Kuba - der Westen 2010

Reisezeit: März / April 2010  |  von Feli und Robert

Havanna

29.3. | Wir reisen nach Havanna

Die Nacht ist schrecklich - der Westwind treibt intensivsten Raffineriegestank in unser Zimmer. Wir wachen (deshalb?) immer wieder auf und haben auch Albträume. Nichts wie weg von hier!

Das Wetter ist uns gnädig - es ist von der Früh weg leicht bewölkt und nicht mehr so heiß wie zuletzt. Wir geben unseren Zimmerschlüssel ab, verabschieden uns "for a couple of days" und spazieren die 19 Straßen zum Busbahnhof. Astro, die Buslinie für die Einheimischen, will uns nicht, darum kaufen wir zwei Viazul-Bustickets für Touristen.

Die verbleibende Zeit bis zur Abfahrt nutzen wir, um bei einer Cadeca CUC in Einheimischen-Pesos zu wechseln. Hier lernen wir auch das kubanische Schlangenstehenprinzip hautnah kennen: wer hinkommt, fragt, "Quien es ultimo?" und merkt sich denjenigen, der mit "Yo" antwortet und daher vor ihm an der Reihe ist. Funktioniert perfekt.

Unser (Touristen-)Bus wird bis zum letzten Platz mit Einheimischen aufgefüllt, den einzigen, denen die eisige Temperatur im Bus nichts anzuhaben scheint. Die Touristen jedenfalls ziehen sich an, was sie an Kleidungsstücken in Griffweite haben...

Die Fahrregeln auf der "Autobahn" sind auch bald klar: Gefahren wird prinzipiell auf der linken Spur. Nähert sich ein schnelleres Fahrzeug von hinten, macht der vordere, langsamere nach rechts Platz. Langsame (PS-schwache oder sehr alte) Fahrzeuge fahren ebenso wie Fahrräder sowieso auf der rechten Spur. Pferdefuhrwerke und Fußgänger jedoch benützen auf der Gegenfahrbahn den (von ihnen aus gesehen) ganz linken Fahrbahnrand, kommen also dem übrigen Verkehr entgegen. Da das Verkehrsaufkommen auch Überland sehr gering ist, funktioniert das perfekt.

Die Erklärung dafür, warum wir für die 160km laut Fahrplan 3 Stunden benötigen, erhalten wir nach ca. 1½ Stunden, als der Busbegleiter meint, dass wir jetzt bei einem Imbissstand 10 Minuten Pause machen, aus denen dann fast 45 Minuten werden...

Ab dann regnet, nein, schüttet es bis nach Havanna. Der Regen hier erinnert uns an Hawaii - mal sintflutartig, mal feiner Regenstaub. Leichte Regenschübe begleiten uns bis zum Abend, mit den Güssen ist es in Havanna jedoch vorbei (Gott sei Dank, da wir nur einen kleinen Schirm und keine Jacken mithaben...).

Der Bus bringt uns bis an den Rand der Altstadt, wo wir uns gleich auf die Suche nach einer Unterkunft machen. Wir wollen in einer der vielen, in den diversen Reiseführern empfohlenen, Casas particulares (Privatunterkünfte) nächtigen. Die erste von uns angestrebte - mit dem angepriesenen tollen Bad - ist natürlich leider schon voll (den lonely planet-Reiseführer kennen halt doch schon sehr viele Individualtouristen), aber sein Sohn vermietet natürlich auch Zimmer (und wird auch von lonely planet empfohlen) und hätte zufällig noch eines frei. Ein Freund bringt uns hin (auf dem Weg dorthin wird uns die erste Seife abgebettelt), und da uns Haus und Zimmer gefallen und der Bruder auch sympathisch wirkt, schlagen wir gleich zu (30 CUC für die Nacht sind der gängige Tarif hier).

Nach einer kurzen Erfrischung geht's los - Robert ist schockiert und traut sich nicht einmal zu fotografieren, was wir heute vorwiegend zu sehen bekommen: heruntergekommene, verfallene Gebäude, leere Geschäfte, kaputte Straßen und Gehwege sowie Autos, denen nicht ganz unwichtige Teile wie Räder oder ganze Achsen fehlen. Feli steigt gleich an der ersten Straßenecke fast auf eine tote Ratte. Für uns Mitteleuropäer ziemlich betrübliche Anblicke, wenn auch die Leute hier nicht betrübt wirken. Doch es gibt auch schon Teile von Havanna, die liebevoll restauriert worden sind, allen voran natürlich Obispo, Havannas Touri-Meile, die wir aber nur kurz streifen.

Unsere all-inclusive-verwöhnten Mägen lassen uns früh abendessen gehen - wir wählen eine Empfehlung sowohl des Bruders als auch sämtlicher Reiseführer, das Los Nardos, ein staatliches Restaurant, das große Portionen zu moderaten Preisen anbietet, zudem Fischgerichte, die offiziell nur in Staatsrestaurants angeboten werden dürfen.

Leider gibt es die Speisen, die wir wählen, heute leider nicht, und das Lokal ist sehr finster und eiskalt. Das Service hat den Charme und Elan von Staatsbeamten. Das Essen ist aber hervorragend, und die Portionen sind wirklich nicht zum Aufessen.

Wir lassen diesen ereignisreichen Tag mit zwei Mojitos - den bisher besten in diesem Urlaub - am Plaza Vieja mit kubanischer Live-Musik ausklingen, wobei es vor allem zwei Musikstücke sind, die jede Live-Band mit großer Begeisterung spielt: "Chan Chan" vom Buena Vista Social Club und "Guantanamera". Und auf dem Heimweg haben wir trotzdem fast keine Angst, obwohl wir im Reiserführer lesen, dass wir die Gegend, in der wir wohnen, bei Dunkelheit als Tourist besser meiden sollten...

30.3. | Unser Tag in Havanna

Der Tag beginnt mit einem genialen Frühstück - wir frühstücken bei unserem (schwulen?) Hausherrn, um 4 CUC pro Person nicht gerade wohlfeil, aber wirklich exzellent: ein großer Teller mit aufgeschnittenem, köstlichen Obst (Guave, Papaya, Mango, Ananas und Banane), Kaffee, Kakao, Orangensaft, Tee, 2 Spiegeleier und Gebäck. So gestärkt nehmen wir unseren siebenstündigen Sightseeing-Spaziergang in Angriff. Das Wetter spielt super mit - es ist sonnig (für schöne Fotos), aber nicht zu heiß.

Da um 11 Uhr die Autobusse die Tagestouristen aus Varadero ausladen, ist auf den Touri-Routen ganz schön was los. Aber abseits davon sind wir meistens die einzigen Touristen. Und in manchen Gegenden haben wir das Gefühl, nicht wirklich willkommen zu sein...

Wir besuchen natürlich das Museo de la Revolucion, wo wir überraschenderweise keinen einzigen Touristen antreffen, dafür jede Menge blutgetränkter Memorabilien von Fidel, Che & Co. Von den übrigen Sehenswürdigkeiten seien das Capitol - dem Original in Washington nachempfunden - sowie der Prado - ein Ebenbild der Rambla in Barcelona, nur ohne einen einzigen Händler... - hervorgehoben.

Ah ja, und wir waren einkaufen, zumindest wollten wir - dabei wurde Robert an seine Besuche anno dazumal in der DDR erinnert, wo man auch nicht das gekauft hat bzw. kaufen konnte, was man benötigt hat, sondern das, was es eben gerade gegeben hat. Auch in Havanna finden sich in den meisten Geschäften (abseits der Touristenrouten) nur sehr wenige Dinge, die man käuflich erwerben kann, bzw. finden man diese handschriftlich am Eingang aufgelistet. Vor den meisten dieser Geschäfte bilden sich lange Schlangen. Wir waren in einem riesigen CD- und Buchgeschäft, in dem nur einige wenige Regale spärlich gefüllt waren, zu Preisen von 2 CUC für Klassik- bis 14 CUC (also beinahe ein Monatslohn) für Pop-CDs, natürlich nur einheimische.

Kläglich scheitern wir bei unseren Versuchen, Viazul-Bustickets für unsere morgige Fahrt nach Vinales zu erstehen. Sämtliche Tipps unserer Reiseführer sowie unseres Hausherrn erweisen sich als falsch, so müssen wir morgen wieder 1 Stunde vor Abfahrt am Busbahnhof sein, der leider sehr weit außerhalb liegt, um unsere Tickets zu erwerben.

Auch der Reiseführertipp für unser Abendessenlokal erweist sich als Flop, weil dieses derzeit wegen Renovierung geschlossen ist. So landen wir ganz spontan in einem Paladar auf dem Prado, wo wir wieder sehr üppig speisen (und bei 18° auf dem Balkon im Freien doch etwas frösteln...).

Da wir uns gestern und heute nur in Vieja und Centro von Havanna bewegt haben, kennen wir nur diese beiden kleinen Teile dieser großen Stadt, meinen aber doch, einen guten Eindruck vom Leben und den Leuten hier erhalten zu haben. Die Gegensätze sind riesig, und man kann sich gut vorstellen, wie die Stadt ausschauen wird, sobald die Ära der Castros vorbei sein wird. Erste Ansätze sind bereits erkennbar, haben doch schon erste Luxus-Labels (wie zB Paul & Shark oder Schweizer Uhren-Shops) hier eröffnet. Und wenn erst einmal weite Teile der großartigen Architektur soweit renoviert sein werden, wie dies bereits im Kleinen geschehen ist, wird sich Havanna als wirkliche Perle präsentieren.

31.3. | Wir brechen auf nach Vinales

Beim Frühstück erzählt uns ein deutsches Ehepaar von seinen Kuba-Erlebnissen: von der angeschwemmten Männerleiche im stürmischen Meer in Varadero, die keiner bergen wollte, und von gestohlener DigiCam und Geldbörse im überfüllten Einheimischen-Bus. Wir brechen dennoch auf Richtung Busterminal, um nach Vinales weiterzufahren.

Zunächst will uns niemand dorthin mitnehmen: für das Bici-Taxi (Fahrrad-Taxi) wäre die Strecke wohl wirklich etwas weit gewesen, außerdem dürfen diese keine Touristen mitnehmen. Die Coco-Taxis (Dreirad-Mopeds) verlangen astronomische 10 CUC, was wir ablehnen. Schlussendlich fahren wir endlich mit einem klapprigen Oldtimer-Taxi auf Schleichwegen Richtung Peripherie von Havanna - dass auch er uns nicht mitnehmen dürfte, merken wir an seinen ängstlichen Blicken, sobald Polizei in der Nähe ist. Die 5 CUC geben wir dem alten Mann gerne, die Fahrt in diesem Auto ist wirklich ein Erlebnis!

Noch ein Wort zum Straßenverkehr in Havanna: im Vergleich zu Überland ist hier wirklich was los, und es gibt sogar jede Menge Ampeln. An den befahrenen Straßen ist die Luft wirklich atemberaubend, fast jedes Fahrzeug bläst dunkle Rauchwolken aus dem Auspuff. An einer Tankstelle haben wir gesehen, dass es Benzin mit 83 Oktan gibt - liegt das vielleicht daran?

Der Bus fährt pünktlich los und legt natürlich auch wieder den obligaten Zwischenstopp ein. Auf der "Autobahn" sind wieder fast keine anderen Fahrzeuge unterwegs, wenn man von ein paar Pferdefuhrwerken absieht. Und einem Bus-LKW für Einheimische, der so vollgestopft ist, dass die Leute, die stehen müssen, sicher nicht umfallen können...

Mitten auf der Autobahn bleiben wir am linken Fahrstreifen plötzlich stehen, um mit einem entgegenkommenden Bus Lebensmittel auszutauschen. Und in Pinar del Rio hält uns ein Polizist auf und kontrolliert die Wagenpapiere.

Panaderia - Dulceria

Panaderia - Dulceria

in den Straßen von Havanna

in den Straßen von Havanna

alt & neu

alt & neu

Fassadenfront

Fassadenfront

Blut auf den Jacken von Che und Fidel (Museo de la Revolucion)

Blut auf den Jacken von Che und Fidel (Museo de la Revolucion)

Fidel und Che kämpfen für die Revolution (Museo de la Revolucion)

Fidel und Che kämpfen für die Revolution (Museo de la Revolucion)

Prado - ein Ebenbild der Rambla in Barcelona

Prado - ein Ebenbild der Rambla in Barcelona

Coco-Taxis

Coco-Taxis

das "Iron Flat Building" von Havanna

das "Iron Flat Building" von Havanna

Capitol

Capitol

Fassade ohne Haus (ein Beispiel von vielen)

Fassade ohne Haus (ein Beispiel von vielen)

Casa particular

Casa particular

kühle Dusche

kühle Dusche

vierspurig - wozu?

vierspurig - wozu?

die renovierte Seite Havannas

die renovierte Seite Havannas

Fassadenspiegelung I

Fassadenspiegelung I

Fassadenspiegelung II

Fassadenspiegelung II

Fassadenspiegelung III

Fassadenspiegelung III

© Feli und Robert, 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Durch den Westen Kubas
Details:
Aufbruch: 25.03.2010
Dauer: 17 Tage
Heimkehr: 10.04.2010
Reiseziele: Kuba
Santa Clara
Der Autor
 
Feli und Robert berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.