Die Geschichte mit der Russland - Reise

Reisezeit: Mai 2008  |  von Volker Xylander

Hinter Moskau bis in den Raum Ufa

Teil 4 - Hinter Moskau bis in den Raum Ufa

Natürlich ging es erst noch einmal aus dem Süden Moskau in den Norden der Stadt. Aber wie das so ist, gleich den ersten Autobahnabzweig habe ich verpasst. Also nicht die Ruhe verlieren, Autobahnkreuze und Wendestellen sind schließlich international. Nach 10 Minuten legte sich bei meiner Frau wieder etwas die Unruhe, als die richtige Fahrbahn erreicht war. Der wesentlich geringere Verkehr tat sein übriges. Wir erreichten ohne Probleme den Flughafen Scheretmetjewo 2 und hatten nach einer knappen Stunde die Formalitäten erledigt. Hier war der Abschied einmal anders herum. Monika flog von dannen und ich bewegte mich wieder zum Auto, um den Autobahnring zurückzugewinnen. Mein Ziel für heute, Sonntag, den 11. Mai 2008 war Nishni Nowgorod. Viel hatte ich schon von dieser, jahrelang wegen ihrer Rüstungsindustrie (Panzer, Geschütze, Transporter), gesperrten Stadt gehört, in deren unmittelbarer Nachbarschaft sich ein großes, jetzt den Japanern gehörendes Floatglaswerk befindet. Das konnte ich zwar nicht besuchen, aber gleich in Sichtweite wird die Folie für unser Verbundsicherheitsglas produziert und auch die Wolga wollte ich wenigsten noch einmal im größeren Format sehen. Zwischen den Waldaihöhen und Moskau fließt sie etwa wie die Elbe bei hohem Wasserstand, etwas mehr sollte es schon sein.
Die ersten 200 km waren richtig dick, dann wurde es ruhiger. Die größeren Städte haben inzwischen Umgehungsstraßen, die zwar relativ neu sind, aber meist von sehr geringer Güte. Aber sicher ist man dort ohne Ampeln und Hektik immer noch schneller. Die beiden letzten Stunden vor meinem Tagesziel wurde es dann wieder richtig interessant, sowohl vom Verkehr als auch von der Landschaft. Niederungen mit viel Wasser und wenig Wald prägten nun das Bild. Das wurde dann durch einen schweren Verkehrsunfall zweier LKWs am Stadtrand von Nishni Nowgorod noch getrübt. Also vorgenommen, weiterhin möglichst zurückhaltend und ruhig zu fahren. Bei den Entfernungen, die noch vor mir lagen, kam es auf eine Stunde mehr oder weniger nicht wirklich an.

Trotzdem war ich an diesem Tag schneller als geplant. Mein Geschäftspartner wollte mich gegen 17 Uhr erwarten, aber ich war fast 2 Stunden eher dort. Also das Telefon her und geredet. Er war noch mit der Familie auf dem Land, so dass wir uns für den nächsten Morgen verabredeten. Die Adresse des gebuchten Hotels hatte ich und schon begann die Suche mit russischer Hilfe und Glück. Der erste richtig große Fluss, den ich überquerte, war aber nicht die Wolga sondern die Oka. Kein Unterschied für mich, zumindest für 30 Minuten. Dann hatte ich mit Hilfe eines ortskundigen Beifahrers eine verkehrsberuhigte Zone auf einem Hügel erreicht und mein Auto abgestellt. Zuerst wollte ich in dem Gebiet der Einbahnstraßen zu Fuß das Terrain erkunden. Nach dem Überqueren der oberen Uferstraße stand ich an einer halbhohen Mauer und hatte erst einmal zu schauen. Die Wolga, viel besungen und hier doch schon recht gewaltig.

Hotel finden, einquartieren und Auto holen ging alles recht flott. Dann aber gleich etwas umgezogen und auf zur Erkundung. Oberer Kreml außer- und innerhalb der Mauern, Fußgängerzone mit einigen sehr repräsentativen und interessanten Bauten habe ich beschaut, bis mich die Füße zur Umkehr mahnten. Eigentlich hatte ich etwas mehr Altstadt nach deutschem Stil erwartet, aber sicher haben die Holzhäuser dem Zahn der Zeit und der Holzwürmer nicht Stand halten können.
Dafür nutzte ich die letzte Sonnenstunde des Tages, um in einem Biergarten einen Liter zu trinken und zwei obere Hühnerbeine zu essen. In russischen Landen sollte die Wahl eindeutig sein, manche Leute knappern auch die unteren Teile ab. Ein bisschen beim Essen und Trinken mit den Leuten geschwatzt und dann ab in die Falle.

Bild 10 080511 Nishni Nowgorod Wolga in Richtung Bor

Bild 11 080511 Nishni Nowgorod Oberer Kreml

Bild 12 080511 Nishni Nowgorod Abend an der Wolga

Am nächsten Morgen wurde ich schon um 7:30 Uhr in der Halle erwartet. Der russische Kollege war froh, nicht mit dem Bus fahren zu müssen und ich musste mich nicht nach Bor durchfitzen. Das wäre sicher nicht einfach geworden.
Die Gespräche im Werk waren recht erfolgreich und anschließend mein Partner froh, etwas eher das Werk verlassen zu können, um mir den Rückweg zur Straße nach Kasan zu zeigen und sich dabei gleich bis fast nach Hause fahren zu lassen. Dies ist mir übrigens mehrfach passiert, nach der Strecke gefragt und zur Antwort erhalten, eigentlich meine Richtung. Im Bereich des heimischen Herdes wurde mir dann mit vielem Dank die Weiterfahrt zum Ziel erklärt. Aber gut, ich habe mit den Beschreibungen immer auf den rechten Weg zurückgefunden.

Die Strecke nach Kasan war eigentlich der hektischste Abschnitt, da ich erst weit nach dem Mittag in Nishni Nowgorod starten konnte. Viel Verkehr und wechselnde Straßenqualität in nicht besonders interessanter Landschaft rechts der Wolga. Bei Tscheboksary viel Wald und immer weiter. Im Bereich von Kasan überquerte ich dann endlich die Wolga in bereits recht erheblicher Breite und dann hinein in das Feierabendgetümmel des Stadtverkehrs.
Zuerst gab es eine gute Beschilderung Richtung Orenburg. Das ist zwar viel zu weit südlich, aber trotzdem meine Richtung. Als es dann immer mehr ins Zentrum ging, hörten die Wegweiser auf und es wurde immer hektischer. Fragen halfen auch nicht viel, immer neue Vorschläge. Allmählich hatte ich den Kanal voll und fuhr zu einer größeren Autowäsche, wo ich viele Leute fragen konnte. Dann ging es nach der Mehrheit weiter. Im Zentrum sah ich dann einen Sanitärwagen, an dem ein älterer Handwerker schraubte. Nach dem Vorbeifahren sofort Stopp und fragen. Er machte mir gleich eine Streckenskizze, die später hervorragend passte.

Eigentlich wollte ich ja in Kasan übernachten, um mich etwas umzusehen. Aber alle Hotels waren im Zentrum und am nächsten Morgen gleich in einer hektischen Stadt starten zu müssen, das wollte ich mir nicht antun. Also weiter. Ich hatte in Erfahrung gebracht, dass es inzwischen eine Brücke über das Kuibischewer Meer im Bereich des Seitenarmes der Kama gibt. Diese Abkürzung wollte ich nutzen.
Nach der Stadt waren dann die Fahrbahnen leer. Von einem am Straßenrand stehenden Fischverkäufer erhielt ich nach ca. 50 km die Auskunft, in etwa der gleichen Entfernung ein Motel zu finden. Dort war es dann fast Dunkel und stickig, da in der Nähe das Schilf brannte, aber ich erhielt für 12 € ein ausreichendes Zimmer mit Bett, Stuhl, Dusche und Toilette. Was will man mehr, da es nebenan noch einen Imbiss gab. Eine Suppe und zwei Flaschen Bier gingen in meinen Besitz über. Die zweite Flasche habe ich aber schon im Bett liegend getrunken. Das Tagesprogramm forderte geschlossene Augen und abschalten. -

Gleich nach dem Start am Dienstagmorgen ging es über ein mehrere Kilometer langes Damm- und Brückensystem. Der Seitenarm der Kama an dem großen Wolgastausee ist seit einigen Jahren überquert und man kann sich einen großen Umweg ersparen. Sehr interessant, aber leider durch den üblichen Morgennebel über dem Wasser keine Fernsicht, aber das Gute soll ja nahe liegen. Also freute ich mich über die vorhandene Straße.
An der Grenze von Tatarstan nach Baschkirien kam ich dann wieder in bekanntes Gebiet. Diese Grenze innerhalb Russlands ist zwar nur verwaltungsbedingt und der Grenzfluss ist auch schmal. Trotzdem braucht man für das Überqueren der Brücke etwas mehr als zwei Stunden, aber ohne anzuhalten. Warum? Ganz einfach, hier muß die Uhr um zwei Stunden vorgestellt werden, es beginnt die neue Zeitzone, die mich auch nach Kirgistan begleiten wird.

In einem Waldstück kurz vor der Stadt Tuimasy hielt ich an und machte mit dem in Flaschen und Kanistern vorhandenen Wasser die Scheiben und Lampen des Vectras sauber. Auch die Kennzeichen, um der Miliz diesen Strafpunkt zu vermasseln. Der Grund dieser Aktivität ist schnell erklärt. Von 1993 bis 1995 habe ich in Tuimasy den Bau eines Werkes für medizinische Glasbehälter geleitet. Die alten Bekannten hatten mich schon seit Jahren um einen Besuch gebeten. Aus dieser Zeit wusste ich auch von der Quelle mit einer hervorragenden Wasserqualität. Früher fuhr ich ein- bis zweimal in der Woche mit Kartons voller Wasserflaschen für Tee und Kaffee. Der Unterschied lag nicht nur in der Einbildung.
Also reihte ich mich in die Schlange der Wasserhohler ein und wurde sehr schnell nach meinem Auto und nach meinem Wissen zu dieser Quelle befragt. Die Auskunft scheint gut gewesen zu sein, denn ich wurde nach vorn geschickt und eine alte Frau füllte mit ihren Hilfsmitteln schnell meine Gefäße. Eine freundliche Verabschiedung und dann ging es weiter nach Tuimasy. Als erstes unternahm ich allein eine kleine Stadtrundfahrt. Sehr viel hat sich nicht verändert, nur einige großformatige Einfamilienhäuser - eben Leute die mehr Geld haben - und viele neue Geschäfte. Die Vorboten der Marktwirtschaft halten Einzug. Im Werk wurde ich schon erwartet, der Technische Direktor mit seinen 5 leitenden Ingenieuren und die Dolmetscherin löcherten mich fast 4 Stunden mit Fragen und Variantendiskussionen. Für den Abend war dann das typisch russische Bankett organisiert. Eigentlich ein wertvoller Nachmittag und Abend. Nur mit mir war man nicht zufrieden. Ich wäre wie früher, nicht bereit, den für mich vorgesehenen Anteil Wodka zu schlucken. Aber ich hatte eine gute Begründung, gewünschte 1.000 km am nächsten Tag auf russischen Straßen und einen Grenzübergang kann man nicht mit schwerem Kopf absolvieren. Fünfzig Gramm von dem Wässerchen mussten reichen.

© Volker Xylander, 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Mit dem PKW von Lübeck über die Ostsee nach St. Petersburg, nach Moskau und weiter bis quer durch den Ural; weiter durch Kasachstan nach Kirgistan,
Details:
Aufbruch: 03.05.2008
Dauer: 15 Tage
Heimkehr: 17.05.2008
Reiseziele: Russland / Russische Föderation
Kasachstan
Kirgisistan
Der Autor
 
Volker Xylander berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.