Radreise in Zeiten von Corona

Reisezeit: August 2020  |  von Klaus Lüttgen

7. Tag Zielow - Appelburg - Plauer See 86 km

Wie man sich bettet so liegt man. Gestern Abend habe ich mein Schlafgemach vorsorglich mit abgemähtem Gras ausstaffiert...

Wie man sich bettet so liegt man. Gestern Abend habe ich mein Schlafgemach vorsorglich mit abgemähtem Gras ausstaffiert...

Kirche bei Ludorf

Kirche bei Ludorf

Auf meinem Weg nach Roebel komme ich an der Urbuche vorbei

Auf meinem Weg nach Roebel komme ich an der Urbuche vorbei

Urbuche

Urbuche

Urbuche, bei Roebel

Urbuche, bei Roebel

Blick auf den kleinen Yachthafen von Roebel

Blick auf den kleinen Yachthafen von Roebel

Kleiner Schaden - große Wirkung. Was gestern noch ein kleiner Riss...Na jedenfalls muss ich mir heute erst einmal Nadel und Faden besorgen

Kleiner Schaden - große Wirkung. Was gestern noch ein kleiner Riss...Na jedenfalls muss ich mir heute erst einmal Nadel und Faden besorgen

Na geht doch - eine neue Hose hätte mich viel Geld gekostet!

Na geht doch - eine neue Hose hätte mich viel Geld gekostet!

Eine leider sehr teure Näh Aktion - Nachdem meine Hose geflickt war, habe ich mein Statv an der Bank stehen lassen. Als ich zurück kam war es leider weg...

Eine leider sehr teure Näh Aktion - Nachdem meine Hose geflickt war, habe ich mein Statv an der Bank stehen lassen. Als ich zurück kam war es leider weg...

DDR Museum in Malchow

DDR Museum in Malchow

DDR Museum in Malchow

DDR Museum in Malchow

Lenz am Plauer See

Lenz am Plauer See

7. Tag Zielow - Appelburg - Plauer See 86 km

Es ist kurz nach sechs. Die Sonne lacht mir ins Gesicht. Nur ein paar hundert Meter entfernt von meinem Schlafplatz steht eine Überdachte Bank mit Tisch. Hier werde ich mir erst einmal einen doppelten kalten Kaffee und eine große Portion Müsli machen. Ich breite die Karte vor mir aus und beratschlage wo ich heute lang fahre. Gestern früh war mir aufgefallen, dass das linke Hosenbein meiner Rad Hose eingerissen ist. In Röbel muss ich unbedingt Abhilfe schaffen und Nadel und Faden besorgen - der Riss zieht sich schon runter bis zum Saum, wenn ich noch länger warte, dann ist wohl nix mehr zu machen und ich müsste mir dann, wohl oder übel, eine neue Hose kaufen.
Hinter Ludorf befahre ich einen Feldweg, der an der "Urbuche" vorbeiführt. Auch hier steige ich natürlich ab. Ich finde hier keinerlei Hinweis auf das Alter des Baumes - doch bei diesen Ausmaßen, gehe ich davon aus, dass die riesige Buche mindestens Einhundert Jahren alt sein wird. Röbel erreiche ich über das gegenüberliegende Ufer. Von dort mache ich erste Bilder vom beschaulichen Hafen. In der schönen Altstadt gefällt mir ganz besonders die gotische Nicolaikirche aus dem Jahr 1519 und auch die schön restaurierten Fachwerkbauten in der Innenstadt haben ihren Reiz. Für nur einen Euro - die Nadel habe ich sozusagen geschenkt bekommen, besorge ich mir stabiles Nähgarn im Hauswarengeschäft auf der Hauptstraße. Dann kaufe ich frisches Brot beim Bäcker, ein paar Tomaten, sowie Käse und Salami im Supermarkt. Frisches Wasser tanke ich erneut auf dem Friedhof - dann geht's weiter.

Ein paar Kilometer weiter, bei Gotthun finde ich eine schattige Bank am Radweg, wo ich ungestört meine Hose reparieren werde. Und mein Versuch, klappt besser als ich gedacht habe. Mit ein wenig Geschick beim Nähen, lasst sich der dreißig Zentimeter lange Riss problemlos Schließen. Super - zunächst kann ich mir die Investition in eine neue Rad Hose sparen. Doch dann passiert mir ein schlimmes Unglück. Ich fahre weiter und bemerke erst als ich schon wieder mehr als sechs Kilometer gefahren bin, das mir etwas fehlt. Mein Stativ ist weg - ich habe es an der Bank stehen lassen. Wie von der Tarantel gebissen, drehe ich umgehend bei und rase im wahrsten Sinne des Wortes, wie ein Wahnsinniger zurück in Richtung Gotthun. Als ich an der Bank anhalte ist mein Stativ nicht mehr da. Mit hochrotem Kopf sitze ich wieder im Sattel, bemerke jedoch nach ein paar hundert Metern, dass es wohl keinen Zweck mehr hat dem vermeintlichen "Mitnehmer" hinterher zu fahren. Die radfahrer und Fußgänger, die mir während meiner Aktion entgegenkamen, konnten das Stativ eher nicht genommen haben. Das hätte sich bei der Größe sehr schlecht verbergen lassen. Der jenige, der mein Stativ mitgenommen hat, soll es bitte beim Fundbüro wieder abgeben - so mein Wunsch...

Scheiße - das hat gesessen! Der Verlust meines Stativs wird mich ab jetzt noch längere Zeit beschäftigen, muss ich doch nun jede Aufnahme improvisieren - das wird kein leichtes Unterfangen! All mein Fluchen hilft nicht's. Eine Zeit noch warte ich auf der Bank, ob nicht doch jemand mein Stativ zurück...Wie gelähmt, nehme ich unwillig Fahrt auf und rolle wie betäubt weiter...
Ab Sietow, halte ich Landeinwärts, entferne mich von der Müritz und fahre über Lexow und Kisserow nach Malchow. Auf eine Stadtbesichtigung habe ich heute keinen Bock mehr - obwohl mich das imposante Kloster dort oben auf dem Hügel, dem Wahrzeichen Malchow's doch schon sehr interessiert, halte ich es hier in der von Menschenmassen und Autos durchströmten Stadt, bei der Bullenhitze, keine Minute länger aus. Auf dem Friedhof fülle ich nochmals meinen Wasser Beutel und erfahre von einem älteren Herrn, den richtigen Weg aus der Stadt in Richtung Plau. Doch zunächst geht nur ein paar Kilometer weiter zur Badestelle nach Lenz denn ich brauche dringend eine Abkühlung. Erfrischt geht es weiter durch den Wald nach Zislow und Suckow. Dort erneut Konfusion, denn ich soll laut Umleitung einen riesigen Bogen machen um schließlich nach Stuer zu kommen. Doch zum Glück frage ich ein paar Einheimische, die mir empfehlen, die erst kürzlich erbaute nigelnagelneue Umgehungsstraße zu nutzen - "Die ist noch nicht offiziell eröffnet, doch hier kümmert das niemanden" sagte man mir. "Du schiebst dein Fahrrad zuerst über ein Stück Baustelle und gelangst dann auf die neue Strecke die dich ohne Umweg nach Stuer bringt..." gesagt, getan. Die Straße ist wirklich super zu fahren. Ich rolle am Bärenland Müritz Freizeitpark vorbei und dann runter nach Bad Stuer. Hier führt die Beschilderung dann erneut in die Irre!

Also frage ich ein paar Leute die sich auskennen. Die Leute bestätigen die undurchsichtige Weg Führung. "du bist längst nicht der Einzige, der sich hier verfährt" Nun erfahre ich wo's lang geht - wird auch Zeit, denn es ist mittlerweile dunkel geworden. Und als ich zurück im Wald über den verwurzelten Pfad holpere, ist es komplett düster um mich herum. Meine einfache Fahrradbeleuchtung reicht hier nicht mehr, also ziehe ich die Kopf Lampe über und taste mich vorsichtig, Meter für Meter, durch den Busch. Einige Male steige ich ab, bis der Pfad nach gut sechs Kilometern an der Klinik Silbermühle wieder zum normalen Radweg wird. So, das war wäre hoffentlich geschafft. Am "Millionenhügel" von Plau halte ich meinen Zug an einer schönen Parkbank direkt unter einer Laterne. Ich habe Kohldampf bis unter die Arme und der Platz hier, ist für einen Imbiss geradezu ideal. Während ich mir ein Salami - Tomatenbrot nach dem anderen reinschiebe, überlege ich, na was denn - richtig, wohin die Reise in die Träume für diese Nacht wohl hingeht?! Ich hole die Reinigungstücher aus meinem Kofferraum. Die Dinger kann ich aus Umweltgründen nicht wirklich empfehlen, - doch für den, der nun kaum noch eine Möglichkeit hat, sich einigermaßen zu reinigen, akzeptiere ich das Zeug ausnahmsweise mal für ein paar Tage. Gestärkt schiebe ich meinen Zug weiter an schmucken Häusern vorbei, die Chaussee entlang, durch den Park. Klar habe ich den gleichen Gedanken wie ihr jetzt - nur, ich bin mir nicht sicher, ob der Park nacht's kontrolliert wird...ich laufe noch ein Stück und gelange über einen Spielplatz unmittelbar am Ufer des Plauer See, zu einem Campingplatz. Es ist bereits halb Zwölf. Nur ein paar Zelte stehen dort auf der Wiese und es ist bis auf leises Gemurmel, still auf dem Platz. Jetzt nicht mehr lange fackeln, höre ich meine innere Stimme. So leise wie möglich, schleiche ich mich über die Wiese und baue im Sicht Schutz, zweier Tischtennisplatten mein Innenzelt auf und schlüpfe ebenso leise in meinen Schlafsack. Gut's Nächtle!

© Klaus Lüttgen, 2020
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Corona hat vieles bereits verändert - so auch das unterwegs sein. Ich habe versucht, mit möglichst wenig Berührungen, trotzdem auf Tuchfühlung mit den Menschen zu gehen und bin mit nur begrenzten finanziellen Mitteln, hauptsächlich durch die ehemaligen Ostgebiete gefahren. In Bleckede, etwa 75 Elbe-Kilometer von Hamburg entfernt, war Start und Zielpunkt meiner 1374 km langen Rad-Reise
Details:
Aufbruch: 02.08.2020
Dauer: 17 Tage
Heimkehr: 18.08.2020
Reiseziele: Deutschland
Der Autor
 
Klaus Lüttgen berichtet seit 4 Jahren auf umdiewelt.
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