Um fremde Welten zu sehen, muss man nicht ans Ende der Welt fahren

Reisezeit: April 2015  |  von Nicolas Krattiger

Mostar

In Mostar erlebt man Augenblicke, da wähnt man sich in einem Märchen von Tausendundeiner Nacht.

In Mostar erlebt man Augenblicke, da wähnt man sich in einem Märchen von Tausendundeiner Nacht.

Weiter ging es im Bus nach Mostar, der Bus, der mittlerweile zu unserem zu Hause geworden war, zum ruhenden Pol, zum ewigen Äther. Auch Mostar ist wie Sarajevo ein vor lauter Schönheit kaum zu beschreibender Ort. Die berühmte Brücke ist nur das Sahnehäubchen auf einer sich wunderbar in die bergige, von der Neretwa zerklüftete Landschaft einfügenden osmanischen Altstadt. Der spätabendliche Spaziergang mit drei Freunden durch das menschenleere Mostar und hinunter zum Flussufer gehört zu den bisherigen ästhetischen Höhepunkten in meinem Leben. Auch am nächsten Morgen brachen wir, diesmal zu zweit, noch vor Sonnenaufgang auf, um Mostar erwachen zu sehen. Und Mostar erwachte tatsächlich bald, und das rege Leben in der Altstadt verwandelte die Stadt komplett.

Mostar am frühen Morgen, noch bevor das rege Treiben in den Strassen der Altstadt losgeht.

Mostar am frühen Morgen, noch bevor das rege Treiben in den Strassen der Altstadt losgeht.

Ist Mostar eine geteilte Stadt?

In der Altstadt erinnerte fast nichts mehr an die Ereignisse vom Ende des letzten Jahrhunderts, als sich in Mostar die zuvor gemeinsam gegen die bosnischen Serben kämpfenden kroatischen und muslimischen Bosnier ihrerseits gegenseitig zu bekämpfen begannen. Ein Krieg im Krieg im Europa in Europa. Noch heute ist die Stadt in einen mehrheitlich muslimischen und einen überwiegend kroatischen Teil geteilt. Zwar habe sich die Lage sehr entspannt. Dass aber auch heute noch starke Rivalitäten, wenn nicht sogar Feindschaften bestehen, davon zeugen die beiden Fussballvereine der jeweiligen Stadtteile. Regelmässig komme es zu heftigen Ausschreitungen, so erzählt uns ein Mitschüler, der seine Maturaarbeit über die Frage geschrieben hatte, ob Mostar eine geteilte Stadt sei oder nicht. Ausserdem sei es vor nicht allzu langer Zeit zu Krawallen gekommen, als im Rahmen irgendeiner Welt- oder Europameisterschaftskampagne Kroatien gegen die Türkei gespielt hatte; die Bosniaken waren für die Türkei (ihre „Osmanen“), die bosnischen Kroaten für – wen sonst – Kroatien.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Achttägige Studienreise nach Kroatien und Bosnien-Herzegowina.
Details:
Aufbruch: 03.04.2015
Dauer: 9 Tage
Heimkehr: 11.04.2015
Reiseziele: Kroatien
Bosnien und Herzegowina
Der Autor
 
Nicolas Krattiger berichtet seit 11 Jahren auf umdiewelt.