TimeOut in Südamerika

Reisezeit: April - August 2008  |  von Beatrice Feldbauer

Woche 8 31. Mai - 6. Juni 2008: Museum

Heute war ich lange vor Sonnenaufgang draussen. Wollte unbedingt noch meinen Bericht online stellen und im Hotel gab's kein Internet. Also kopierte ich alles auf meinen Stick und suchte ein Internetcafé. Eigenartig, wenn man keines braucht, sieht man sie an jeder Ecke, wenn ich aber mal eines brauche, finde ich keines. Ich musste jedenfalls die halbe Hauptstrasse entlang gehen, bis ich eines fand, das um neun schon offen war. Und dann war das so langsam, dass ich das Gefühl hatte, ich müsste die Buchstaben eigenhändig nach Deutschland durch die Leitung pressen. Irgendwann hat es aber dann doch funktioniert und unterdessen war es draussen hell geworden.

Ein strahlender Tag ist erwacht. Einer dieser wenigen ganz ohne Niederschlag. Die Sonne bestrahlt heute die Schneeberge und der Hafen schimmert. Also bummele ich erst einmal entlang der Hafenpromenade und bestaune das Panorama, das sich mir heute in seiner ganzen Pracht zeigt. Im Hafen liegen all die Katamarane und Yachten und erzählen, dass im Sommer hier ziemlich viel los ist. Jetzt aber, im Winter ist alles ruhig. Die Ushuaianer sind unter sich.

Das merke ich auch, als ich versuche, einen Ausflug für morgen zu organisieren. "Wir brauchen mindestens zwei Teilnehmer", meint das Mädchen in der Agentur. Und heute hat sich ausser mir noch niemand gemeldet. Sie ruft alle Veranstalter an, aber überall die gleiche Antwort. Niemand will morgen auf einen Ausflug. Ich soll mich später wieder melden.

ein ganz besonderer Bücherladen

ein ganz besonderer Bücherladen

Ich schlendere durch die Hauptstrasse und staune wieder einmal, wie viele Baustile sich da mischen. Es scheint überhaupt keine Vorschriften zu geben, wie man bauen soll. Jeder baut einfach so, wie es ihm gefällt. Da gibt es Holzhäuser oder Riegelhäuser neben Betonbauten oder Wellblechverschlägen. Aber auch hochmoderne Gebäude wie das Hotel Canal Beagle.

Später gehe ich ins Museum al Fin del Mundo. Ushuaia ist eine relativ junge Stadt. 1902 kamen die ersten Bewohner, eben die Strafgefangenen mit ihren Wärtern. Sie waren es, die die Anfänge der Stadt erbauten. Eines der ältesten Häuser ist das Museum selber, das als Bank gebaut wurde.

Cauquén común

Cauquén común

In einem anderen Teil des Museum treffe ich die Gänse wieder, die ich am Freitag auf einer Wiese angetroffen habe. Es sind Cauquén común raza rayada. Gestreifte normale Gänse. Und auch der Cormoran vom Samstag ist da. Der Cormoran réal. Der königliche Cormoran. In einem anderen Raum wurde der erste und wichtigste Tante-Emma-Laden der Stadt wieder aufgebaut. Da gibt es alles zu kaufen. Neben Damenschuhen und Schnaps werden Lebensmittel und Patronen verkauft. Interessant finde ich, wieviel Platz der Alkohol in diesem kleinen Laden einnimmt. Aber wahrscheinlich ist das eine rein subjektive Sicht.

Das zweite Museum ist noch interessanter. Hier wird das Leben der Yamana-Indianer dargestellt. Es gibt sogar noch ein paar Fotos. Entdeckt wurden sie 1624 bei der ersten Expedition durch den Beagle Canal und sie überlebten noch viele Jahre in ihrer Ursprungsform.

Die Fotos sind um 1880 aufgenommen. Als aber Ushuaia gebaut wurde, starben die Indianer aus. Sei es durch Krankheiten, sei es weil die Eindringlinge mit ihren grossen Schiffen die Nahrungsgrundlage der Indianer vertrieben. Die Seehunde und Fische. Aber auch von der Jagd mit Hunden auf Guanacos wird im Museum erzählt. Und dass es einfacher war, nackt zu sein, als bei jedem Regenguss durchnässte Kleider zu haben. Denn es gab wohl einfache Hütten, aber die waren nie ganz dicht und so hätten die Menschen ständig feuchte Kleider gehabt. Die Haut aber wurde mit dem Fett der Robben eingeschmiert und trocknete am Feuer sofort wieder. Etwas lustiges habe ich hier noch entdeckt. Weil die Leute vor allem in gebückter Stellung lebten, so wie sie sich vor dem Feuer hockten, hatten sie um die Knie viel mehr Haut als normal. Und so sahen ihre Knie beim Stehen aus, wie eine Handorgel.

Feuerland. Woher kommt dieser Name? Es gibt keine Vulkane und keine heissen Quellen, es gibt hier nur Gletscher, Eis und Schnee und viel Kälte. Als Magellan 1520 der Küste entlang fuhr und die Durchfahrt in den Pazifik suchte, sah er am Ufer viele geheimnisvolle Feuer. Daher nannte er die Insel Feuerland. Die Feuer stammten von den Indianern, die da wohnten. Es war ein anderer Stamm, der ganz ähnlich lebte, wie die Yamana im Süden. Aber sie trugen als Schutz gegen die Witterung Felle, die sie sich um den Körper banden. Kleider im eigentlichen Sinn waren aber auch das nicht.

Das Museum erzählt auch die Geschichte der Besiedelung Amerikas. Über die Beringstrasse hoch oben im Norden konnten Menschen während den grossen Eiszeiten von Asien nach Amerika einwandern. Darum sehen auch viele Einheimische noch immer den Asiaten ähnlich. Vor allem bei den Mayas Guatemalas ist das noch heute gut erkennbar.

Nach diesen interessanten Museen ist es Zeit etwas zu essen. In einer Cafeteria entdecke ich einen feinen Blätterteigkuchen, der mit einer Mischung aus Käse, Schinken und Eiern belegt ist und wunderbar schmeckt. Noch einmal ein Besuch in der Agentur, aber leider ohne Erfolg, es hat sich noch kein zweiter Teilnehmer gefunden und ich habe das Gefühl, ich muss morgen noch einmal Spaziergänge durch die Stadt und den Hafen machen.

Bevor ich zu meinem Apartment zurück gehe, organisiere ich noch meine Weiterreise. Werde diesen Ort bald wieder verlassen und mich etwas nordwärts bewegen.

Im Hotel will Diego wissen, wie es mir geht. Ich erzähle ihm von meinem verpassten Ausflug und er weiss sofort Rat. Sein Schwager macht private Führungen. Er will ihn anrufen, er kommt später vorbei und wird mir erklären, was man morgen unternehmen kann.

Ja, und dieser Schwager, Juan war eben hier. Er wird mich morgen um zehn abholen und ich komme doch noch zu meinem Ausflug zu den Seen im Norden. Und heute Abend bleibe ich zu Hause, sehe, was der Kühlschrank hergibt und werde bald schlafen gehen. Ich weiss nicht, ob es die langen Nächte sind, oder ob ich im Moment einfach wieder in einer Regenerationsphase bin. Zuerst aber werde ich jetzt diesen Bericht online stellen. Denn ich habe wieder Internet.

ja und dann wäre noch dieser Wagen. Vielleicht will jemand einen Kostenvoranschlag machen...

ja und dann wäre noch dieser Wagen. Vielleicht will jemand einen Kostenvoranschlag machen...

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Nicht Nichtstun steht im Mittelpunkt. Sondern etwas tun, wofür im normalen Alltag zu wenig Zeit bleibt. Meine beiden Leidenschaften Reisen und Schreiben möchte ich miteinander verbinden. Und wenn mich dabei jemand begleitet, umso schöner. Es sind vor allem Geschichten, die ich erzähle und erst in zweiter Linie Beschreibungen von Orten und Gebäuden. Ich möchte versuchen, Stimmungen herüberzubringen. Feelings, sentimientos. Wenn mir das manchmal gelingt, ist mein Ziel erreicht.
Details:
Aufbruch: 12.04.2008
Dauer: 4 Monate
Heimkehr: 03.08.2008
Reiseziele: Uruguay
Brasilien
Paraguay
Argentinien
Chile
Bolivien
Peru
Guatemala
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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