Kolumbien: Tauchen lernen in Taganga

Reisezeit: Juli / August 2010  |  von Marcus Breiter

Taganga, nur ein paar Minuten Autofahrt von Santa Marta entfernt, ist ein kleines Mekka für Rucksacktouristen und Taucher vom Anfänger bis zum Profi. In nur 4-5 Tagen kann man einen Tauchkurs absolvieren und unvergessliche Eindrücke unter Wasser sammeln.

Tauchen lernen in Taganga

Einsame Bucht im Tayrona Park

Einsame Bucht im Tayrona Park

Komfortables Tauchboot

Komfortables Tauchboot

Schutzheilige der Taucher in Taganga?

Schutzheilige der Taucher in Taganga?

Wer Santa Marta besucht, muss auch Taganga gesehen haben. Um in das kleine, in einer malerischen Bucht hinter einem Bergrücken gelegene Dörfchen zu gelangen, muss man nicht unbedingt ein Taxi nehmen. Billiger und vor allem landestypischer geht es mit dem Collectivo: Einfach in der "quinta",einer Einbahnstrasse mit lebhaftem Handel, die die in Kolumbien lebensnotwendigen Artikel Schuhe, Handies und illegal kopierte Musik im Überfluss bereithält, den nächsten Kleinbus mit Fahrtziel Taganga auf dem selbstgemalten Schild hinter der Windschutzscheibe heranwinken, dem Fahrer 1200 Pesos in die Hand drücken und los geht ´s. Vorbei an Mopedwerkstätten, Eisenwaren- und Elektrogeschäften, über die Eisenbahnschienen, die endlos lange Kohlezüge zum Hafen führen und durch die improvisierten Barackensiedlungen der Ärmsten. Dann beginnt der Aufstieg über eine Serpentinenstrasse, deren höchster Punkt nach wenigen Minuten erreicht ist und von dem ab man mit einem atemberaubenden Blick auf die Bucht von Taganga belohnt wird. Nach kaum einer Viertelstunde Fahrt ist Taganga erreicht, ein verschlafenes Dorf, dass von Rucksacktouristen aus aller Welt besucht wird. Hier kann man eigentlich nur relaxen, mit kleinen Booten zu abgelegenen Stränden fahren und natürlich tauchen.

Erst Theorie - dann Praxis
Zahlreiche Tauchschulen buhlen um die Gunst der Kundschaft, so dass die Auswahl schwer fällt. Für die deutschsprachige Klientel ist sicher das Poseidon Dive Center, das sich unter deutscher (genauer: bayerischer) Führung befindet eine gute Wahl. Aber egal für welche Tauchschule man sich entscheidet - die standardisierte Ausbildung zum PADI Open Water Diver wird in etwa folgendermaßen ablaufen: Eingangs erhält man ein Handbuch, das in fünf Kapiteln den gesamten Inhalt des Kurses vermittelt. Nach jedem Kapitel folgen einige Kontrollfragen, die es zu beantworten gilt, bevor es unter Wasser geht. Doch keine Angst - das Buch muss nicht komplett durchgeackert werden. Am ersten Tag wird der gesamte Buchinhalt in einem ca. dreistündigen Video wiedergegeben, wobei bereits viele der Kontrollfragen beantwortet werden können. Das Video, das Handbuch und sämtliche Kursinhalte sind übrigens international standardisiert und für Tauchschüler aller Alters-und Bildungsstufen konzipiert. Nach der Theorie beginnt sofort die Praxis: Der Tauchlehrer erklärt die Ausrüstung - Pressluftflasche, Tarierjacket, Lungenautomat, Bleigurt, Maske, Schnorchel und Flossen. Dann geht es auch schon mit voller Montur in den Pool für die ersten Übungen über und unter Wasser. Anlegen der Ausrüstung, Benutzung von Schnorchel und Lungenautomat, erste Tarierübungen, in denen man lernt, die Position unter Wasser zu verändern und schließlich der fünf Punkte Sicherheitscheck mit dem Tauchpartner ("Buddy"). Das alles macht bereits viel Spass - vor allem, wenn man noch nie unter Wasser geatmet hat - und dann folgt auch schon der unbestrittene Höhepunkt des Kurses: Der erste Freiwasser Tauchgang auf 12m Tiefe.

Der erste Tauchgang
Mit dem Tauchboot geht es zur Isla Aguja, einem unbewohnten Felsen ca. 15 Minuten rasanter Bootsfahrt vor Taganga gelegen. Mit Maske, Schorchel, Flossen und im Nasstauchanzug geht der Sprung ins erfrischende Nass, der Rest der Ausrüstung wird gleich als erste Übung im Wasser angelegt. Nach dem obligatorischen Sicherheitscheck mit dem Buddy taucht man dann buchstäblich in eine neue Welt ein. Am Seil geht es langsam in die Tiefe und das Körpergefühl wie auch die Sinneswahrnehmung ändern sich schlagartig. Der ständig durchzuführende Druckausgleich (Nase zuhalten und kräftig schnauben) fällt nicht jedem leicht, dafür ist plötzlich von der kiloschweren Ausrüstung auf dem Rücken nichts mehr zu spüren. Allmählich atmet man gleichmäßig und beginnt die Unterwasserwelt bewusst wahrzunehmen. Nach einigen Übungen am sandigen Meeresboden beginnt der erste Spaziergang durch die Unterwasserflora und -fauna. Mit gleichmäßigem Flossenschlag schwebt man über Korallenbänke verschiedenster Farben und Formen und vorbei an Fischen, die man sonst nur aus "Findet Nemo" kennt, und zunehmend fällt es leichter, die eigene Lage unter Wasser durch gezieltes Ein- und Ausatmen zu regulieren. Unterwegs gibt es immer wieder mal einen Stopp und der Tauchlehrer deutet auf Tiere, die entweder besonders originell, hübsch oder auch gefährlich sind (nein, Haie haben wir nicht gesehen, aber es gibt sie dort). Eindrücke, die dem am Anfang noch sehr mit sich selbst beschäftigten Tauchschüler ohne professionelle Anleitung wohl verborgen geblieben wären. Regelmäßig wird der noch verbleibende Inhalt der Pressluftflaschen kontrolliert, und nach ca. 40 Minuten ist es dann soweit. Gemächlich und wie in der Theorie gelernt mit maximal 18 Metern pro Minute geht es Richtung Tageslicht. Das Durchbrechen der glitzernden Wasseroberfläche gleicht wieder dem Eintritt in eine neue Welt: Frei atmen, das Tarierjacket mit Luft füllen und erstmal orientieren. Das Tauchboot wartet zuverlässig in der Nähe und nimmt uns wieder auf. Für eine nicht allzu ausgedehnte Pause mit Mittagssnack geht es an einen der einsamen Strände im Tayrona Park. Die Mittagspause wird vom Tauchlehrer genutzt, um die Tauchtabelle bzw. die elektronische Version, den "Recreational Dive Planner" zu erläutern, den man zur Vorbereitung eines jeden Tauchganges benötigt. Kling kompliziert und die Handhabung wird auch im "Abschlussexamen" geprüft, ist aber mit der beigefügten Bedienungsanleitung in einer ruhigen halben Stunde leicht nachvollziehbar. Noch am gleichen Tag erfolgt dann nach dem Wechsel der Pressluftflasche der zweite Tauchgang auf 12 Meter, bei dem man sich schon deutlich sicherer fühlt und die Unterwasserwelt ein ganzes Stück bewusster wahrnimmt. Um das Tagewerk zu komplettieren, wird anschließend die gesamte Ausrüstung nach Rückkehr zur Tauchbasis fachgerecht vom Salzwasser gereinigt und zum Trocknen aufgehängt. Manch einem wird nach diesem ersten richtigen Tauchabenteuer das Bier am Abend noch etwas besser schmecken, er wird noch etwas besser schlafen und nicht wenige werden im Traum schwerelos unter Wasser weiterschweben.

Keine Angst vor der Prüfung
Der Folgetag hält noch eine weitere Steigerung bereit, nämlich zwei Tauchgänge auf 18 Meter, was zunächst spektakulärer klingt als es ist. Denn ohne den Blick auf den Tiefenmesser würde man die zusätzlichen Tiefenmeter vermutlich gar nicht wahrnehmen. Auch bei diesen Tauchgängen erwarten uns neue Übungen wie z.B. das Orientieren mit dem Kompass über und unter Wasser, wobei zunächst nur ein Eindruck von dieser Fertigkeit vermittelt werden soll, ohne buchstäblich allzu sehr in die Tiefe zu gehen. Eine größere Herausforderung scheint an diesem Tage der aufkommende Wellengang zu sein, der für unangenehme Strömungen unter Wasser und eingeschränkte Sicht sorgt. Zur allgemeinen Belustigung müssen die Tauchschüler dann noch unter Beweis stellen, dass sie in der Lage sind, ca. 200m vom Boot zum Strand zu schwimmen, wohlgemerkt: nach Absolvierung der ersten Tauchgänge! Tag vier der Ausbildung ist somit auch wie im Fluge vergangen und wer mag und sich ausreichend vorbereitet fühlt, kann gleich das schriftliche "Abschlussexamen" ablegen: 50 Multiple Choice Fragen aus dem Lehrbuch, von denen man einen Großteil vermutlich alleine mit gesundem Menschenverstand beantworten kann. Wer 75% der Fragen richtig beantwortet, darf sich "PADI Open Water Diver" nennen, weltweit eine Tauchausrüstung leihen und mit einem Buddy tauchen gehen.
Fazit: Ein einmaliges Erlebnis und für manch einen vielleicht ein neues Hobby. Wer in Taganga tauchen gelernt hat, den werden aber vermutlich regelmäßige Tauchgänge in heimischen Gewässern wegen der Temperaturen und mangels vergleichbar spektakulärer Unterwasserwelt kaum noch reizen und das Tauchen wird ein Urlaubsvergnügen bleiben.

© Marcus Breiter, 2013
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Die Reise
 
Details:
Aufbruch: Juli 2010
Dauer: circa 5 Wochen
Heimkehr: August 2010
Reiseziele: Kolumbien
Der Autor
 
Marcus Breiter berichtet seit 16 Jahren auf umdiewelt.