China 2007

Reisezeit: November / Dezember 2007  |  von Sabine H.

Beijing für Anfänger

25.11.2007

Ich hatte ja relativen Luxus gebucht, eine Privatrundreise ganz für mich alleine, also jeweils in jeder Stadt Fahrer + deutschsprachiger Guide nur für mich ! In China ist so etwas bezahlbar. Mir war allerdings nicht klar, wie extrem ungewöhnlich Chinesen so etwas finden ! Als ich also mit meiner Reisetasche in den Ankunftsbereich des Airports stiefelte, sah ich mich einer großen Meute wartender Tourguides gegenüber, die alle Wimpel mit den Namen der jeweiligen Gruppen schwenkten und versuchten, Ihre Schäfchen zusammenzusammeln. Auf mich wartete Yang, der lediglich ein Schild mit meinem Namen hochhielt. Nach einer kleinen Odyssee durch die verschiedenen Parkdecks des Pekinger Flughafens saßen wir endlich im Auto und fuhren direkt zu Sehenswürdigkeit Nr. 1: Himmelstempel.

Eingang zum Himmelstempel

Eingang zum Himmelstempel

Wunderschön, die verschiedenen Hallen des Tempels

Wunderschön, die verschiedenen Hallen des Tempels

Ich war allerdings wirklich zu müde, um die Erklärungen Yangs aufnehmen zu können. Ich guckte und staunte nur. Später las ich in meinem Reiseführer alles nach, aber ich werde darauf verzichten, hier jetzt chinesischen Geschichtsunterricht zu geben. Der Tempel war sehr schön, das Wetter überraschend gut und warm, die Chinesen fotografierten wie die Bekloppten und telefonierten mit Handies, als gäb´s kein Morgen. Das war so der allererste Eindruck...

Das 1. Foto von mir in China: Blass, sehr müde, aber glücklich !

Das 1. Foto von mir in China: Blass, sehr müde, aber glücklich !

Yang schleppte mich in ein Teehaus. Mein vor Müdigkeit benebelter Verstand dachte nur "oh, ja, lecker Tee-trinken !", aber es war die Vorführung einer chinesischen Tee-Zeremonie, was sehr interessant war. Und außerdem wird ohnehin kein Tourist lebend aus dem Land gelassen, ohne so einer Tee-Zeremonie beigewohnt zu haben, das gehört nämlich zum "Pflicht-Programm" (dazu später mehr). Total übermüdet und ehrlich durstig erlebt man das dann etwa so: Eine nette englischsprachige Chinesin schwappt heißes Wasser in und über eine tönerne Miniaturteekanne und schmeißt seltsame Ingredienzien in die Kanne. Ziehen braucht Tee hier ungefähr nur 3 Sekunden und dann hat man das Gebräu in einer Puppenstubentasse, aus der man es dann trinkt. Das ganze wiederholt sich mit "green tea", "pu erh-tea", "oulong-tea", "jasmine-tea" und "litchi-tea", zwischendurch werden so kleine Accessoires zum Einsatz gebracht, wie ein kleines tönernes Männeken Pis (nicht belgisch !), das eben nur dann pisst, wenn das Wasser die korrekte Temperatur hat und eine Tasse, deren Dekor sich verwandelt, wenn man heiße Flüssigkeit einfüllt. (Gähn, so eine Tasse habe ich schon seit 3 Jahren in meiner Teebechersammlung), das Männeken Pis erfreute mich allerdings schon ! Die Krönung war die Präsentation einer Tee-Sorte in einem Cognac-Schwenker, das war nun schon ein ungewöhnlicher Anblick !

Tee-Blume

Tee-Blume

Am Ende hat man ziemlich viel heißes Wasser getrunken und wird zum Verkaufsstand geführt, an dem man zu extrem überteuerten Preisen Tee kaufen kann, zwar in wunderschönen Verpackungen, aber selbst für den Champagner unter den Tees zu 100 Yuan in der mittleren Dosis konnte ich mich nicht entschließen. Und zum Verhandeln war ich zu müde. Tee gibt´s in China überall und schicke Dosen auch. Später...

Eigentlich wäre ich am liebsten straight ins Hotel gefahren, aber jetzt hieß es erstmal "lunch in local restaurant" gemäß itinerary. Hungrig war ich überhaupt nicht, aber das so hochgelobte chinesische Essen reizte mich dann doch. Das Restaurant war ungemütlich und ohne jede Athmosphäre, aber ich sollte lernen, daß Chinesen auf Schnickschnack keinen Wert legen. So ca. 9 Teller und Schüsseln kamen gleichzeitig auf den Tisch, vor mir hatte ich ein kleines Tellerchen, ein kleines Schüsselchen, einen Porzellanlöffel und Stäbchen. Ich war ja nun nicht das 1. Mal in Asien, sondern schätzungsweise das 15. Mal und wußte, was zu tun war. Es war okay. Nicht überragend, aber okay. Chinesisches Essen ist nicht unbedingt hübsch anzusehen und meist auch ein wenig undefinierbar, aber ich bin nicht anspruchsvoll und so typisch norddeutsches Zeug wie Grünkohl und Rübenmus ist optisch ja nun auch nicht wirklich der Bringer. So klapperte ich ein Weilchen mit den Stäbchen und war dann echt happy, als es ins Hotel ging. Days Inn Forbidden City, ein Hotel so zentral, wie es zentraler kaum noch geht. Interessanterweise verlangte man dort eine Kaution von 300 Yuan, die ich per Kreditkarte hinterlegte, eine Praxis, die in China wohl üblich ist. So ! Boxenstopp ! Einmal auf´s gemütliche Bett schmeißen, ein kleines bisschen ruhen, T-shirt-Wechsel und dann endlich raus auf die Straßen Pekings ohne Guide! Es dauerte nur 5 Minuten und ich stand staunend vor dem Tor des himmlischen Friedens !

Wow !!!

Wow !!!

Tiananmen - Platz des himmlischen Friedens. Gott, ist das alles riesig !!

Tiananmen - Platz des himmlischen Friedens. Gott, ist das alles riesig !!

Ist diese Straße echt 10-spurig ? Noch immer schlafmangelgedopt war ich fassungslos.

Ist diese Straße echt 10-spurig ? Noch immer schlafmangelgedopt war ich fassungslos.

Mao-Mauseoleum - leider geschlossen, ich weiß bis heute nicht, warum.

Mao-Mauseoleum - leider geschlossen, ich weiß bis heute nicht, warum.

Seit ca. 36 Stunden war ich nun auf den Beinen, ich konnte nicht mehr. Meine Füße schmerzten ohne Ende und ich war unendlich müde. Ich schleppte mich noch zur Bank of China an der Wanfujing Road und lockte 1000 Yuan aus dem Geldautomaten, nahm wahr, daß man auch hier dem Weihnachtswahn verfallen war und entledigte mich im Hotel endlich meiner Stiefel. Die Strümpfe zog ich aus und erkannte schlagartig die Ursache meiner Schmerzen: mein rechter Fuß war in Blut gebadet! Die bescheuerten Stiefel hatten so sehr gescheuert, daß ein Zeh nur noch rohes Fleisch war. Ich wusch das ganze und verpflasterte es. Die Stiefel wanderten in den Müll.

© Sabine H., 2007
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Ursprünglich geplant: Äthiopien. Und daraus wurde nach etlichem Chaos: China !!!
Details:
Aufbruch: 24.11.2007
Dauer: 13 Tage
Heimkehr: 06.12.2007
Reiseziele: China
Der Autor
 
Sabine H. berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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