Transsilvanien (Siebenbürgen) und Bukowina - Rumänien 2018

Reisezeit: Mai - Juli 2018  |  von Uschi Agboka

Hintergrundwissen: Samuel Freiherr von Brukenthal

Samuel Freiherr von Brukenthal

Informationen über Samuel Freiherr von Brukenthal

Samuel Freiherr von Brukenthal, auch Bruckenthal (* 26. Juli 1721 in Leschkirch, † 9. April 1803 in Hermannstadt) war Reichsfrei­herr und 1777 – 1787 Gouverneur von Siebenbürgen. Er war der einzige der Siebenbürger Sachsen, der dieses Amt bekleidete.

Brukenthal entstammt einer bürgerlichen Beamtenfamilie in Siebenbürgen. Sein Vater Micha­el Brekner (Bruckner), Königsrichter von Leschkirch, wurde 1724 von Kaiser Karl VI. als Landesherr der Habsburgermonarchie in den erblichen Adelsstand erhoben. Die Mutter, Su­sanna, entstammte der Adelsfamilie Conrad von Heydendorff aus Mediasch.

Samuel studierte von Mai 1743 bis Ende 1744 an der Universität Halle und danach in Leipzig (einige Biografen geben auch Jena an), wo er die Fächer Rechtswissenschaften, Verwaltung, politische Wissenschaften und Philosophie belegte, die ihm den Zeitgeist der Aufklärung nä­her brachten, deren Verfechter er zeitlebens bleiben sollte.

In jungen Jahren, während seiner Studienzeit, wandte sich Brukenthal der Freimaurerei zu. Bereits am 2. März 1743 soll er in die erste Wiener Loge „Zu den drei Kanonen“ („Aux trois canons“) aufgenommen worden sein. Am 8. Dezember 1743 wurde er Mitglied der Schottenloge „L’union“ in Berlin. Am 14. Dezember 1743 (Patent der Berliner Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln“ vom 6. Dezember 1743) gründete Brukenthal in Halle mit vier anderen Ju­rastudenten die Freimaurerloge „Zu den drei goldenen Schlüsseln“ („Aux trois clefs d’or“) und bekleidete das Amt des Meisters vom Stuhl sowie des „abgeordneten Meisters“ der Berli­ner Mutterloge. In dem betreffenden Matrikelverzeichnis wird sein Name in der Schreibweise „Bruckenthal“ angegeben. Im Deutschen Freimaurermuseum in Bayreuth befindet sich eine zu Ehren ihres Gründers geprägte Logenmedaille von 1744. Während seines Studienaufenthaltes in Leipzig affiliierte Brukenthal in die dortige Freimaurerloge „Minerva zu den drei Palmen“. Nach insgesamt kurzer Studienzeit kehrte Brukenthal ohne akademischen Titel zurück nach Siebenbürgen, wo er bald darauf Sophie Katharina, die Tochter des Hermannstädter Bürger­meisters Daniel von Klockner, heiratete.

Zunächst bekleidete Brukenthal relativ niedrige Ämter: 1745 Indizialsekretärsadjunkt des Pro­vinzial-Magistrats in Hermannstadt, 1749 Erster Judizialsekretär, 1751 Vizenotär, 1754 Gu­bernialsekretär, 1760 Titular-Gubernialrat.

1751 oder 1753 wurde er als Beauftragter der Sächsischen Nationsuniversität an den Hof von Maria Theresia, der Monarchin der Habsburgermonarchie, in Wien entsandt, wodurch sich eine langjährige, vertrauensvolle Zusammenarbeit mit ihr entwickelte. Brukenthal trat in den österreichischen Staatsdienst ein und wurde von Maria Theresia 1762 zum Provinzialkanzler von Siebenbürgen und von ihrem Ehemann, Kaiser Franz Stephan von Lothringen, zum Reichsfreiherrn ernannt, wurde 1765 mit dem Vorsitz der Siebenbürgischen Hofkanzlei in Wien und 1774 als „bevollmächtigter Commissär und Präses des siebenbürgischen Guberni­ums“ betraut und schließlich 1777 zum wirklichen Gouverneur von Siebenbürgen mit dem Sitz in Hermannstadt ernannt.

Während seiner Wiener Jahre hatte er sich verschiedene Sammlungen (Pinakothek, Kupfer­stichkabinett, Münzsammlung) und eine wertvolle Bibliothek aufgebaut, die er nach Her­mannstadt mitnahm. Dort ließ er sich an einem repräsentativen Platz, dem Großen Ring, das bis heute bestehende Brukenthal Palais errichten, das auch seine Sammlungen aufnahm. Sei­nem Testament entsprechend wurden Palais und Sammlungen nach seinem bzw. seiner Erben Tod unter dem Namen Brukenthal'sches Museum der Nationsuniversität Siebenbürgens über­geben.

Mitte des 18. Jahrhunderts wurde in Freck (dem heutigen Avrig) mit dem Bau eines Schlosses begonnen, das später als Brukenthal‘sche Sommerresidenz Bekanntheit erlangte. Der Park die­ses Schlosses gilt als der einzige bis heute erhaltene bzw. rekonstruierte Barockgarten auf dem Staatsgebiet des heutigen Rumänien.

Die Brukenthal’sche Sommerresidenz (rumänisch Palatul de vară Brukenthal) ist eine spätbarocke Schlossanlage in Siebenbürgen im heutigen Rumänien. Sie wurde zwischen 1757 und 1770 im Auftrag von Samuel von Brukenthal, dem späteren Gubernator von Siebenbürgen, in Freck (rum.: Avrig) errichtet und orientiert sich architektonisch an barocken österreichischen Vorbildern. Das Schloss mit seinen Gärten ist die einzige erhaltene barocke Anlage dieser Art in ganz Rumänien, ist jedoch heute in einem stark renovierungsbedürftigen Zustand.

Samuel von Brukenthal entstammte einer siebenbürgisch-sächsischen Beamtenfamilie aus Leschkirch; sein Vater wurde 1724 in den Adelsstand erhoben. In der Regierungszeit Maria Theresias (1740–1780) machte er Karriere im österreichischen Staatsdienst und wurde vermögend; Maria Theresias Ehemann, Kaiser Franz I., erhob ihn 1762 zum Reichsfreiherrn. Er entschloss sich, außerhalb von Hermannstadt eine Sommerresidenz zu errichten, mit dazugehörigen, dem Geschmack der Zeit entsprechenden Barockgärten. Da er bereits Ländereien in der Alt-Ebene besaß, fiel die Wahl des Standortes auf Freck, eine damals kleine sächsische Ortschaft direkt am Alt-Fluss.

Im Jahr 1757 kaufte er dort 1,5 Hofstellen sowie angrenzende Gärten. 1760 begannen die Bauarbeiten an einem ebenerdigen Wohnhaus mit Wirtschaftsgebäuden. 1761 schloss Brukenthal mit dem damaligen Gubernator von Siebenbürgen, Nikolaus Adolph Freiherr von Buccow, einen Pachtvertrag, der die Nutzung der Anlage und deren weiteren Ausbau Buccow übertrug. (Brukenthals Dienstort war zu dieser Zeit Wien.) Dieser begann nun, das Wohnhaus in ein barockes Schlösschen mit flankierenden Wirtschaftsgebäuden ausbauen zu lassen. Er erwarb weitere angrenzende Grundstücke und ließ diese terrassieren, um einen italienischen und einen französischen Ziergarten sowie einen Fasanengarten anzulegen.

Im Jahr 1764 starb der Freiherr von Buccow, ohne ein Testament zu hinterlassen. Darauf folgte ein mehrjähriger gerichtlicher Streit um das Erbe. Das Schloss und die Gärten waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht fertiggestellt. Im Jahr 1768 konnte Samuel von Brukenthal, mittlerweile Vorstand der Siebenbürgischen Hofkanzlei in Wien, das Anwesen komplett für sich erwerben, und die zwischenzeitlich eingestellten Bauarbeiten wurden wieder aufgenommen. Architektonische Vorbilder waren dabei die barocken Schlösser mit ihren Gartenanlagen, die Brukenthal in Wien kennengelernt hatte: Maria Theresias Schloss Schönbrunn, das von Prinz Eugen von Savoyen hinterlassene Schloss Belvedere sowie besonders das Schloss Laxenburg südlich von Wien.

An die bereits seit 1765 bestehende Orangerie wurden Treibhäuser angebaut. 1770 konnten die Arbeiten am Schloss abgeschlossen werden. Im selben Jahr wurde zusätzlich zum italienischen und französischen Garten ein holländischer Garten mit exotischen Pflanzen angelegt, und 1775 wurde die Anlage um einen englischen Landschaftsgarten inklusive eines künstlichen Teiches erweitert. Zusätzlich wurden in den Gärten Staffagen errichtet wie kleine Wasserfälle und eine künstliche Ruine, sowie eine Eremitage und eine Gloriette. Dazu ließ Brukenthal eigens einen Gärtner aus Wien kommen. Die Anlage wurde zu einem Anziehungspunkt der naturwissenschaftlich interessierten Gelehrten Siebenbürgens wie des österreichischen Botanikers Joseph Raditschnigg von Lerchenfeld, des Kronstädters Peter Sigerus und des Lausitzers Johann Christian Gottlob Baumgarten.

Im holländischen Garten wurden zahlreiche exotische Bäume gepflanzt, die Brukenthal in Siebenbürgen akklimatisieren wollte, wie Mandelbäume, Muskatbäume, japanische Ziersträucher, Nordamerikanischer Ahorn und Tulpenbäume. In den Gewächshäusern wurden Versuche mit dem Anbau von Ananas, Kaffee, Zuckerrohr und Dattelpalmen gemacht. In der Orangerie wurden an die tausend Limonen- und Orangenbäumchen gepflanzt. Der strikt abgetrennte französische Garten im Westen der Anlage war hingegen von strenger Symmetrie geprägt, mit geraden Alleen, Bosketten, Blumenrabatten, Springbrunnen und der repräsentativen Stiege zum Hauptgebäude.

Daneben gab es jedoch auch noch zwei Nutzgärten, die sogenannten „Nebenkuchelgärten“, in denen Obst und Gemüse für den eigenen Bedarf gezogen wurde. Dort wurden auch die ersten Anbauversuche mit Kartoffeln gemacht, um eine ertragreiche Frucht gegen die immer wiederkehrenden Hungersnöte in Siebenbürgen zu finden.

Neben den herrschaftlichen Gebäuden gab es auf dem Areal zwei landwirtschaftliche Wirtschaftshöfe, aus deren Ertrag die Anlage erhalten werden sollte. Dort wurden Pferde zum Export nach Österreich gezüchtet sowie legendäre Zuchtversuche mit weißen Büffeln gemacht.

Im Schloss selbst wurden Wohn- und Gästezimmer eingerichtet sowie eine Galerie für die umfangreiche Gemäldesammlung des Barons. Diese umfasste 212 Bilder und 129 Kupferstiche. Insgesamt war die gesamte Anlage ein Abbild der umfassenden Sammelleidenschaft Brukenthals. Sein Sekretär Johann Theodor Hermann bezeichnete die Anlage als ein siebenbürgisches Eden, da dort das Beste und Vollkommenste was man an Blumen, Früchten, Kuchelwerk in Europa aufbringen kann versammelt sei.

Samuel von Brukenthal starb 1803 kinderlos. In seinem Testament hatte er bestimmt, dass das Schloss und die Gärten erhalten und das kulturelle Erbe gepflegt werden solle. 1817 erlosch jedoch auch die erbberechtigte Linie seiner Verwandten, und so kam die Anlage in den Besitz der sächsischen Nationsuniversität. Nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleich von 1867 wurde die Nationsuniversität zwar als politische Organisation aufgelöst, jedoch konnte der Immobilienbesitz in einer Stiftung weitergeführt werden.

Im Jahre 1908 kaufte schließlich das Presbyterium der Hermannstädter evangelischen Kirchengemeinde unter dem damaligen Landeskirchenkurator Carl Wolff das Anwesen. Die Verwaltung übernahm die Brukenthal-Stiftung gemeinsam mit dem Hygienischen Verein des Hermannstädter Komitats.

Ganz im Trend der damaligen Denkweise wollte man nun das Schloss einem praktischen Nutzen zuführen und richtete deshalb darin ein Erholungsheim ein, das später in eine Wasserkuranstalt nach dem Vorbild von Pfarrer Kneipp umgewandelt wurde.

Nach dem Ersten Weltkrieg kam Siebenbürgen an das Königreich Rumänien, und in einer Bodenreform wurden 1921 sämtliche unbebauten Grundstücke der Stiftung enteignet. 1937 wurde die Stiftung komplett aufgelöst.

Den Besitz des Schlosses übernahm darauf die sächsische Landeskirche. Als nach dem Zweiten Weltkrieg die Kommunisten in Rumänien die Macht übernahmen, wurde die evangelische Kirche fast komplett enteignet. Lediglich die Kirchengebäude und die Pfarrhäuser blieben in ihrem Besitz. So kam auch die Brukenthal’sche Sommerresidenz in den Besitz des sozialistischen rumänischen Staates.

Er errichtete in den historischen Gebäuden ein Lungensanatorium für Tuberkulosekranke. Im Hauptgebäude wurden Wände eingezogen, um zusätzliche Krankenzimmer zu schaffen. In der Orangerie wurde eine kleine orthodoxe Kapelle für die Patienten eingerichtet. Später wurde das Sanatorium aufgelassen. In der Schlossanlage verblieb lediglich das in der Orangerie eingerichtete Dispensar, die im Sozialismus in jedem größeren Ort vorhandene typische medizinische Station mit Arztpraxis.

Das Hauptgebäude des Schlosses wurde nicht weiter genutzt und verfiel deshalb zusehends. Auch die Gartenanlagen wurden nicht mehr weiter gepflegt, stattdessen nutzten die Angestellten der medizinischen Station die Flächen zum Heumachen und hielten Hühner. Eine kulturelle oder touristische Nutzung der Anlage kam aus ideologischen Gründen nicht in Frage. In der ersten Phase der kommunistischen Herrschaft wurde sie als Werk eines „feudalistischen Ausbeuters“ angesehen.

Später, als das Regime unter Nicolae Ceaușescu zunehmend nationalistische Züge annahm, galt das Schloss als unerwünschtes Baudenkmal der Siebenbürger Sachsen. Die Brukenthal'sche Sommerresidenz ist die einzige in ihrer Gesamtheit erhaltene Barockanlage dieser Art im heutigen Rumänien.

Nach dem Ende des Kommunismus wurde das Sommerpalais in Freck nach einem längeren Rechtsstreit im Jahr 1999 vom rumänischen Staat an die deutsche Minderheit in Siebenbürgen restituiert, befand sich aber in einem sehr schlechten Zustand. Die Gärten waren komplett verwildert, wenn auch noch einige exotische Bäume aus der Zeit Brukenthals vorhanden waren. Im ehemaligen französischen, italienischen und englischen Garten waren noch grob die alten Symmetrien erkennbar, während vom holländischen Garten kaum etwas übrig geblieben ist. Allein einige erhaltene Tulpenbäume lassen erkennen, wo sich einst der holländische Garten befunden haben muss.

Das Schloss selber und die flankierenden Wirtschaftsgebäude sind stark baufällig. Keiner der Innenräume ist noch in originalem Zustand, stattdessen sind Reste der ehemaligen Krankenhauszimmer erkennbar, aus der Zeit, als das Schloss als Tuberkulose-Sanatorium genutzt wurde.

Das ehemalige Mobiliar aus der Zeit Brukenthals befindet sich heute in Hermannstadt im Brukenthal-Museum.

Die Verwaltung und den Erhalt der Anlage hat seit der Restituierung die 1997 neu gegründete Brukenthal-Stiftung übernommen, die seitdem erste Renovierungsarbeiten durchgeführt hat. Besonders der verwilderte Garten wurde mit Unterstützung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt in den Jahren 2005 und 2006 provisorisch rekonstruiert. Daneben wurden die Gebäude der Orangerie renoviert und können heute für Konzerte und Veranstaltungen genutzt werden. Einmal jährlich findet dort auch ein Sommerball des Deutschen Forums statt. In der Orangerie wurden auch einfache Gästezimmer eingerichtet, die Touristen die Möglichkeit zur Übernachtung im Schlossgelände bieten.

Beim Hauptgebäude des Schlosses wurde jedoch aus Mangel an finanziellen Mitteln bis dato nur das Dach renoviert. Es wird jedoch trotzdem gerne von rumänischen Hochzeitsgesellschaften besucht, da es zumindest von außen immer noch ein schönes Fotomotiv ist. Die Anlage ist im Sommer täglich für Besucher geöffnet, allerdings finden Führungen im Normalfall nur in rumänischer Sprache statt, da der letzte sächsische Schlosshüter 2009 in Pension gegangen ist.

1777 holte Brukenthal Samuel Hahnemann, der später als Homöopath weltweite Geltung erlangte, als Bibliothekar und Leibarzt aus Wien zu sich nach Hermannstadt.

Wegen seiner Einwände gegen die Reformen von Maria Theresias Sohn, Kaiser Joseph II., wurde er 1787 von diesem pensioniert. Josephs Bruder und Nachfolger Leopold II. schätzte ihn mehr und verlieh 1790 auch Brukenthals Nachkommen den erblichen Freiherrentitel
Das traditionsreiche Colegiul National Samuel von Brukenthal (Samuel-Brukenthal-Gymnasi­um) in Hermannstadt in Rumänien, ein mathematisch-naturwissenschaftliches Gymnasium mit deutscher Unterrichtssprache und dem Abschluss mit der Hochschulreife (Matura, Ab­itur), fördert weiterführende Studien im deutschsprachigen Ausland.

In der für Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg erbauten Siedlung Rosenau in Seewalchen am Attersee, Oberösterreich, ist eine zentrale Straße nach Samuel von Brukenthal benannt.

© Uschi Agboka, 2019
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Besichtigung der Kirchenburgen in Siebenbürgen (Transsilvanien) und der Moldauklöster in der Bukowina mit vielen Hintergrundinformationen.
Details:
Aufbruch: 05.05.2018
Dauer: 8 Wochen
Heimkehr: 01.07.2018
Reiseziele: Rumänien
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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