Brasilien - Von Sao Luis nach Sao Paulo

Reisezeit: August - Oktober 2005  |  von Roland E.

Ouro Preto

ch habe zwei Probleme: Erstens geht mir der Cash langsam aus und Zweitens werde ich von diesem Rio de Janeiro wie ein Hufeisen von einem Magnet angezogen. Ich mag diese Stadt nicht besonders und wollte auch gar nicht dorthin, aber ich kann nichts dagegen machen. Irgendwas treibt mich dorthin. So entscheide ich mich in Ouro Preto den Tag zu verbringen und mit dem Nachtbus nach Rio de Janeiro zu fahren.
Ouro Preto ist unglaublich hügelig und man braucht eine gute Kondition bei der Stadtbesichtigung. Denoch ist die Stadt nicht sehr gross. Sie wird als Perle der Kolonialstädte Brasiliens gepriesen und das völlig zu recht. Unzählige Kirchen säumen die höchsten Punkte, die Kolonialhäuser sind sehr schön restauriert, die Strassen gehen zumeist bergauf und bergab. Wie schön wäre es hier, wenn nur nicht dieser Autoverkehr über die geplasterten Strassen donnern würde und überall dieser Abfall. Die Brasilianer werfen ja bekanntlich alles auf den Boden. Ich hatte dieses Thema in Porto Galinha mit Marisa diskutiert, aber die Brasilianer haben keinen Sinn für die Beseitigung des Abfalls. Alle meine Argumente wurden mit einem Schulterzucken abgetan.
Ich will den Bahnhof sehen, denn hier sollen in Kürze wieder Züge verkehren. Bei der Anfahrt sah ich schon vom Bus aus einen unglaublich hohen Eisenbahnviadukt. Der Bahnhof ist schön, aber zu meinem Schrecken sehe ich keine Gleise mehr. Die ehemalige Gleisanlage dient als Parkplatz und Durchgangsstrasse. Für einen Eisenbahnfan und Gegner aller unnötigen Autofahrten, die nichts als Lärm, Dreck und Gestank produzieren (als Schweizer ist man da natürlich wegen des Nord-Süd-Verkehrs besonders empfindlich) ist das ein Stich ins Herz. Viel mehr zu sehen gibts hier nicht und ich setzt mich in eine Bar, als gerade ein Championsleague-Spiel übertragen wird: Werder-Barcelona. Ich interessiere mich jedoch mehr für den FC Thun, der mit seinem 1,5 Million Euro Budget die Sensation geschafft hat. Eine unglaubliche Mannschaft. Im Vorstand arbeitet alles ehrenamtlich, wirklich gute Spieler hat der Verein nicht. Anfangs Saison verliessen die Teamstützen den Verein, aber Thun ist nicht unterzukriegen. Diese Mannschaft ist von einem unglaublich gutem Geist beseelt. Vergebens warte ich auf ein Zwischenresultat. Alle Spiele werden per Liveticker eingeblendet, nur nicht Arsenal-Thun. Als die Endresultate eingeblendet werden, fehlt dasjenige des FC Thun! Was ist mit Thun? Im Internetcafe sehe ich es: 2:1 verloren, Gegentor in der 93. Unglaublich dieses Thun!

Es wird ziemlich frisch hier. Die Einheimischen versuchen mit mir Kontakt aufzunehmen. Einmal verlangt einer einen Schreiber, dann ein anderer ein Notizpapier. Bis langsam der Knoten platzt. Ich mag Minas Gerais und ihre Leute. irgendwie ist es hier schon fast ein Stück Heimat.
Im Nachtbus ein Ärgernis. Ein alter Mann setzt sich hinter mich und redet die ganze Nacht! Mit lauter Stimme erzählt er von seinem Garten, etc.. Er ist vom Typ Angeber, der beweisen muss, dass er keinen Schlaf braucht. Dank seiner Hilfe finde ich zu keinem Schlaf. Doch der Zeitpunkt der Rache kommt! In Rio de Janeiro angekommen, kann der alte Mann nicht hinaus, weil ich den Sitz in die Liegeposition eingestellt hatte. Somit braucht er etwas Kraft um aus seiner Reihe zu kommen und die scheint er nicht mehr zu besitzen. Bald sind nur noch er und ich im Bus und ich höre ihn ächzen und stöhnen und nach mir rufen: Oi, Chega, ah,ah, ooooi, chega, ah. Doch Rache ist süss! Wenn er keine Rücksicht auf die anderen nimmt, so muss er nicht mit Gefälligkeiten rechnen. Kurz: Der Sitz bleibt hinten, ich steig aus und lass ihn eingeklemmt sitzen. Mit einem breiten Grinsen verlass ich den Bus. Ich hab nichtmal ein schlechtes Gewissen. Ich bin in Rio!

© Roland E., 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Leider ohne Fotos - Ich 'verlor' meine Digicam...:(
Details:
Aufbruch: August 2005
Dauer: circa 9 Wochen
Heimkehr: Oktober 2005
Reiseziele: Brasilien
Der Autor
 
Roland E. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.