Transsilvanien (Siebenbürgen) und Bukowina - Rumänien 2018

Reisezeit: Mai - Juli 2018  |  von Uschi Agboka

Kurz-Info-Teil IV-Fundu M.- 16.-28. Juni 2018 : Teil 1 - Dienstag, 19.06.2018 - 46. Tag

Teil 1 - Dienstag 19.06.2018 46. Tag

175 - Pojorata / E 58 / 17A - Richtung Paltinu / Vatra Moldovitei / Pasul Ciumarna, 1.109 m (weiße Hand) / Sucevita / Marginea / 2E - Voitinel / Vicovu de Jos / Richtung Vicovu de Sus (kurz vor der ukrainischen Grenze) - abbiegen Putna
Besichtigung Moldau-Wehr-Kloster, gegründet Stefan cel Mare (Stefan der Große)
Zurück bis Sucevita
Besichtigung Moldau-Wehr-Kloster Sucevita, gegründet von den Brüdern Movila
zurück gleiche Strecke - Campulung / 175 Fundu Moldovei

Fahrzeit 8 1/4 Std. 125 Meilen = 201 km

Wir wollen heute zwei Moldauklöster besuchen – Putna und Sucevita.

Die Moldauklöster in der südlichen Bukowina bestechen durch ihre einzigartigen farbenfrohen Fresken, die sowohl die Innen- und Außenwände als auch die Schutzmauern über und über bedecken.
Die Moldauklöster liegen in der südlichen Bukowina in Rumänien, dem einstigen Kronland der österreichischen Monarchie. Einige der farbenprächtigen Gotteshäuser zählen seit 1993 bzw. 2010 zum Weltkulturerbe der UNESCO.

Als die rumänisch-orthodoxen Moldauklöster im 15. und 16. Jahrhundert errichtet wurden, hieß das Gebiet noch Fürstentum Moldau, daher ihre Bezeichnung. Erster Auftraggeber für die Moldauklöster war Ștefan cel Mare (Stefan der Große), der als Herrscher und Symbolfigur Moldawiens in die Geschichte einging. Angeblich ließ er nach jedem erfolgreichen Feldzug eine Kirche oder ein Kloster errichten und so kam es zu nicht weniger als 40 Sakralbauten, die an seine Siege über die Ungarn, Polen und Türken erinnern sollen. Seine Nachfolger, allen voran Petru Rares, setzten den traditionellen Bau von Moldauklöstern fort.

Klöster gibt es überall – warum sollte man gerade die Moldauklöster besichtigen? Das Besondere an den Moldauklöstern ist ihre in Europa einzigartige farbenprächtige Bemalung. Die Mönche wollten auch dem niederen Volk, das weder Schreiben noch Lesen konnte, die Inhalte der Heiligen Schrift näher bringen. Und so verwendeten sie Innenwände, Fassaden und Schutzmauern des Klosters um in farbigen Zeichnungen, Malereien und Fresken Szenen und Gleichnisse aus der Bibel darzustellen.

Durch die Verzierung der Außenwände wurden auch Menschen auf die Geschichten aus dem Christentum aufmerksam, die aus welchen Gründen auch immer, die Kirchen nicht betreten wollten oder durften. Die schönsten Malereien sind auf den Mauern der Klöster Arbore, Moldovița, Suce­vița und Voroneț zu finden. Diese sind auch alle Teil des UNESCO-Weltkulturerbes. Dazu gehören außerdem noch die Klöster Humor, Pătrăuți, Probota und Suceava. Die Fresken wurden von teilweise unbekannten Künstlern geschaffen und gelten als absolute Meisterwerke der byzantinischen Kunst.

Einige der Malereien wurden im Lauf der Zeit durch die Witterung zerstört, doch ein Großteil der Darstellungen ist bis heute erhalten. Die verwendeten Farben, die sich bis heute hielten, geben den Experten bis heute Rätsel auf. Man weiß mittlerweile, dass sie aus Pflanzen- und Mineralienpigmen­ten hergestellt und auf der nassen Mauer verwendet wurden, konnte das Rezept jedoch nicht vollstän­dig nachvollziehen.

Abfahrt um 8.45 Uhr. Zunächst ist die Straße sehr schlecht, aber die schönen Aussichten entschädigen uns. Auf dem Pasul Ciumarna, 1.109 m, sehen wir eine riesige emporgestreckte weiße Hand – ein sozialistisches Monument. Die schwer entzifferbare Inschrift lässt auch viele Rumänen ratlos zurück, was es mit diesem Denkmal auf sich hat.

Die Auflösung des Rätsels: Als man die Passstraße 1960 errichtet hat, fing man an zwei Punkten gleichzeitig mit dem Bau an, im Dorf Ciumarna auf der südlichen Seite und in Sucevita auf der nördlichen Seite. Als sich die Bautrupps schließlich oben auf dem Pass begegneten, schüttelten alle sich begeistert die Hände.

Heute soll die weiße Hand allgemein als Symbol für die Begegnung der Menschen stehen. Das ist ja mal wieder eine schöne Geschichte.

Unterwegs sehen wir wieder viele schöne, mit Blumen geschmückte Häuser. Störche in ihren Nestern sind auf den Strommasten zu entdecken. Hin und wieder können wir den Nachwuchs erspähen.

Gegen 10.45 Uhr erreichen wir Kloster Putna. Man zahlt keinen Eintritt. Fotografieren für 2 Personen = 2,14 Euro. Da kann man doch nicht meckern. Trotzdem gibt es immer wieder Touristen, die diese paar Euro sparen wollen. Man kann das nicht verstehen. Natürlich zünden wir auch hier einige Kerzen an. Die Kerzen werden im Kloster hergestellt und sind nicht teuer, 5 Stck. 1,07 Euro. Es gibt einen kleinen Klosterladen, wo man immer gute Dinge aus Eigenproduktion erstehen kann. Wie ihr wisst, gehe ich da nie vorbei.

Die Klosteranlage ist wunderschön, gut erhalten und gepflegt. Ein herrlicher Garten innerhalb der Mauern, wo man sitzen und zur Ruhe kommen kann. Wir sind begeistert und lassen uns viel Zeit für diesen Ort.

Am Eingang wird der größte Dichter Rumäniens, Mihai Eminuescu mit einem Denkmal gewürdigt. Er hatte das Kloster bei seinem seiner vielen Besuche als „Jerusalem des rumänischen Volkes“ gewürdigt.

Mihai Eminescu (* 15. Januar 1850 in Ipotești, Kreis Botoșani, damals Herzogtum Bukowina; †  15. Juni 1889 in Bukarest) gilt als der bedeutendste rumänische Dichter des 19. Jahrhunderts. Sein Werk setzte Maßstäbe für die Entwicklung der modernen rumänischen Hochsprache. Es gibt keine rumänische Stadt, in der nicht wenigstens eine Straße oder ein öffentliches Gebäude nach ihm benannt ist.

Hinter dem Denkmal stehen drei an den Künstler Constantin Brancusi erinnernde Glocken, die ehemals zu bestimmten Ereignissen geläutet wurden.

Die links stehende größte Glocke (1484) erklang zum letzten Mal 1918. Sie diente der Verkündigung großer Ereignisse wie Krönungen, Hochzeiten von Fürsten und deren Tod. De Blagovestenie genannte Glocke soll bis ins 60 km entfernte Suceava zu hören gewesen sein und wurde bis 1989 vor den Kommunisten versteckt.

Die mittlere und kleinste der drei Glocken wurde für den Alltag benutzt. Die letzte Glocke, das Geschenk eines Handwerks, kam nie zum Einsatz.

Constantin Brâncuși (* 19. Februar 1876 in Hobița; † 16. März 1957 in Paris) war ein rumänisch-französischer Bildhauer der Moderne und Fotograf seiner Werke im Umfeld seines Ateliers.

Brâncuși, der nach dem Besuch der Kunstakademie Bukarest ab 1904 in Paris lebte und arbeitete, zählt zu den prägenden Bildhauern des 20. Jahrhunderts, der neben Auguste Rodin, den der Künstler kannte und bewunderte, die Skulptur nachhaltig beeinflusste, indem er mit der wirklichkeitsgetreuen Wiedergabe von Objekten durch Reduktion brach. Nach einem traditionell-akademischen Werkbeginn bildete sich ab 1907 sein individueller Stil heraus, der von afrikanischer und rumänischer Volkskunst beeinflusst war.

Brâncușis plastische Arbeiten in Bronze, Marmor, Holz und Gips zeigen häufig abstrakte eiförmige Köpfe und fliegende Vögel; sie werden der Avantgarde in der Bildenden Kunst zugeschrieben. Er realisierte nur wenige Themen, die er in der Tendenz des Kubismus, mit dem er ab 1910 in Berührung kam, variierte. Mit dem dreiteiligen Kriegsdenkmal in Târgu Jiu aus dem Jahr 1938 erreichte er die Verschmelzung von Architektur und Skulptur.

Es gibt hier im Kloster so viel zu entdecken, u. a. einen metallischen Oktupus. Er dient als Schlaginstrument und ruft die Nonnen und Mönche zum Gebet.

Die ungewöhnliche Form mit den zur Seite auslaufenden Armen dient dazu, den Klang besonders gut wiederzugeben. Diese Tradition ist auf das türkische Verbot des Glockenläutens zurück zu führen, das im 15. Jh. von den Besatzern ausgesprochen wurde.

Wir lassen uns Zeit, uns alles anzuschauen. Noch sind keine Bus-Touristen vor Ort. Die stören uns leider oft.

Kloster Putna liegt rund 72 Kilometer von der Stadt Suceava entfernt, nahe der ukrainischen Grenze. Es gehört heute zu einer Gruppe von rumänisch-orthodoxen Klöstern – den Moldauklöstern – in der südlichen Bukowina, früher waren sie griechisch-orthodoxe Klöster. Kloster Putna war im Laufe der Geschichte zahlreichen Angriffen der osmanischen Heere und der Kosaken ausgesetzt, die hinter den Klostermauern große Reichtümer vermuteten.

Das vollständig aus Blei angefertigte Dach der Klosterkirche wurde um 1650 von den Kosaken bei einer Plünderung eingeschmolzen und zu Kanonenkugeln geformt. Viele der kunstvollen Gemälde und Ikonen wurden verbrannt, um daraus das Gold, das zur damaligen Zeit auch als Farbe verwendet wurde, zu gewinnen. Die Gebäude wurden bei den vielen Überfällen zum Teil eingerissen, um an die darin vermuteten Schätze von Stefan cel Mare (Stefan der Große) zu gelangen.

Nach einer Sage des Geschichtsschreibers Ion Neculce schoss Stefan der Große im Jahre 1466 vor der Klostergründung von einem Berg einen Pfeil ins nahe Karpatental. Der Fürst beschloss an der Stelle, auf dem sein Pfeil stecken blieb, einen Altar zu errichten. Anschließend ließ Fürst Stefan das Kloster in der Zeit zwischen 1466 und 1469 erbauen. Am 3. September 1470 kam es zur Klostereinweihung.

Die kirchliche Trutzburg Kloster Putna war damals ein blühendes kulturelles Zentrum. Geistliche und Chronisten aus der Region wurden dort zwischen dem 15. und 16. Jahrhundert ausgebildet. Mönche kopierten Manuskripte sowie alte Chroniken und zierten religiöse Texte mit Miniaturen.

Die alte Klosterkirche wurde 1653 zerstört und zwischen 1653 und 1662 – während der Herrschaften Vasile Lupus, Gheorghe Stefans und Eustratie Dabijas – ohne die Fresken an der Außenseite wieder erbaut. Sie ist in dieser Form, obwohl sie 1757 nochmals beschädigt wurde, bis heute erhalten.

Im gleichen Jahr erfolgte unter Leitung des Metropoliten Jakob eine umfassende Rekonstruktion der Bauten. Für den baufälligen Turm an der Westseite wurde am Tor ein neuer Turm errichtet, dessen Weihung 1885 erfolgte.

Auf dem Klosterfriedhof befindet sich der Grabstein von Stefan dem Großen. Der Fürst liegt dort seit 1504 begraben, ebenso wie seine zweite Frau, Maria von Mangop und seine dritte Frau Maria Voichita.

Jedes Jahr am 2. Juli pilgern Tausende von Gläubigen zum Kloster, um dort das Grab Stefans des Großen zu besuchen. Die von einer 4 m hohen Mauer umgebene Anlage gilt als wichtigstes Bauwerk des berühmten Klosterstifters.

In unmittelbarer Nähe befinden sich auch die Gräber einiger Nachkommen von Stefan, von moldauischen Bischöfen, die zur Fürsorge und Erhaltung der Klöster beigetragen haben, und von dem Heiligen Hierarchen Ilie Iorest.

Das Kloster Putna galt im Mittelalter nicht nur als kirchliche Trutzburg und Rückzugsstätte der Mönche, sondern auch als bedeutende Schreibwerkstätte und Kunstschule. Im Klostermuseum werden viele kostbare Manuskripte, Landkarten, Gemälde, Ikonen, Leinentücher und andere kirchliche Gegenstände, die bis in das 15. Jahrhundert zurückgehen, aufbewahrt. Erwähnenswert sind das Selbstporträt von Stefans zweiter Ehefrau Maria von Mangop und der Totenschädel des Heiligen Ghenadie. Im Museum lagen Kirchenschätze, die zu den wertvollsten ihrer Art in der Welt zählen.

Das Kloster Putna war mit dem umfangreichsten grundherrschaftlichen Besitz in der Bukowina ausgestattet. Darunter befanden sich Ländereien und Betriebe in einem Gebiet zwischen Czernowitz und der siebenbürgischen Grenze.

Im Umfeld vom Kloster Putna gab es wie in anderen Regionen der Karpaten eine rege Waldwirtschaft. Zu diesem Zweck hatte man besonders im 19. Jahrhundert große Anstrengungen unternommen, Sägewerke, Flößanlagen und Waldbahnen einzurichten. Letztere Bahnen dienten zum Transport des geschlagenen Holzes zu einem nahe liegenden Sägewerk oder einzelnen Holzsammel- und Flößstationen. Eine bedeutende Holzverarbeitung bestand im Areal des Klosters Putna. Dort fand jenes Rundholz seine erste Verarbeitung, das an den Abhängen der Berge Dealul Oglinda, Poiana Crucii und Poiana Haciungului geschlagen wurde.

Die vom Bukowiner griechisch-orientalischen Religionsfond (errichtet mit Decret vom 29. April 1786) betriebenen Wirtschaftsbetriebe waren wichtiger Teil der Finanzierung religiöser Einrichtungen im Kronland Bukowina und boten vielfältige Beschäftigungsmöglichkeiten in einer überwiegend strukturarmen Region.

Für die Beschaffung von Bauholz waren die regionalen Holzgewinnungsgebiete von großer Bedeutung. Auf dem unweit vom Kloster vorbeifließenden Fluss Suceava betrieb man zwischen 1820 und 1860 Flößerei. Diese musste aber wegen Hochwasserschäden eingestellt werden.

Da noch kaum andere Besucher da sind, können wir uns auch die Klosterkirche ungestört von innen anschauen.

Zwar wurde das Kloster unter Fürst Stephan dem Großen (1433-1504) gegründet, da die ursprüngliche Kirche jedoch 1653 zerstört wurde, geht der heutige Bau auf die Jahre 1653-1662 zurück. Die Fresken im Innern stammen aus allerjüngster Zeit: Erst in Hinsicht auf den 500. Todestags von Stephan dem Großen 2004 beschloss man, Wände, Gewölbe und Kuppeln wieder nach alter orthodoxer Tradition zu schmücken.

Eine inszenierende Beleuchtung des Kirchenraums über die traditionellen, abgependelten Kandelaber hinaus ist in rumänischen Kirchen noch immer ungewöhnlich. Als unauffällige Montageorte für Strahler dienen Kapitelle, Gesimse und die Kette des Kandelabers. Das Licht der Halogen-Metalldampflampen ist brillant und hat eine hohe Farbwiedergabequalität. Die Fresken kommen so optimal zur Geltung, der Goldschmuck erhält einen geradezu magischen Schimmer.

Im Inneren der Klosterkirche sind nun auch die Fresken zu sehen, für die die Moldauklöster so berühmt sind. Auch hier waren die Malermeister Mihail und Gavill Morosan am Werk. Unter einem Baldachin aus weißem Marmor fällt sofort die Grabstätte von Fürst Stefan ins Auge.

Nach der Besichtigung des Klosters Putna treffen wir auf eine Musikgruppe von jungen Mädchen in wunderschönen Kleidern. Sie geben später ein Konzert und bitten uns, ein Foto von ihnen zu machen. Wir kommen diesem Wunsch gerne nach, ehe wir weiter fahren.

© Uschi Agboka, 2019
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Besichtigung der Kirchenburgen in Siebenbürgen (Transsilvanien) und der Moldauklöster in der Bukowina mit vielen Hintergrundinformationen.
Details:
Aufbruch: 05.05.2018
Dauer: 8 Wochen
Heimkehr: 01.07.2018
Reiseziele: Rumänien
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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