Gruppenreise durch Guatemala

Reisezeit: Juli / August 2009  |  von Beatrice Feldbauer

Hängematte

Leise schaukelt die Hängematte. Ich habe geschlafen, bin soeben aufgewacht. Vor mir, tief unten liegt die Lagune, versteckt hinter Bäumen, hinter Palmen. Ich öffne die Augen nicht, weiss wie es aussieht. Ich höre die riesigen Palmblätter aneinanderschlagen. Es tönt wie Regen, aber es ist nur der Wind. Er tut gut. Etwas frische kühlere Luft die durch den offenen Raum zieht. Hinter mir höre ich geschäftige Schritte. Wahrscheinlich wird der Tisch gedeckt fürs Nachtessen. "Sie schläft", flüstert jemand. Ja, ich schlafe, ich döse, ich träume, ich geniesse diesen magischen Moment.

Aussicht aus der Hängematte

Aussicht aus der Hängematte

Wir sind gestern hier in der Petexbatun-Lodge angekommen. Nach einer langen Reise. Zuerst die Rückfahrt über den Rio Dulce. Noch einmal die eindrückliche Fahrt auf dem Dschungelfluss. Mit seinen schimmernden Grüntönen, seinen eindrücklichen Bildern. Danach Stunden im Bus. Stunden durch eine grüne Landschaft. Durch Maisfelder, durch Wälder, kleine Dörfer. Durch eine Karstlandschaft, die allerdings von grünen Wäldern überwachsen ist. Hügel reihte sich an Hügel. Palmen, Bananen, Ficus säumten die Strassen, Vieh auf weiten Weiden. Es sind Maras, eine Kreuzung zwischen indischem Zebu und Schweizer Braunvieh. Gezüchtet für Fleisch- und Milchproduktion.

Frühstück in Livingston

Frühstück in Livingston

Durch die weite Landschaft des Peten

Durch die weite Landschaft des Peten

Zum Mittagessen hielten wir unterwegs in einem kleinen Restaurant. Ich entdeckte vor dem Eingang eine kleine Schar Gänse und fand das ein interessantes Fotoobjekt. Damit war der Gänserich allerdings nicht einverstanden und er kam sofort auf mich zu. Zuerst glaube ich an eine freundliche Begrüssung, änderte meine Meinung aber sofort, als ich merkte, das er versuchte, mich in die Beine zu zwicken. "Hilfe", schrie ich, "das scheint Mayas Abteilung zu sein". Diese nahm die Aufforderung sofort an und fing eine Unterhaltung mit dem Gänserich an.

Anfänglich wollte dieser noch nicht so richtig verstehen, was Maya meinte und hielt sich mit dem Schnabel an ihrem Bein fest, um ihr mit den Flügeln eins runter zu hauen. Da stieg Maya zu Hochform auf und erklärte ihm klipp und klar, wer hier der Chef sei. Mit eindeutigen Handzeichen wies sie ihn in die Schranken. Beim Gänserich stiess sie auf das nötige Verständnis, eine der Gänse aber liess sich nicht abbringen und griff Maya ihrerseits an. Sie hatte allerdings nicht mit deren Mut gerechnet. Denn Maya hielt sie kurzerhand am langen Hals fest und dirigierte sie zurück zu ihrer Schar.

Das war nun für die Gans des Guten zu viel, sie würgte noch eine Zeitlang und streckte ihren Hals, liess uns dann allerdings unter Kontrolle von Maya zum Bus zurück kehren. Das Ganze war natürlich eine extra tolle Einlage von Maya, die sich damit nicht nur als Froschkennerin, sondern ganz allgemein als Tierbändigerin outete.

Fotos gab es dann in der ganzen Aufregung keine von mir.

Am Nachmittag gab es einen abrupten Stopp. René hatte Brüllaffen entdeckt. Auf einem Ast direkt über der Strasse. Nelson der Chauffeur hielt an und wir stiegen aus. Da oben hockte die ganze Familie. Vater, Mutter und zwei Junge. Sie blieben noch einen Moment da oben, verzogen sich aber langsam ins nahe Gebüsch, als sie uns sahen. Und von da brüllten sie los. Nicht umsonst heissen sie Brüllaffen. Dass aus einem so kleinen Tier ein solcher Laut erklingen kann, ist kaum vorstellbar. Es tönt metallisch, laut, kreischend, eindrücklich. Eigentlich verteidigen sie mit diesem Geschrei ihr Revier. Ob sie Angst haben, dass wir ihnen dieses streitig machen? Wir fuhren weiter und erreichten am Nachmittag Sayache, wo wir den Bus wieder mit einem Boot tauschten.

auf dem Rio Petexbatun

auf dem Rio Petexbatun

Die Koffer durften wir beim Bootsführer lagern. Wo er sie lagerte? Er brachte sie in seine einfache Hütte. Nebst dem Küchen- und Aufenthaltsraum gab es da eine zweite Kammer. Da standen zwei Betten und ein paar Regale. Auf einem lagen ein paar Eier in einem Karton und Lebensmittel. Dieser Raum wird nicht nur als Schlafzimmer, sondern auch als kleiner Laden benutzt. Unsere Koffer wurden fein säuberlich auf das eine Bett geladen. "Und wo schläft jetzt deine Familie?" fragte ich Walter, den Bootsführer. In der Küche sass seine junge Frau mit einem 2-monatigen Bebe und ein kleiner Junge stand bei ihr. "Das ist kein Problem, die haben ja noch das zweite Bett", meinte er verschmitzt.

Walter, unser Bootsführer

Walter, unser Bootsführer

Wir stiegen in das lange schmale Holzboot und fuhren den Rio Petexbarun hinunter. Wieder eine ganz neue Landschaft. Beidseitig des Flusses gibt es niedriges Gebüsch, Wasserpflanzen mit winzigen rosa Blüten. Manchmal wurden wir von Vögeln beobachtet, Reihern oder Katamaranen, die auf einem Ast sassen und vor uns davon flogen. Ganz niedrig über dem Wasser. Oder uns ruhig vorbei tuckern liessen. Der Fluss mäanderte sich durch die Landschaft und Walter führte sein Boot geschickt durch die engen Kurven.

Gelbe und orange Schmetterlinge schaukelten durch die Gegend und einmal paarmal sahen wir einen Eisvogel übers Wasser flitzen. Da plötzlich, vor uns überquerte eine Wasserschlange den Fluss. Nur ihr Kopf war sichtbar. Der Bootsführer hat sie leider nicht gesehen und fuhr direkt über sie hinweg. Ob er sie erwischt hat?. "Jetzt gibt es zwei Schlangen," meinte Maya lakonisch. Die Schildkröte, die gerade am Abtauchen war, hat Walter aber gesehen und ganz schnell angehalten. Natürlich reichte es nicht mehr für alle, die Tortuga zu sehen, aber nur schon zu wissen, dass man eine hätte sehen können, war spannend.

Weiter fuhren wir durch die weite Flusslandschaft auf dem schmalen kurvigen Fluss. Bis sich der Fluss weitete, zur Lagune verbreiterte. Am Ufer entdeckten wir eine lange Treppe, die irgendwo hinauf in die Höhe führte. Und genau dahin steuerte Walter. Unser Ziel war erreicht. Unser Heim für zwei Tage.

ist doch eigentlich ganz schön...

ist doch eigentlich ganz schön...

Oben empfing uns Juan, der Wirt mit einem kühlen Bier. Eine neue Unterkunft ist immer wieder spannend. Wie sehen die Zimmer aus, wie die Betten? Diesmal empfingen uns palmbedeckte gemauerte Bungalows mit breiten Betten mit Moskitonetzen. Könnte also sein, dass da irgendwelche Tiere in den Zimmern wären. Schon beim Nachtessen konnten wir uns erste Erlebnisse erzählen von Spinnen vor dem Fenster oder in der Zimmerecke. Auch bei der WC-Schüssel empfiehlt es sich, erst mal hinein zu sehen. Immerhin, an den Fenstern gab es Moskitogitter und die Türe zum Badezimmer mit der riesigen Dusche liess sich schliessen. Wenn auch meistens nur widerwillig und knarrend.

Das Nachtessen, das auf dem Feuer bereits brutzelte schmeckte allen wunderbar. Pouletschenkel mit Gemüse und Reis. Dazu ein Glas Rotwein, von Andreas spendiert. Sogar ein Dessert und einen Kaffee gab es. Vor dem Nachtessen fand sich noch Zeit für einen kurzen Schieberjass, denn es hatte sich in den letzen Tagen eine kleine Jassgruppe gebildet.

Beim Frühstück in der Lodge

Beim Frühstück in der Lodge

Die Nacht wurde von den Teilnehmern verschieden erlebt. Maya schloss Frieden mit ein paar Spinnen und vereinbarte, dass diese sie im Schlaf nicht behelligen würden. Ingrid zählte ein paar dieser kribbeligen Tierchen und beschloss anscheinend ebenfalls, dass der Schlaf wichtiger sei.

Andere spedierten erst noch einen ungebetenen Gast aus dem Zimmer bevor sie sich unter das Moskitonetz niederliessen. Ich schlief fast sofort ein und wurde erst irgendwann in völliger Dunkelheit vom Telefon geweckt.

Mobilverbindung mitten im Busch! Ich konnte es kaum fassen, schoss aus dem Tiefschlaf auf und suchte mein Telefon in meiner Bauchtasche auf der Kommode. Licht gab es keines, das wird nur während ein paar Stunden vom Generator gespendet. Und nun stand ich also in völliger Dunkelheit in einem unbekannten Zimmer, durchsuchte das Bauchtäschchen nach einem Telefon, das längst aufgehört hatte, zu läuten. Endlich, nachdem ich alle Reissverschlüsse geöffnet und den Inhalt abgetastet hatte, merkte ich, dass ich im falschen Täschchen wühlte. Das musste Trudis sein. Aber wo war meines? Ich tastete die ganze Kommode ab, suchte im Regal daneben, wo ich meine Kleider nachlässig hingeschmissen hatte, und stiess endlich auf meine eigene Bauchtasche. Und da brauchte es nur noch einen Reissverschluss und das Telefon war da. Dank seinem Licht fand ich darauf ohne weitere Probleme mein Bett wieder und konnte meinen jäh unterbrochenen Schlaf weiterführen.

Nach dem Frühstück machten wir uns auf zur Eroberung von Aguateca. Hoch oben auf einem Kalkstein-Plateau, geschützt durch einen natürlichen tiefen Graben, liegt eine der jüngeren Mayastätten Wir fuhren mit unserem Boot weiter auf den verschlungenen Wasserwegen und näherten uns der hohen Kalksteinwand. Als der Bootsführer bei einer kleinen Treppe ans Land stiess, sprang Maya als erste an Ufer, und was entdeckte sie da? "Jöööö, da gibt es ganz viele winzige Kaulquappen." Eine typische Maya-Entdeckung.
Mit dieser ersten Entdeckung war die nächste Entdeckung fast schon programmiert. Immer wieder fanden wir winzige Frösche auf dem Weg, im Laub, auf Ästen und Steinen.

Aussicht vom 60 m hohen Kalksteinplateau

Aussicht vom 60 m hohen Kalksteinplateau

Über Steine, die früher vielleicht einmal eine Treppe bildeten, kletterten wir hinauf auf das 60 m hohe Plateau. Der Pfad wurde zum Teil von umgestürzten Bäumen und Ästen versperrt. Wir kletterten über moosige Steine und sumpfige Stellen, versuchten den agressiven winzigen Ameisen auszuweichen. Oben genossen wir einen Moment die Aussicht über die weite Ebene. Doch dann schieden sich die Wege. Ein Teil der Gruppe stieg hinunter in die tiefe Schlucht, während die anderen den oberen Pfad wählten. Tief hinunter kletterten wir über die glitschigen Steine und stiegen hinab. Dorthin wo nie ein Sonnenstrahl je hinkommt. Willkommene Kühle herrschte hier, doch der Aufstieg führte uns schon bald wieder hinauf unter das Blätterdach des Waldes.

Und jetzt waren es nur ein paar Schritte und wir standen vor dem Königspalast. Auf allen Seiten umgeben von Tribünen lag da ein grosser freier Platz in der prallen Sonne. Und wieder einmal appellierte René an unsere Fantasie. Indem er uns erklärte und anschaulich zeigte, wie sich der Herrscher von Aguateca fühlte, wenn er in seinem Palast die Adeligen der Stadt empfing. Nach dem Besuch im Palast schlenderten wir die ehemalige Hauptstrasse entlang, vorbei an Herrschaftshäusern, deren Überreste auf beiden Seiten der breiten Strasse standen.

der Königspalast

der Königspalast

Auf dem grossen Hauptplatz nahm uns René die Uhren ab "Lasst Euch nicht von Uhren ablenken, geniesst die Stille, hört die Geräusche und seht euch auf eigene Intuition um. Nicht reden, nur die Stille und die Geräusche geniessen. In 25 Minuten treffen wir uns wieder, hier bei der grossen Stele." Also schwärmten wir in alle Richtungen aus, schlenderten unter Bäumen, über Baumstämme, auf verwunschene Tempel. Hörten den Vögeln zu, beobachteten Ameisen, hüpften hinter Fröschen. Halt das stimmt nicht ganz, was hüpfte waren die Frösche, ich versuchte nur, einen davon mit der Kamera einzufangen. Plötzlich hörte ich über mir einen Ast knacken. Neugierig guckte ich in die Höhe. Und da lag eine ganze Gruppe Spideraffen auf den Ästen und hielt Mittagsruhe. Sie liessen sich weder von mir noch von anderen stören, die unterdessen ebenfalls entdeckt hatten, dass sich da oben etwas tat.

Der Spideraffe im Baum

Der Spideraffe im Baum

Irgendwann fanden wir uns alle wieder bei der grossen Stele ein. René hatte unterdessen das Mittagessen in der Lodge bestellt. Er gab uns unsere Uhren zurück und wir entdeckten, dass wir die 25 Minuten auf gut 35 ausgeweitet hatten. Zurück folgten wir der Treppe hinunter zum Wasser. Auf dem Weg entdeckten wir eine Familie Brüllaffen, die im Schatten der hohen Palmen hockte und ziemlich neugierig auf uns heruntersahen. Wer wohl mehr Spass hatte, die jeweils andere Gruppe zu beobachten?

Treffpunkt bei der Stele

Treffpunkt bei der Stele

Zurück über den schmalen Wasserweg kamen wir nach einer Stunde in der Lodge an und genossen ein wunderbares Mittagessen mit Schweinsplätzli, Gemüse und Randensalat. Danach hiess die Devise 'Siesta'. Ich verzog mich schnurstracks in die Hängematte auf der Terrasse und genau da bin ich jetzt eben aufgewacht. Ich könnte jetzt die Augen öffnen, um nachzusehen, wie spät es ist. Um halb sechs ist Kino angesagt. René will einen Dokumentarfilm über die letzte Königin der Mayas zeigen. Über die Kriegerkönigin, die den Untergang der Mayastädte mit verschuldete.

Nur noch einen Moment die Stille geniessen. Nur noch einmal diese Ruhe erleben. Dieser Moment zwischen schlafen und wach sein. Die Helligkeit durch die Augenlieder spüren, die nackten Füsse strecken, dann ist es Zeit für eine kühle Dusche. Längst kleben mir die Kleider am Leib, die Mischung von Sonnencreme und Insektenschutz rinnt mir über den Rücken. Wenn ich jetzt aufstehe, werde ich in spätestens 10 Minuten wach und sauber sein.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Diesmal bin ich mit einer Gruppe unterwegs. Wir besuchen die faszinierenden Mayastätten und die quirligen bunten Märkte. Die Reise mit der Gruppe ergibt auch für mich einen ganz neuen Blick auf dieses Land, das ich von mehreren Aufenthalten zu kennen glaube.
Details:
Aufbruch: 17.07.2009
Dauer: 16 Tage
Heimkehr: 01.08.2009
Reiseziele: Guatemala
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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