufer des dichten, unbewirtschafteten Dschungelwaldes Mooreas. Der Weg ist jetzt nur noch ein Trampelpfad und führt in schmalen Serpentinen den steilen Hang hinauf. Unterwegs gibt es immer wieder kleine Bächlein zu überqueren, mal auf einer Brücke, mal auf glitschigen Steinen, wenn die Brücke von der Witterung bereits zerstört wurde. Keine fünf Jahre ist es her, dass hier ein starker Sturm gewütet hat, wegen dem wir immer wieder über dicke Baumstämme und Äste steigen müssen.
Zur Mittagszeit ist dann endlich der Kamm erreicht und auch wenn es hier inzwischen nicht mehr nur drei, sondern unzählige kleine Kokospalmensprösslinge gibt, ist klar, dass wir unser Ziel "The three Coconut" erreicht haben. Der Aussichtspunkt ist im Vergleich zum Belvedere vor allem deswegen so besonders, weil er noch höher liegt und man von hier einerseits auf das Inselinnere mit den beiden Meeresarmen (der Cook- und der Opunohubay) und andererseits direkt auf die Lagune der anderen Inselseite hinter einem blicken kann. Mindestens genauso schön wie der Panoramablick ist der kühle Wind, der uns hier oben auf dem Kamm entgegenschlägt. Die Klamotten sind schon wieder vollkommen durchnässt und des begrenzten Wasservorrates wegen, kann der Durst nur halb gestillt werden.

Opunohubay links Cookbay rechts mit Mount Rotui in der Mitte

Opunohubay links Cookbay rechts mit Mount Rotui in der Mitte

Da der Tag noch jung und die Begierde nach frischen Avocados groß ist, lassen wir uns auf den wahnwitzigen Gedanken ein, doch einfach weiter bis zum Belvedere zu laufen, wo uns noch vom letzten Besuch ein Avocadobaum in Erinnerung geblieben ist. Kilometerweit führt uns der schmale Pfad durch den dichten Urwald, ohne wenigstens ab und zu einen kurzen Blick auf das noch unfassbar fern scheinende Ziel erhaschen zu können. Zwischendrin kreuzen wir immer wieder kleine Bäche, bis irgendwann auch bei Marc der Durst über die Angst vor irgendwelchen Keimen siegt und wir gierig das kühle Quellwasser tanken.
Der Belvedere ist dann auch irgendwann erreicht und die Avocadoernte lässt uns zumindest für einen kurzen Moment die Angst vor dem quälend langen Rückweg vergessen.
Alles in allem geht es dann aber doch schneller als erwartet und wir erreichen "Mark's Place" noch vor Einbruch der Dunkelheit. Nach einem weiteren Tag mit über zwanzig Kilometer Fußweg durch die naturbelassene Vegetation Mooreas über Stock und Stein und Berg und Tal fallen wir schließlich vollkommen erschöpft ins Bett. Welches im Übrigen mal wieder ein Doppelbett ist. Ob es nun an jenem schmalen Doppelbett, dem Regenwetter oder einfach an der Sehnsucht nach dem Fare Maheata lag, die Anfangstage hier sind wir uns zum ersten Mal seit Beginn der Reise ein bisschen auf die Nerven gegangen. Aber inzwischen hat sich auch das wieder eingerenkt.

Dienstag 31. Dezember 2013 und Mittwoch 1. Januar 2014
Silvester ist eigentlich genau so schnell erzählt, wie der Tag danach. Das Wetter lädt nicht wirklich zu einem Ausflug nach draußen ein und so wird die Wohnung nach einem kurzen Einkauf am Morgen auch gar nicht mehr verlassen. Um sich trotz der elf Stunden Zeitverschiebung mit der Heimat verbunden zu fühlen, wird dann gegen 13 Uhr auch schon mit dem ersten Bier angestoßen und quasi das neue Jahr für Deutschland miteingeläutet. Ach ja, neben Bier und Rumpsteak haben wir uns heute Internet gegönnt, was hier normalerweise teure 8€ die Stunde kostet. Die Zeit bis Mitternacht wird also mit Musikhören, Essen kochen und Filme gucken überbrückt, bevor man sich um Punkt zwölf in die Arme fällt und das neue Jahr begrüßt. Bis auf zwei wirklich ferne Raketenschüsse, von denen wir nicht mal das Feuerwerk sehen, bleibt es hier aber vollkommen ruhig und wir verziehen uns wieder nach drinnen, wo das neue Jahr bis in den Morgen hinein befeiert wird.
Tierliebe hin oder her, der Kater am nächsten Tag ist wie immer wirklich unnötig. Aber so ist das eben am ersten Tag des Jahres. Am Abend wird dann noch ein bisschen die Wohnung aufgeräumt, weil wir morgen nach Tahiti übersetzen und dann war's das auch schon für heute.

Donnerstag 2. Januar 2014
Da wir um 10:45 Uhr die Fähre nach Tahiti erwischen wollen, übergeben wir Mark den Wohnungsschlüssel gegen kurz vor 9:30 Uhr und zahlen ihm etwas mehr als 10€ für das Internet, nachdem wir mit der Nutzungsdauer etwas untertrieben haben.
Um die Dramatik der nachfolgenden Szene besser verstehen zu können, vielleicht vorweg noch eine kurze Erklärung: Der Bus fährt auf jener schon oft erwähnten ca. 60km langen Straße, die einmal um die Insel führt. "Mark's Place" befindet sich ca. 200 Meter im Landesinneren und ist über einen ausgefahrenen Feldweg zu erreichen.
Der Himmel ist grau und wolkenverhangen an diesem Tag. Jeder von uns ist bepackt mit einem großen und einem kleinen Rucksack und einer schweren Tüte mit Lebensmitteln. Vollgepackt biegen wir also auf das letzte kerzengrade Stück Feldweg. Die Hauptstraße kommt gerade in Sicht, ist jetzt keine hundert Meter mehr entfernt, als just in dieser Sekunde der Bus vorbeirauscht.
Der Moment ist einfach zu absurd, um nicht in Lachen auszubrechend, bevor uns gleich wieder die bittere Realität einholt. Aber jammern hilft nichts, als wir keine halbe Minute später die Straße erreichen und so heißt es einfach hoffen, dass vielleicht noch ein Bus vorbeikommt.
Auch wenn ich damit die Spannung vorwegnehme: Nein, es kommt nicht noch ein Bus vorbei. Dafür fängt es aber an, wolkenbruchartig zu schütten und so etwas wie ein Bushäuschen oder irgendetwas anderes zum Unterstellen gibt es hier nicht. Immerhin brauche ich mich nicht mehr ärgern, dass meine Hose vom Waschen gestern Abend noch nicht ganz getrocknet ist. Genauso plötzlich, wie es angefangen hat, hört es dann auch wieder auf zu regnen und nachdem wir unsere T-Shirts ausgewrungen haben, kommt sogar die Sonne wieder raus, weswegen wir am Abend auch noch einen schönen Sonnenbrand im Nacken haben. Nach zwei Stunden kommt dann endlich ein nach Urin riechender Bus, der wie meistens, mehr oder weniger auf die Fähre abgestimmt ist. Keine Stunde später donnern wir auch schon mit unfassbarer Geschwindigkeit über die hohen Wellen des Pazifiks, die einem selbst in diesem großen Boot das Gefühl geben, in einer Achterbahn zu sitzen.

In Papeete, auf Tahiti, angekommen geht es zuerst in die Touristeninformation, um zu erfragen, wann und wo der nächste Bus nach Teahupoo fährt, wo wir für die nächsten vier Nächte einen Bungalow gebucht haben. Busfahrpläne gibt es auch hier nicht. Wir sollen einfach ein paar Stunden an einer Halteselle warten, die der Typ von der Information uns zwar auf der Karte einzeichnet, die wir aber trotzdem erst nach einer halben Stunde suchen finden. Ab jetzt heißt es also: Warten aufs Ungewisse, während ein leichter Nieselregen vom inzwischen wieder grauen Himmel auf uns herabfällt. Irgendwann kommen dann noch zwei Jugendliche vorbei, von denen uns einer "Hey, do you want some weed?" zuzischt, worauf hin ich ihm freundlich erwidere, dass wir nach Teahupoo wollen. Aber ganz ehrlich, wenn er schon Marihuana verkaufen will, dann soll er eben deutlich sprechen, damit es nicht zu solchen akustischen Missverständnissen kommt. So oder so ist er bei uns an der falschen Adresse und verschwindet irgendwann auch wieder zusammen mit seinem Kumpel. Dafür hält eine Taxifahrerin an und erklärt uns, dass heute gar keine Busse fahren, weil Feiertag ist. Das Warten aufs Ungewisse wird uns dann nach geschlagenen vier Stunden einfach zu ungewiss und wir kehren zur Touristeninformation zurück.
Ja, heute fahren tatsächlich keine Busse, weshalb ihr die Sache mit ihrem Kollegen und die lange unnötige Wartezeit furchtbar leidtun, erklärt uns die junge Frau, die gerade Schicht hat. Einen kurzen Moment lang überschlagen sich unsere Gedanken vom "nach Teahupoo trampen" über "sich einfach hier ein Hotel nehmen" bis hin zu "was soll der ganze Scheiß, lass uns einfach nach Berlin zurückfliegen".
Aber die Frau in der Touristeninfo ist wirklich, wirklich unglaublich nett und mit ihrer Hilfe schaffen wir es, die Bungalowbesitzer zu erreichen, damit sie aus dem immerhin gut 70km weit entfernten Teahupoo vorbeikommen und uns abholen. Wie viel wir jetzt fürs Abholen zahlen müssen, wenn laut ihrer Internetseite allein der Shuttleservice zum näher gelegenen Flughafen 40€ pro Person kostet, werden wir dann irgendwann die nächsten Tage erfahren.
Zur Zeit des Telefonats ist es ca. 17:00 Uhr und entsprechend lang zieht sich die Wartezeit bis zu ihrem Eintreffen um 19:40 hin. Als wir endlich unsere neue Unterkunft erreichen, ist es halb zehn, also volle zwölf Stunden nach dem Checkout in "Mark's Place".
Na gut, vielleicht wären wir eine Viertelstunde früher angekommen, wenn wir nicht noch bei Carrefour gehalten hätten, um uns mit Bier uns Steak einzudecken. Aber ganz ehrlich, nach so einem Tag und so viel Geld für nichts, kann man sich wenigstens das dann auch noch gönnen.

Freitag 3. und Samstag 4. Januar 2014
Die beiden Tage werden hauptsächlich mit organisatorischen Dingen in Vorbereitung auf Neuseeland verbracht, da das Internet hier kostenlos ist. Ob es uns beruhigt, schon ein paar Dinge rausgesucht zu haben, oder eher beunruhigt, weil wir uns gar nicht vorstellen können, wie das in Neuseeland alles werden soll, wissen wir am Ende nicht wirklich. Aber wir können zumindest sagen, wir haben uns gekümmert.
Ansonsten wandern wir noch ein bisschen durch Teahupoo und sehen uns an der mindestens genauso grünen Natur wie auf Moorea satt. Leider ist auch hier jeder Meter entlang der Hauptstraße besiedelt und man kann nirgendwo mal so richtig hinein in die Wildnis. Dazu muss man bis ans Ende des Ortes und am Dorfstrand vorbei, wo die Asphaltstraße an einer Fußgängerbrücke endet. Von hier gelangt man dann über einen Pfad durch eine ausgelagerte Siedlung wieder ans Meer. Da es aber schon Nachmittag ist, kehren wir wieder um, ohne zu erfahren, was die Insel dort wohl so bereithalten mag. Sicher ist auf jeden Fall, dass es dort menschenferne Natur gibt, denn die Straße endete wie gesagt bereits vor einigen hundert Metern und dieser letzte Zipfel am Ende von Tahiti Iti, dem Anhang, der quasi an der Hauptinsel, Tahiti Nui, mit dran klebt, ist nur zu Fuß zu erreichen.
Ach ja, das Wichtigste an diesen beiden Tagen war eigentlich die Nacht dazwischen. Nachdem Marc schon in der ersten Nacht meinte, eine Ratte im Bad gehört zu haben, werden wir morgens um drei plötzlich beide wach, weil im Bungalow Rambazamba gemacht wird. Eine Stunde lang versuchen wir immer wieder, eines der Biester zu Gesicht zu bekommen, doch wenn das Licht angeht, sind sie schon längst wieder verschwunden. Selbst als wir ein halbes Baguette als Köder auslegen, ist das halbe Baguette einfach unter meinem Bett verschwunden, bevor wir irgendetwas sehen können. Mit der Taschenlampe gelingt es endlich, ein besonders fettes Exemplar dabei zu beobachten, wie es im unverkleideten Dachgebälk unseres Bungalows zwischen den Balken nach oben klettert.
Die nächsten Stunden werden zur Qual und keine Minute vergeht, ohne dass die Biester, wieder nach unten kommen und durch den Bungalow rennen, obwohl wir die Baguettes nach draußen geschafft haben. Erst bei Sonnenaufgang, kommen die Ratten allmählich zur Ruhe und mit ihnen können auch wir endlich wieder Schlaf finden.
Auf jeden Fall hat das dazu geführt, dass Warren, der Besitzer, uns anbietet, in den Bungalow nebenan zu ziehen, was wir dankend annehmen. Die Putzfrau entleert und trennt derweil unseren Müll und schmeißt die angefressenen Baguettestücken zusammen mit anderen Essensresten einfach neben dem Bungalow ins Gras und überlässt es dort der Natur. Ich meine merken die es noch? Ist doch kein Wunder, dass es hier von Ratten wimmelt.

Sonntag 5. Januar 2014
Die Nacht verlief ohne Rattenspektakel und wenn doch, dann haben wir es zumindest nicht mitbekommen. An diesem Morgen geht es jetzt auch endlich zu Warren und seiner Frau, zahlen. Wir wissen ja immer noch nicht, was sie uns für den Transport berechnen und wenn wir Pech haben, reicht unser Bargeld nicht aus. Doch es kommt alles ganz anders und Warren erlässt uns wegen den Ratten nicht nur die Transportkosten, sondern gewährt uns auch noch einen Rabatt von 10% bzw. über 30€ für die vier Nächte. Wie gesagt, die Leute sind wirklich alle super, super nett hier und da sie letztlich ja auch nur indirekt etwas für die Rattengeschichte können, ist man ihnen auch nicht weiter böse. Wir waren ja allein schon mit dem Bungalowwechsel zufrieden.
Das Bargeld reicht also locker aus und wir müssen mit den kostenlosen Leihfahrrädern nicht zum nächsten Geldautomaten, sondern können ganz entspannt auf der Hauptstraße in Richtung des Ortes Taravao fahren, das an der Schnittstelle von Tahiti Iti und Tahiti Nui liegt. Wie gesagt, entlang der Straße ist alles zugebaut. Aber die Gegend ist trotzdem schön anzusehen und allein die Tatsache, mal wieder Fahrrad zu fahren, ist Freude genug. Irgendwann gibt es dann nur noch auf der rechten Seite Häuser, während der schmale Strandabschnitt auf der linken Seite bis an die Straße heranreicht und wir auf ein paar großen Steinen eine Pause zum Avocadoessen einlegen können. Bevor wir Taravao erreichen, zwingen uns jedoch Hitze und Mittagssonne, wieder den Heimweg anzutreten.
Während auf Moorea die Mangos noch hart wie Stein waren, ist die Erntezeit hier bereits in vollem Gange und vor einem verlassenen Grundstück können auch wir davon profitieren und ein gutes Kilo der süßen, gelben Früchte zusammensammeln und so klein und matschig die meisten Mangos sind, so süß und aromatisch sind sie im Geschmack. An unserem letzten Abend hier werden dann noch mal so viele Zutaten wie möglich verkocht, bevor es gegen kurz nach zehn ins Bett geht.

Montag 6. Januar 2014
Unser Bus zurück in Richtung Taravao soll gegen zehn Uhr abfahren und da wir ihn nicht wieder verpassen wollen, stehen wir schon um 9:30 ungeduldig am Straßenrand und blicken gespannt bis zur nächsten Kurve. Warren und seine Frau sind leider ausgeflogen und so können wir uns nicht mal von ihnen verabschieden. Schade eigentlich, denn die Putzfrau spricht auch nur Französisch und Tahitianisch und kann ihnen entsprechend auch kein herzliches Dankeschön von uns übermitteln.
Mindestens eine Ratte müssen wir heute Nacht übrigens doch wieder im Bungalow gehabt haben, denn zwei unserer Avocados weisen eindeutig Nagespuren auf und werden entsprechend entsorgt. Wer weiß, was man sich sonst noch einfängt. Reicht schon, dass wir hier wieder hunderte Mückenstiche abbekommen haben und das Risiko, dadurch mit Denguefieber oder sonstewas für Krankheiten infiziert worden zu sein, weiter gestiegen ist.
Bis jetzt ist uns aber nicht wegen irgendeinem Fieber sondern hauptsächlich deswegen heiß, weil es an der Straße keinen Schatten gibt. Wir sind entsprechend froh, dass der Bus pünktlich um zehn Uhr vorbeikommt und uns nach Taravao fährt, von wo aus es mit einem Anschlussbus direkt weiter in Richtung Faaa geht, ein Ort kurz vor der Hauptstadt Papeete. Hier haben wir uns für die vorletzte Nacht noch einmal ein Zimmer gemietet, um, wenn möglich, unser Gepäck bis zum Abend vorm Abflug unterstellen zu können.
Erstmal muss man die Unterkunft allerdings finden, nachdem wir den Bus direkt gegenüber vom Flughafen verlassen haben. Durch die vielen nicht gekennzeichneten Sackgassen und verwinkelten Sträßchen gestaltet sich das ganze Unterfangen jedoch schwieriger, als zunächst angenommen. Dreimal nehmen wir in der Mittagshitze eine verfrühte Abzweigung und stehen plötzlich ganz am Ende der Straße in einer Sackgasse. Und auch, wenn die Unterkunft jetzt keine hundert Meter Luftlinie mehr entfernt ist, versperrt uns ein anderes Grundstück am Straßenende den Weg. Ziemlich angenervt und vor allem vollkommen durchgeschwitzt mit unserem gesamten Gepäck am Leib haben wir dann endlich den richtigen Weg gefunden, der blöderweise mitten auf der Autobahn endet und für Fußgänger kein Weiterkommen ermöglicht.

Nach fast zwei Stunden, langsam auch ziemlich gereizt, beschließen wir, was wir schon gleich hätten tun sollen: Zum Flughafen zurückzukehren und die Frau an der Information bitten, in unserer Unterkunft anzurufen, dass man uns abholen soll. Der Transfer vom und zum Flughafen ist nämlich kostenlos. Aber wir wussten ja vorher nicht, zu welcher Uhrzeit wir ankommen und dass man das Hotel ohne die Hilfe der Eigentümer quasi gar nicht erreichen kann, damit war ja nun wirklich nicht zu rechnen. Keine fünf Minuten später ist die Frau dann auch schon da und wir können unsere Sachen einladen, bevor es noch mal zum Supermarkt geht. Und auch wenn ihr es inzwischen nicht mehr hören könnt, haben wir dank Warrens großzügigem Rabatt geradezu unnötig viel Bargeld übrig, weshalb es heute Abend mal wieder Steak gibt.
Die Unterkunft ist zwar sehr schön sauber, aber generell ist es natürlich ganz schön happig, 70€ für ein Doppelbettzimmer mit Gemeinschaftsbad zu zahlen. Zu unserem großen Glück sind wir aber ganz alleine in dieser riesigen Wohnung und haben neben dem Bad entsprechend auch noch die Küche und das Wohnzimmer samt großer Terrasse ganz für uns allein.
Den Traum, dass wir morgen unser Gepäck hier unterstellen können und vielleicht sogar noch hierbleiben und das Internet nutzen dürfen, bis es abends zum Flughafen geht, lässt die Besitzerin leider zerplatzen. Spätestens morgen früh um zehn könne sie uns zum Flughafen fahren. Und Frühstück gibt es auch schon um sechs. Nur um sechs. Yippie.
Immerhin schaffen wir es heute Abend noch, unsere Einreisegenehmigung für Australien online zu beantragen und während Marc natürlich innerhalb von Sekunden schon eine Zusage bekommt, darf ich erstmal wieder mit der Ungewissheit leben. Irgendwie scheinen mir die Grenzbehören weltweit nicht gerade über den Weg zu trauen, denn nachdem man meinen Rucksack nun ja schon bei der Einreise nach Los Angeles untersucht hat, hatte ich bei der Ankunft auf Tahiti natürlich auch wieder einen Zettel drin, dass die amerikanischen Beamten, den Inhalt genauer unter die Lupe genommen haben. Wenn nicht, buche ich mir eben einen Flug von Neuseeland gleich nach Asien, ist mir dann auch egal, wenn die Australier mich nicht haben wollen...

Dienstag 7. Januar 2014
Das Frühstück ist soweit ganz lecker und es gibt neben Kaffee und Saft, Papaya und Joghurt zu einem Stück Baguette mit abgepackter Aprikosenmarmelade, die bei Marc allerdings schon verschimmelt ist.
So, die Zeit bis zehn Uhr totzuschlagen ist ein absolutes Kinderspiel im Vergleich zu dem, was danach kommt: Volle 22 Stunden dürfen wir jetzt von 10:10 Uhr heute bis 8:10 Uhr morgen früh auf dem Flughafen verbringen, wenn unser Flieger nach Auckland, Neuseeland, geht. Ursprünglich war unser Flug für sechs Uhr dreißig angesetzt, weshalb sich ein Hotelzimmer einfach nicht mehr gelohnt hätte und bei den Preisen hier, sind wir ehrlich gesagt auch bei unserem späteren Abflug immer noch derselben Meinung. Dass es kein kostenloses Internet auf dem Flughafen gibt, ist ja noch die eine Sache, dass es aber nur eine einzige funktionierende Steckdose gibt, ist dann irgendwie schon eine ziemliche Sauerei.
Bis wir eben jene eine Steckdose überhaupt erst finden und den Laptop unbeschwert nutzen können, vergeht die Zeit ausgesprochen schleppend und die vielen juckenden Mückenstiche lassen die Wartezeit kaum angenehmer werden. Immerhin ist auf dem kleinen Flughafen tagsüber nicht viel los und wir sind bis auf zwei Obdachlose einige Meter weiter fast vollkommen allein. Irgendwann abends, als eine große Maschine mit Zwischenstopp in Los Angeles nach Paris aufbricht, tummeln sich dann hunderte übergewichtige Tahitianer um uns, die irgendwelche Angehörige verabschieden, bevor sie alle wieder verschwunden sind, noch bevor das Flugzeug abhebt.
Ich bin leider noch nicht müde genug zum Schlafen und außerdem kann ich nach so langer Zeit auf diesem gottverdammten Flughafen weder stillsitzen, noch stillliegen kann, ohne dass alles kribbelt. Also wird gewechselt, Marc kann sich hinlegen und schläft auch gleich ein, bis einer der Obdachlosen kommt und sich auf den rar gesäten Holzbänken direkt neben ihn legt. Danach ist für Marc also schlafen im Sitzen angesagt, während ich es endlich mal wieder schaffe, den Blog bis zum jetzigen Zeitpunkt aufzuholen. Dabei geht der Flug erst in sieben Stunden...

© Marten Seifert, 2014
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Ein ganzes Jahr haben wir uns Zeit genommen, um von Berlin aus über NY, Südamerika, Australien und Ozeanien und Südostasien um die Welt zu fliegen, bevor es wieder in die Heimat zurückgeht.
Details:
Aufbruch: 27.08.2013
Dauer: 12 Monate
Heimkehr: 26.08.2014
Reiseziele: Vereinigte Staaten
Peru
Bolivien
Chile
Ecuador
Kolumbien
Panama
Costa Rica
Französisch Polynesien
Neuseeland
Australien
Singapur
Indonesien
Malaysia
Thailand
Myanmar
Kambodscha
Deutschland
Der Autor
 
Marten Seifert berichtet seit 11 Jahren auf umdiewelt.