Westafrika: 17 Tage in Ghana / Togo / Benin

Reisezeit: März 2003  |  von Uwe Decker

Accra - Lomé


Montag, 10.03.2003:

Vor meiner ersten Fahrt in ein anderes afrikanisches Land hatte ich vor der Reise etwas Bedenken. Ich dachte immer, ich würde sterben vor Aufregung, können doch Grenzübertritte in Afrika durchaus problematisch sein, und man ist der Willkür der Grenzbeamten hilflos ausgeliefert.

Es ist heute morgen aber ganz anders. Das liegt wohl daran, dass ich nicht alleine fahre. Das gibt etwas Sicherheit. Es klappt alles wie am Schnürchen, wir sind um 7.30 Uhr am Busbahnhof, der staatliche STC-Bus nach Lome/Togo ist schon startklar, ich kann gerade noch zwei Tickets kaufen, für 22.000 Cedi, das sind gerade einmal 2,40 Euro und schon geht es los. Der Bus wartet noch nicht einmal, bis alle Plätze voll sind.

Die Fahrt dauert 3 Stunden, die Straße ist in einem schlimmen Zustand, sie ist übersät mit tiefen Schlaglöchern. Dabei ist es doch die Hauptverbindungsstraße an der Küste zwischen den Landesgrenzen und vielbefahren. Für das westafrikanische Musterland Ghana eigentlich ein armseliges Zeugnis. Unterwegs zeigt mir Nateki ihren Geburtsort mit dem exotisch klingenden Namen Pram-Pram. Hier ist sie letztes Jahr Schönheitskönigin geworden, die Fotos davon will sie mir unbedingt in Accra zeigen. Tut sie später tatsächlich, sie sieht darauf umwerfend aus, allerdings auch die Zweit- und Drittplazierte.

Der Bus fährt nur bis zum Grenzort Aflao, dann muss man zu Fuß über die Grenze. Das Chaos, das hier herrscht, hatte ich mir auch so vorgestellt. Deshalb ja meine Angst. Schon beim Aussteigen aus dem Bus stürzt sich alles auf den fremden Weißen und bietet alle möglichen Dienste an. Als sie merken, dass ich hier meine Privatführerin habe, geben die meisten aber auf. Wir müssen uns aber bald trennen, hier herrscht reger Grenzverkehr, die Schwarzen gehen in einem schmalen Korridor über die Grenze. Nateki hat keinen Pass. Das ist aber kein Problem, für jeweils ca. 50 Cent kann sie die beiden Grenzposten passieren. Unklar bleibt, ob das eine offizielle Gebühr oder eher Schmiergeld ist.

Ich dagegen muss an beiden Grenzen Aus- bzw. Einreiseformalitäten erledigen, meine Visa sind aber einwandfrei, und es gibt keinerlei Probleme. Die Beamten sind freundlich. Allerdings ist der Beamte auf der togolesischen Seite etwas überfordert, meinen Namen u.a. in sein Formular zu übertragen. Gern hätte ich ihm etwas dabei geholfen, das lehnt er aber ab, und so dauert die Prozedur eine Ewigkeit. Wenn man bedenkt, dass es sich hier um einen eigentlich auch von vielen Nicht-Ghanesen und -Togolesen frequentierten Grenzübergang handelt, ist diese Umständlichkeit doch sehr überraschend.

Nateki wartet hinter der Grenze und hat sich schon um eine Fahrmöglichkeit in die Innenstadt gekümmert. Sie liegt nur zwei Fahrminuten von der Grenze entfernt.

Togo betrachte ich mit etwas gemischten Gefühlen. Das Land wird seit längerer Zeit von politischen Unruhen erschüttert, die Sicherheitslage soll angespannt sein, die allgemeine wirtschaftliche Lage katastrophal. Auch die Grenze zu Ghana ist sehr sensibel, bei jeder kleinsten Spannung zwischen beiden Ländern wird sie geschlossen. Wollen wir hoffen, dass zumindest in den nächsten zwei Wochen die Beziehungen ungetrübt sein werden, denn ich muss ja auch hier wieder zurück.

Was auf dem Weg nach Lome Downtown auffällt, ist der wunderschöne und völlig leere Sandstrand zum Atlantik hin. Von Spaziergängen am Strand wird zu jeder Tages- und Nachtzeit abgeraten.

Wir suchen eines der wenigen billigen und gleichzeitig zentrumsnahen Hotels auf. Mein Wunsch nach zwei Einzelzimmern ruft beim Rezeptionisten grenzenloses Erstaunen hervor. Demonstrativ schaut er meine Begleitung an. Es ist offensichtlich, was er denkt. Na, so hässlich sieht die doch gar nicht aus.

Am frühen Nachmittag geht es dann in die Innenstadt. Die Wege sind nicht weit, das Zentrum ist klein und übersichtlich. Es gibt, mittlerweile schon recht verfallene, Kolonialbauten, die den Glanz vergangener Tage noch ahnen lassen. Mittendrin der Markt, eine Orgie von Farben, zu der ganz besonders die bunt gekleideten Marktfrauen beitragen, die eigentlichen Herrscherinnen dieser Gegend. Welche Macht sie haben, demonstrierten sie, als die Regierung ihren Markt eigentlich weiter entfernt vom Zentrum ansiedeln wollte. Das machten "Mama Benz" und Co. aber einfach nicht mit, sie blieben, wo sie immer waren und die Regierung musste klein beigeben.

Besonders hier in den engen Gassen, die vollgestopft sind von Menschen, ist die Hitze entsetzlich. Meine Kleidung ist klitschnass und trotz der Wärme habe ich Schüttelfrost. Mein einziger Trost ist, dass ich nicht der Einzige bin, dem etwas warm ist. Auch viele Einheimische schwitzen ziemlich. Trotzdem ist die Atmosphäre einmalig hier, ich kann mich gar nicht satt sehen an dem bunten Treiben.

Für den Abend haben wir einen Hotelangestellten mit Auto als Fahrer engagiert. Die Sicherheitslage ist diffus, und man sollte laut Reiseführer im Dunkeln als Weißer nicht mehr auf der Straße unterwegs sein. Der erste Kilometer scheint diese Einschätzung zu bestätigen. Es ist stockduster, keine Straßenlaterne brennt und am Straßenrand sind schemenhaft dunkle Gestalten zu erkennen. Das ändert sich aber schlagartig, sobald wir ins Zentrum kommen. Hier brodelt das Leben, ein Essstand, an dem leckere Fleischspieße, die sog. brochettes, auf Holzkohlegrills brutzeln, am nächsten und viele kleinere Lokale. Auch einige wenige Weiße sehe ich dort sitzen. Unser Fahrer merkt, dass uns das gefällt. Er hält an einem besonders großen Stand, Nateki holt für 5 Euro jede Menge Spieße, und wir fahren weiter ins "Panini-Cafe" in der Rue 13 Janvier, eine Bretterbude mit vorwiegend afrikanischer Disco-Musik, vor der auf dem Bürgersteig aber viele Tische und Stühle aufgebaut sind. Für uns wird gleich der beste Platz frei gemacht, wir breiten unser Essen auf dem Tisch auf und bestellen Bier bzw. Cola. Nateki trinkt keinen Alkohol. Sie sagt, nach einem halben Glas Bier wäre sie stockbesoffen.

Das Fleisch, verschiedene Sorten, schmeckt herrlich, das Bier auch, FJS hat bei seinem Besuch in den 80er Jahren offensichtlich dafür gesorgt, dass es seitdem hier auch vernünftiges Bier gibt. Übrigens existiert seit dieser Zeit in Lome auch ein bayrisches Lokal mit Biergarten.

Sehenswert auch das Publikum, das immer zahlreicher im Verlauf des Abends bzw. der Nacht eintrifft, vor allem das weibliche. Ganze Horden von schwarzen Schönheiten, die vor mir wie auf einem Laufsteg vorbei stolzieren oder auch nach der Musik tanzen. Erst dachte ich ja, die würden sich alle für die heutige Nacht in einem der Nightclubs bereit machen. Heute ist aber Montag, die meisten Etablissements haben zu, und die Damen bleiben auch die ganze Zeit hier. Die Stimmung wird immer ausgelassener, nach Mitternacht finden sich auch Akrobaten und Jongleure ein, die Straße wird kurzerhand zur Bühne und Tanzfläche umfunktioniert, und die vereinzelten Laster haben Mühe, sich den Weg durch die Menge zu bahnen. Schließlich handelt es sich hier um eine der Hauptverkehrsstraßen der Hauptstadt.

© Uwe Decker, 2004
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Eine Reise durch Ghana, Togo und Benin im Frühjahr 2003.
Details:
Aufbruch: 08.03.2003
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 25.03.2003
Reiseziele: Ghana
Lome
Benin
Der Autor
 
Uwe Decker berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
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