Komfort-Trekking Nordthailand und Birma/Burma/Myanmar

Reisezeit: November / Dezember 2004  |  von Christoph Kraus

Birma Teil 2

Freitag, 26.11.2004 Inside Yangon, Twante

Heute hat Aye Thin Si die, wie sich herausstellen wird, schwierige Aufgabe, uns nach Twante zu bringen. Twante wird uns als Stadt der Töpfereien angekündigt und das Reiseprogramm bereitet uns auf einen etwas unkomfortablen Ausflug im "local Taxi" vor. "Unkomfortabel aber interessant" hieß es. Volltreffer! Bereits die Überfahrt über den Yangon River auf der öffentlichen Fähre eröffnet uns Einblicke in das tägliche Leben, die uns die Augen öffnen, uns bisweilen erschüttern. Hier tritt die Armut noch deutlicher zu Tage. Zwischen den Passagieren und fliegenden Händlern (die auf der Fähre wohl gegen eine kleine Provision geduldet werden) auch ein verkrüppelter Junge. Alter schwer zu schätzen, vielleicht 6 Jahre. Aye Thin Si meint älter. Er kriecht von Reihe zu Reihe und die Fahrgäste drücken ihm hie und da ein paar Kyat in die Hand. Am Ende der kurzen Überfahrt gruppieren sich noch andere Kinder um ihn. Jeder hatte irgendetwas zu verkaufen. Die Geldscheine werden nun gezählt und man bereitet sich auf nie nächste Überfahrt vor.
Wir verlassen die Fähre und begeben uns zum Sammelplatz der Jeep-Taxis, die Passagiere und Waren ins Deltagebiet befördern. Es herrscht ein ziemliches Durcheinander hier und es dauert eine Weile, bis Aye Thin Si in dem Tumult die Verhandlungen mit den Fahrern abgeschlossen hat. Die Reiseagentur hat für die Beförderung nach Twante und zurück 8000 Kyat vorgesehen. Die Fahrer verlangen aber 15000. Mein Angebot, den Rest einfach draufzuzahlen, lehnt sie ab. Schließlich findet sie doch einen Fahrer, der uns für 8000 hinbringt. Sie kennt ihn noch vom letzten Mal - das ist allerdings schon über ein Jahr her. Wir hoffen, dass wir angesichts des verminderten Preises nicht in einer Schrottmühle fahren müssen. Aber der Jeep ist okay.

Local Taxi to Twante

Local Taxi to Twante

Karin und ich sitzen vorne beim Fahrer, Aye Thin Si hinten, zusammen mit zwei freundlichen Einheimischen, die offenbar zur Jeep-Ausstattung gehören und uns beim Ein- und Aussteigen behilflich sind. Einen Jeep mit nur 6 Personen zu besetzen ist natürlich wahrer Luxus. Oft sitzen 11 bis 12 Leute innen und zusätzlich einige auf dem Dach und eventuell auf der Motorhaube. Wo die dann landen, wenn der Jeep abrupt bremsen muss, mag ich mir gar nicht vorstellen. So eine Fahrt mit nahezu 20 Personen ist für den Fahrer natürlich lukrativer. Und das muss sie auch sein, wenn man zum Beispiel bedenkt, dass es zwischen Yangon und Twante Zollgrenzen gibt, an denen das Fahrzeug gestoppt wird und der Obrigkeit ein Wegegeld zu entrichten ist, bevor man weiterfahren darf.

Unterwegs überholen wir Prozessionen mit ihren geld-geschmückten Türmen auf dem Weg zum nächsten Tempel (November-Vollmond).

Geldscheine für den Tempel

Geldscheine für den Tempel

Wir sehen wir einfachste Hütten am Straßenrand - von der Straße durch Gräben abgetrennt über die ebenso einfache Stege führen. Das Leben der Dorfbewohner spielt sich weitgehend öffentlich ab. Jeder weiß jederzeit was der Nachbar grade macht. Vor der Hütte wird Diverses angebaut, daneben suhlt sich das Hausschwein im Schlamm. Dazwischen spielen die Kinder, die kleineren ebenfalls knietief im Schlamm stehend, und überall rings um die Hütten verstreut liegt Müll. In Thailand haben wir gesehen, dass selbst in kleinen Dörfern eine Müllabfuhr kommt. Hier, 10 Kilometer außerhalb der Hauptstadt, gibt es das leider nicht. Wenn man die Zustände sieht, ist es verblüffend, dass die meisten Jugendlichen und Erwachsenen eigentlich sauber gekleidet sind und einen ordentlichen Eindruck machen.

Auf der sehr holprigen Straße geht es eng zu. Die Bankette sind unbefestigt, der Asphalt löchrig. Vorsichtshalber werden die Mopedfahrer von hinten angehupt, damit sie Platz machen. Dem Einen oder Anderen mag das schon das Leben gerettet haben. Die Hupe unseres Jeeps wird bedient indem der Fahrer mit dem Daumen zwei blanke Drahtenden miteinander in Kontakt bringt. Simpel, aber es funktioniert. Nach etwa 10 holprigen Kilometern gabelt sich die Straße. Geradeaus löchriger Asphalt, links Schotterpiste. Wir fahren links. Das Wegstück geradeaus sein angeblich zu schlecht. Na ja, die Straße links ist auch nicht grade eine Autobahn und außerdem staubig. Nach kurzer Zeit ist Aye Thin Si's schwarzes Haar bräunlich eingestaubt. Ich glaube, sie ist über den heutigen Trip nicht besonders glücklich. Die Schotterpiste ist offenbar der Unterbau für eine neue Straße. Es arbeitet aber niemand daran und ich glaube, das liegt nicht nur daran, dass heute Feiertag ist.

Von Yangon nach Twante

Von Yangon nach Twante

Bauern bei der Reisernte

Bauern bei der Reisernte

Wir erreichen die Stadt Twante. Allerdings hatte ich mir unter "Stadt" etwas anderes vorgestellt. Es gibt keine befestigten Straßen und nur wenige feste Häuser. Die meisten Behausungen sind Bambus- und Holzhütten. Sie wenigen Steinhäuser aus der englischen Kolonialzeit sind dem Verfall preisgegeben. Am Straßenrand sehen wir Leute, die sich an öffentlichen Waschstellen Eimer mit Wasser über den Kopf schütten.

Auch hier besichtigen wir einen Tempel, die Schwesandaw Pagode, und weil Feiertag ist, ist viel los. Es ist heiß. Ein etwa 12-jähriger Junge verkauft Eis, das er in einer Kühlbox mit sich herumschleppt. Das Stück kostet etwa 20 Kyat, das sind umgerechnet weniger als 2 Cent. Wir versammeln so ziemlich alles, was an Kindern im Tempel rumläuft um uns und spendieren eine Runde Eis. Bei uns in Europa ist es lange her, dass man mit einem Euro 30 Kinder und den Eisverkäufer glücklich machen konnte.

Eine Runde Eis für alle

Eine Runde Eis für alle

In einer Ecke des Tempelgeländes haben wir Gelegenheit, einigen Männern beim Chin-Lon-Spiel zuzusehen. 6 Spieler versuchen dabei einen Ball leichtem Bambusgeflecht möglichst lange zwischen sich hin und her zu spielen ohne dass der Ball den Boden berührt. Keiner der Spieler darf den auf dem Boden aufgezeichneten Kreis, von etwa 5 Metern Durchmesser, verlassen. Der Ball darf nicht mit den Händen gespielt werden, alles andere scheint erlaubt.

Chin Lon

Chin Lon

Ein Mann aus dem Publikum, der nach gewürzten Betel-Blättern aus dem Mund riecht, erklärt mir, dass sogar Frauen Chin Lon spielen. Das muss aber eher die Ausnahme sein, wie Aye Thin Si glaubt. Die akrobatischen Tricks, mit denen die Jungs den Ball tanzen lassen, lassen jedenfalls so manchen südamerikanischen Fußballprofi regelrecht bleifüßig aussehen. Beeindruckt verlassen wir die Sportstätte im Tempel und machen uns auf den Weg ins Töpferviertel. Auch hier gibt es nur Staubstraßen und -wege, in die der Monsun während der Regenzeit tiefe Rinnen gegraben hat. Links und rechts am Wegrand überall Unrat und Müll.

Nebenstraße in Twante

Nebenstraße in Twante

Die Töpfereien sind wegen des Feiertags alle geschlossen aber in einer Hütte treffen wir wenigstens eine einzelne Frau an, die mit einem Stein Muster in ungebrannte Tonschalen ritzt. Hier können wir uns ein Bild von den verschiedenen Produktionsschritten, den Werkzeugen und den Hilfsmitteln machen. Alles wirkt ziemlich primitiv. Etwa so hätte ich mir eine Töpferwerkstatt im frühen Mittelalter vorgestellt.

Töpferei

Töpferei

Auf dem Gang zurück zum Jeep fällt uns auf, dass zwischen den Hütten auch einige bessere Häuser stehen. Aus Stein, verputzt, mit Farbe gestrichen und von einer hohen Mauer umgeben. Das sind offenbar die Keramik-Händler, die es zu Reichtum gebracht haben (für birmesische Verhältnisse). Für uns unverständlich: selbst an einfachsten Hütten fehlt selten die Fernsehantenne.

Fernsehantenne

Fernsehantenne

Offenbar ist Fernsehen wichtiger als Hygiene. Dieses Land hat noch große Aufgaben zu bewältigen.

Die Rückfahrt von Twante fällt beschwerlicher aus als die Hinfahrt. Diesmal nehmen wir nämlich die Strecke, die unser Fahrer auf der Hinfahrt wegen ihres schlechten Zustandes noch gemieden hatte. Das ist schlecht für seinen Jeep und unser Kreuz. Über mehrere Kilometer fahren wir quasi Schrittgeschwindigkeit. Aye Thin Si, die wieder hinten auf der ungefederten Rückbank sitzt, tut mir leid. Wir hatten ihr angeboten, vorne zu sitzen, aber sie wollte nicht. Schließlich erreichen wir glücklich wieder die Anlegestelle der Fähre und setzen über. Für uns Europäer war es eine überaus interessante Erfahrung, aber ich glaube Aye Thin Si hätte uns lieber schönere Seiten ihres Landes gezeigt.

Nachdem wir uns im Hotel etwas erfrischt haben, lassen wir den Tag mit einem Nachtspaziergang ausklingen. Wir besuchen das "Tha Zaung Thai" Fest, schließlich ist ja immer noch Novembervollmond.
Man muss sich dieses Fest ein bisschen so vorstellen wie das Oktoberfest ohne Zelte - und "manuell". Richtig! Manuell! Denn es gibt zwar Fahrgeschäfte, wie z.B. ein Karussell und ein ca. 12 Meter hohes Riesenrad, diese werden jedoch nicht mit Elektromotoren betrieben, sondern mit Muskelkraft. In den Streben des vollbesetzten Riesenrades klettern etwa 10 junge Männer in blau-gelben Trainingsanzügen ganz nach oben und bewegen sich dann gleichzeitig seitwärts in eine Radhälfte. Das so verlagerte Körpergewicht bringt das Riesenrad mit einem Affenzahn in Schwung. Dem Publikum gefällt's, was man unschwer am Gekreische im und vor dem Riesenrad erkennen kann und das Betriebspersonal hat auch seinen Spaß (und wird von den jungen Damen am Boden bestaunt und bewundert). Das Weltbild eines deutschen TÜV-Mitarbeiters dürfte allerdings beim Anblick solcher Attraktionen ins wanken kommen.

Riesenrad

Riesenrad

Wir schlendern noch durch den chinesischen Nachtmarkt. Dort bleiben wir als Touristen genau so lange unbehelligt, bis ich anfange zu fotografieren. Das Blitzlicht lenkt die Aufmerksamkeit auf uns und kurz darauf werden wir von einer handvoll bettelnder Kinder begleitet.

In J's Bistro Restaurant gönnen wir uns ein schönes Abendessen. Zwar nicht ganz so fabelhaft wie am Vortag im Padoma Restaurant, aber okay. Danach statten wir noch Mr.Guitar einen Besuch ab. Das ist eine Szenekneipe mit Livemusik. Hier treten lokale Künstler auf. Nachwuchsleute genauso wie bereits etablierte Musiker. Viele der landesweit bekannten Schlagerstars haben hier begonnen. Auch die Band, die heute spielt ist gut. Sie spielen amerikanische Songs, teils jazzig, teils Richtung Soul. Jede Menge bekannter Klassiker. Wir sind richtig begeistert. Laut Aye Thin Si existiert Mr. Guitar wirklich. Er ist eigentlich Arzt, macht aber auch selbst Musik und hat sich den Traum von der eigenen Musikkneipe verwirklicht. Außerdem ist er auch Maler und Galerist. In einem Anbau können wir durch die Glastüren einen Blick auf einige seiner Werke werfen. Der Mann ist offenbar ein richtiges Multitalent.

Samstag, 27.11.2004

Yangon, Bangkok, Hua Hin

Heute ist wieder Reisetag. Wir fliegen zurück nach Bangkok. Die Ausreise aus Myanmar war kein Problem. Am Flughafen sind 10 US Dollar pro Person zu berappen. Die Departure Card und das Visum werden sehr genau kontrolliert. Unser Gepäck wurde gewogen, weil wir schon deutlich über den erlaubten 20 Kilo pro Person lagen. Aber anscheinend lagen wir gerade noch in der Toleranz und mussten keine Zusatzgebühr bezahlen. Nach Handys, Fotoapparaten, Edelsteinen, versteckter Landeswährung o.ä. hat weder bei der Einreise noch bei der Ausreise jemand gefragt. Und den vielfach beschriebenen Zwangsumtausch gibt es, zumindest für Touristen, auch nicht mehr.

Zurück in Bangkok, werden wir von dem vorbestellten Taxifahrer bereits erwartet. Er hat einen großen Volvo und keine Probleme unser Gepäck unterzubringen (nicht zuletzt weil der Beifahrersitz leer ist). In einer entspannenden, 3-stündigen Fahrt chauffiert er uns zum Anantara Resort in Hua Hin.

... Fortsetzung und Schluß im Kapitel "Hua Hin"

© Christoph Kraus, 2005
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Die Reise
 
Worum geht's?:
3 Tage Bangkok, 7 Tage Nordthailand, 3 Tage Yangon und 8 Tage Hua Hin. Natürlich könnte man nach dem Loose-Studium auf eigene Faust durch die Guesthouses von Thailand und Birma ziehen. Aber so eine organisierte Komfort-Tour hat schon auch ihre Reize :-)
Details:
Aufbruch: 14.11.2004
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 05.12.2004
Reiseziele: Thailand
Myanmar
Der Autor
 
Christoph Kraus berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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