Das eher unbekannte Portugal - 2017

Reisezeit: April - Juni 2017  |  von Uschi Agboka

Info Regiao Centro - Pinhal Interior Norte: Geschichte König Dom Pedro I. + Ines de Castro

König Dom Pedro I., der Gerechte + Ines de Castro

In einem Info-Heft entdecke ich die Geschichte von König Dom Pedro I., auch der Gerechte genannt, und seiner Geliebten, Ines de Castro:

Inês de Castro wurde als Tochter des galicischen Adeligen Peter Fernandes de Castro geboren. Sie kam 1340 im Gefolge der kastilischen Prinzessin Constanca Manuel nach Portugal. Constanca, eine Urenkeltochter König Ferdinand III. von Kastilien, musste aus politischen Gründen den portugiesischen Thronfolger Dom Pedro heiraten. Ines war ihre Hofdame. Dom Pedro verliebte sich jedoch nicht in seine wenig ältere Frau, sondern in Inês. Es war eine geheime versteckte Liebe.

Alfons IV. missbilligte diesen Umstand und zwang Inês 1344, das Land zu verlassen. 1345 verstarb Constanca bei der Geburt des Thronerben Fernando. Gegen den ausdrücklichen Befehl seines Vaters ließ Dom Pedro Inês zurückkommen und verbrachte mit ihr vier glückliche Jahre in Coimbra, in denen ihm Inês drei Kinder schenkte: Beatriz, Joao und Dinis. Die Kinder wurden später vom König als rechtmäßige Thronfolger anerkannt und trugen deshalb alle den Titel eines Infanten bzw. einer Infantin von Portugal.

Dom Pedro hatte nun sowohl mit seiner verstorbenen Ehefrau als auch mit Inês de Castro potentielle Erben in die Welt gesetzt. In Portugal wurde befürchtet, dass Inês de Castro versuchen könnte, den legitimen Thronerben zugunsten ihrer Kinder aus der Thronfolge zu verdrängen. Die Familie de Castro war in Kastilien mächtig und einflussreich, und somit hätte der kastilische Adel durch eine Thronfolge der Abkömmlinge Inês in Portugal erheblich an Macht gewinnen und unter Umständen Portugals Unabhängigkeit beeinträchtigen können.

Hinzu kam, dass Alfons XI. von Kastilien sich selbst erheblichen Problemen mit unehelichen Abkömmlingen seines Vaters gegenübersah, was Dom Pedro veranlasste, sich in die kastilische Politik einzumischen, zumal Inês Brüder Hoffnungen auf den kastilischen Thron in ihm weckten.

Dies sahen sowohl Dom Pedros Vater, Alfonso IV., als auch der portugiesische Hochadel mit Sorge, umso mehr, als Dom Pedro 1354 angeblich - was historisch nicht restlos gesichert ist - Inês heimlich heiratete.

Alfons IV. rief schließlich einen Kronrat ein, auf welchem er Inês des Hochverrats anklagte und selbst das Urteil gegen sie sprach. Am 7. Januar 1355 drangen drei gedungene Mörder in das Landgut ein, in dem sich Ines aufhielt. Die Mörder hatten den Zeitpunkt gut abgepasst: Dom Pedro befand sich mit seinen Freunden auf der Jagd.

Bei seiner Rückkehr machte er einen grausigen Fund. Man hatte Ines enthauptet. Pedro verlor fast seinen Verstand und sann auf Rache.

Mit seiner Hausmacht entfesselte er einen blutigen Bürgerkrieg gegen seinen Vater, doch reichten seine Streitkräfte gegen den König nicht aus. Nach Vermittlung seiner Mutter unterwarf sich Dom Pedro und schwor, für das Geschehene keine Vergeltung mehr zu üben. Die Mörder aber, die für den Tod seiner Geliebten verantwortlich waren, ließen sich von diesem Schwur nicht beirren – sie setzten sich nach Kastilien ab.

1357 starb Alfonso IV. und im Königreich war man auf Fürchterliches gefasst. Aber der neue König Pedro I. hielt sich scheinbar an seinen Eid und sann nicht mehr auf Rache.

Vielleicht half ihm auch seine neue Geliebte, die ihm einen weiteren Sohn, Joao, den späteren Großmeister von Avis und Begründer der zweiten portugiesischen Königsdynastie, gebar. Doch der Schein trog. Pedro knüpfte enge Beziehungen zu Kastilien und erreichte so die Auslieferung von zweien der drei Mörder. Der dritte war rechtzeitig nach England geflohen.

Pedros Rache an den Mördern seiner geliebten Ines fiel fürchterlich aus. Zuerst wurden sie auf das grausamste gefoltert. Dann ließ er ihnen die Herzen heraus reißen. In der portugiesischen Geschichte erhielt er deshalb auch den Beinamen der Grausame.

Der Legende nach soll er dann den Auftrag erteilt haben, den Körper von Ines aus dem Kloster Santa Clara, in dem sie seit 5 Jahren ruhte, in die Kathedrale von Coimbra zu überführen, um sie feierlich krönen zu lassen.

In der Kathedrale wurden zwei Thronsessel aufgestellt, auf dem einen nahm Pedro Platz, auf den anderen setzte man die Tote, die mit Krönungsgewändern bekleidet und mit Juwelen übersät war. Auf dem Kopf trug sie eine Krone.
Der ganze Hof, der von der Verschwörung und dem Todesurteil gegen Ines wusste, musste ihr huldigen und ihre Hand küssen. Danach wurde Ines in einer gespenstisch wirkenden Prozession in die Kathedrale von Alcobaca gebracht und hier beigesetzt.

Historisch ist dies nicht belegt. Tatsache ist jedoch, dass Pedro behauptete, er habe Ines heimlich geheiratet und dass er seine Geliebte in der Kapelle der Kathedrale von Alcobaca beisetzen ließ. Zu diesem Zweck hatte er zwei Särge anfertigen lassen, für sich und Ines, von denen jeder mit einer Liegefigur des Verstorbenen verziert ist. Die Särge stehen sich gegenüber, auf dass am Tage des Jüngsten Gerichts der beiden Blicke auf ihr Liebstes fallen – so hatte es Pedro gewünscht.

Wie Untersuchungen gezeigt haben, ruhen die Körper der beiden noch heute in dieser Stellung. Die Sarkophage gelten als herausragendsten Beispiele der gotischen Bildhauerkunst in Europa. Sie wurden infolge der Napoleonischen Kriege auf der Iberischen Halbinsel durch französische Soldaten 1810 erheblich beschädigt.

Pedro I. hielt sich nach Beisetzung seiner Geliebten in Alcobaca aus den kastilischen Händeln heraus, was Portugal eine Zeit des Friedens brachte. In seiner Regierungszeit machte er vor allem als Gerichtigkeitsfanatiker von sich reden. Er zentralisierte das Land weiter und kümmerte sich besonders um die Rechtsprechung, wohl auch, um die Benutzung der Justiz zur Beseitigung missliebiger Personen, wie es sein Vater im Falle seiner Geliebten gezeigt hatte, unmöglich zu machen. Diese Bestrebungen brachten ihm im Volke, wo er ausgesprochen beliebt war, seinen zweiten Beinamen, „der Gerechte“ ein. Vor Pedro waren alle Untertanen gleich. In seiner Rechtsprechung machte er keinen Unterschied zwischen Arm und Reich, zwischen hochangesehenen und unbedeutenden Untertanen. Dafür verehrte ihn das Volk.

Außerhalb von Coimbra liegt in einem alten Gartengrundstück ein Brunnen, der Quelle der Tränen genannt wird. Hier soll die Ermordung von Ines stattgefunden haben. Von dem ehemaligen herrschaftlichen Gebäude steht nur noch ein kleiner Mauerrest mit einem gotischen Fensterbogen. Dieser historische und gleichzeitig romantische Ort ist bis heute ein beliebter Treffpunkt für verliebte Paare, die sich hier ewige Liebe schwören, wie auch viele frisch verheiratete Paare noch am Tage ihrer Hochzeit vor die Gräber im Kloster von Alcobaca treten, um ihr Treueversprechen zu wiederholen.

Die rührende, aber auch grausige Liebesgeschichte von Ines und Pedro lieferte einen packenden Stoff für Bühne, Film und bildende Kust. Die Fado-Lieder, die man in Coimbra und Alcobaca singt, rühren ans Herz.

Sie erzählen, dass in bestimmten Nächsten flackernde Fackeln den großen Kirchenraum von Alcobaca in düsteres Licht tauchen. Dann könne man sehen, wie König Pedro aus seinem Sarg steigt, wie er seine tote Königin aus der Tiefe des Grabes holt, wie er sie neben sich auf den Thron setzt, sie mit den Königsgewändern schmückt, wie sich dann sein gesamter Hof zögernd nähert, wie die Höflinge der Ermordeten Ines huldigen und mit bebenden Lippen deren Hand küssen und wie dann aus den Augenhöhlen der Toten fahle Blitze zucken.

Soweit die Geschichte …

© Uschi Agboka, 2018
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Kultur- und Naturreise durch das eher unbekannte Portugal, abseits der großen Touristenströme.
Details:
Aufbruch: 01.04.2017
Dauer: 12 Wochen
Heimkehr: 20.06.2017
Reiseziele: Portugal
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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