Eine Weltreise

Reisezeit: Juli 2006 - März 2007  |  von Morris B.

Ecuador 20.7.-20.8.06: Cotopaxi (5897m) 08.08.-10.08.06

Der Cotopaxi ist der Berg auf der Welt, auf dessen Spitze man den Sternen -schliesst man den Chimborazo aus- am naechsten ist. Ausserdem ist er derjenige ecuadorianische Vulkan, der die meisten Menschen getoetet hat und ist immernoch aktiv. Seine perfekte Form macht ihn fuer eine Besteigung so reizvoll.

Um uns nach den Strapazen der missglueckten Ilinizas Norte Besteigung zu erholen, goennten sich Jonas und ich in Latatunga zum ersten Mal seit langer Zeit wieder deutsche Kueche - selbstgemacht versteht sich.

Seht selbst - lecker!!!

Seht selbst - lecker!!!

An sonsten taten wir an diesem Erholungstag ausser Schlafen und Essen nichts und hofften so nach geglueckter Aklimatisation topfit fuer den Cotopaxi zu sein.

In Latatunga gibt es ausser gutem selbstgemachten Essen auch noch eine Kirche, die Nachts in typischem ecuadorianischen Stiel angeleuchtet wird.

In Latatunga gibt es ausser gutem selbstgemachten Essen auch noch eine Kirche, die Nachts in typischem ecuadorianischen Stiel angeleuchtet wird.

Und mittelmaessig gut gefaelschte Deutschlandtrikots

Und mittelmaessig gut gefaelschte Deutschlandtrikots

Besstens ausgeruht ging es also per Pickup in den Cotopaxi Nationalpark. Von einem Parkplatz mussten wir nur noch hoch zum Refugio (4700m) und merkten auf dem kurzen Walk (1h)dorthin, dass unser Guide ungefaehr doppelt so schnell wie wir ist.

Von hier ging es zum Refugio - im Hintergrund natuerlich der Cotopaxi

Von hier ging es zum Refugio - im Hintergrund natuerlich der Cotopaxi

Ab zum Refugio

Ab zum Refugio

Oben angekommen, stellten wir ueberrascht fest, dass das Cotopaxirefugio nicht im geringsten dem aehenlte, welches wir bei den Ilinizas kennengelernt hatten. Vielmehr erinnerte es uns an eine oesterreichische Alm. Da wir bereits um 14:30Uhr ankamen, hatten wir genug Zeit uns von unserem Guide, ein ausgezeichneter Koch, bewirten zu lassen uns so viel Tee zu trinken, dass ich es in der Nacht auf der Aussentoilette mehrfach buessen musste. Weder Jonas noch ich (Johannes hatte es aus Geldgruenden vorgezogen in Mindo zu entspannen) hatten irgendwelche Probleme mit der Hoehe und fuehlten uns fit.

Der herrliche Blick vom Refugio

Der herrliche Blick vom Refugio

Die Nacht schliefen wir trotz Tee und grosser Aufregung jeweils zwei Stunden, bevor wir um Mitternacht geweckt wurden.
Nach einem schnellen Fruehstueck begann die wohl groesste koerperliche Herrausvorderung unseres Lebens.

1:00 Uhr, 4700m , -2Grad - noch sind wir guter Dinge

1:00 Uhr, 4700m , -2Grad - noch sind wir guter Dinge

Zunaechst glich es einem Pilgerzug, da nicht nur wir, sondern noch 48 weitere Bersteiger (die Haelfte erreichte de Gipfel) ihr Glueck versuchten - alle mit einem Headlight durch den Nebel. Die Rahmenbedingungen waren perfekt: Unsere Fitness stimmt, wir sind aklimatisiert, nicht zu kalt, wir haben Vollmond und einen guten Guide.
Es geht zunaechst ueber vereistes Geroell auf einen Gletscher. Ich bekomme Magenkraempfe und merke schnell, dass es verdammt schwer und vor allem anstregend sein kann, mit Steigeisen und Eisaxt einen Berg mit bis zu 75% Steigung zu erklettern. Ein Seil verbindet uns drei zur Sicherheit. Ein eiskalter Wind macht das Atmen zur Qual. Mein Bauchschmerz wird schlimmer, der Wind staerker, die Temperaturen geringer, die Headlights in der Ferne weniger und die Schuhe schneiden bei jedem Schritt ins Fleisch.

Quaelende Schritte schon auf 5000m

Quaelende Schritte schon auf 5000m

Als der Guide uns zu einem Zeitpunkt, an dem ich uns bereits auf 5500m schaetze, verraet, wir seien schon auf 5100m, ueberlege ich das erste mal umzukehren. Leider wuerde diese Entscheidung auch Jonas zum Abbruch zwingen und somit waeren nicht nur meine 140 Dollar, sondern auch seine umsonst gewesen. Weiter gehts! Ich weis nicht wie oft ich mich fuer diese freiwillig getroffende Entscheidung verflucht habe, aber schon bis 5200m waere es unmoeglich gewesen, die Flueche zu zaehlen. Jonas ist noch guter Dinge. Es ist teilweise so steil, dass ich nach jedem fuenften Schritt innne halten muss, um meine Lunge mit der duennen Luft zu fuellen. Zum Glueck genehmigt unser Guide auch ab und zu Pausen - meistens stehe ich kurz vor einem Kreislaufzusammenbruch.

Pause - ich denke man kann mir die Strapazen ansehen - 5450m

Pause - ich denke man kann mir die Strapazen ansehen - 5450m

Ab 5500m wird es erst richtig hart und auch Jonas beginnt innerlich ans Aufgeben zu denken. Ich ueberlege mir, mich einfach den Abhang runterzuwerfen (nicht falsch verstehen: ich bin ja an einem Seil befestigt und Jonas koennte bei einem solchen Abbruch nicht sauer sein) oder eine andere Verletzung vorzutaeuschen. Bei Temperaturen von -10Grad gefrieren unsere Trinkvorraete und der Wind blaesst mir so stark in die Augen, dass ich vor Traenen nicht mehr erkennen kann, wohin ich trete.
Mit den Kraeften am Ende erreichen wir einen grossen Felsen, an dem uns Juliàn, unser Guide, froehlich verkuendet, es seien nur noch 200 weitere Hoehenmeter, fuer die wir nur eine Stunde braeuchten. Aber das steilste Stueck komme noch. So kurz vor dem grossen Ziel kann uns auch das nicht mehr schocken. Hoch motiviert und mit kraftlosen Beinen gehen wir diese vermeindlich letzte Stunde an.
Langsam kommen wir ueber die Wolkendecke und koennen uns nach 5 1/2 Stunden des steil bergauf Gehens an einem herrlichen Sonnenaufgang erfreuen - auch wenn wir ihn in dieser Situation nur waehrend einer Pause wahrnehmen, da unsere gesamte Konzentration dem moerderischen Pfad gilt.

Der Sonnenaufgang auf 5800m

Der Sonnenaufgang auf 5800m

Mit vereisten Klamotten geniessen wir bei einer der Pausen den Sonnenaufgang - 5800m

Mit vereisten Klamotten geniessen wir bei einer der Pausen den Sonnenaufgang - 5800m

Die Sonne wirft den Schatten des Cotopaxi an den Horizont

Die Sonne wirft den Schatten des Cotopaxi an den Horizont

Fuer die letzten 80 Hoehenmeter brauchen wir, obwohl diese nicht einmal steil waren, ueber eine Stunde. Alle zwei Schritte sind Jonas und ich jetzt kurz vor dem endgueltigen Zusammenbruch. Irgendwie krabbeln wir diese letzten Meter jedoch dann doch noch hechelnd hoch. Als ich den Gipfel erblicke, kann ich kurze Zeit vor durch Atemnot, Schmerz und Glueck bedingten Traenen kaum etwas erkennen. Als ich wieder klarer sehe und nachdem ich den Boden mehrfach gekuesst habe eroeffnet sich ein Blick, den man live gesehen haben muss, kombiniert mit einem Gefuehl, wie man es nur nach 6 1/2 Stunden brutaler Qual an einem solchen Ort erleben kann. Einfach gigantisch! Die Schmerzen weichen einem vollkommenden Gluecksgefuehl, die Qualen sind vergessen.

Uebergluecklich: Jonas und ich auf dem Gipfel in 5897m Hoehe

Uebergluecklich: Jonas und ich auf dem Gipfel in 5897m Hoehe

Der Krater des Cotopaxi, den man normalerweise nie wolkenfrei sieht

Der Krater des Cotopaxi, den man normalerweise nie wolkenfrei sieht

Wir haben mit dem Wetter auf dem Gipfel so ein Glueck, dass sogar unser Guide schnell ein paar Fotos haben will, da auch er nach 600 Besteigungen noch nie einen solchen Blick gehabt hat. Da haben wir uns wohl den richtigen Tag ausgesucht!

Ueber den Wolken...

Ueber den Wolken...

Wir geniessen diesen Augenblick solange wir koennen. Es ist schon 7:30Uhr und der Schnee am unteren Ende des Gletschers beginnt tief und das Eis bruechig zu werden. Das Herabsteigen dauert zwei Stunden und ist nicht gerade erholsam, sodass wir nach einer halben Stunde bei jedem weiteren Schritt Angst um unsere Kreuzbaender haben. Wir sind so totmuede, dass Jonas bei einer kurzen Pause auf 5500m im Schnee einschlaeft. Langsam beginnen ihn auch Kopfschmerzen und Uebelkeit zu plagen.
Endlich unten, schlafe ich fast auf der nicht gerade gut duftenden Aussentoilette ein, bevor wir per Pickup wieder zurueck nach Latatunga gebracht werden.

Jonas beim Abstieg

Jonas beim Abstieg

Fazit: Das war das mit Abstand das haerteste, was ich je gemacht habe! Die Erfahrung seinen "inneren Schweinehund" zu ueberwinden und das unbeschreibare Gefuehl oben zu sein - die Wolken unter einem - werde ich nie vergessen. Ich wuerde es jedem empfehlen, aber selber nie wieder machen!

© Morris B., 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Die geplante Reiseroute: Argentinien - Peru - Ecuador(+Galapagos) - Peru - Bolivien - Chile - Argentinien - Neuseeland - Australien - Indonesien - Singapore - Kambodscha - Vietnam - Laos - Thailand
Details:
Aufbruch: 12.07.2006
Dauer: 8 Monate
Heimkehr: 06.03.2007
Reiseziele: Argentinien
Peru
Ecuador
Cuzco
Bolivien
Salar De Uyuni
Neuseeland
Australien
Indonesien
Singapur
Kambodscha
Vietnam
Laos
Thailand
Der Autor
 
Morris B. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
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