Wildes Pantanal - Naturparadies in Brasilien

Reisezeit: August 2014  |  von Heinz Hoeckh

Schwarzbussard u.a. jagen auf dem Rio Claro.

Am Vormittag des folgenden Tages verlassen wir das Hotel Porto Jofre, um auf der Transpantaneira ca. 60 km nach Norden zu fahren, zur Pousada Rio Claro.

So ein Umzug ist bei so viel Gepäck, wie Fotografen und Filmer zwangsläufig mit sich führen müssen, manchmal anstrengend.

So ein Umzug ist bei so viel Gepäck, wie Fotografen und Filmer zwangsläufig mit sich führen müssen, manchmal anstrengend.

Auch die Pousada Rio Claro ist ebenfalls für viele Naturhighligts eine gute Adresse..

Die 20 kleinen Appartements sind alle nett eingerichtet und verfügen über Dusche/WC, Klimaanlage und Ventilator. Was mir weniger gefällt ist, dass man um den Pool ausgerechnet Eukalyptusbäume pflanzte, von denen die reiche Vogelwelt (gerade auch im Bereich dieser Lodge) überhaupt nicht profitieren kann.Dennoch mimt der Pousadabesitzer den begeisterten Naturfreund und brüstet sich mit selbst fotografierten Ansichtskarten von den hier lebenden Vögeln, leider in einer miserablen Qualität.

Eingangsbereich der Pousada Rio Claro.

Eingangsbereich der Pousada Rio Claro.

Am frühen Morgen erwartet uns eine meditative Kanufahrt.

Ein unvergleichliches Erlebnis gleich am frühen Morgen des nächsten Tages ist eine Fahrt mit Kanus auf dem Rio Claro. Traudi rudert Helga in einem Kanu und ich sitze zusammen mit einem einheimischen Guide in dem zweiten Kanu. Nahezu lautlos gleiten wir auf dem träge dahinfließenden Rio Claro flussabwärts, lassen die fremden und vielfältigen Geräusche aus dem Regenwald auf uns wirken, verlieren uns in Raum und Zeit. Wir genießen in vollen Zügen und lassen unsere Seele baumeln. Außer unseren beiden Kanus ist niemand auf den Fluss unterwegs. Im Verlauf des Vormittags wird es angenehm wärmer, während sich die exotische Geräuschkulisse aus dem Regenwald leider all-mählich etwas zurücknimmt.

Wir genießen in vollen Zügen die traumhaft schöne Flusslandschaft.

Wir genießen in vollen Zügen die traumhaft schöne Flusslandschaft.

Traudi paddelt mit Helga gemächlich flussabwärts bei einer denkbar geringen Strömung und Helga konzentriert sich aufs Filmen.

Traudi paddelt mit Helga gemächlich flussabwärts bei einer denkbar geringen Strömung und Helga konzentriert sich aufs Filmen.

Vorbei geht die Fahrt an gewaltigen Baumriesen.

Vorbei geht die Fahrt an gewaltigen Baumriesen.

Nach einem nicht unbescheidenem Mittagessen, in allen Pousadas wird standardgemäß mittags und abends Bufett angeboten, was nicht unbedingt zur übertriebenen Mäßigung motiviert, schließt sich eine gepflegte Siesta an. Ehe wir zur Nachmittagssafari aufbrechen noch schnell eine oberflächliche Bilderkontrolle der Vormittagsausbeute und die obligatorische Datensicherung auf Laptop und externer Festplatte. Dann geht es wieder auf Tour.
Wieder sind wir von dem unglaublichen Vogelreichtum begeistert. Auf beinahe jedem Baum am Ufer sitzt ein Vogel: Mal ist es ein Amazonasfischer oder sein Vetter, der Grünfischer, der einen soeben erjagten Fisch verspeist. Ein paar zig Meter dahinter trägt in der Luft ein Mohrenibis-Paar seinen Ehekrach aus, um sich schließlich wieder friedlich gemeinsam auf einem Ast niederzulassen. Dann treibt das Boot an einem im Ufergebüsch stehenden Coccoireiher vorbei, der einen Fisch im Schnabel hält, der offensichtlich viel zu groß für ihn ist. Etwas hilflos versucht er ihn im Schnabel so zu drehen, dass er ihn vielleicht doch schlucken kann. So lange, wie wir ihn beobachten können, scheint ihm aber das nicht zu gelingen. Auf einem dicken Baumstamm, unmittelbar an der Wasserkante, zeigt uns Traudi winzig kleine Fledermäuse, die eng aneinandergeschmiegt, den Tag verschlafen.

Dieser Grünfischer verschlang soeben einen dicken Fisch.

Dieser Grünfischer verschlang soeben einen dicken Fisch.

Das Mohrenibis-Paar trägt in aller Öffentlichkeit einen Ehestreit aus.

Das Mohrenibis-Paar trägt in aller Öffentlichkeit einen Ehestreit aus.

Der Cocoireiher versucht längere Zeit, seine Beute unter Kontrolle zu be- kommen.

Der Cocoireiher versucht längere Zeit, seine Beute unter Kontrolle zu be- kommen.

Der Mantelkardinal scheint uns zu misstrauen.

Der Mantelkardinal scheint uns zu misstrauen.

Ein Hellbrauner Cacholote verspeist genüsslich seine Beute.

Ein Hellbrauner Cacholote verspeist genüsslich seine Beute.

In der Nähe eines mit einem Marmorreiher-Paar besetzten Horstes bewundern wir einen besonders schönen Kappenreiher. Auf einem dünnen schräg liegenden Baumstamm sonnt sich ein grasgrüner Leguan, der sich leider blitzschnell entfernt, als wir näher kommen wollten. Wieder sitzen viele Schlangenhalsvögel und Olivenscharben in den ufernahen Bäumen, um ihr Gefieder trocknen zu lassen. Wir kommen vorbei an einer Waldstorchkolonie. Zahlreiche Alt- und Jungvögel sitzen auf ihren dicht beieinanderliegenden Horsten, wobei sie gut wahrnehmbar ständig den Luftraum über ihnen im Auge behalten. Ab und zu liegt ein Kaiman im trägen Wasser, widerwillig abtauchend bei unserer Annäherung.

Im Ufergebüsch des Rio Claro sonnen sich zahlreiche Leguane, die allerdings durchweg sehr scheu sind.

Im Ufergebüsch des Rio Claro sonnen sich zahlreiche Leguane, die allerdings durchweg sehr scheu sind.

Auch dieses Kriechtier geht bei unserer Annäherung sofort in Deckung.

Auch dieses Kriechtier geht bei unserer Annäherung sofort in Deckung.

Dieses Marmorreiher-Paar fühlt sich beobachtet und nimmt deshalb sofort die sog. Pfahlstellung ein, so wie es auch unsere heimischen Rohrdommeln tun. Dadurch fallen die Vögel ihren Fressfeinden weniger auf und fühlen sich so sicherer.

Dieses Marmorreiher-Paar fühlt sich beobachtet und nimmt deshalb sofort die sog. Pfahlstellung ein, so wie es auch unsere heimischen Rohrdommeln tun. Dadurch fallen die Vögel ihren Fressfeinden weniger auf und fühlen sich so sicherer.

Dieser jugendliche Marmorreiher trägt ein völlig anders gefärbte Federkleid als wie seine Eltern.

Dieser jugendliche Marmorreiher trägt ein völlig anders gefärbte Federkleid als wie seine Eltern.

Die beiden Waldstorch-Jünglinge sitzen etwas abseits des elternlichen Horstes.

Die beiden Waldstorch-Jünglinge sitzen etwas abseits des elternlichen Horstes.

Nähert man sich mit dem Boot einem Kaiman, taucht dieser meist frühzeitig und vielleicht auch widerwillig ab, fühlt er sich doch zu Recht gestört.

Nähert man sich mit dem Boot einem Kaiman, taucht dieser meist frühzeitig und vielleicht auch widerwillig ab, fühlt er sich doch zu Recht gestört.

Sonnenaufgang am Rio Claro

Am nächsten Morgen geht Traudi ganz früh mit uns aufs Boot; sie will uns am Rio Claro den Sonnenaufgang erleben lassen. Wiederum ein Volltreffer; es sind Erlebnisse, die uns sehr lange in Erinnerung bleiben werden und uns immer wieder neu zum Träumen verführen. Es sind mit die Sternstunden solcher Reisen. Anschließend fahren wir mit dem Boot langsam eine größere Strecke flussaufwärts, genießen in vollen Zügen die unberührt wirkende Flusslandschaft und im Gegensatz zu dem stark befahrenen Flusslabyrinth beim Porto Jofre sind wir völlig allein auf den Fluss. Dann steht uns schon wieder ein neues, spannendes Abenteuer bevor.

Am Rio Claro,  kurz vor Sonnenaufgang.

Am Rio Claro, kurz vor Sonnenaufgang.

Traumhaft schön in diesem Umfeld der Sonnenaufgang.

Traumhaft schön in diesem Umfeld der Sonnenaufgang.

Fischbussard, Schwarzbussard und Cocoireiher bei der Jagd beobachtet.

Plötzlich hält der Bootsführer sein Fahrzeug an und schaut auf einen besonders hohen Baum am Ufer. Traudi erklärt uns, dass dort ein Fischbussard sitzt, den ihr Bootsmann persönlich kennt. Zunächst schüttelt man insgeheim den Kopf und dann geht alles Schlag auf Schlag: Der Bootsführer wirft einen toten Piranha ins Wasser; der hat kaum die Wasseroberfläche berührt, als oben im Baum der Fischbussard startet, um im rasanten Flug den schwimmenden Fisch aufzunehmen und wieder abzufliegen. Die ersten Bilder gehen prompt daneben, denn diese Art der Vogelfotografie war mir bis dahin nicht geläufig. Traudi und ihr Bootsmann haben jedoch mitgedacht, denn ihr Fischvorrat lässt noch viele Versuche zu.

Das ist der Fischbussard, der auf dem nächsten Bild die für ihn bestimmte Beute aufnimmt.

Das ist der Fischbussard, der auf dem nächsten Bild die für ihn bestimmte Beute aufnimmt.

Vom Start von dem hohen Baum bis zur Aufnahme der Beute und Abflug samt Verschwinden in einer Baumkrone, vergehen nur wenige Sekunden.

Vom Start von dem hohen Baum bis zur Aufnahme der Beute und Abflug samt Verschwinden in einer Baumkrone, vergehen nur wenige Sekunden.

Der Schwarzbussard ist unser Kandidat.

Wir haben dann unmittelbar später, als Traudi einen Schwarzbussard entdeckte, das Spielchen mit diesem Vogel wiederholt und schon gelingen mir bessere Bilder. Als erneut ein Schwarzbussard ausgemacht wird, vielleicht ist es auch der "Haus-Schwarzbussard", und der tote Fisch in der von mir gewünschten Richtung im Fluss landet, gelingen mir spannende Bilder, sogar mit Glanzpunkt im Auge des Fischräubers. Damit ist diese dramatische Art des Fotografierens noch lange nicht zu Ende. Traudi treibt dieses Schauspiel perfekt auch noch mit einem Coccoireiher. Dabei gelingen besonders schöne Bilder, zumal der Reiher nicht so schnell fliegt wie die Greifvogelfraktion. Jetzt kommt noch ein weiterer Hammer: Der Beutezug des Reihers wird anscheinend von einem neidisch gewordenen Amazonasfischer beobachtet, denn als der für einen weiteren Reiher gedachte Fisch ins Wasser geworfen wird, startet der näher sitzende Eisvogel zuerst und kann doch tatsächlich den Piranha aufnehmen. Nachdem er einige Meter mit seiner Beute abgeflogen ist, geschieht das Unausweichliche: Der Fisch ist wohl deutlich mehr als eine Num- mer zu groß für ihn und er muss ihn fallen lassen. Ich bin überglücklich und die Speicherkarte voll.

Der Schwarzbussard hat nur noch einen Blick für seine Beute.

Der Schwarzbussard hat nur noch einen Blick für seine Beute.

Der Cocoireiher tut sich schwer, mit seiner Beute wieder aus dem Wasser zu kommen.

Der Cocoireiher tut sich schwer, mit seiner Beute wieder aus dem Wasser zu kommen.

In der Pousada Rio Claro wartet schon die nächste Überraschung.

Mit vollem Herzen und gleichermaßen vollen Speicherkarten kehren wir zu unserem Quartier zurück, genießen das Mittagessen und wollen gerade in die verdiente Mittagspause abtreten. Wir sind bereits auf dem Weg vom Restaurant zu unserem Appartement, als plötzlich ein Bus ankommt, viele Menschen mit großen Taschen aussteigen und wir schwäbische Laute vernehmen. Es sind Landsleute aus dem Remstal (nahe Stuttgart), auf Benefizfahrt zu Gunsten brasilianischer Straßenkinder. Am Abend verbrüdere ich mich mit einer dieser "Remstalerinnen" und tausche einige meiner Digitalbilder gegen Briefmarken.
Tipp für Fotografen:
Das Pousadagelände innerhalb des bebauten Geländes bietet eine unglaubliche Fülle von "gefiederten" Motiven: Unmittelbar auf dem Baum vor dem Restaurant lärmt ein Braunohrassari (in allen Stellungen), frei herumlaufende Chacoguane, die frühmorgens einen unglaublichen Krach machen (die Remstaler standen nach eigenen Angaben senkrecht im Bett). Überall trifft man den wenig scheuen Guirakuckuck an, genauso wie den lustig aussehenden Hellbraunen Cachaloten, auch einer von der lärmenden Sorte. Auf den Zäunen sitzen, oft dicht beieinander, ein Mantelkardinal und sein knallroter Vetter, der Rubintyrann bzw. Rubinkardinal. Auf dem Gelände Richtung Boots-Anlegestelle, unmittelbar hinter einem Wirtschaftsgebäude, stolzieren Nacktgesichthokko umher, während sich daneben ein Schopfkarakara mit einem Rabengeier um Aas streitet. An der Anlegestelle sonnt sich auf einem Pfosten ein Amazonasfischer neben einer Rauchschwalbe und auf einem der vor Anker liegenden Ausflugsboote steht ein Silberreiher und scheint sein Spiegelbild im Wasser zu bewundern. Über ihm auf einem überragenden Ast haben Töpfervögel einen Doppelnestbau errichtet; die Vögel selbst sind fast überall präsent. Hoch im Geäst anderer Bäume lärmen etliche Sittichschwärme.

Ob es sich bei diesem Nacktgesichthokko um ein Männchen oder Weibchen handelt, konnte ich bislang nicht in Erfahrung bringen.

Ob es sich bei diesem Nacktgesichthokko um ein Männchen oder Weibchen handelt, konnte ich bislang nicht in Erfahrung bringen.

Nacktgesichthokko.

Nacktgesichthokko.

Traudi führt uns Riesenottern vor.

Inzwischen sitzen wir alle wieder im Boot (meine Frau, Traudi, der Bootsführer und ich) und unter der sachkundigen Führung von Traudi geht es flott flussaufwärts. Traudi hatte uns beim Mittagessen eine weitere Überraschung angekündigt. Plötzlich ist sie da und leider ebenso plötzlich wieder verschwunden, wie sie auftauchte: eine Riesenotterfamilie. Enttäuscht schaue ich zur Traudi, die mich anstrahlt wie eine Lottogewinnerin. Im Moment verstehe ich die Welt wiederum nicht mehr so richtig. Dann hält sich Traudi ihre beiden Hände, zu einer Halbkugel geformt, vor den Mund und stößt seltsame Töne aus. Während ich noch überlege, ob ich tatsächlich im falschen Film bin, geschieht das Wunder: Plötzlich sind die Riesenottern wieder da und sekundenlang muss man sogar damit rechnen, dass sie unser Boot entern, so nahe kommen sie heran. Wir müssen alle laut lachen, am lautesten Traudi. Als ob die Otterfamilie angenommen hat, ausgelacht zu werden, verschwindet sie, um sich unmittelbar darauf erneut von Traudi wieder herlocken zu lassen. Dieses Schauspiel wiederholt sich 4- bis 5-mal, bis die Fischräuber schließlich begreifen, dass sie mit Traudi nichts anfangen können. Natürlich waren diese prächtigen wie seltenen, vom Aussterben bedrohten Flussbewohner, aus nächster Nähe optimal zu fotografieren und zu filmen. Überschwänglich unser Dank an Traudi; ihre Überraschung war wieder ein Volltreffer.

© Heinz Hoeckh, 2015
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Anlässlich einer Rundreise durch Brasilien 2013 lernten wir (ein Rentnerehepaar) während eines 3-tägigen Aufenthalts im Pantanal die damals als örtliche Reiseleiterin für unsere Reisegruppe fungierende Traudi Zobel kennen und waren von ihrem Wissen und Können so überzeugt, dass wir sie im folgenden Jahr für eine zwei-wöchige private Foto- und Filmreise ins Pantanal engagierten.
Details:
Aufbruch: 11.08.2014
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 28.08.2014
Reiseziele: Brasilien
Der Autor
 
Heinz Hoeckh berichtet seit 9 Jahren auf umdiewelt.
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