From North to South - einmal durch die amerikanischen Kontinente

Reisezeit: August 2016 - März 2017  |  von silja B.

El Mirador Trek

Leider kann ich vor solchen Touren sehr schlecht schlafen, ich bin einfach ein bisschen aufgeregt und leider keine gute Schläferin. Um 2.30 Uhr bin ich aufgewacht und konnte nicht wieder einschlafen. Also einfach liegen bleiben und ruhen. Um kurz vor vier bin ich dann aufgestanden, habe mich angezogen und fertig gemacht. Der arme Nachtwächter, irgendwie tut er mir leid, auch wenn er dafür bezahlt wird, der wird vermutlich jede Nacht um 4.30 Uhr geweckt. Na ja, heute um 4.15 Uhr. Meine Sachen, die ich nicht mitnehme, habe ich im Lager dort untergebracht. Dann hat der Nachtwächter die Tür aufgemacht, auf die Stufen draußen gezeigt, da soll ich warten und Schwupps, war die Tür zu. Da stand ich etwas verdattert, das ist doch Mittelamerika und es ist 4.30 Uhr in der Nacht?! Ich hatte gedacht, ich warte im Aufenthaltsraum bis der Abholservice kommt und klingelt oder der Nachtwächter wartet mit mir draußen. Und das, wo die nie pünktlich sind und man lange warten muss. Ein bisschen unangenehm war es mir schon, aber es wird schon passen, sonst hätte der Nachtwächter mich nicht da einfach alleine stehen lassen, ich kann ja auch jederzeit Sturmklingeln. Ab 4.45 Uhr kamen dann die Kleinbusse, aber alle nur um die Touristen nach Tikal abzuholen. Nach 30 Minuten über der Zeit warten, habe ich mir dann doch ein bisschen Sorgen gemacht, dass ich vergessen werde. Ich hab schon überlegt, wie ich mich beim Travel Agent beschwere, bin da ja nicht so gut drin. Aber um 5.10 Uhr kam dann endlich mein Abholservice. Es wurden noch zwei junge Franzosen aufgeladen und dann wurden wir nach San Elena gebracht, um mit dem Chickenbus nach Carmelita zu fahren. Dies liegt 85 Kilometer entfernt, man braucht dafür aber 5 Stunden, da die Straße so schlecht ist. Der erste Teil geht noch, aber dann wird es zu einer Dirtroad. Der Bus war in dem Zustand, dass er bei uns vor 10 Jahren schon nicht mehr durch den TÜV gekommen wäre und das nicht nur wegen der Abgase! Beim Bremsen quietscht es nicht gerade vertrauenswürdig. Der Bus fuhr oft nur 10 km/h, wenn nicht sogar langsamer. Irgendwie habe ich mir schon über den Zustand des Busses Sorgen gemacht. Dann machte es ein lautes Geräusch, der Busfahrer fluchte laut und der Bus blieb stehen. Dann wurde erstmal Werkzeug rausgekramt, das Hauptsächlich aus einem großen Hammer bestand und der Busfahrer legte sich unter das Fahrzeug. Vermutlich gehört hier zur „Ausbildung“ als Busfahren auch ein Crashkurs in Automechanik. Nach einer viertel Stunde war das Problem anscheinend gelöst. Und dann kam eine kleiner Hügel und die Straße dort, war durch den Regen, in einem besorgniserregend Zustand. Da bin ich mal gespannt, wie er mit dem Bus über die tiefen Furchen kommen möchte. Der Bus hielt an, der Fahrer fluchte, setzte zurück, schaute konzentriert auf die Straße, ließ dann den Motor aufheulen und fuhr langsam los. Seine Fahrkünste beeindruckten mich sehr, wir kamen tatsächlich über den Hügel.

In Carmelita wurde unser Zeug auf die Pferde gepackt. Wir mussten nur einen kleinen Tagesrucksack mit Wasser und was wir so für den Tag brauchen tragen. Es war ziemlich warm, trotzdem Wandern in langer Hose, da die Moskitos sehr schlimm sind. Also auch gleich mit dem starken Mücken sprach einsprühen. Danach wasche ich mir immer die Hände, will das giftige Zeug nicht an meinen Fingern haben und somit überall, wo ich hin lange. Mein Gesicht tupfen ich nur vorsichtig an Stirn, Wangen und Kinn ein. Bin natürlich sofort am Finger gestochen worden und der ist gleich dick angeschwollen. Das fängt ja gut an. Glücklicherweise bin ich mit Kortisoncreme und Globulis ausgerüstet. Also ab sofort nicht mehr Händewaschen, dann hab ich das Zeug überall besser wie zerstochen und angeschwollen sein.
Ich habe mich, trotz dem Matsch, der uns erwarten wird, gegen meine Gamaschen entschieden, da ich bei den Temperaturen eingehen würde. Dann ging’s zum Frühstück. Rührei mit rote Bohnenmus und Tortillas. Und so langsam aber sicher war der Zeitpunkt erreicht, dass ich wie die Gauchos stinken. Ich glaube, es liegt an den Bohnen, dadurch bekommt der Schweiß einen bestimmten Geruch nach Essig. Nach meiner letzten Mittelamerika Reise haben meine beiden T-Shirts selbst nach zwei Mal waschen, noch danach gerochen, so dass diese das Zeitliche segnen durften, als Putzlappen wieder geboren wurden und ich zum Shoppen gegangen bin. Ich hoffe daher sehr, auf die Selbstreinigung meiner Merino Shirts, denn die waren zu teuer, um sie als Putzlappen enden zu lassen. An dieser Stelle muss ich mal ein Loblied auf Merinowolle singen. Ein Baumwoll T-Shirt muss nach spätestens zwei Tagen in die Wäsche, eines aus Merinowolle hält vier bis fünf Tage. Wenn es kalt ist, wärmt es, bei Hitze kühlt es und zumindest bei meinem dickeren, schützt es vor Moskito.
Während dem Frühstück ging der Regen los, ein heftiger Schauer. Tja irgendwie hatte ich damit gerechnet, dass es erst spätnachmittags oder abends regnen wird, daher habe ich Regenhose und Jacke in meinen Beutel, der mit den Mulis transportiert wird, gepackt. Na ja, ob man vom Schwitzen oder vom Regen klatsch nass ist, ist gleich. Der Schauer war jedoch vorbei, als wir mit dem Essen fertig waren. Dafür war es noch heißer, also schnell in den Schatten des Waldes. Bin ich froh, dass ich jahrelang Bikram Yoga gemacht habe und Sport bei 38 Grad gewöhnt bin. Es war zwar deutlich kühler, dafür schwüler und man war sofort nass geschwitzt. In der Trockenzeit muss es um einiges heißer sein, dafür ist der Weg deutlich leichter. Denn es hieß willkommen zurück im Matsch. Das ich meine Matschskala nochmal anwenden werde, hätte ich nicht gedacht. Ich musste sofort ans Tonquin Valley denken. Zu Beginn würde ich sagen, bekam der Weg eine 8. War zwar auch sehr matschig, aber dieser war etwas fester und daher nicht so rutschig. Ich war kurz davor zu rufen: „Hallo Bär, hier bin ich, immer noch am Wandern, immer noch im Matsch!“

Im Dschungel

Im Dschungel

Dies änderte sich jedoch bald. Unser Guide, Miguel, hatte das richtige Schuhwerk an, Gummistiefel. Teilweise war der Weg ein kleiner Teich und wir mussten außen herum. Miguel hackte dann mit seiner Machete einen Weg für uns frei. Man musste unglaublich konzentriert laufen. Im Unterholz musste man darauf achten, sich nicht den Kopf an Ästen zu stoßen oder einen ins Auge zu bekommen. Gleichzeitig musste man auf den Boden schauen, damit man nicht in Pfützen oder tiefe Matschlöcher tritt, über Wurzeln, Steine oder Baumstümpfe stolpert. Zudem musste man genau hinschauen, an welchen Bäumen man sich festhält, da einige voll mit Stacheln waren. Irgendwann entfernte Miguel einen dünnen Baum etwas umständlich, ich wollte ihm helfen und ihn festhalten, Miguel hinderte mich daran, der ist giftig. Na toll, der sieht aus wie alle anderen. Woher soll ich jetzt wissen, welche ich anfassen darf oder nicht? Miguel wird uns hoffentlich auf die giftigen Bäume hin weisen. Habe dann aber auch rausgefunden, dass nur der Saft giftig ist, der hinterlässt schwarze Spuren auf der Rinde, ist die Rinde unbeschädigt, kann man ihn anfassen. Sinnvoll ist es auch, als Frau einen Hut auf zu ziehen, um einen Sonnenstich muss man sich keine Sorgen machen, aber bei langen Haaren ist man davor geschützt, sich mit diesen in den Ästen zu verheddern. Ich versuchte, so gut es ging, dem Matsch auszuweichen, aber teilweise ist man trotzdem bis zum Knöchel eingesunken. Schnell war klar, das Ganze hat Matschstufe 10, einige Stellen gebe ich sogar eine 11 bzw. 12! Und das war der Zeitpunkt der entscheidenden Frage: Matschpartie oder Matschparty? Ich habe mich mit einem Lachen für letzteres entschieden.

Da hilft nur noch: ab durch die Botanik

Da hilft nur noch: ab durch die Botanik

Teilweise sind wir auf einem Weg gelaufen, der ein bis zwei Meter breit war. Teilweise nur auf einem Trampelpfad, dann war auch das Gestrüpp sehr tiefhängend. Manchmal war der Weg in so einem schlechten Zustand, dass ein Abstecher mit Hilfe der Machete in die Botanik nötig war. An einigen Stellen sah der Wald auf den ersten Blick, wie ein Mischwald bei uns aus.

Unser Guide Miguel ist sehr gesprächig. Er kennt sich auch unglaublich gut im Wald aus, kennt jede Baumsorte und Pflanze und weiß, für was die gut sind, ebenso kennt er jede Tierart. Das Problem ist, ihn zu verstehen. Selbst der eine Franzose, der die letzten 5 Jahre in Buenos Aires gelebt hat, versteht teilweise nur die Hälfte. Ich verstehe entweder gar nichts, oder ich kann heraus hören, worum es geht oder ich verstehe ein bisschen. Er scheint aber so eine Freude daran zu haben, uns alles zu erklären, dass ich immer so tue, als ob ich ihn verstanden habe. Mein Spanisch wird auch langsam besser. Wenn ich was sage, ist es trotzdem meistens grottenmäßig falsch, aber ich werde trotzdem verstanden. Im Nachhinein fällt mir dann immer ein, wie es etwas richtiger wäre.

Wir haben zwei Guides, neben Miguel gibt es noch den Namenlosen, der mit den Mulis vorreitet. Miguel ist eine Nummer für sich. Zwischendurch sagt er wir sollen vorgehen, er muss mal pinkeln, der Weg vor uns sei frei, wir sollen einfach langsam gehen, er holt uns gleich ein. Wir schlendern dann weiter. So lange braucht aber kein Mensch zum Pinkeln und kein Mann muss so oft. Meine Vermutung ist, dass er sich dann immer eine Raucherpause gönnt. Der eine Franzose hat aber eher die Vermutung, dass er sich ein bisschen Koks einzieht. Da Miguel etwas an ein Durazellhäschen erinnert, würde es passen, sein hageres Gesicht erinnert einen auch ein bisschen an Christoph Daum.

Der El Mirador Trek zu Regenzeit ist schon eine extreme Tour. Wer es weniger Extrem haben will, sollte in der Trockenzeit gehen, kein Matsch, der Weg ist dadurch leichter und die Gehzeiten kürzer, viel weniger Moskitos, dafür ist es heißer und es hat mehr Schlangen. Die 5 Tagestour ist auch leichter, wie die 6 Tagestour, da sie den gleichen Weg wie hin zurück geht. Am Anfang versuchte ich noch, dem Matsch so gut es geht aus zu weichen. Der eine Franzose und ich fielen dadurch etwas zurück. Miguel und der andere rannten fast durch den Dschungel und zwar Mitten durch den Matsch. Irgendwann habe ich mich auch ergeben. Solange der Schuh nicht im Matsch stecken bleibt, das Wasser nicht oben in den Schuh rein läuft oder ich mit dem Hintern nicht im Matsch lande, ist alles gut. Teilweise war es gar nicht so leicht, den Fuß aus dem Matsch zu heben, zeitweise hatte man unter der Schuhsole noch eine Matschsole drunter, die das Ganze noch rutschiger gemacht hat. Die Moskitos waren auch unvorstellbar. Solange man sich bewegte, war es meistens okay. Kaum ist man stehen geblieben, war ein ganzer Schwarm um einen. Da half nur mit den Armen rumfuchteln und alle zwei Stunden neu einsprühen. Zudem muss man aufpassen, dass man nicht auf eine Armeisenstraße tritt. Sonst hat man die überall an den Beinen und die brennen wie Feuer. Das gemeine ist, dass die unter die Hose krabbeln. Aber man lernt schnell. Sobald es in der Hose krabbelt und leicht piekst, versuchen, das Viech durch die Hose zuzerquetschen.

Der Regen setzte auch nach ner Weile ein. Erst nur leichtes Tröpfeln, dann stärker, dann wieder nur Getröpfel. Donnergrollen setzte ein. Letztendlich hat es nicht mehr wirklich aufgehört, zu regnen. Und dann ging es richtig los. Die Anderen hatten einen Poncho, ich nur eine Regenhülle für meinen Rucksack. Meine Regenkleidung war im Trockenen bei den Pferden. Aber es war egal, der Regen war nicht unangenehm, es war auch nicht kalt, obwohl man bis auf die Unterwäsche nass war. Wichtig war mir nur, dass meine Wertsachen trocken blieben. Miguel hatte aber Mitleid mit mir und hat mir einen Dschungelregenschirm besorgt.

Matsch und Wasser soweit das Auge reicht!

Matsch und Wasser soweit das Auge reicht!

Mehr oder minder hat es eigentlich die ganze Zeit geregnet. Vielleicht hätte ich nicht nur vom Universum mir wünschen sollen, dass eine Tour zustande kommt, sondern auch mal wieder Petrus um gutes Wetter bitten sollen. Na ja lieber etwas später wie nie: „Petrus, ab morgen bitte besseres Wetter!“ Es war auch das erste Mal, dass ich mich bei einem Gewitter, das direkt über mir ist, draußen, geschweige den im Wald, aufhalte. Donner und Blitz gingen gleichzeitig runter, Miguel schien das aber nicht zu stören, also brauchte ich mir auch keine Sorgen zu machen. Der Weg wurde auch immer mehr zu einem Bach. Dann fing es auch noch langsam an zu Dämmerung, aber bevor wir im Dunkeln laufen mussten, kamen wir, dank unserer fast Rennerei, nach 18 Kilometer Matschepampe im Camp an.

In der Botanik

In der Botanik

Erstmal gab es einen warmen Tee, dann aus den nassen und matschigen Klamotten raus. Und in trockene rein. Oh nein, meine Rucksacktasche, in der meine ganzen Sachen waren, war teilweise nass. Über die Packsäcke wurde zwar eine Plane gespannt, aber bei dem starken Regen lief das Wasser an der Seite runter und alles, was dort im Packsack war, wurde nass. Aber ich hatte Glück im Unglück, die Sachen, die wichtig waren, waren trocken. Es muss einem klar sein, dass alles sehr zweckmäßig und einfach ist. Mein Zelt ist für die Größe der Menschen hier ausgerichtet, also wenn ich mich ausstrecke stoße ich mit dem Kopf und den Zehen an. Also quer reinlegen. Das Moskitonetz hat auch mehrere Löcher, also gleich mal mit meinem Leukoplast (sollte in keinem Reisegepäck fehlen, mein Bruder und ich haben damit schon mal ein Taxi in Kambodscha repariert) heraus geholt und die Löcher zugeklebt. Der Reisverschluß vom Außenstoff war auch kaputt, ist aber egal, Hauptsache die Moskitonetze gehen zu. Die Matratze war aus Schaumstoff, aber schon sehr zerlegen. Es gab auch nur eine dünne Decke zum Zudecken. Daher war ich froh um meinen Schlafsack. Kissen gab es auch keines, dafür muss meine dünne Fliesjacke herhalten. Ist ja auch kein fünf Sterne Hotel hier im Dschungel. Und ganz wichtig sind Flip Flops bzw. ein zweites paar Schuhe, damit man noch trockene nach der Wanderung hat. Das Abendessen war sehr lecker, Hühnchen mit Kartoffeln, Reis, Soße und Tortillas. Und dann ab ins Zelt, morgen gibt es um 6 Uhr Frühstück, bis dahin muss auch alles gepackt sein. Es stehen 30 Kilometer an, der Weg soll aber besser sein.

Die Mulis

Die Mulis

Doch einschlafen war nicht so leicht. Der Regen tropfte auf die Plastikplane über unseren Zelten, aus den anderen Zelten kam leichtes Schnarchen und meine Mückenstiche juckten. Okay, das Ganze muss man als buddhistische Zen Übung der Gelassenheit sehen. Ruhig liegen ist fast wie schlafen und die Mückenstiche einfach ignorieren. Letztendlich ist die ganze Wanderung eine Zen Übung der Gelassenheit, wenn man es schafft, die Moskitos, den Matsch, die schwüle Hitze, den Regen, etc. mit Gelassenheit zu nehmen, ist es gar nicht so schlimm. Irgendwann bin ich auch eingeschlafen, leider aber auch wieder früh aufgewacht. Als Miguel um 4.30 Uhr aufgestanden ist, bin ich auch wach geworden. Okay also gemütlich herrichten. Alle Stiche mit Kortisoncreme versorgen, Globulis nehmen und dann mit Insektenschutzmittel einsprühen. Wichtig ist, in der Früh alles einzusprühen, da sie auch gerne durch die Kleidung stechen. Vor allem nicht den Hintern vergessen, sonst wird man beim aufs Klogehen aufgefressen. Und die Ellenbogen, die und die Knöchel sind eindeutig die Lieblingsorte von Moskitos. Dann in die zwar trockene, aber bis über die Knie mit einer Millimeterschicht Matsch überzogenen Hose rein. Die Schuhe und die Socken waren immer noch nass. Wie ich meine Hose und Schuhe wohl wieder sauber bekomme? Die Franzosen fragten mich, wo ich meine nassen, dreckigen Socken hingetan habe: angezogen, ein Paar für drei Tage, die sind eh sofort wieder nass und dreckig. Das Ganze hat sonst eher etwas von dem Versuch beim Duschen nicht nass zu werden! Bei dem Blick, den ich darauf bekam, war klar, dass kommt für sie nicht in Frage. Die Beiden machen nicht so wirklich viel in der Natur und kommen aus Paris.
Nach dem Frühsrück ging es als erstes zu einer Pyramide neben dem Camp. Da sie nicht ausgegraben und restauriert wurde, sieht sie aus wie ein Hügel mit Bäumen drauf. Von oben hatte man eine gute Sicht über den ganzen Wald und konnte sogar die Hügel in der Ferne sehen, die El Mirador sind.

Dschungel soweit das Auge reicht

Dschungel soweit das Auge reicht

Zu Beginn war der Weg definitiv nicht leichter wie gestern. Schon nach einer halben Stunde kamen wir an eine Stelle, wo ich eine Devise von gestern, erstmal gestrichen habe. Es war klar, das Wasser geht deutlich über die Knöchel und wird oben in die Schuhe reinlaufen. Tief einatmen, lachen und einfach durch. Aber dann wurde der Weg deutlich besser. Und es gab keinen Regen! In unserer Mittagspause gesellte sich zu den Moskitos noch eine weitere Insektenart. Sie sehen aus wie Fliegen, nur das sie orange sind und stechen. Ich wurde natürlich sofort in die Hand gestochen, selbstverständlich in die, wo der Finger eh schon angeschwollen war. Und nach dem Motto, wenn dann richtig, ist meine ganze Hand dick angeschwollen. Ansonsten ist es zum ersten Mal, dass ich am Wenigsten zerstochen bin, die Franzosen sehen weit übler aus. Hätte ich so viele Stiche wie die beiden, müsste man mich vermutlich mit einem allergischen Schock ins Krankenhaus einliefern. Komischerweise bin ich auf der linken Seite deutlich mehr zerstochen wie rechts. Die Seite scheint, besser zu schmecken. Vielleicht liegt es daran, dass das Herz auf der Seite ist und das Blut frischer?!

Wir haben im Matsch auch Jaguarspuren entdeckt. Die Tiere haben sich aber nicht blicken lassen. Dafür aber viele wunderschöne Schmetterlinge, manche sind fast 10 cm breit und dunkelblau. Auch zwei verschiedene Affenarten haben wir gesehen. Zwischendurch blieb Miguel immer wieder stehen und wies uns ganz aufgeregt auf irgendetwas im Wald hin. Am Anfang war ich auch immer ganz aufgeregt, es muss irgendetwas besonderes sein, vielleicht ein Jaguar. Es stellte sich dann als irgendeine Vogelsorte raus, meistens sehr klein und es war klar, meine nicht geschulten Augen werden diese Vögel im Dickicht nicht finden.

Die wilden Truthähne waren definitiv nicht zu übersehen

Die wilden Truthähne waren definitiv nicht zu übersehen

Kurz bevor wir unser Camp erreicht haben wurde aus dem Weg ein See. Entweder wir laufen durch oder wir gehen durchs Gestrüpp darum herum, dies ist auch nicht besser meinte zumindest Miguel. Vermutlich hatter er keine Lust mehr, einen Weg mit der Machete ins Gestrüpp zu schlagen. Wir hatten uns aber den Umständen schon völlig ergeben, lachten nur und meinten einfach durch. Das Wasser ging bis zu den Knien, der Untergrund war matschig und sorgte dafür, dass man ganz schön Kraft brauchte, um einen Fuß vor den anderen zu setzen. Dafür war die Frage, wie ich meine Schuhe und Hose wieder sauber bekomme, beantwortet. Na ja, an der Hose klebte immer noch viel Matsch, aber deutlich weniger.

Bevor wir aber das Camp erreichten, schauten wir uns noch die Ruinen von las Muertas an. Sie gehören zum El Mirador Komplex. In einer befinden sich auch Grabkammern, in die man gehen kann. Also Taschenlampe raus. Vorm Eingang lag eine Esslöffel große, tote Kakerlacke. Dies sorgte beim Franzosen, der es wagte, mit mir rein zu gehen für Unbehagen. Drinnen gab es ein paar davon in lebendiger Form sowie einige riesige Spinnen. Dies führte dazu, dass der Franzose wie ein Mädchen quickte. Irgendwie waren die Rollen vertauscht, ich habe die Viecher fasziniert betrachtet. Die beiden waren eindeutig in der Großstadt aufgewachsen.

Las Muertas

Las Muertas

Aber auch die zweite Etappe hatten wir gut geschafft. Nach einem Kaffee und Wassermelone ging es zur Pyramide El Tigre, von der aus man gut den Sonnenuntergang anschauen kann.

Rot gefärbte Regenwolken

Rot gefärbte Regenwolken

Sobald die Sonne untergeht, ist es gleich dunkel hier. Und der ganze Dschungel funkelt, überall sind leuchtende Punkte. Ich bin dann mit meiner Stirnlampe an einen Leuchtpunkt näher dran. Es war ein Tropfen auf einer Spinne, der mein Licht von der Stirnlampe reflektiert. Also wenn man eine Spinnenphobie hat, sollte man nicht in der Dunkelheit durch den Dschungel laufen, unglaublich wie viele Spinnen hier sind.
Im Camp waren noch weitere Leute, zwei, die auch hingewandert sind und der Rest ist mit dem Helikopter eingeflogen. El Mirador ist leider nicht mehr nur für die, die die diese beschwerliche Wanderung auf sich nehmen. Die meisten lassen sich mit dem Helikopter einfliegen, überwiegend wohlhabende Einheimische. Heute war Luxus im Zelt angesagt, es gab eine dicke Luftmatratze. Aber an Schlafen war leider nicht zu denken, der Mann neben mir schnarchte fürchterlich. Ich habe noch niemanden so laut schnarchen gehört. Ehrlich gesagt, finde ich, dass solchen Leuten nicht erlaubt werden sollte, auf Campingplätzen im Zelt zu schlafen. Ich habe meine Ohrstöpsel reingemacht, es war immer noch laut. Dann habe ich zusätzlich noch mein winddichtes Stirnband angezogen, mit dem ich leicht schwerhörig bin, immer noch laut. Anscheinend habe ich das nächste Schwierigkeitslevel der Zen Übung für Gelassenheit erreicht. Dann fing der Mann auf der anderen Seite auch noch mit Schnarchen an. Super, jetzt das Ganze in Dolby Surround. Vielleicht geht es mit Musik im Ohr. Aber das Schnarchen hat selbst meine laute! Musik übertönt. Und den Regen, der auf die Plastikplanen prasselt, hat das Ganze auch nicht besser gemacht. Musik mit Schnarchen ist nervig, also Kopfhörer raus und Silikonstöpsel rein und Stirnband an. Dann nutze ich die Zeit zum Reisebericht schreiben, als ich dafür zu müde war, habe ich gelesen. Hinzu kam, dass sich herausstellte, dass meine Luftmatratze ein Loch hat. Und so langsam aber sicher näherte ich mich dem Boden. War ja klar, dass ich die kaputte Matratze habe. Na ja, auf dem Boden schlafen ist nicht so schlimm, wenn nur das Schnarchen aufhören würde. Irgendwann war ich glücklicherweise so müde, dass ich trotz lautem Schnarchen einschlafen konnte. Ich würde gerne Mal wieder eine Nacht gut schlafen!

Am nächsten Morgen hatte ich Schwierigkeiten meine Augen richtig zu öffnen, wird wohl an der kurzen Nacht liegen. Das Rechte ging dann irgendwann auf, das Linke blieb auf Halbmast. Ein Blick in den Spiegel verriet woran das lag. Ein Moskitostich auf dem Augenlied verursachte eine ordentliche Schwellung. Na ja eine Schwellung mehr oder weniger ist auch egal. Nach dem Frühstück mussten wir, mit unseren Zelten zu einem anderen Shelter umziehen, da einer der Bäume bei unserem Alten gefällt werden musste. Beim Hochheben meines Zeltes brach eine Zeltstange. Ich konnte mal wieder nur lachen. Aber Miguel und ich schafften es, auch mit Hilfe meines Leukoplasts, die Zeltstange zu reparieren. Diese war jetzt zwar etwas kürzer und das Zelt stand jetzt etwas schief, aber es stand.

Heute standen nur die El Mirador Ruinen auf dem Programm. Das Wetter war wieder schön, also die Schuhe in die Sonne stellen, damit sie trocknen. Und bevor es zu den Ruinen geht, Wäsche waschen. Es gab einen Eimer Wasser und einen Tisch, dessen Platte aus perforiertem Metall war. Kleidung nass machen, Waschpulver drauf und dann über die Platte reiben.

Waschtag

Waschtag

Das Tolle an El Mirador ist, dass man sehen kann, wie eine aktive, archäologische Baustelle aussieht. Überall wird noch gearbeitet, auch wenn im Moment keine Archäologen da waren.

Ausgrabung in Arbeit

Ausgrabung in Arbeit

La Danta mit 77 Metern die höchste Mayapyramide

La Danta mit 77 Metern die höchste Mayapyramide

Aufstieg zu La Danta

Aufstieg zu La Danta

Mayaschwimmbad mit Stuckverzierung

Mayaschwimmbad mit Stuckverzierung

Miguel mit Stela

Miguel mit Stela

Auf dem Rückweg von den Ruinen sind wir an einer Gruppe Brüllaffen vorbei, die über uns in den Bäumen saßen. Während ich noch meine Kamera raus holte, scheuchte uns Miguel ganz aufgeregt weg. Ich dachte schon, die Affen wollen uns angreifen. Aber ein Blick nach oben, verriet woher die Gefahr drohte: gelber Regen von oben. Ich lag am Boden vor Lachen und hätte beinahe selber mit pinkeln angefangen. Unglaublich wie viel ein Affe pinkel kann, kaum war der eine fertig, fing der nächste an. Und dann gleich ein Kackhaufen hinterher. Die machen das, damit man auf sie aufmerksam wird. Als ob man die Brüllaffen überhören könnte!

Brüllaffe

Brüllaffe

Den Nachmittag habe ich dann gemütlich in der Hängematte verbracht. Abends ging es wieder zur Tigerpyramide für den Sonnenuntergang. Heute waren aber noch mehr Wolken da. Also zurück zum Camp. Wir waren ohne Guide unterwegs. Am Rückweg habe ich eine kleine Vogelspinne entdeckt. Der eine Franzose wäre, glaub ich, mir am liebsten auf den Rücken gesprungen. Ich musste mich mal wieder über deren Mädchenverhalten totlachen.

Leuchtende Wolken

Leuchtende Wolken

Das Camp hatten wir heute für uns. Also kein Schnarchen heute. Vorm Schlafen gehen nochmal schnell aufs Klo. Mist, in Ameisen reingetreten. Und das brennt wie Feuer. Glücklicherweise nur ein Fuß, aber an Einschlafen war jetzt nicht mehr zu denken. Der Fuß brannte, dadurch fingen alle Moskitostiche an zu Jucken. Tief einatmen, das ist alles nur eine Zen Übung. Irgendwann hat das Brennen nachgelassen und ich bin eingeschlafen. Und ich habe sogar gut geschlafen. Der eine Franzose dafür nicht so gut, ich habe geschnarcht. Für einen Bruchteil einer Sekunde hatte ich ein schlechtes Gewissen, aber dann habe ich mich gefreut, das Universum sorgt für ausgleichende Gerechtigkeit, endlich kann auch mal jemand wegen mir nicht schlafen.

Heute war ein kurzer Wandertag, vor allem bei unserer Geschwindigkeit. Meistens rannten wir fast. An den schwierigen Stellen ging Miguel langsamer, wies uns auf Baumstümpfe und Stacheln an Ästen und Bäumen hin. „Cuidado, espinas, cuidado tocon, despacio,despacio!“ Kaum waren wir vorbei, rannte er wieder los, nichts mehr mit despacio, despacio, aber wir haben uns auch nicht beschwert und sind brav mitgerannt. Irgendwann mussten wir wieder durch die Botanik. Ich war ganz hinten. Plötzlich bedeutete mir Miguel ganz langsam zu gehen und einen weiteren Bogen zu machen. Als er für mich noch einen Ast ins Gestrüpp geworfen hat, hat er direkt dort wo die anderen vorbei sind eine Schlange entdeckt. Sie gehörte zur Familie der Klapperschlange. Diese lag nun am Boden in Angriffsstellung, Schwanz am Rasseln und Kopf erhoben. Ich hasse Schlangen! Ich glaube Miguel war sehr erleichtert, dass nichts passiert ist. Glücklicherweise kennt er alle Möglichen Pflanzen gegen Schlangenbisse.

Klapperschlange

Klapperschlange

In Nakbe war für mich erstmal wieder Hängematte angesagt. Die Franzosen haben sich erschöpft ins Zelt verzogen.

Nakbe

Nakbe

Dann ging es zu den Ruinen. Dies bedeutete weiter Stufen hochsteigen. Ich weiß nicht, wie viele Stufen ich in den letzten Tagen erklommen habe. Ich habe auch eine weitere Schlange entdeckt, diese aber harmlos. Miguel meinte zu der nur, die können Eltern als Peitsche für ungezogene Kinder benutzen. Bis jetzt habe ich unglaublich viele Tiere gesehen, eine Vogelspinne, Affen, Schlangen, Schmetterlinge, Füchse, Truthähne, einen Fasan, eine Schildkröte, einen Picote, Wildschweine, nicht zu vergessen die vielen Vögel, die Miguel uns zeigt.

El Picote

El Picote

Beim aufs Klogehen vorm Schlafen entdeckte ich dann noch eine weitere Schlange, eine sehr kleine. Also gleich zurück und den Guide gefragt, ob die giftig ist. Nach meiner Beschreibung ist es eine Korallenschlange und sehr giftig. Wir sind dann nochmal zu zweit los gezogen, sie war aber schon weg. Bis zur Toilette lauf ich bestimmt nicht. Also zurück ins Zelt, warten bis ich ganz dringend muss, dann in die Wanderschuhe und 15 Meter bis zum ersten Baum getrampelt. Unglaublich wie die Einheimischen mit ihren Badeschlappen sorglos durch die Gegend schlappen. Ich glaub die lachen sich über mein Zeitlupen-Getrampel in der Dunkelheit halb tot.

Dschungelklo

Dschungelklo

Am nächsten Morgen hieß es wieder früh aufstehen. Wir hatten Miguel gefragt, wo wir denn die letzte Nacht verbringen, da die nicht im Flyer eingetragen war, auch nicht der Weg dorthin. Die letzte Nacht wird in La Florida sein, die Ruinenstadt kurz vor Carmelita. Und wie weit ist das entfernt? 48 Kilometer! Uns ist erstmal der Unterkiefer runter geklappt. Das wird dann auch ein neuer Rekord für mich sein. Der Weg sei aber gut. Zum Frühstück gab es nur Cornflakes. Und damit soll ich 48 km laufen? Zum Glück waren noch ein paar Tortillas vorhanden, die ich dann mit Honig verdrückt habe. Sinnvoll ist es auch, sich Müsliriegel mitzunehmen. Die Zeit zwischen den Mahlzeiten ist teilweise ganz schön lang. Glücklicherweise bin ich es durch meine Trekkingtouren in Kanada gewöhnt, bis zum Abendessen mit wenig auszukommen und einfach zu laufen und zu laufen. Um 7 Uhr sind wir dann gestartet. Miguel hat erstmal wieder einer seiner Klopausen gemacht und wir sind auf einem Trampelpfad weiter gestapft. Im Vergleich zum ersten Tag war der Weg gut, aber es gab auch heute immer wieder matschige Stellen. Irgendwann kamen wir wieder an eine Stelle, die mehr See wie Weg war. Also in die Botanik. Aber der See stellte sich als relativ groß raus. Ich habe mich eigentlich schon wieder auf Dschungelkneipen eingestellt, als wir einen großen, umgestürzten Baum entdeckten, unsere Brücke. Bis auf an einer Liane schwingen, haben wir jetzt alles durch.

Baumbrücke, Miguel überquerte sie auf zwei Beinen, wir auf allen vieren

Baumbrücke, Miguel überquerte sie auf zwei Beinen, wir auf allen vieren

Nach fünf Stunden rennen durch den Dschungel hatten wir uns unsere Mittagspause verdient. Miguel meinte jetzt sind es nur noch 3 ½ Stunden, da wir so schnell sind. Nach einer weiteren Stunde stießen wir auf den ersten Teil des Weg vom ersten Tag. Der war durch den heftigen Regen am ersten Tag und den nächtlichen Regengüsse in einem noch schlechteren Zustand. Aber wir waren so abgehärtet. Teilweise versank man im Matsch bis über die Köchel. Hätte man keine Hose an, würde der oben in die Schuhe reinlaufen. Aber durch die knöchelhohen Pfützen wurden die Schuhe immer wieder sauber. Und nach unglaublichen 8 Stunden kamen wir in El Florida an.

Am nächsten Morgen nochmal kurz die Ruinen angeschaut und dann die letzten drei Stunden durch den Matsch gerannt. Auf den letzten Kilometern hoffte ich, dass der Bus kaputt sei und sie uns mit dem Helikopter ausfliegen müssen. Ich sehnte mich sehr nach einer Cola, heißen Dusche, sauberen Klamotten und einem kalten Bier. Nach 6 Tagen, ca. 120 Kilometern, unendlich vielen Stufen und 86 Insektenstichen hatte ich den El Mirador Trek geschafft. Der Bus war tatsächlich kaputt, es gab nur leider keinen Helikopter, stattdessen einen Pick-up. Wir mussten zwar relativ lange auf den warten, waren mit dem aber trotzdem schneller wieder in Flores. Meine Bitte an Petrus hatte mal wieder gut funktioniert. Kaum saßen wir im Pick-up, regnete es, als ob die Welt untergeht. Aber auch der Pick-up hatte so seine Probleme. Der Wagen ging mehrfach aus und der Fahrer musste mit einer Holzlatte gegen irgendetwas hauen. Autoprobleme scheint man hier immer mit roher Gewalt zu lösen.

Und somit endete ein sehr matschiges, eindrucksvolles Abenteuer!

© silja B., 2017
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Von Kanada nach Feuerland
Details:
Aufbruch: 09.08.2016
Dauer: 7 Monate
Heimkehr: 09.03.2017
Reiseziele: Kanada
Mexiko
Guatemala
Belize
Panama
Kolumbien
Ecuador
Peru
Chile
Argentinien
Der Autor
 
silja B. berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.