Pampas, Anden, Amazonas, Guyanas

Reisezeit: September - Dezember 2009  |  von Roland E.

garstiges Manaus

Bisher bin ich am Amazonas nur wahnsinnig freundlichen Menschen begegnet, von Pucallpa bis Tabatinga und auch auf dem Schiff. Manaus erlebe ich aber als garstig, bissig. Und was hört man nicht alles für Geschichten über die verrückten Frauen von Manaus, die einen Anhüpfen und Anspringen. Und auch Manuel schwärmt von ihnen. Meine erlebte Realität entspricht eher dem Gegenteil. Trotz meinen blauen Augen und strohblonden Haaren werden mir kaum Sympathien entgegengebracht. In Europa fällt mir das flirten viel leichter. Allgemein wirken die Menschen auf mich wortkarg, desinteressiert, freudlos. In einere Kneipe etwas zu bestellen ist manchmal wirklich nicht einfach, vor allem bei Kellnerinnen. Sie putzen lieber die Tische als mich zu bedienen. Einmal ging ich in eine Bar, in der alle am Biertrinken waren. Ich bestellte ein Bier, also nach zehn Minuten stehe ich auf und gehe direkt zur Kellnerin. Sie sagt, es gäbe kein Bier. Dann sage ich, bring mir ein Skoll (brasilianisches Bier) und jetzt sagt sie: "Skoll geht ja". Einmal will etwas zu essen, alle hier in der Kneipe sind am Essen. Aber mir wird gesagt, es gibt kein Essen. Und ich habe das nicht als Witz verstanden, sondern was weiss ich als was. Sie beharrt auf ihrer Aussage, bis ich ein konkretes Menü bestelle und das hat es dann. In der berühmten Bar do Amadou behält der lausige Kellner, bei dem es sehr schwer war seine Aufmerksamkeit auf meinen Tisch zu lenken, das Rückgeld gleich als Trinkgeld.

Am nächsten Morgen schlendere ich durch die Strassen und laufe prompt Manuel über den Weg, der gerade am Biertrinken ist. Mein Hotelwechsel hat ihn sichtlich verletzt und obwohl er meine Erklärungen begreift - er ist ein intelligenter Kerl - bleibt bei ihm ein schaler Nachgeschmack. Er sitzt da, ruft jedem vorbeilaufenden Mädchen "hallo" zu und strahlt danach übers ganze Gesicht. Er muss heute um 14.00 Uhr weiter nach Macapa, ausser er findet einen Sponsor für ein Hotel und er würde gerne bleiben an diesem Platz, wo die Frauen "loco" sein sollen. Und er kennt eine Frau, die ihm ab und zu - er ist oft in Manaus - das Hotel bezahlt. Dafür schläft er mit ihr. Als ich ihn zum Spass als eine männliche Hure bezeichne, ist er beleidigt. Er stellt mir noch Raffaela vor, eine hübsche Brasileira. Sie fragt einige Dinge über mich, aber sie fragt Manuel und richtet nicht eine Frage direkt an mich. Brasilianer sind schüchtern, so schwer es fällt, das zu glauben. Und mir fällt es schwer damit zurechtzukommen.

Manuel hat mir noch einen Tip gegeben. Ich müsse unbedingt in den Remulos-Stripclub! Normalerweise gehe ich nie in so Zeug, alleine schon wegen der anschliessenden Rechnung. Das Remulos ist aber spottbillig. Zumindest heute Montag. Die Shows, welche die attraktiven Frauen hier bieten, sind wahnsinnig. Sie können ihr Handwerk! Noch nie habe ich Stripshows gesehen, welche mich derart nahe an den Verlust meines Verstandes brachten! Im Remulos gibt es verschiedene Sorten von Frauen. Da sind die professionellen Tänzerinnen. Die Brasilianer, die sich hier wie kleine Kinder aufführen, Kreischen und Sabbern, wollen jede Tänzerin berühren. Diese Tänzerinnen aber darf man nicht befummeln. Sie sind Profis.

Ja und dann gibt es die Prostituierten. Wirklich schöne Frauen und wenn so eine Show vorbei ist, dann rennen die Brasilianer auf die Frauen zu und ab geht es durch irgendeine Hintertüre. Diese Frauen quatschen nie einen an, stehen gelangweilt herum, blicken desinteressiert ins Leere, vielleicht sind sie auch schüchtern. Ich wäre wohl schwach geworden, wenn sich ein nettes Mädchen um mich bemüht hätte, aber so finde ich das abtörnend. Und wie finde ich das? Ich muss für die Prostituierten die Arbeit machen und dann darf ich noch dafür bezahlen? Hab auch meinen Stolz.

Manchmal fehlt einem aus unerklärlichen Gründen die innere Ruhe, die richtige Balance. Mich beginnen die Frauen aufzuregen, weil sie einfach nur da stehen. Ich muss raus. Ich bin aber auf den Geschmack gekommen und betrete noch den benachbarten Aquarius-Club, der ist gratis und hat die grossen Bierflaschen, die ich so gerne trinke. Der Club gefällt mir. Eine lustige Kellnerin, eben grosse Bierflaschen und er ist ziemlich leer. Die Frauen sind etwas weniger attraktiv und nur alle 20 Minuten oder so gibt es eine Show. Mir gefällt es hier total, aber auch hier quatscht mich niemand an, was für europäisches Denken in solchen Etablissements doch eher seltsam ist.

Irgendwann habe ich dann völlig genug. Ich nehme noch draussen in der Bar ein Abschiedsbier und habe Lust zu flirten. Aber mit den Frauen hier kann ich es einfach nicht. Meistens kommt auf meine erste Frage gar keine oder irgendeine gesprächabwürgende Antwort. Dies verstört mich derart, dass ich nicht mehr weiter weiss und schweigend mein Bier angaffe. Dann aber sitzen die Frauen einfach noch zehn Minuten da, wie wenn sie auf die Fortsetzung des Gesprächs warten würden. Manaus und ich, wir könnens nicht miteinander. Ende.

Trotzdem mag ich Manaus. Das Theatro Amazonas ist eine wahrhaftiger Anblick, ansonsten bietet die Stadt aber nicht viel.

© Roland E., 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Eine Reise mit Hindernissen
Details:
Aufbruch: September 2009
Dauer: 3 Monate
Heimkehr: Dezember 2009
Reiseziele: Brasilien
Argentinien
Bolivien
Peru
Guyana
Suriname
Der Autor
 
Roland E. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.