ALM-AUSZEIT

Reisezeit: Juni - September 2013  |  von Jessica & Sven Winkler

Es wird Voll auf der Alm

5.30 Uhr. Heute können wir nochmal ausschlafen, ab morgen geht es eine Stunde früher los.
Es nieselt. Wir würden am liebsten, na ihr wisst schon. Ja genau. AUFSTEHEN !. Der Nebel hängt zwischen den Bergen, die Wiesen leuchten saftig grün und genau dass wissen die Kühe auch. Die sind nämlich heute noch alle unterwegs. So nach und nach versammelt sich die Bagage. Bei einigen langt pfeifen, andere wie "Zilli" brauchen eine Extraeinladung. D.h. erst mal die Wiese runter steigen, weil die Kuh kann ja nicht an einem einigermaßen ebenen Fleck stehen, sondern am Steilhang. Von dort versuch ich diesmal erfolgreicher die Randgruppen hochzutreiben. Oben angekommen bin ich hellwach. Die anderen Freundinnen haben die Morgenrunde schon geschafft und haben es sich gemütlich gemacht. Die Melkerei klappt ganz gut ist aber gar nicht so einfach. Bevor die Melkmaschine angehängt wird, müssen die Euter desinfiziert werden. Danach hängt man die Maschine dran, die dann Vakuum zieht.. Ist der an der Maschine befestigte Knopf in einer bestimmten Position wird das Vakuum durch Anheben des Knopfes gelöst und man muss nochmal ordentlich an der Maschine in alle Richtungen ziehen dass auch sicher alle Milch abgepumpt wird. Am besten funktioniert es mit Euter-Massage. Natürlich ist Kuh nicht gleich Kuh und so wartet, zieht, drückt oder massiert man bei der einen eine halbe Ewigkeit, wo sich die andere schon längst mit wichtigeren Dingen beschäftigt. Auch unter Kühen gibt es Zicken und so kann es passieren dass man trotz sorgfältig gebundenem Zopf mal ordentlich den Schweif ins Gesicht geschwungen bekommt wonach man erst mal sprachlos ist und über den Schmerz hinweg kommen muss oder wenn die Reaktion nicht schnell genug ist den Hufabdruck auf seinem Oberschenkel noch Tage später begutachten kann oder eine meint sie müsste ihr Geschäft genau in dem Moment verrichten wenn du neben ihr sitzt, was auch ganz nett ist. Ist man sich schließlich sicher dass keine Milch mehr im Euter ist löst man die Maschine, fettet die Euter nochmal ein damit sie auch schön geschmeidig bleiben, zützelt mit Daumen und Zeigefinger auch noch das letzte bisschen Milch heraus und rückt dann mit seinem Höckerchen an die Seite der schon sehnsüchtig wartenden Nachbarin.

Noch ein paar technische Infos... Mit der modernen Melkanlagen läuft die frische 24-27 Grad warme Milch über ein Rohrsystem, in der Sie auf 5,5 Grad abgekühlt wird, in ein Tank. Dort wartet sie dann auf den Milchmann. Hat man Lust auf Milch, zapft man sich einfach was aus dem Tank ab. So einfach ist das.

Halb12. - Es wird voll auf der Alm
"Zilli" & Co. Bekommen Gesellschaft. Herb hilf beim Abladen der 30 weiteren Wiederkäuer von denen einige eine 3 stündige Fahrt hinter sich haben. Die ersten Kommunikationsschwierigkeiten zwischen Ösislang und Wertheimerisch treten auf. Der Fahrer fragt Sven ob er der neue Alminger ist und Sven sagt "Ja, wir versuchen es" Er: Wooos ?? Sven: Ja, wir versuchen unser Bestes: Er wieder: Wooos ?? Sven: Schau mer moil! Er: aaaahhh !! Ja so kann es gehen! Ösisprache, schwere Sprache.

Die Kühe beziehen Ihr Zuhause für die nächsten Monate und machen sich auch gleich an die Arbeit. - Kaum abgeladen vom Hänger, schon am grasen. Ja, ich mein es auch, schafft ihr mal was, wir übernehmen dann die Reinigung.
Die Hütte ist Voll. 64 Kühe wollen gemolken werden und das 2x täglich. Die 38 Stammgäste von heute Mittag warten schon ganz aufgeregt. "Zilli" unser Sorgenkind liegt den ganzen Tag am Boden und kommt nur mit Müh und Not in aufrechte Position. Nach 2 Stunden ist die erste Runde geschafft. Jetzt werden die Zimmer für die Neuen Hübsch gemacht. d.h. einmal feucht durchwischen und weiter geht´s. Wenn Sie nur schon da wären. Die kaue(r)n nämlich noch ganz gemütlich auf ihrer schönen Weide vor sich hin und lassen sich feiern. Also auf geht´s zum Treiben. Das ist meistens mein Job. Ich mach mich auf den Weg und die Neuen zeigen sich zu meiner Freude gleich kommunikationsfreudig. Ich muss weder Singen noch Schreien, einmal mim Stock fuchteln reicht. Sehr Sympathisch.
3 von den 26 Neulingen sind zum 1.Mal auf der Alm und wollen partout nicht durch das Tor in die Melkhalle. Sven und Ich geben unser besten und versuchen die Wilden zu stoppen. Gott sei Dank gewinnen wir das Spiel weil 140kg gegen fast 2 Tonnen würde ganz schön scheiße ausgehen.
Es kann losgehen Hannes. Schmeiß die Maschinen an deinen Kinder sind bereit. Wir starten wie immer vorne rechts im Uhrzeigersinn. Bei den Neulingen gibt es 2 gehandikapte Mädels die statt aus 4 nur aus 3 Zitzen Milch geben und eine fällt mit ihren fast 1000 kg komplett aus dem Rahmen. Was ein Koloss. Ich hab ein bisschen Angst.
Um 19.30 Uhr läuten die FeierabendKuhglocken und wir sind verschwunden.

ZILLI

ZILLI

Die Neulinge

Die Neulinge

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Wie ist wohl das Almleben in Tirol auf 1600m mit 64 Milchkühen? Wir werden es erfahren und ihr auch.
Details:
Aufbruch: 12.06.2013
Dauer: 3 Monate
Heimkehr: September 2013
Reiseziele: Österreich
Der Autor
 
Jessica & Sven Winkler berichtet seit 13 Jahren auf umdiewelt.
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