Südamerika, die Dritte ! Ecuador und Bonaire

Reisezeit: November / Dezember 2009  |  von Sabine H.

Die Wunder des Äquators

23.11.2009

Fit wie Turnschuh nach 16 Stunden Schlaf, erscheine ich im Frühstücksbereich des Hotels und lerne, dass ich mir an der Rezeption ein Frühstücksticket holen muss. Warum nur machen die das so kompliziert ? Plan für heute: Mitad del Mundo, Mitte der Welt, ich will zum Äquator. Breitengrad: `0`0`0. Gleich um die Ecke des Hotels winke ich ein Taxi heran (Paulina hat gesagt, es kostet 15 USD, aber höchstwahrscheinlich würde man mir 20 USD abknöpfen, weil ich Touristin bin). OK, ich steige ein und frage nach dem Preis. Der Fahrer scheint etwas unsicher, als er etwas fragend antwortet "20 Dollares ???" Ok, vamos ! Mitad del Mundo liegt ca. 22 KM ausserhalb von Quito. Man kann dort auch problemlos mit öffentlichen Verkehrsmitteln hinkommen, aber das dauert natürlich wesentlich länger, als mit einem Taxi. Auf der Hinfahrt herrscht ziemliches Schweigen im Taxi, weil ich schon zugegeben habe "no habla español". Quitos Taxifahrer rasen wie die Bekloppten, meine Güte ! Bleischuh auf dem Gaspedal und rote Ampeln interessieren überhaupt nicht. Sehr schnell sind wir am Eingang des "offiziellen" Mitad del Mundo. Mein Fahrer fragt mich, ob er warten solle. Kleiner Rundblick meinerseits, nirgendwo Taxis zu sehen, si, bitte warten. Mein Fahrer fährt weg, wahrscheinlich zum frühstücken. Ich betrete die Anlage. 3 USD Eintritt. Mehr ist das auch echt nicht wert ! Es steht dort das Monument mit einem bronzenen Globus obendrauf, in dem sich ein nicht gerade weltbewegendes ethnologisches Museum befindet, aber vom Aussichtsbalkon hat man einen recht netten Ausblick. Tja, und dann ist da der gelbe Strich auf dem Boden, der Äquator, berechnet 1736 nach den damals zur Verfügung stehenden Methoden (Sonne, Mond und Sterne ???). Jedenfalls nach heutigem Wissen nicht der echte Äquator.

Im Taxi heizen durch Quito - Ferrari ? Nicht nötig, ein Toyota kann das auch !

Im Taxi heizen durch Quito - Ferrari ? Nicht nötig, ein Toyota kann das auch !

This is it ! Gelber Strich, das Monument, der (angebliche) Äquator !

This is it ! Gelber Strich, das Monument, der (angebliche) Äquator !

Warum nur haut mich das nicht um ? Es gibt was viel besseres, das weiss ich, ich muss es nur finden !

Warum nur haut mich das nicht um ? Es gibt was viel besseres, das weiss ich, ich muss es nur finden !

1 Franzose hilft mir aus dem Dilemma heraus, ein Foto von mir hier zu haben ! Merci !!!

1 Franzose hilft mir aus dem Dilemma heraus, ein Foto von mir hier zu haben ! Merci !!!

Ich irre auf dem Gelände herum und suche die Hinweise auf das Teil mit dem echten per GPS berechneten Äquator. Ich finde es nicht und deswegen frage ich mal wieder in gebrochenem spanisch. Die Frau, die ich gefragt habe, lässt einen Schwall Spanisch ab, so in Maschinengewehrtempo. Ich habe wirklich Mühe, auch nur halbwegs etwas mitzubekommen, aber verstehe irgendwas von "links vom Ausgang, 100 Meter".

And this is really it ! Obwohl böse Zungen behaupten, dieser Äquator sei auch nicht der ganz richtige. Aber dieser funktioniert !

And this is really it ! Obwohl böse Zungen behaupten, dieser Äquator sei auch nicht der ganz richtige. Aber dieser funktioniert !

Ich wandere die 150 m bis zum Eingang, finde noch nicht mal einen Ticketschalter vor, werde aber beim Herumstreunen auf der Anlage von einer freundlichen Angestellten gestoppt, die mir dann doch die sehr gut angelegten 3 USD abknöpft und mich einer geführten Gruppe zuführt. Ca. 10 Leute sind wir, mehr Frauen als Männer, bunt zusammengewürfelt aus aller Welt. Unsere kleine ecuadorianische Führerin führt uns hier die super-erstaunlichen Experimente vor, die hier auf dem echten Äquator funktionieren. Man kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus !!!

Thumbs up - Daumen hoch, so muss man hier posieren !

Thumbs up - Daumen hoch, so muss man hier posieren !

Das ist das Ding mit dem in unterschiedlichen Richtungen ablaufenden Wasser auf Süd- und Nordhalbkugel - sehr umstritten, aber eindeutiger geht es eigentlich nicht -  als genau hier !

Das ist das Ding mit dem in unterschiedlichen Richtungen ablaufenden Wasser auf Süd- und Nordhalbkugel - sehr umstritten, aber eindeutiger geht es eigentlich nicht - als genau hier !

Ich weiss nicht, warum viele das nicht glauben wollen. Ich hab´s schon vor Jahren ausgetestet in Südafrika. Das Wasser auf der Südhalbkugel läuft entgegengesetzt ab im Abfluss, als auf der Nordhalbkugel ! Und nun habe ich den Beweis, denn wir haben es ausprobiert mit dem gleichen Becken, dem gleichen Wasser, den gleichen Blättern (um es sichtbarer zu machen), dem gleichen Eimer. Und auf dem Äquator läuft das Wasser in gar keine Richtung ab, es macht einfach plopp und das Wasser läuft geradeaus runter ohne Drall.

Na, wie spät ist es ??

Na, wie spät ist es ??

Es ist 10 vor 11, klar, oder ? Die Sonnenuhr stimmt genau, unsere Uhren stimmen nicht wirklich genau. Unsere Zeit ist nicht mehr genau die Sonnenzeit. Verrückt, oder ?

Die Männer müssen Aufstellung nehmen, ihre verschränkten Hände hoch halten. Unser Guide wird versuchen, die verschränkten Arme herunterzudrücken. Sie ist eine wirklich kleine Person. Die Männer stehen 1 m vom Äquator entfernt und sollen gegenhalten, mit aller Macht. Das tun sie und unser Guide hat keine Chance. Das gleiche versuchen wir jetzt direkt auf dem Äquator. Die Männer halten die Arme hoch, halten mit aller Gewalt gegen, aber unsere kleine Ecuadorianerin reisst deren Arme nach und nach herunter, als hätten sie gar keinen Widerstand geleistet. Keine Chance für die Männer. Sie erzählt, an ihrem zweiem Arbeitstag Angst gehabt zu haben vor einem Tier von einem Mann, Boxer, Bodybuilder, oder so. Aber auch den hat sie ohne Kraftaufwand auf dem Äquator bezwungen, ohne Mühe. Komisch.

Nächstes Experiment: Auf dem Äquator mit geschlossenen Augen balancieren. Ich eiere herum, wie stockbetrunken und kann keinen Schritt vor den anderen setzen - allen anderen geht es genauso.

Wackelige Angelegenheit !

Wackelige Angelegenheit !

Und nun noch das Ei des Kolumbus. Ein herkömmliches rohes Hühnerei auf einem Nagelkopf balancieren, möglich angeblich nur auf dem Äquator. Unser Guide schafft es und noch 2 weitere Leute aus der Gruppe. Ich kriege es nicht hin.

Das Ei des Kolumbus

Das Ei des Kolumbus

Das Museum hat ausser den Experimenten noch etwas Staffage zu bieten, Schrumpfköpfe aus dem Amazonasgebiet, eine ausgestopfte Anakonda, Taranteln und so dies und das, aber das ist wirklich nur "Füllmaterial", nicht so interessant. Aber mir hat dieses Museum mit den erstaunlichen Experimenten sehr gut gefallen, ich empfehle es dringend weiter !

Ich kehre zum Parkplatz des Mitad del Mundo zurück und steige wieder ins Taxi. Der Fahrer scheint nun nicht mehr gewillt zu sein, schweigend nach Quito zurückzufahren und bombardiert mich mit Fragen auf spanisch. Ich antworte, so gut es geht - und es geht erstaunlich gut ! Verstehen kann ich fast alles und Antworten kriege ich auch zustande, er versteht auch mich. So "unterhalten" wir uns auf eine kuriose Weise recht gut und ich erfahre nun auch seinen Namen: Daniel. Letzten Endes sind wir dann für nachmittags 14.00 Uhr wieder auf der Plaza Domingo verabredet für eine Fahrt auf den Haushügel Quitos "El Panecillo", warum man diesen Hügel nun ausgerechnet "Brötchen" getauft hat, bleibt mir schleierhaft. Ich kann eigentlich keine Ähnlichkeit mit einem Brötchen entdecken...

Der "Brötchen"-Hügel mit einer geflügelten Jungfrau Maria. Da wollen wir hin.

Der "Brötchen"-Hügel mit einer geflügelten Jungfrau Maria. Da wollen wir hin.

Es führen auch Treppen auf den Hügel, die sollte man aber unbedingt meiden, denn sie sind gefährlich. Die Chancen, dort überfallen zu werden, stehen ziemlich gut. Und das ist so typisch für Städte in Ecuador, nicht nur für Quito: Nicht wahrnehmbar für einen Fremden, ändert sich die Sicherheitslage von einer Strasse zur nächsten ganz plötzlich, ohne dass irgendetwas großartig anders aussieht. Die Häuser, die Gassen, die Menschen - alles sieht genauso harmlos aus, wie gleich um die Ecke und dennoch kann man sich plötzlich unwissentlich in einer üblen Gegend befinden, ahnt nichts Böses und schwupps, ist man ausgeraubt, oder schlimmeres. Die Polizei-Präsenz in Quitos Altstadt ist extrem und das garantiert eine relative Sicherheit. Da, wo nicht mehr an jeder Strassenecke Polizei patroulliert, hält man sich besser nicht auf. Normalerweise weisen die Einheimischen einen auch daraufhin, wenn man droht, in eine no-go-area abzudriften, ansonsten hat man besser seinen Reiseführer gut studiert und weiss daher, was geht und was eben nicht. Wie auch immer: Auf den El Panecillo fährt man mit dem Taxi und lässt das Taxi oben warten, um nicht in die Verlegenheit zu kommen, allein und zu Fuss wieder runtermarschieren zu müssen.

Blick auf das Häusermeer von Quito

Blick auf das Häusermeer von Quito

Die angeblich einzige Mariendarstellung der Welt mit Flügeln - sie wurde in einem Stück aus Frankreich hierher transportiert

Die angeblich einzige Mariendarstellung der Welt mit Flügeln - sie wurde in einem Stück aus Frankreich hierher transportiert

Auf dem Balkon der Jungfrau

Auf dem Balkon der Jungfrau

Daniel lässt es sich nicht nehmen, mitzukommen auf die Besichtigungstour. Auch er ist einer der ganz, ganz vielen Ecuadorianer, die von Familienmitgliedern, die im Ausland leben, über Wasser gehalten werden. Seine Frau lebt seit einigen Jahren in Bonn und schickt alles übriggebliebene Geld, das sie als Putzfrau dort verdient, nach Ecuador. Ein Großteil der Ecuadorianer lebt im Ausland. Traurig, denn Ecuador ist eigentlich ein reiches Land, hat Öl und sonstige Rohstoffe und exportiert Bananen, Kaffee, Kakao und Blumen, insbesondere Rosen. Ecuador ist der zweitgrösste Rosen-Exporteur der Welt. Und wer immer hierzulande so eine schöne, kräftige, langstielige Rose mit dicker Knospe kauft, hat mit nahezu 100-%-iger Sicherheit eine ecudorianische Rose in der Hand ! Nichtsdestotrotz ist Daniel so richtig gut drauf.

Daniel

Daniel

Ich lasse mich nicht lumpen, was die Bezahlung seines Einsatzes angeht. Geiz halte ich hier für absolut nicht angebracht. Der Typ macht seine Sache gut, bringt mich zum Spanisch-sprechen und zum Lachen. Ausserdem betätigt er sich als mein Fotograf.

Ich habe meinen Führerschein zwar dabei, überlasse es aber doch lieber Daniel, mich durch Quitos chaotischen Verkehr wieder zurückzufahren...

Ich habe meinen Führerschein zwar dabei, überlasse es aber doch lieber Daniel, mich durch Quitos chaotischen Verkehr wieder zurückzufahren...

"Mein" Quito-Taxi

"Mein" Quito-Taxi

Das Programm ist für heute erledigt, aber es kommt, was kommen muss: Daniel lädt mich ein zum Essen und anschliessendem Salsa-Tanzen. Oh Gott. Nee, das mach´ ich dann lieber nicht, so reizvoll, wie es sich anhört. Wenn es denn wirklich Essen und Salsa-Tanzen gewesen wäre, wär´s ja cool gewesen, aber bei mir schrillen alle Alarmglocken. No, gracias ! Und ich habe die perfekte Ausrede: Ich muss morgen früh aufstehen und zur Schule. Was noch nichtmal gelogen ist ! Nichtsdestotrotz treffen wir eine Verabredung für den nächsten Tag, wie üblich, Plaza Domingo, 14.00 Uhr.

El Theatro

El Theatro

Im Café del Theatro lasse ich den Tag ausklingen. Ich geniesse ein Glas Weisswein, ein leckeres Essen und beobachte das bunte Treiben auf der Plaza del Theatro mit Strassenkünstlern. Ich fühle mich wirklich sauwohl in Quito !

© Sabine H., 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Zum 3. Mal in diesem Jahr nach Südamerika, ich bin ein Südamerika-Freak geworden ! Nach Argentinien und Peru, nun Ecuador mit dem "B" der ABC-Inseln zum Nachtisch...
Details:
Aufbruch: 21.11.2009
Dauer: 16 Tage
Heimkehr: 06.12.2009
Reiseziele: Ecuador
Niederländische Antillen
Der Autor
 
Sabine H. berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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