Wanderpaddeln in Südwestfrankreich

Reisezeit: August / September 2007  |  von Stefan Beyer

Neuland

Nach einem weiteren Abend, allerdings diesmal ohne Krebse, am Tarn ging es Donnerstag früh wieder in die Autos. Noch ein Tipp, wer einmal am Tarn ist, sollte auf keinen Fall versäumen sich die neue Autobahnbrücke bei Millau anzuschauen. Es ist wohl die höchste Brücke mit über 350 m Höhe, sehr imposant.

Wir aber wollen zum Gardon, unter dem imposanten Pont du Gard durchpaddeln. Der Gardon ist für uns alle Neuland und wir sind sehr gespannt. Gegen Mittag sind wir in Collias angekommen, der erste Eindruck ist überwältigend. Unter uns, der Fluss spiegelt sich im Sonnenschein. An beiden Ufern endlose Sand- und Kiesstrände, die sanft und geschwungen an den, den Fluss weiträumig umschließenden Felswänden enden.

Leider aber auch zwei große Missstände. Einer von der Natur verursacht, einer von Menschenhand gemacht. Ein Sandsturm, der über dem Fluss tobt und uns kaum aus den Augen blicken lässt, verleidet uns gründlich das paddeln. So hat es keinen Sinn. Und: man kommt nirgends an den Fluss heran, nicht mal zu den Bootsverleihern, alle Zufahrtswege und Strassen sind mit Schranken oder Felsbrocken versperrt. Das heißt, die Autos auf Parkplätzen im Ort abstellen und per pedes zum Fluss. Nichts gegen Laufen, überhaupt nicht, aber irgendwie kam ich mir vor, als ob ich in einer Kaserne spazieren gehe. Wir sind dann die 8 km bis zum Pont du Gard gefahren, der ja eigentlich keine Brücke, wie der Name vermuten lässt ist, sondern ein fast 2000 Jahre alter römischer Viadukt, also eine Wasserleitung. Über diesen Viadukt wurde Wasser aus den Bergen der Cevennen nach Nimes, damals schon eine bedeutende Römersiedlung, gepumpt. Eine Ingenieur und bautechnische Meisterleistung, die im Prinzip heute noch voll funktionsfähig wäre.

Unterwegs versuchten wir bei jeder sich bietenden Gelegenheit doch noch direkt an den Gardon heranzukommen. Keine Chance, nicht mal zu Fuß, außer auf einem noblen, aber auch sehr preisintensivem Campingplatz. Die Ufer, jedenfalls zwischen Collias und dem Pont du Gard, sind fast komplett in Privatbesitz, mit den entsprechenden Schildchen "Privee" ausgestattet. So was habe ich, zumindest in dem Ausmaß noch nie in Frankreich erlebt. Fast fühlte ich mich wie zuhause. Also schauen wir uns das imposante Bauwerk an und fahren die paar km bis zur Ceze, denn mit paddeln wird es ja doch nichts mehr. Das eigentlich Erwartete tritt ein, die Ceze führt kaum Wasser. Dazu muss ich erklären, das die großen Touristenflüsse, also zum Beispiel Ardeche und Gardon von Stauseen gespeist werden, die natürlich so reguliert werden, das immer genügend Wasser da ist und die Touristikindustrie keine Einbußen erleidet. Bei der Ceze ist das nicht so, sie ist halt nicht so bekannt. Macht aber heute auch nichts mehr, der Tag war sozusagen von Anfang an um es positiv auszudrücken, nicht optimal. Bei Saint Jean kennen wir von den letzten Jahren her eine schöne Stelle, direkt am Fluss, ideal zum Übernachten. Wegen des starken Sturmes, fällt das Lagerfeuer heute aus. Dafür beschallt uns Nils per Autoradio mit Blues vom Feinsten. Und es eigentlich wie jedes Jahr am Donnerstagabend, der größte Teil der Woche liegt hinter uns und alle haben irgendwie ein bisschen den Blues im Gemüt und Gesicht. Aber noch liegt ein absolutes Highlight vor uns, die Ardeche ein Fluss, der durchaus spaltet. Ich war immer dagegen dort zu paddeln, andererseits stellt sie aber auch ein absolutes "Muss" dar. Nun unsere diesjährige Tour mit ihren Tagesetappen war die Chance für die Ardeche, da passt sie rein dachte ich mir und einmal muss man sie nun mal gefahren sein und wenn nur um mitreden zu können. Es war dann auch wirklich ganz genau so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Grandiose Landschaft, ein schöner Fluss aber Menschengewimmel wie in einem aufgeschreckten Ameisenhaufen und das trotz immerhin schon Mitte September! Da wir erst am späten Vormittag in Pont Vallon d'Arc, dem Ausgangspunkt für die Tour durch die Gorges d' la Ardeche eintrafen, konnten wir leider nicht mehr die ganze Schlucht fahren, die etwa 30 km lang ist. Ausbooten kann man nur danach, in der Schlucht selber ist bis auf einen offiziellen Biwakplatz, den man beim Boote mieten gleich mitbezahlen muss keine Möglichkeit, die Fahrt zu beenden, bzw. für eine Nacht zu unterbrechen. Da wir nicht übernachten wollten, konnten, die Zeit im Nacken, blieb uns nur die kurze Variante, kurz hinter dem Pont d'Arc, der letzten Möglichkeit zu landen. Der Pont d'Arc ist eine natürliche Felsbrücke, die sich über den Fluss spannt, ungefähr 60 m hoch. Sehr schön und beeindruckend, viele werden dieses herrliche Naturdenkmal von Postkarten oder Bildern kennen. Was man auf Postkarten allerdings nicht sieht, sind die Hunderte von Kanus mitsamt Paddlern, die vor und hinter dem Pont d'Arc beide Ufer bevölkern.

Trotzdem werde ich sicherlich irgendwann die ganze Strecke fahren, denn für die meisten ist am Pont d'Arc Schluss, die eigentliche Schluchtstrecke beginnt erst danach. Dann aber auch gleich mit Übernachtung, denn die Schlucht ist viel zu schön um an einem Tag durchzuhetzen. Eigentlich wollte ich mir bei unserem Bootsverleih an der Ardeche ein Boot kaufen. Ich hatte bei der Tourplanung im Internet gesehen, das dieser Verleih gebrauchte und neue Boote günstig anbietet. Leider gab's mein Traumboot, ein "Mambo" von RTM nur neu und das heißt natürlich auch Neupreis. Schade, für Zuhause mal schnell auf die Mulde, Bobritzsch oder Zschopau wär's das ideale Boot gewesen. Cest la vie, das Leben geht weiter.
Nachmittags sind wir zurück am Ausgangspunkt in Pont Vallon d'Arc und beraten, wie es weitergehen soll.

© Stefan Beyer, 2007
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Eine Woche kreuz und quer durch Südwestfrankreich fahren und überall die schönsten Flussabschnitte paddeln. Dazu bißchen Kultur und allgemeines.
Details:
Aufbruch: 30.08.2007
Dauer: 11 Tage
Heimkehr: 09.09.2007
Reiseziele: Frankreich
Der Autor
 
Stefan Beyer berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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