Weihnachten in Guatemala

Reisezeit: Dezember 2007 - Januar 2008  |  von Beatrice Feldbauer

Geschäfte 2. Teil

Schreinerei Carpintería

Fancisco Ruiz stand auf dem Schild und die Türe stand offen. Also trat ich ein und stand in einer kleinen Werkstatt voller Holz und Sägemehl. Francisco war gerade dabei, ein Stück Holz zuzusägen, das er für eine Truhe brauchte. "Woher kommen sie?" wollte er wissen. "Aus der Schweiz". "Oh, wie schön, ich hab gestern einen Film von der Schweiz gesehen. Über Hunde, die Schlitten durch den Schnee ziehen. Das war sehr schön." Schon waren wir mitten in einem Gespräch über die Schweiz. Es schien ihn ziemlich beeindruckt zu haben, was er da im Fernsehen gesehen hatte. Ich freute mich, dass jemand auf Anhieb wusste, wo die Schweiz ist. Wir sprachen also eine Weile über Schnee und Kälte. Eine der wichtigsten Fragen dabei ist immer wieder, wie sich Schnee anfühlt. Ist er hart, weich, kann man darauf gehen?

Doch dann erzählte er mir von seiner Arbeit. Er macht kleine Schmuckkästchen, deren Deckel er mit schönen Schnitzereien verziert. Manchmal gibt es auch grössere Aufträge, wie zum Beispiel die beiden Stühle, denen sein Mitarbeiter gerade den letzten Schliff gab. Sie würden morgen ausgeliefert. Ja, früher hatten sie auch grössere Arbeiten ausgeführt. Betten, Tische, sogar Schränke wurden auf Auftrag hergestellt. Da hatte er auch noch 5-6 Mitarbeiter und eine grössere Werkstatt. Heute waren es meist kleine Arbeiten.

Könnte er auch einen Schaukelstuhl machen? Selbstverständlich könnte er das, und er erklärte mir, worauf es dabei ankam. Es ist wichtig, dass der Stuhl aus starkem Holz gemacht wird, wie Zedern oder Mahagoni. Er erklärte mir den Unterschied. Mahagoni hat die feineren Poren und kann daher kaum Flecken bekommen. Ausserdem riecht Mahagoniholz nicht, während Zedern einen speziellen Geruch hat. Im Preis gibt es dabei kaum einen Unterschied. Worauf es aber bei einem Schaukelstuhl ankommt ist, dass der Rücken hoch und der Sitz breit genug ist, damit man richtig bequem darin sitzen kann. Ausserdem muss das Geflecht aus natürlichem Material sein und nicht aus Plastik, der heutzutage überall benutzt wird. Er zeigte mir die verschiedenen Materialien und ich erkannte, dass er sich in seinem Metier auskannte.

Warum ich ihn über Schaukelstühle ausgefragt hatte? Rita, eine Freundin von mir, wollte Rebecas Mutter etwas ganz Spezielles, Eigenes schenken und wir waren auf die Idee mit dem Schaukelstuhl gekommen. Ich wollte noch einmal vorbeikommen und bedankte mich bei Francisco für die Beratung. "Gern geschehen", meinte er, "kommen sie einfach wieder. Ich bin immer da und freue mich auf ihren Besuch".

Weberei Taller de Tejidos

Für meinen neuen grossen Stubentisch brauchte ich ein Tischtuch. Ein guter Grund, die Weberei zu besuchen, wo ich schon früher schöne Tischtücher gekauft hatte. Ausserdem konnte ich wieder einmal der Grammatik entkommen, denn ich bat Olga, mich zu begleiten und mir den Weg zu zeigen, denn in den Strassen von Antigua habe ich immer wieder etwas Mühe, mich zu orientieren.

"Kommen sie herein", begrüsste uns Natalia, die Besitzerin. "Dürfen wir zuerst beim Weben zusehen?" "Selbstverständlich, gehen sie nur nach hinten, sie sind am Arbeiten." Ja da hinten unter dem Blechdach standen sie, die beiden Webstühle. Am kleineren arbeitete Juan Francisco. Gerne unterbrach er seine Arbeit, um ein wenig zu erzählen.

"Pure Baumwolle verwenden wir hier", sagte er und zeigte auf die Watte, die sich überall auf dem Webstuhl angehäuft hatte. "Wie lange dauert es denn, so ein Tischtuch zu weben?" "6 - 7 Tage, kommt auf das Muster an." "Könnte ich denn auch ein Muster bestellen, zum Beispiel dass sie meinen Namen einweben?" "Selbstverständlich, sehr gerne" meinte er mit einem Lächeln. "BEATRICE würde sich doch gut auf diesem Tischtuch machen, das wäre schön zu schreiben." "Ich werde darüber nachdenken" versprach ich.

Und dann erzählte er, von den Vorbereitungen, die vor dem Weben zu machen wären. Bis zu acht Wochen dauert es, bis alle Fäden richtig eingespannt und aufgerollt sind. Ich sah mir die Sache etwas genauer an und konnte mir überhaupt nicht vorstellen, wie das gemacht wird. Aber er hatte Recht. Meterlange Fäden mussten ohne Gewirr auf die breiten Holzrollen und zwischen die verschiedenen Fäden gespannt werden, die mit dem Fusspedal verbunden waren.

Während Juan weiterarbeitete, sah ich noch eine Weile seinem Kollegen zu. Dieser wickelte zwei dünne Fäden in blau und weiss auf eine Spindel, die er später in sein Webschiffchen spannen würde. Reden überliess er lieber seinem Arbeitskollegen, er konzentrierte sich auf seine Arbeit und so stellte ich ihm keine Fragen.

Im Laden bei Natalia fand ich danach mein grosses Tischtuch und weil sie eine gute Verkäuferin ist, zeigte sie mir auch gleich noch ein Tischtuch für den Teetisch. "Ich habe doch gar keinen Teetisch" meinte ich. "Aber ihre Freundinnen haben sicher einen." "Das weiss ich nicht, aber auf dem Gartentisch werden sich die Tischtücher sehr gut machen. Wenn sie mir einen guten Preis machst, kaufe ich ihnen gleich drei ab."

Mit dem Versprechen, das nächste mal wieder herzukommen, verliessen wir Natalia. "Que se vaya bien."

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Zum 6. mal in Guatemala, das erste mal allein und ganz ohne spezielles Programm. Einfach nur da sein, Stimmungen fuehlen, Freundschaften auffrischen, Geschichten hoeren und erzaehlen. Vielleicht interessiert sich jemand fuer diese Art der Reisebeschreibung...
Details:
Aufbruch: 21.12.2007
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 08.01.2008
Reiseziele: Guatemala
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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