2018 - Bologna, Emilia-Romagna-Italien

Reisezeit: November 2018  |  von Uschi Agboka

Samstag, 3.11.2018 - 3. Tag: Piazza Malpighi

Informationen zur Piazza Malpighi

Vorbei am Ex-Convento di San Francesco (schade, dass der so verfällt) kommen wir zur Piazza Malpighi, wo uns als erstes die Colonna dell'Immaculata ins Auge sticht. Anneken begibt sich mal wieder mitten auf die Straße, um besser fotografieren zu kennen. Sie kennt da, wie mein Rolf, nichts. Mir ist das zu gefährlich, ich bleibe auf dem Bürgersteig.

An der Spitze der eleganten ionischen Säule steht die 1638 von Giovanni Tedeschi nach einem Entwurf von Guido Reni erbaute Kupferstatue der Madonna.

Das Podest zeigt die Wappen von Papst Urban VIII., der Franziskanermönche und der Stadtverwaltung von Bologna.

Während des Festes von Fiorita, kommt eine Prozession, angeführt vom Erzbischof, zu der Madonnen-Statue und legt dort einen Blumenkranz ab, in Erinnerung an das Dogma der Unbefleckten Empfängnis, das 1854 von Pius IX. verkündet wurde.

Das Kirchengelände von San Francesco beherbergt die kirchlichen Denkmäler des Juristen Accursius und seines Sohnes Francesco, ferner von Odofredo Denari, einem Juristen und von Rolandino dei Romanzi - Gräber der Glossatoren (Tombe dei Glossatori) im Parco San Francesco.

In den ungewöhnlichen Gräbern der Glossatori sind die Überreste einiger der frühesten und wichtigsten Professoren des im Mittelalter genannten Studiums erhalten geblieben, die an der Universität Bolognas vor allem für die Lehre der Rechtswissenschaften bekannt waren.

Sie wurden Glossatoren genannt, weil sie die Texte des römischen Rechts mit erklärenden Ergänzungen am Rand, den Glossen, kommentierten, um den Inhalt zu verdeutlichen. Diese wichtigen Professoren, die Eckpfeiler des politischen und kulturellen Lebens der Stadt Bologna waren, ließen sich an Orten großer urbaner Sichtbarkeit begraben.

Die fünf Mausoleen, die heute noch zu sehen sind, befinden sich an der Piazza Malpighi im Parco San Francesco und an der Piazza San Domenico, alle aus der zweiten Hälfte des 13. Jh.

In Bologna wurde die Schule der Glossatoren begründet, die für das Bild vom Recht, das wir heute haben, bedeutungsvoller nicht sein könnte. Die Glossatoren / Kommentatoren des weltlichen und kirchlichen Rechts legten die Grundlage für das, was wir heute juristisches Argumentieren nennen. Rede und Widerrede, eine Meinung und eine andere, Auslegung so oder so. Die Unsicherheit des Rechts wurde zum Motor der Rechtsentwicklung. Da Recht und Gesetz partout nicht eindeutig festgestellt werden konnten, musste immer wieder und immer mehr über Recht und Gesetz nachgedacht und geredet werden.

Geschadet hat diese Welt des juristischen Arguments, die sich in "Unterscheidungen" und "Widersprüchen" und "Verbindungen" verzweigt, dem Recht nicht. Der Richter, der universitären Gedankenwelt enthoben, sagte ja schließlich immer ganz genau, was Recht ist. Er entschied. Und ein anderer Richter entschied etwas anderes. Womit wieder Stoff für die Universitätsjuristen gewonnen und erneut das Spiel der Distinktionen eröffnet war. Bis heute geht das so. Egal, welche Gesetze gelten. Das ist der großartige Anfang, der in Bologna gesetzt wurde: Recht ist ein Theater der Interpretation

© Uschi Agboka, 2018
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Kulturreise nach Bologna, die Kulturhauptstadt 2000.
Details:
Aufbruch: 01.11.2018
Dauer: 6 Tage
Heimkehr: 06.11.2018
Reiseziele: Italien
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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