Das eher unbekannte Portugal - 2017

Reisezeit: April - Juni 2017  |  von Uschi Agboka

Kunsthandwerk im Alentejo: Estremoz

Estremoz

Estremoz ist eine Stadt im Distrikt Évora mit knapp 10.000 Einwohnern. Sie liegt auf 450 Meter Höhe.

Im Verlauf der Reconquista war der Ort umkämpft, bevor er unter König D. Sancho II. an Portugal fiel. Sancho II. ließ den Ort neu befestigen. Auch während der Amtszeiten der zwei nachfolgenden Könige wurden die Festungsanlagen weiter ausgebaut. Während der Revolution 1383 und dem folgenden Unabhängigkeitskrieg verjagte die Bevölkerung den spanischfreundlichen Statthalter.

Reconquista ist die spanische Bezeichnung für die Rückeroberung der Iberischen Halbinsel durch christliche Nachkommen der Bevölkerung des Westgotenreiches.

Als Mauren werden all jene in Nordafrika – teilweise als Nomaden – lebenden Berberstämme, die vom 7. bis ins 10. Jh. von den Arabern islamisiert wurden und diese bei ihrer Eroberung der Iberischen Halbinsel als kämpfende Truppe unterstützten, bezeichnet. Im späteren Mittelalter, insbesondere seit der Zeit der Kreuzzüge, nannte man die Mauren vornehmlich Sarazenen.

Estremoz war auch in seiner weiteren Geschichte häufiger Schauplatz kriegerischer Auseinandersetzungen. Etwa zog im Spanischen Erbfolgekrieg der Graf von Galveias 1705 hier ein Heer von 15.000 Soldaten, 5.000 Pferden und 20 Stück Artillerie zusammen. 1808 eroberten die französischen Truppen des General Kellermann im Verlauf der Napoleonischen Invasionen Estremoz. Die vorherige Kleinstadt (Vila) Estremoz wurde im Jahre 1926 zur Stadt (Cidade) erhoben.

Vom Rossio - Praca Marques de Pombal - aus in Richtung auf die Unterstadt gelangt man zum Pelourinho (Schandpfahl/Gerichtssäule), auf dem eine Armillarsphäre, ein mittelalterliches astronomisches Instrument ruht.

Vom Rossio führt rechts vom mittelalterlichen Schandpfahl aus durch das aus dem 14. Jh. stammende Tor Arco da Frandina
eine steil nach oben führende Gasse zur Burg.

Die Altstadt wird beherrscht vom Schloss auf dem Berg, dessen Bergfried, Torre de Menagem, und der Königspalast, in dem die Rainha Santa Isabel am 4. Juli 1336 starb, wurde unter König Alfonso III. 1258 begonnen. Da der Bau des Turms die Regierungszeit dreier Könige in Anspruch nahm, wird er auch der Turm der drei Kronen genannt. Eine Explosion im Pulverarsenal 1698 zerstörte die Burg. Nur der Paço da Audiência, ein sternförmig gewölbter Raum, der als König Dinis Audienzzimmer bekannt wurde und die gotischen Kolonnaden blieben erhalten.

Der Paço da Audiência von Dom Dinis geht aus einer im 16. Jh. manuelinisch umgestalteten mittelalterlichen Getreidebörse hervor. Heute befindet sich ein Museum für modernes Design in diesem Gebäude.

Die Manuelinik (Emanuelstil, Manuelinischer Stil) ist ein prunkvoller Architekturstil, der nur im Königreich Portugal des frühen 16. Jh. auftrat. Benannt ist die Manuelinik nach König Manuel I. (reg. 1495-1521), der während der wirtschaftlichen und kulturellen Blütezeit Portugals an der Macht war

Der Königspalast, der von König Joao V. im gotischen Stil im 18. Jh. wieder aufgebaut wurde, ist heute zu einer der berühmtesten portugiesischen Pousadas umgestaltet.

Das Sterbezimmer der als Heilige verehrten Königin Isabella wurde im 17. Jh. zu einer Kapelle, der Capela da Rainha Isabel umgebaut, auf deren Azulejos Szenen aus dem Leben der Königin dargestellt sind. Vor dem Königspalast erinnert ein modernes Marmordenkmal an sie.

Im Schloss befindet sich eine Kirche im quadratischen Grundriss, die Igreja de Santa Maria do Castelo, die im 16. Jh. erbaut wurde und in der neben einigen Bildern portugiesischer Meister des späten Mittelalters auch ein Marmorbecken in der Sakristei sehenswert ist.

In der Unterstadt, die von einer Stadtmauer umgeben ist, stellt das Museu Municipal de Estremoz, das städtische Volkskunstmuseum in dem repräsentativen Gebäude gegenüber dem Bergfried, neben Sakralkunst und Krippenfiguren auch die für Estremoz typischen Tonfiguren, die Bonecos aus.

Im früheren Palast des Vizekönigs von Indien, der 1698 zum Convento de Congregados umgebaut wurde, befindet sich heute das Rathaus.

Im ehemaligen Malteserkloster und späteren Krankenhaus mit zweigeschossigem Renaissance-Kreuzgang ist auch die harmonisch gestaltete Igreja de Misericórdia wegen einer Krippe von Machado de Castro beachtenswert.

Nördlich des Rossio liegt der Tocha-Palast aus dem 17. Jh, in dem Azulejos zu sehen sind.

Daneben befindet sich der Convento São Francisco aus der Zeit König Alfonso III. aus dem 13. Jh., der nach der Säkularisation als Kaserne diente, in der neben Sarkophagen und einem Wurzel-Jesse-Altar auch das prächtige Grabmal Vasco Esteves Gato, Stifter einer Kapelle im 15. Jh. Aufmerksamkeit beansprucht. Der Hochaltar von 1623 st mit kostbaren Azulejos geschmückt.

Als Säkularisation wird ursprünglich die staatliche Einziehung oder Nutzung kirchlicher Besitztümer (Land oder Vermögen) bezeichnet.Als Säkularisation wird ursprünglich die staatliche Einziehung oder Nutzung kirchlicher Besitztümer (Land oder Vermögen) bezeichnet.

Am Fonte da Gadanha-Platz ist ein Brunnen mit Saturnstatue sehenswert.

Am Ortsrand ist das Museu da Alfaia Agricola, das Museum für landwirtschaftliche Gerätschaften untergebracht, eine mit viel Liebe und Fleiß eingerichtete ehemalige Getreidemühle, in der alte Werkzeuge und Zubehör aus der ländlichen Umgebung gezeigt werden.

Der alte Wasserspeicher Tanque dos Mouros liegt am südlichen Ortsrand.

Im Dreieck Estremoz – Borba – Vila Vicosa wird in über 100 Steinbrüchen ein feinkristalliner, homogener Marmor gewonnen, dessen Farbspektrum von weißcreme über cremerose bis zu intensivem rosa reicht. Seine Verwendung findet der Estremoz-Marmor in der hochwertigen Innenarchitektur wie Wand- und Bodenbelag, Treppen, Waschtische, Säulen sowie Kaminumrandungen.

© Uschi Agboka, 2018
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Kultur- und Naturreise durch das eher unbekannte Portugal, abseits der großen Touristenströme.
Details:
Aufbruch: 01.04.2017
Dauer: 12 Wochen
Heimkehr: 20.06.2017
Reiseziele: Portugal
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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