Corona-Ausflüge von Aachen aus

Reisezeit: Mai - November 2020  |  von Herbert S.

Rhein-Erftkreis - Nörvenich u.a.

Unser heutiger Ausflug sah vier Herrensitze/ Schlösser im Rhein-Erftkreis vor:
Schloß Gymnich, Schloß Nörvenich, die Harff'sche Burg in Nörvenich und Burg Binsfeld bei Düren.
Aber bereits das erste Ziel enttäuscht - ringsherum hoher Baumbewuchs, Tor geschlossen, 'Privatbesitz- Betreten verboten'.
Auch ein Artikel der Rhein-Erft-Rundschau mit unbekanntem Datum gibt keine weitere Auskunft - 2012 von einem Ehepaar ersteigert, sollte wohl ein Hotel entstehen - zumindest den Bildern des Artikels zufolge.

Schloß Gymnich

Über die Geschichte des Schlosses gibt eine Webseite des Erftkreises Auskunft. Auch hier vermitteln zahlreiche Bilder vom Inneren den Eindruck eines jederzeit nutzbaren historischen Gebäudes. Um so eigenartiger ist jedoch, dass die Klingelschilder eine Firma neben mehreren osteuropäisch klingenden Namen ausweisen.

Lithographie von Schloss Gymnich um 1860 aus der Sammlung Duncker

Lithographie von Schloss Gymnich um 1860 aus der Sammlung Duncker

Bei der Anfahrt zum Schloß Gymnich entdeckten wir ein Hinweisschild zum Landschaftspark Erftaue. Als Ersatz für unsere mißlungene Besichtigung fahren wir dorthin.

HERZLICH WILLKOMMEN ... im Landschaftspark Erftaue.
Entdecken Sie hier sowohl die Dynamik eines komplexen Wassersystems als auch die Besonderheiten des Naturraumes und die Geschichte der heimischen Schlösserund Mühlen.
Vom Naturparkzentrum Gymnicher Mühle ausgehend bieten Ihnen eine Fahrradroute und drei Rundwanderungen reizvolle „Wege in die Landschaft".
Alte Wege neu entdecken
33 KILOMETER ERFTAUE - DIE RADROUTE
Die Rundtour zeigt Ihnen die ganze Vielfalt des Land-schaftsparks: von Wiesen, Weiden und Auenwäldern bis zu den Schlössern Türnich und Gymnich und zum geplanten Renaturierungsabschnitt der ., Neuen Erft".
Probieren Sie es einfach einmal aus und „erfahren" Sie den Landschaftspark Erftaue.
DEN LANDSCHAFTSPARK ERWANDERN
Wer lieberzu Fuß unterwegs ist, kann sich auf drei Wanderrouten den Besonderheiten der Landschaft annähern. Die Touren sind zwischen U und 9,5 Kilometer lang und haben unterschiedliche thematische Schwerpunkte. Ob „Neue Erft & altes Gemäuer" (Tour 1), „Auenwald & Aquädukt" (Tour 2) oder „Wasserschloss & Flutkanal" (Tour 3) - es ist fürjeden etwas dabei, sei es für die Familie mit Kindern oder den natur- und kulturlandschaftsinteressierten Freizeitwanderer.
Ausgangspunkt aller Touren: die Gymnicher Mühle
(Infotafel)

Gymnicher Mühle

Die Gymnicher Mühle wird 1315 erstmals urkundlich erwähnt, sie ist aber wahrscheinlich noch wesentlich älter. Die Herren von Gymnich erhielten sie aus der Hand des Abtes von Siegburg als Lehen. Sie war die Bannmühle ihrer Herrschaft, da das alleinige Wasserrecht ihren Herren zustand. Einen Mahlzwang besaß sie aber nicht, die Untertanen konnten auch auf auswärtigen Mühlen mahlen. Die Gymnicher Mühle wurde im Laufe ihrer Geschichte als Getreide- und Ölmühle betrieben. 1563 verlegte man sie an ihren jetzigen Standort. Die Mühle liegt direkt am Hauptlauf der Erft und besaß ursprünglich zwei unterschlächtige Wasserräder. Das aktuelle Rad wurde in den 1920er Jahren installiert. Es war bis 1939 von einem Schutzbau (Radhaus) umgeben. Das kombinierte Wohn- und Mühlenhaus (Erdgeschoss Mitte 18. Jahrhundert, Obergeschoss und Dach 1885 neu aufgebaut) steht heute mit den zugehörigen Wasserbauten unter Denkmalschutz. Die gesamte technische Einrichtung wurde schon 1948 aus der Mühle entfernt. (Infotafel)

In Coronazeiten ist der Wasserpark nur mit Mundschutz zu betreten und dient wohl überwiegend dem Wassererlebnis für Kinder. Die beiden angeschlossenen kleinen Museen sind nur am Wochenende unter Voranmeldung zu besichtigen.
Aber ein kleines Areal privater Gärten kann betreten werden.

großblütiger Ziest - stachys graniflora

großblütiger Ziest - stachys graniflora

Aus der Infotafel entnehmen wir, dass man wohl von der Mühle bis zum Schloß Türnich laufen kann. Das wollen wir dann angehen, gelangen aber aufgrund einer Fehlinterpretation der topografischen Karte an die Höhenlinie einer Kiesgrube, die keine Verbindung zu einem Weg nach Türnich findet. Daher wandern wir durch die Kiesgrube zurück. -

Kiesgrube an der Gymnicher Mühle

Neben der intensiven Ackernutzung und den riesigen Bräunkohletagebauen gibt es im Rhein-Erft-Kreis auch eine Vielzahl stillgelegter oder noch im Betrieb befindlicher Kiesgruben. Sie sind einerseits „Wunden" in der Landschaft, andererseits aber oft auch Refugien für seltene Tier- und Pflanzenarten, d'ie ansonsten keine Lebensräume mehr hätten. So finden beispielsweise die farbenprächtige Zauneidechse oder gefährdete Froschlurche wie Kreuz- und Wechselkröte hier alles, was sie zum Leben brauchen. Für sie ersetzen Kiesgruben als Lebensräume aus Menschenhand jene natürlichen Habitate, die es früher zum Beispiel in ungestörten Flussauen gab. (Infotafel)
Wir haben einige Rehe gesehen! - Da uns die sommerliche Hitze bereits erreicht hat, beschließen wir, den alternativen Weg nach Türnich nicht zu nehmen und lieber mit dem Auto zurückzulegen.

Schloss Türnich

Schloß Türnich an der Erft, am Rande des Braunkohlenabbaugebietes im Kreise Bergheim, gehört zu den wichtigsten profanen Baudenkmalen des Rheinlandes überhaupt. Die von einem doppelten Weihersystem eingeschlossene Rokoko Anlage, die von einem prächtigen Park umgeben wird, ist in der 2. Hälfte des 18.Jahrhunderts von einem unbekannten Baumeister errichtet worden, der, dies kann mit Sicherheit gesagt werden, in enger Verbindung zu den kurkölnischen Hofarchitekten gestanden haben muß oder sogar unter ihnen zu suchen ist. Vielleicht war es der in Brühl tätige und ansässige Michael Leveilly, der die Bauplanung lieferte sicher jedenfalls ist das stattliche Hauptschloß in Anlehnung an die besten Schöpfungen des Frangois Cuvilliés entstanden.
Türnich war bis 1591 im Besitz der Herren von Haes und kam dann an Katharina von Palant, die ihrerseits die Herrschaft ihrem Gatten Christoph von Rolshausen 1616) mit in die Ehe brachte. Die Söhne des Paares, Otto Reinhard und Marsifius von Rolshausen, erscheinen bereits 1628 in der Liste der jülich bergischen Ritterschaft. (88) Bis 1850 blieb Türnich bei der Familie von Rolshausen; dann wurde es an den Grafen Karl von und zu Hoensbroech verkauft, dessen Nachkommen den Besitz bis heute bewahrt haben.
Die schöne Ansicht des Schlosses bei Duncker gibt das Charakteristische wieder: Trotz der Wasserumwehrung ist nicht die Tradition der rheinisch westfälischen Wasserburgen, sondern die der französischen „Maison de plaisance“, der kleinen „Schloß Residenz“, maßgebend für das Gesicht der ganz regelmäßigen, allein durch die Schönheit ihrer Proportionen wirkenden Anlage.

An die Nordostecke des Herrenhauses schließt sich in Ostrichtung eine einschiffige Kapelle von 1895 mit runder Apsis an.

Der kleine private Barockgarten sucht im Rheinland seinesgleichen. Der öffentlich zugängliche Schlosspark enthält eine Vielzahl verschiedener, teils exotischer Bäume und Sträucher. Prunkstück ist eine prachtvolle Lindenallee.

wieso Platanen so gekappt werden ist mir ein Rätsel

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Schloss Nörvenich

Um 1400 erbaute der Amtmann Wilhelm von Vlatten den wehrhaften Palas der wasserumwehrten Gymnicher Burg am Ortsrand von Nörvenich. Durch verschiedene An- und Umbauten sowie Turm- und Gebäudeabriss im Bereich der Vorburg am Anfang des 20. Jahrhunderts erhielt das Bauwerk sein heutiges Aussehen.
Im 19. Jahrhundert fiel das Anwesen den Grafen Wolff-Metternich in Gymnich zu. Sie nannten den neuen Besitz „Gymnicher Burg“, um ihn von ihrem Stammschloss im nahe gelegenen Ort Gymnich besser zu unterscheiden.
Das Anwesen befindet sich seit 1980 im Besitz der Kunstverleger-Familie Bodenstein und fungiert seit 1985 auch als Europäisches Kunstmuseum.

Wikipedia

Harff'sche Burg Nörvenich

Harff'sche Burg in Nörvenich
Der In den Jahren 1366 bis 1394 auf der Gymmscher Burg (heule Schloß Nörvenich) residierende Nörvenicher A,mtsmann Werner von Vlatten-Merode teilte seinen reichen Besitz unter seine beiden Söhne Wilhelm und Werner.
Der ältere Sohn Wilhelm erhielt den größeren Besitz, die Gymnischer Burg. Der jüngere Sohn Werner, der von seinem Vater kein Burghaus erhielt, vergrößerte seinen Besitz, indem er im Jahre 1400 einen mit Wassergraben umgebenen Adelssitz im Neffeltal von Nörvenich von dem Knappen Werner von Tharr, genannt
Zinselmahr kaufte.
Durch Eheschließung seiner Tochter Adelheim mit Gerhard von Eynenburg kam der Besitz um 1440 in die Familie von Eynenburg.
Margaretha, eine spätere Tochter der Familie von Eynenberg, heiratet einen Angehörigen des alten Nörvernicher Adelsgeschlechtes von Plettenberg. Deren Tochter Irmgard schloß im Jahre 1546 die Ehe mit dem Freiherm Johann von Harff zu Geilenkirchen. Somit kommt das Gut in den Besitz der Familie von Harff.
Im Jahre 1565 ließen die beiden das damals noch stehende alte Burghaus des Knappen Werner von Thorr aus dem Jahre 1400 niederlegen und an diese Stelle die Harff'sche Burg erbauen.
Der zweigeschossige, rechteckige, etwa 22 x 11 m große Ziegelsteinbau ruht auf einem recht hohen Kellergewölbe Das Satteldach stand zwischen einem südlichen und westlichen Staffelgiebel. An der Nordseite befanden sich im Dachgeschoß zwei Staffelgiebel, die sich über die gesamte ca. 17 m lange Traufseite erstreckten. Einem mächtigen Rundturm an der Ostecke steht ein schlanker Treppenturm an der Südseite gegenüber. Die Nordwand hat fünf, die Südwand drei Achsen. Am Westgiebel steht vor dem Untergeschoss ein Renaissance-Prachterker, dessen Brüstungsfüllungen zwischen ornamentierten Lisenen die Wappen von Johann von Harff und Irmgard von Plettenberg zeigen. Die seitlichen Füllungen tragen die Büsten einer Dame und eines Herren, wohl Abbildungen der Erbauer. Neben Wappen, Lisenen, Bürsten und Muschelgiebeln sind besonders die Klötzchenfriese am Arber als ausgereifte Steinmetz- bzw. Bildhauerarbeiten hervorzuheben. Neben der mittig stehenden Jahreszahl 1565 sind in den seitlichen Füllungen die Wappen von Irmgard von Plettenberg und Johann von Harff dargestellt. Innen war das Haus durch eine Zwischenwand in den beiden Geschossen in je einen kleinen westlichen und einen größeren südöstlichen Raum unterteilt Im Ostturm waren in zwei Geschossen Zimmer mit einer fast quadratischen Grundfläche von etwa 5,50 x 5 m eingerichtet. Alle Zimmer und Säle hatten Kamine. Im Untergeschoss ist die Lage der Küche noch an einem Brunnen und einem Backofen in der Nordwand feststellbar. Links neben dem Treppenturm lassen ein Kamin in der Außenwand und darüber Balkenlöcher für eine Geschossdecke den Schluß zu, dass hier ein kleiner Südflügel gestanden hat. Ein Mauerrest, auf der Lithographie bei Dunker noch sehr deutlich erkennbar, bestätigt diese Annahme.

Lithografie der Harff'schen Burg aus Sammlung Duncker

Lithografie der Harff'schen Burg aus Sammlung Duncker

Im 19. Jh. erwarb Maximilian Graf Wolff Metternich die Burg mit den dazugehörigen Hofanlagen. Wiederum durch Heirat gelangt sie dann an die Vicomtes de Maistre zu Gymnich, die sie im Jahre 1932 an nichtadligen Besitzer verkaufte.
Mit dem Auszug der letzten Bewohner im Jahre 1880 begann der Verfall mit starken Mauerausbrücben am Treppenturm. 1904 stürzten große Teile des Daches ein, 1909 fielen die Staffelgiebel, 1933 waren alle Dach- und Giebelteile verschwunden.
I935 wurde eine vom Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Heimatschutz finanzierte und von Th. Wildemann betreute Restaurierung des Erkers vorgenommen. 1938 wurden Renovierung«- und Sicherungs-Maßnahmen am Mauerwerk und am Treppenturm eingeleitet, die wegen des Westwallbaues nicht zu dem geplanten Abschluss gebracht werden konnten.[/k]
(Infotafel am Eingang des Hofgeländes)

Die Ruine steht auf dem Privatgelände  eines großen Hofes und ist offiziell wegen Einsturzgefahr nicht zu besichtigen.

Die Ruine steht auf dem Privatgelände eines großen Hofes und ist offiziell wegen Einsturzgefahr nicht zu besichtigen.

gepflegte Hofanlage

gepflegte Hofanlage

Für den Rückweg zum Schloss Nörvenich können wir lt. topografischer Karte einen anderen Weg nehmen, der uns zudem noch einen Blick auf die Harff'sche Burg aus anderer Perspektive gestattet und zudem durch schattige Waldabschnitte neben einer militärischen Anlage parallel zum Nettelbach führt.

Nettelbachtal

Nettelbachtal

zerbrochene Kate in Irresheim

Burg Binsfeld

Die Burg Binsfeld ist eine Wasserburg bei Binsfeld, Gemeinde Nörvenich. Sie ist im Stil der Frührenaissance erbaut und zählt mit den der Nordwand vorgelagerten Loggien zu den bedeutendsten Profanbauten des Rheinlandes.
Wikipedia

Dem Herrenhaus sind auf der Hofseite in beiden Geschossen Loggien mit je sechs Arkaden vorgelagert. Um 1960 wurden die Loggien umfangreich durch den Landeskonservator Rheinland saniert.

Dem Herrenhaus sind auf der Hofseite in beiden Geschossen Loggien mit je sechs Arkaden vorgelagert. Um 1960 wurden die Loggien umfangreich durch den Landeskonservator Rheinland saniert.

Nach einem Verkauf im Jahre 1990 wurde die Burg komplett umgebaut und das Herrenhaus mit einem mehrgeschossigen modernen Anbau versehen, der der Gesamtanlage viel von ihrem historischen Reiz genommen hat. Seit dem 1. Dezember 1993 befindet sich in der Burg Binsfeld eine Seniorenresidenz.

ferei Sicht auf den Treppengibel kann man nirgendwo erhalten.

ferei Sicht auf den Treppengibel kann man nirgendwo erhalten.

© Herbert S., 2020
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Nachdem die ersten Lockerungen nach dem Shutdown eingetreten sind, können wir uns auch auf etwas weitere Touren einlassen - unbelebte Städte verlieren doch weitgehend ihren Charme - aber auch Natur und Denkmäler sind unsere Ziele. Wir hoffen zudem auch auf baldige Öffnung der Grenzen zu den Niederlanden und Belgien
Details:
Aufbruch: Mai 2020
Dauer: 6 Monate
Heimkehr: November 2020
Reiseziele: Deutschland
Belgien
Niederlande
Der Autor
 
Herbert S. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Herbert sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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