Mährens Perlen kennenlernen

Reisezeit: Mai / Juni 2013  |  von Manfred Sürig

Batastadt Zlin im Regen

Unser Quartier für die nächste Nacht ist vorbestellt in Uherske-Hradiste, nur etwa 35 km südlich. Da können wir uns noch einen Umweg über Zlin leisten, der Bata-Stadt. Den großen Marktplatz von Kromeriz will ich noch schnell fotografieren, denn gestern abend regnete es ja- aber heute morgen regnet es immer noch oder schon wieder.......
In dem festen Glauben, dass es ja wohl nicht den ganzen Tag weiter regnen kann, strampeln wir an der March entlang nach Otrokovice, ein schöner Weg ohne Autoverkehr. Doch offenbar peilen wir nur wenige Meter vor unsere Vorderreifen, denn den Abzweig nach Zlin finden wir ersten im zweiten Anlauf. Dafür lerne ich den Beginn des Batuv-Kanals kennen.

Eine Wasserstraße parallel zur March, gebaut in den Zwanziger Jahren des 20.Jahrhunderts, als man davon träumte, eine Kanalverbindung von der Oder zur Donau durch Mähren schaffen zu können. Den Anstoß dazu gab ein Schuhfabrikant aus Zlin, Herr Bata, der in Zlin die größten Schuhfabriken der Welt aufgebaut hatte und für das zugehörige Kraftwerk einen billigen Transportweg für die Kohle benötigte. Dank seines Einflusses wurde das mittlere Kanalstück tatsächlich bis fast nach Hodonin gebaut, dabei die March begradigt, Fischteiche angelegt und Umschlagsanlagen am Kanal gebaut, die heute unter Denkmalschutz stehen. Der Kanal ist heute für Freizeitschipper benutzbar und unter Wassersportlern ein Geheimtip.

Eine Wasserstraße parallel zur March, gebaut in den Zwanziger Jahren des 20.Jahrhunderts, als man davon träumte, eine Kanalverbindung von der Oder zur Donau durch Mähren schaffen zu können. Den Anstoß dazu gab ein Schuhfabrikant aus Zlin, Herr Bata, der in Zlin die größten Schuhfabriken der Welt aufgebaut hatte und für das zugehörige Kraftwerk einen billigen Transportweg für die Kohle benötigte. Dank seines Einflusses wurde das mittlere Kanalstück tatsächlich bis fast nach Hodonin gebaut, dabei die March begradigt, Fischteiche angelegt und Umschlagsanlagen am Kanal gebaut, die heute unter Denkmalschutz stehen. Der Kanal ist heute für Freizeitschipper benutzbar und unter Wassersportlern ein Geheimtip.

Auf die Bata-Stadt Zlin bin ich daher nun erst recht neugierig, trotz strömenden Regens. Da ist es schon schwer genug, einen morastfreien Weg dorthin zu finden, der außerdem nicht so verkehrsreich sein soll.

Es bleibt zum Schluß doch nur die Hauptstraße, die dann aber auch in ganzer Länge durch Zlin durchführt. Was es dort zu sehen gibt, ist das genaue Gegenteil landschaflicher Schönheit: Industriebauten des vorigen Jahrhunderts, allerdings alle in einem einheitlichen, Zlin-typischen Baustil, der etwas an die Bauhaus-Architektur erinnert. Ganze Wohnviertel, ebenfalls im Bata-Stil, entstanden um die Fabrikkomplexe für die Arbeiter.

Heute wirkt das museal, weil die Schuhindustie nach Bangla-Desh und China abgewandert ist, die Arbeiter sich aber hier vergeblich nach neuen Jobs umsehen müssen. Der Staat hat einiges getan, die Nachfolger der Fabrikantenfamilie Bata, die jetzt ihren Sitz in Kanada haben, spendeten eine Universität und ein Sportzentrum, einige Farbtupfer zwischen leerstehenden gewaltigen Industriebauten, für die Gewerbetreibende als Mieter gesucht werden. Immerhin ist der Straßenverkehr chaotisch, für uns gibt es daher nur eins: Bloß weg von hier, auf dem kürzesten Weg nach Uherske Hradiste.
Der führt erst einmal eine endlose Steigung aus dem Tal herauf. Dabei lerne ich neue Wasserrillen am Körper kennen, über die das Regenwasser bei aufrechtem Gang etwas schneller abfließen kann.

Das anschließende Gefälle sollte ein Genuß werden, erfordert mitten im Autoverkehr aber höchste Konzentration und Hände und Füße jederzeit bremsbereit. Nun kühlen auch noch Hände, Handgelenke und Füße aus, die Kälte läßt sich mit mehr Bewegung kaum noch aufhalten. Wo immer es geht, treten wir wild in die Pedalen, erreichen dabei traumhafte Geschwindigkeiten, aber auch immer mehr Fahrtwind, kurz: wir kühlen immer mehr aus und ich frage mich, ob ich überhaupt noch irgendwelche trockenen Stellen am Körper habe.
Das Hotel in Uherske Hradiste finden wir erst nach langem Suchen, denn unterwegs können wir niemand fragen, Fußgänger auf der Straße sind bei dem Sauwetter selten oder ohnehin mit sich allein beschäftigt.

Endlich unsere Unterkunft, ein Plattenbau der kommunistischen Zeit, aber wenigstens mit warmem Wasser im Bad. Im übrigen voll belegt mit ukrainischen Gastarbeitern, die im Schichtwechsel ihre Zimmer doppelt belegt haben sollen.

Endlich unsere Unterkunft, ein Plattenbau der kommunistischen Zeit, aber wenigstens mit warmem Wasser im Bad. Im übrigen voll belegt mit ukrainischen Gastarbeitern, die im Schichtwechsel ihre Zimmer doppelt belegt haben sollen.

Unser Zimmer ist gerade groß genug, um alle unsere nassen Sachen wenigstens zum Abtropfen aufhängen zu können.

Unser Zimmer ist gerade groß genug, um alle unsere nassen Sachen wenigstens zum Abtropfen aufhängen zu können.

Gut, dass es eine Badewanne gibt, in die ich das Wasser so heiß wie möglich einlaufen lasse, um wieder Gefühl in Füße und Gelenke zu bekommen. Das gelingt sogar nach einer Stunde, in der Erich sich inzwischen unter seiner Bettdecke wärmt.

Bewegung tut not, um wirklich richtig warm zu werden. Also nutzen wir eine Regenpause am Abend zu einem Spaziergang in die Innenstadt.
Das wird dann noch ein sehenswerter fotografischer Fischzug:

In den Boden der Fußgängerzone sind Platten mit Bemerkungen zur Stadtgeschichte eingelassen, leider nur in tschechisch

In den Boden der Fußgängerzone sind Platten mit Bemerkungen zur Stadtgeschichte eingelassen, leider nur in tschechisch

Nach der Größe des Marktplatzes zu urteilen, muß Uherske Hradiste eine bedeutende Handelsstadt gewesen sein

Nach der Größe des Marktplatzes zu urteilen, muß Uherske Hradiste eine bedeutende Handelsstadt gewesen sein

Der Weinkeller hat leider bei dem Wetter kapituliert und geschlossen

Der Weinkeller hat leider bei dem Wetter kapituliert und geschlossen

Im Biergarten sind die Stühle auch schon hochgeklappt..

Im Biergarten sind die Stühle auch schon hochgeklappt..

und das, wo man hier so urgemütlich in den riesigen Fässern sitzen und zechen könnte!

und das, wo man hier so urgemütlich in den riesigen Fässern sitzen und zechen könnte!

Ein Schmuckstück die ehemalige Synagoge, in der sich heute die Stadtbücherei befindet

Ein Schmuckstück die ehemalige Synagoge, in der sich heute die Stadtbücherei befindet

Vom Feinsten restauriert und als Gymnasium weiter genutzt.

Vom Feinsten restauriert und als Gymnasium weiter genutzt.

Eine königlich-privilegierte Apotheke, die der Pächter liebevoll ausgebaut hat.

Eine königlich-privilegierte Apotheke, die der Pächter liebevoll ausgebaut hat.

Wir schlafen gut und ausgiebig in unserem Hotel, das Frühstück wird uns unaufgefordert sogar im Zimmer serviert, vielleicht, damit wir mit dem übrigen Hotelpublikum keinen Kontakt bekommen sollen. Nur: Unsere Klamotten sind noch klamm.

Wie gut, dass Erich für die nächste Nacht nochg kein Hotel gebucht hat und wie gut, dass es einen direkten Zug zurück nach Hodonin gibt. Im übrigen hat Erich festgestellt, dass sein teures Markenrad sich viel zu schwer treten läßt, alles ausreichende Gründe unsere Tour hier abzubrechen.
Und ich kann nur hinzufügen: Wie gut, dass bei Erich zu Haus ein schöner warmer Trockenkeller zur Verfügung steht.
Dennoch ist unsere Unternehmungslust noch nicht gebrochen, man muß ja nicht alles mit dem Radl machen.

© Manfred Sürig, 2013
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Freund Erich, Ur-Wiener und Wahl-Tscheche, fühlt sich in Hodonin so wohl, dass er mir unbedingt seine Wahlheimat näherbringen will. Das sollte zu zweit nun per Fahrradrundtour stattfinden.
Details:
Aufbruch: 27.05.2013
Dauer: 16 Tage
Heimkehr: 11.06.2013
Reiseziele: Tschechische Republik
Der Autor
 
Manfred Sürig berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.