Rundreise durch Guatemala

Reisezeit: Oktober / November 2018  |  von Beatrice Feldbauer

Brüllaffen

Ein paar von uns haben am frühen Morgen ein eigenartiges Geräusch gehört. Gefolgt von Trommelklängen und singenden Männern. Die Trommelklänge und die Männer können nicht erklärt werden, aber das Geräusch könnten Brüllaffen gewesen sein. Die Spekulationen beschäftigen uns während des Frühstücks.

Der Bus steht da, die Koffer sind gepackt, auch die Rucksäcke, denn wir werden mit kleinem Gepäck weiter reisen. In diesem schönen Hotel direkt an der Lagune mit den modernen Zimmern und dem feinen Essen würden wir zwar gern noch eine Nacht bleiben, aber vor uns liegt eine neue Erfahrung: Übernachten in einer Dschungellodge.

ein Reiher

ein Reiher

ein Adler

ein Adler

Kormorane

Kormorane

Wir fahren an der Halbinsel Flores vorbei, wo wir in ein paar Tagen übernachten werden, es geht in den Süden. Vorbei an üppiger Vegetation, an Kuhherden, an Palmölplantagen. In Sayaxche erreichen wir einen kleinen Hafen und steigen in das bereit stehende Langboot. Armando ist unser Schiffsführer und fährt uns hinaus auf den Arroyo Petexbatun.

Ein flacher ruhiger Fluss, mit Büschen und Bäumen auf beiden Seiten des Ufers. Und in so einem Baum raschelt es und wir können schwarze, sich bewegende Flecken entdecken. Brüllaffen sind es, die sich in ihrem Revier gestört fühlen und ein fürchterliches Geschrei anfangen. Ein Brüllen, das tief im Körper entsteht und durch das zu einem Trichter geformte Maul einen grässlichen Ton erzeugt. Es ist ein Brüllen und Bellen, ein Grollen, das jedem Gegner Angst einflössen muss. Nur wir lassen uns nicht davon einschüchtern, sondern versuchen mit allen Kameras Bilder und Videos zu schiessen. Bilder sind sehr schwierig, denn die Kameras fokussieren immer wieder auf die Blätter davor und die Tiere sind so pechschwarz, dass sie fast nur aus Konturen auszumachen sind.

Brüllaffe

Brüllaffe

Wir fahren weiter und die Brüllaffen können sich wieder beruhigen. Später treffen wir noch einmal auf eine Horde, dich sich von unserem Eindringen gestört fühlt.

In den Ästen am Ufer hocken Kormorane oder sie schwimmen im Wasser, wobei man nur den gestreckten Hals sieht. Wenn wir uns nähern, fliegen sie mit aufgeregtem Flügelschlag über das Wasser davon. Wobei sie ihren Körper zuerst aus dem Wasser hieven müssen und dann mit den Beinen noch ein paarmal rudern so dass es aussieht, als ob sie über das Wasser hüpfen würden. Sie hinterlassen dann eine bewegte Spur, die sich aber gleich wieder glättet, der Fluss ist ruhig wie ein Spiegel. Die ganze Landschaft vor uns erscheint uns doppelt.

Margrit

Margrit

Silvia und Angi

Silvia und Angi

Reiher mit ihren breiten Flügeln brauchen nur ein paar Flügelschläge, um das andere Ufer oder den nächsten Baum zu erreichen, wenn wir uns ihnen nähern. Und oben im Geäst erkennen wir einen Adler. Mit einem langen Flügelschlag ist er weg, unseren Blicken entschwunden. Ich geniesse diese Fahrt, denn das Ufer ist auf beiden Seiten sehr nahe, es gibt immer etwas zu sehen. Zweimal sehen wir Menschen am Fluss. Frauen sind am Wäsche waschen, Kinder spielen. Und sie winken uns zu. Es scheint, dass hier nicht oft Touristen vorbei kommen, jedenfalls begegnet uns heute niemand.

natürlicher Mückenschutz

natürlicher Mückenschutz

Wir steuern einen Geheimtipp an. Irgendwann weitet sich der Fluss zu einem See, wir sind in der Lagune angekommen. Da wo die Bäume Bärte tragen, liegt die Chiminos Island Lodge. Wir werden erwartet. Nicht nur das Personal der Lodge, Antonio und Lili mit ihren Helfern erwartet, sondern auch eine ganze Horde winziger Mücken freut sich über den Neuzugang.

Eingedämmt werden sie vom Rauch der aus Blecheimern aufsteigt. Es sind harte Nüsse, die uns René schon gestern gezeigt hat. Sie werden angezündet, brennen aber nicht, sondern schwelen und entwickeln diesen Rauch, den Mücken gar nicht mögen.

Jetzt bekommen es die Mücken zusätzlich noch mit den Waffen der Chemie zu tun und schon bald sind wir alle umnebelt im Duft der verschiedenen Anti-Brumm-Gifte.

Zimmerbezug

Zimmerbezug

Traumjob Reiseleiter

Traumjob Reiseleiter

Die Lodge liegt mitten in den Bäumen und kann von der Lagune kaum gesehen werden. Die kleinen Bungalows sind versteckt am Abhang gebaut und bieten, versteckt hinter den Ästen einen Ausblick aufs Wasser. Schmale Wege führen zu den Bungalows, zwar hängen an einigen Bäumen Lampen, aber es scheint gut, dass wir Taschenlampen dabei haben, wenn dann Abends das Stromaggregat ausgeschalten wird. Überall blühen wunderschöne Blumen. Heliconias in allen Formen und Blumen, die aussehen wie Stöpsel und in der Vase fast künstlich erscheinen.

Im palmbedeckten Comedor mit den offenen Wänden ist aufgedeckt und wir bekommen ein wunderbares Mittagessen mit Suppe, gebratenem Poulet, Reis und Gemüse und zum Dessert süsse Wassermelonen.

Frisch gestärkt sind wir bereit für ein neues Abenteuer. Mit dem Boot geht es weiter, dem Fluss entlang fast bis zu seiner Quelle. Schmal ist er geworden, der Fluss und es ist nicht ganz einfach, das lange Boot um die engen Kurven zu steuern. Wir erreichen eine lange Treppe die vom Ufer hinauf führt. Das ist der Einstieg nach Aquateca, unserer nächsten Mayastätte.

Oben angekommen erklärt uns René im verfallenen Touristenzentrum die Anordnung der Anlage und erklärt unseren Weg, den wir entlang der hohen Kalkmauer nehmen werden. Von den Strapazen hat er nichts gesagt, darum folgen wir ihm alle frohen Mutes. Bald wir der Waldweg steil, führt über hohe Steine hinunter, um auf der anderen Seite wieder anzusteigen. Über Steine und Wurzeln, führt unser Weg.

Wir sind froh um die Wanderstecken, die wir beim Eingang mitnehmen konnten oder die uns Armando mit seiner Machete zuschneidet. Es ist heiss, feucht, der Schweiss fliesst und zieht die Mücken erst recht an. Aufpassen wo man hintritt, um auf dem feuchten Untergrund nicht auszurutschen und mit den improvisierten Palmfächern, aus der Produktion von Armando, Hitze und Mücken abwehren. Wir sind mit allen Sinnen gefordert.

Immer wieder gibt es etwas zu bestaunen. Die hohe Kalkwand zum Beispiel, unter der wir eine kurze Rast einlegen, ein im Laub gut getarnter Frosch oder die Strasse der Blattschneideameisen, die ihre Last über weite Strecken in ihren Bau tragen. Eine mehrere Zentimeter breite Strasse hat sich daraus ergeben, denn sie haben alles was sich ihnen in den Weg gelegt hat, säuberlich weggeräumt. Nur über die Steine und unter grossen Laubblättern müssen sie noch steigen bis sie bei den lockeren Erdhügeln ankommen, unter denen sie ihre Nester haben. Hierhin bringen sie ihre Blattfragmente. Sie lassen sie verfaulen und züchten darauf Pilze, die sie essen. Eine hochkomplizierte Organisation, über die man bestimmt noch mehr erfahren könnte, doch wir müssen weiter. Erreichen bald eine kleine Konstruktion mit Blechdach, von wo man einen wunderbaren Blick hinaus auf die Lagune hat.

Susann und Verena

Susann und Verena

René erklärt, dass es zwei Wege gibt, zur Akropolis von Aqueteca zu kommen. Einerseitzs durch die Schlucht, die mit dem Abstieg und Aufstieg über schlüpfrige Steine und der Dunkelheit eine Herausforderung ist und einen einfacheren Weg, der zwar etwas länger, aber ohne weitere Steigung ist. Sechs wagemutige findet er, die ihm auf dem Weg durch die Schlucht folgen, die anderen bleiben mit Armando, der uns sicher zum Hauptplatz, dem Palast des Mayafürsten führt.

Verschnaufen, Mücken abwehren, staunen und wieder Mücken abwehren. Langweilig wird es uns nicht und als René mit den Schluchtbezwingern wieder zu uns stösst, gibt es auch noch ein paar Erklärungen zu Aquateca und seinen Bewohnern. Es war eine kleine Stätte, aber man vermutet, dass hier das Mayareich seinem Ende entgegenging. Kriege mit anderen Staaten brachten das Ende der grossen Herrscher.

Wir lassen uns wieder einmal von den Herrschern der Bäume ablenken, den über unseren Köpfen wechselt gerade eine Brüllaffen-Bande ihren Standort und damit wir sie dabei nicht stören, heben sie zu ihrer inzwischen vertrauten Brülltirade an.

Die mutigen Bezwinger der Schlucht - vor dem Einstieg

Die mutigen Bezwinger der Schlucht - vor dem Einstieg

René und Armando

René und Armando

Über einen kurzen Weg und ein paar Stufen kommen wir zurück zum Besucherzentrum von wo wir in zehn Minuten im Zentrum des Komplexes gewesen wären. Doch dann hätten wir die schweisstreibende Wanderung über Steine und Wurzeln nicht gehabt und das Erlebnis wäre nur halb so eindrücklich gewesen. Erschöpft und zerschlagen kommen wir nach dem Abstieg über die lange Holztreppe wieder beim Boot an. Wir fahren zurück zur Lagune, als gerade die Sonne hinter Wolken unter geht.

„Jetzt ein Cuba Libre“ meint Sepp und schon hält er einen Becher in der Hand. René verteilt Rum und Coca und die Überraschung könnte nicht grösser sein. Am Ufer sammeln sich Vögel zur Nachtruhe, der Himmel und das Wasser wechseln die Farbe von silber-rot zu blau-schwarz und nachdem sich Christa und Monika etwas Ruhe erbeten haben, schweigen alle einen Moment. Es ist die magische Stunde, in der alle ausgesprochenen Wünsche sofort erfüllt werden. Ich möchte dass alle Vögel am Ufer gemeinsam auffliegen und Peter hebt zu einer grossen Bewegung mit Geräusch – nicht einmal laut – an, und tatsächlich, das Ufer ist leer. Leider ist es inzwischen zu dunkel, als dass meine Videoaufnahme etwas hergeben würde.

In der Lodge geniessen wir die Dusche. Es gibt sogar heisses Wasser und bald finden wir uns zum Apero und Nachtessen ein.

Was folgt, ist ein feucht-fröhlicher Abend. Wobei die Fröhlichkeit von uns kommt und die Feuchtigkeit vom Dschungel.

Es gilt das Motto: What happens in the jungle, stays in the jungle.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Es ist Zeit, wieder einmal nach Guatemala zu reisen. Alte Pfade aufnehmen, Freunde treffen. Das Land neu entdecken. Diesen Bericht schreibe ich vor allem für Freunde und Bekannte meiner Reiseteilneher. Für mich ist diese umdiewelt-Seite seit Jahren das beste Medium, um meine Reiseerlebnisse mit anderen zu teilen. Wie gewohnt werde ich versuchen, den Blogg täglich aktuell zu halten.
Details:
Aufbruch: 22.10.2018
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 09.11.2018
Reiseziele: Guatemala
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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