Im Steinernen Meer unterwegs

Reisezeit: Juli 2009  |  von Beate Piehler

2. Tag: Monatg den 27.07.2009

Um 6.45 Uhr erheben wir uns endlich von unseren Lagern. So richtig Lust hat wohl keiner. Jürgen und ich sind diese Etappe schon mal gelaufen und wissen, was uns erwartet. Es soll warm werden. Ein Blick aus dem Fenster verrät, dass sie im Tal schon scheint. Hier oben stört das Persailhorn, darum liegt die Hütte noch im Schatten. Das Thermometer zeigt 13°C, leichte Schleierwolken sind am Himmel.

Nach dem Frühstück, dass mir in Hütten nie so gut gefällt, weil das dunkle Brot meist altbacken ist, ziehen wir frohgelaunt um kurz nach acht Uhr los. Unser Weg führt unter dem Persailhorn (2350m) und dessen Schatten entlang. Eigentlich war geplant, darüber zu klettern, weiter über das anschließende Mitterhorn (2491m), Breithorn (2504m) und dann hinab zum Riemannhaus (2177m), hatten aber den Plan zu Hause schon verworfen, weil uns das zu viel Gepäck beschert hätte. Vor Jahren hatten wir mit unseren Kindern diese Tour am Persailhorn abgebrochen und wussten deshalb, dass hierfür das Klettersteigset, Helme und Seile angebracht waren. Jonathan hatten wir eins gekauft und trotzdem mitgenommen, um ihn an gefährlichen Stellen notfalls sichern zu können. Aber für uns noch alles mitzuschleppen, war uns dann doch zu viel gewesen. Immerhin sind die Rucksäcke für sechs Tage schwer genug.

Jonathan macht es Spaß auf diesem Weg, weil auch ein paar kritische Stellen dabei sind. Ich entdecke weiter unten am Berghang zwischen den Latschenkiefern eine Gämse, doch ehe Jonathan sie mit den Augen ausmachen kann, ist sie schon verschwunden. Schade!

Dann beginnt die Kletterei in der Flanke bergauf zur Weißbachscharte. Um 10.00 Uhr erreichen uns dort die ersten Sonnenstrahlen, aber da der Wind frisch vorm Berg herunter weht, ist es zu ertragen. Jonathan ist gut drauf, die Kletterei macht ihm Spaß, so dass eine Standpause von 5 Minuten zum Trinken ausreicht. Er fragt immer wieder mal, ob wir nun schon im Meer sind. Er kann sich unter dem Begriff "Steinernes Meer" nicht viel vorstellen.

Die Freude ist groß, als wir um 10.15 die Weißbachscharte (2150m) erreichen und Jonathan den ersten Blick auf die grandiosen Weiten des Steinernen Meeres werfen kann. Ich erkläre ihm die höchsten Berge, zeige ihm die, auf denen Oma und Opa bereits gewesen waren und studierten die Karte.

Erste Blicke ins Steinerne Meer

Erste Blicke ins Steinerne Meer

Die Pause haben wir uns verdient und kosten sie auch mit unserem Picknick eine Stunde lang aus. Die Sonne brennt noch nicht und da wir windgeschützt sitzen, lässt es sich gut aushalten.

Dann ziehen wir hinab ins Steinerne Meer, wandern bergauf, bergab und wieder bergauf auf dem Eichstätter Weg in Richtung Riemannhaus. Für unseren Enkel ist es eine neue Erfahrung, dass es keinen Pfad gibt, sondern nur an Felsen und Steinen gemalte rot-weiße Striche, die einem zeigen, wo man langgehen soll. Er darf an der Spitze gehen und uns den Weg zeigen. Als wir das erste Schneefeld erreichen, müssen die drei Männer erst Mal Schneebälle werfen. Kurz darauf erreichen wir ein, vor dem Wind geschütztes Schneefeld, dass uns für eine Pause geeignet scheint. Und jetzt ist wirklich Spaß pur angesagt und fast übertrieben. Die Männer laufen doch wirklich barfuss und nur mit Slip bekleidet über den Schnee, waschen sich damit, auch gegenseitig, pusten, kreischen und johlen wie verrückt und zielen auf jeden mit Schneebällen. Ich habe ganz schön zu kämpfen, dass sie mich mit dem kalten Nass verschonen. Wir gönnen Jonathan gern diese Pause, das Erlebnis und den Spaß, um ihm die Berglaune zu erhalten. Ich verteile noch einmal Sonnencreme und beende die Pause nach 45 Minuten.

Naja, so kann man den Urlaub auch genießen.

Naja, so kann man den Urlaub auch genießen.

Wir wandern noch über viele Schneefelder. Als wir um 14.00 Uhr das Riemannhaus erblicken, dass sich unter der steil aufragenden Wand des Sommersteines zu ducken scheint, ist die Freude groß. Wenn ich unsere Pausen abziehe, haben wir auch hier die angegebene Gehzeit eingehalten, also haben wir ein gutes Maß. Eigentlich erstaunlich, weil wir doch oft stehenbleiben, weil Jonathan an allen Ecken was anderes entdeckt und stehen bleibt, um es uns zu zeigen.

Im Riemannhaus sind reichlich Tagesgäste, die nach und nach das Haus wieder verlassen. Radler und Schorle, Suppe und Apfelstrudel sind der Lohn für unsere Wandermühe. Wir machen es uns auf der Terrasse bequem, ergattern Liegestühle und genießen so den Nachmittag an einem windgeschützten Plätzchen. Um drei können wir unsere Lager im zweiten Stock beziehen. Auch hier entscheiden wir uns für Lager, eben aus Kostengründen, weil wir zwei Tage hier bleiben werden. Das Lager kostet für uns pro Nacht als Alpenvereinsmitglieder 9,00€ und für Lutz als Nichtmitglied das Doppelte. So oder ähnlich sind die Preise in den meisten Berghütten. Sie variieren zwischen 7,00€ und 13,00€ für Mitglieder. Zimmer sind natürlich teurer. Unsere Lager befinden sich, wie gesagt im 2. Stock. Die Treppe hinauf ist recht steil. Genau am Treppenabsatz ist links eine Schiebetür, dahinter verbirgt sich Lager 3, das fünf Schlafplätze in einer Reihe auf dem Boden zur rechten Seite hat und eine einzelne Matratze an der gegenüberliegenden Wand, die Jürgen sofort in Beschlag nimmt. Wir hoffen, dass wir nicht noch zwei Leute dazu bekommen, denn dann wäre es ganz schön eng und ich hätte nur ein Kopfkissen.

Um 16.00 Uhr stellt Jürgen, der bereits die Nase voll hat vom Rumhängen, die Frage in den Raum, ob wir nicht noch auf den Sommerstein klettern wollen. Jonathan hat keine Lust und so darf er es sich weiterhin auf der Terrasse mit Sprite gut gehen lassen. Es ist eine 20minütiger Anstieg bis zum Gipfel.

Grandioser Blick auf die Bergwelt

Grandioser Blick auf die Bergwelt

Wir genießen die tolle Fernsicht und erklären zwei Frauen, die sich in der Nähe aufhalten, noch die Berge in der Ferne rund um Berchtesgaden. Gut auszumachen ist das markante Massiv des Watzmann, der seine breite Ostwand präsentiert, der Hohe Göll, das Hohe Brett, den Schneibstein, das Funtenseegebiet, das Grün der Gotzenalm, das Kehlsteinhaus auf dem Bergsattel, den Jenner. Hinab brauchen wir nur 15 Minuten und Jonathan freut sich, dass wir wieder da sind.

Wir bereiten unsere Lager. Wasch- und Duschraum sind getrennt und befinden sich im 1. Stock. Männlein und Weiblein benutzen sie gleichermaßen, was mich bei unserem ersten Aufenthalt in diesem Haus im Jahre 1997 schon sehr verwundert hatte. Man muss eben hartgesotten sein, wenn man in die Berge geht. Sie werden erst um 17.00 Uhr aufgeschlossen. Wir ziehen gemeinschaftlich in den Waschraum. Hui, kaltes Wasser erfrischt, aber kühlt auch angenehm die von der Sonne verwöhnte Haut. Die anschließende Eincremaktion gestaltet sich in unserem Lager, angesichts der enge, recht schwierig. So sauber und adrett gehen wir zum gemütlichen Teil über und suchen uns ein Plätzchen auf der Terrasse, da die Sonne noch ohne Beeinträchtigung von Wolken vom Himmel lacht. Für den etwas auffrischenden Wind haben wir unsere Jacken dabei. Das Essen wird recht schnell serviert, da man hier auf viel Kundschaft eingestellt ist. Da das Bergsteigeressen wieder kein Nudelgericht ist, sondern Linseneintopf, entscheiden sich die Männer für Leberkäse mit Bratkartoffeln und ich für Schinken mit Ei und Bratkartoffeln. Zur Verdauung gibt's eine Schachpartie zwischen Jonathan und Lutz. Genau um 21.09 Uhr verschwindet die Sonne rechts vom Breithorn. Danach wird's empfindlich kühl. Als Jonathan keinen Bock mehr auf Schach hat, üben sie noch Bierdeckelschnippen von der Tischkante. Als dann gar nichts mehr geht, spielen sie Schwarzer Peter mit Bierdeckeln. Nach müde kommt blöd!

Wie auf Hütten üblich, ist recht zeitig Nachtruhe, oder besser gesagt, Hüttenruhe. So verschwinden wir um 20.45 Uhr in unser Lager 3, aber so richtig kommen die albernen Männer neben mir, Lutz und Jonathan an der Spitze, erst eine halbe Stunde später zur Ruhe. Unser kleines Fenster in der Dachgaube lässt sich leider nicht kippen. So müssen wir es ganz offen lassen.

Unser Nachtlager

Unser Nachtlager

© Beate Piehler, 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Eine Woche mit dem Rucksack durchs Steinerne Meer, diesmal bis zum Hochkönig. Der Wetterbericht verspricht Gutes, die Stimmung ist gut und wir sind fit! Allerdings darf man nie vergessen, dass Berge und Natur unberechenbar sind!
Details:
Aufbruch: 26.07.2009
Dauer: 6 Tage
Heimkehr: 31.07.2009
Reiseziele: Österreich
Der Autor
 
Beate Piehler berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.
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