Westaustralien 2004

Reisezeit: April - Juni 2004  |  von Ingo Hoffmann

The Olgas

Den Tag verbringen wir an den Olgas. Der Himmel ist zunächst noch bedeckt, reisst dann zu unserer Freude aber zusehends auf. Im (medialen) Schatten des Ayers Rock wird den Olgas leider weniger Beachtung geschenkt, als ihnen zustehen würde. Nur ihre Nähe zum weltbekannten Felsen lässt sie verblassen. 1000 Kilometer weiter weg, irgendwo anders im australischen Outback hätten sie mehr Publicity. Denn eine Reise in das Herz Australiens würde sich auch schon alleine wegen der Bergkette der Olgas lohnen.

Zwar sind die Olgas kein Monolith (Ayers Rock ist übrigens auch nicht der weltgrösste Monolith, sondern liegt gemessen an der Grösse deutlich hinter dem weitgehend unbekannten Mt. Augustus in West Australien), doch strahlt die Form dieser Bergkette und ihre leuchtend rote Farbe eine ganz eigene Faszination aus. Wie vier aneinander geschmiegte Katzenbuckel ragen sie steil aus dem flachen Umland empor. Hauptattraktion sind jedoch nicht die Panoramen der Felslandschaft sondern eine Wanderung durch das Valley of the Winds.

Eingang zum Valley of the Winds

Eingang zum Valley of the Winds

So unwirtlich und abweisend die Felswände der Olgas auch wirken. Zwischen den Felsmassiven verlaufen schmale Schluchten und Spalte, die uns in eine nahezu tropische Vegetation führen. An kleinen Rinnsalen entlang führt der Pfad zu zwei Aussichtspunkten, die atemberaubende Blicke auf das Umland gestatten. Insbesondere der Blick vom 2. Punkt, einer Geröllhalde, die sich zwischen zwei Felswänden aufgetürmt hat ist phänomenal. Eingerahmt von den steilen Felsen öffnet sich ein fruchtbares Tal, das auf der gegenüberliegenden Seite von phantastisch geformten Bergen begrenzt wird. Zumindest während der feuchten Jahreszeit gehört das Tal zu einer der eindrücklichsten Landschaften, die wir je gesehen haben. Während der Sommerhitze aber müssen Temperaturen von über 40° das Tal in einen Backofen verwandeln und alles Leben ersticken.

Abend an den Olgas

Abend an den Olgas

Piep, Piep, Piep. Schon wieder ist es viertel vor Fünf. Ungelenk krabbeln wir aus den Schlafsäcken, räumen das Bett weg und fahren mit dem Wagen erneut in den Nationalpark. Zu unserer Überraschung dürfen wir uns an diesem Morgen den Platz zum Beobachten des Sonnenaufgangs nicht frei aussuchen. Zwei Ranger weisen uns einen Platz zu, von dem aus wir aus dem Wagen heraus nicht sehen können, als die hoch gewachsenen Büsche, die den Sonnenaufgangsparkplatz einrahmen. Also raus in die beissende Kälte der Nacht.

Zur Beobachtung des Sonnenaufgang wurde von der Parkverwaltung extra ein Gehege für rund 300 Touristen angelegt (Vorsicht: strafpflichtige Versammlung von mehr als 15 Leuten), welches einen ordentlichen Blick ohne störende Büsche auf den Ayers Rock gestattet. Mit den nach und nach eintreffenden Reisegruppen, die laut schwatzend, sich mit Sekt zuprostend oder schlichtweg hemmungslos drängelnd das Gehege auffüllen, schwindet jedoch jegliche Romantik dieses Ortes. Auch das Fotografieren ist nicht so einfach. Insbesondere lange Belichtungszeiten sind kaum möglich. Im Blitzlichtgewitter der Kompaktkameras flackert immer wieder die umliegende Landschaft auf. Nur der grosse Fels bleibt dunkel und matt. Um viertel nach sechs (de Sonnenaufgang war für 6.03 Uhr berechnet worden), blasen die ersten Touristengruppen bereits zum Rückzug. Mit der Erklärung der Tourguides: "am Horizont ist der Himmel mit Wolken bedeckt. Das wird heute nichts" werden die Leute eingesammelt und zum Bus zurückgeleitet.

Trotz Faserpelz schlottern wir vor Kälte und spielen auch mit dem Gedanken, uns in den warmen Wagen zurück zu ziehen, als unvermittelt der Himmel aufreisst und die Sonne den Fels in grellem Orange aufleuchten lässt. Schlagartig kehrt sogar in dem grossen Gehege Ruhe ein und alle Anwesenden verfolgen gebannt den Zauber der Natur. Nur von einzelnen dunkelen Flecken durchbrochen hebt sich der Ayers Rock vom Nachthimmel ab und strahlt mit der Sonne um die Wette. Wahrlich, dieser Fels ist eines der Naturwunder auf Erden.

Luft anhalten und geniessen

Luft anhalten und geniessen

Gegen Mittag, als sich die Luft ein wenig erwärmt hat und die Sonne den Schatten um den Ayers Rock etwas verkürzt hat, begeben wir uns auf die Umrundung des Felsens. Obwohl sich etliche Touristengruppen im Park befinden, verlaufen sich die Menschenmassen in der Mittagszeit auf dem 9.4 Kilometer langen Rundweg. Gebannt, den Blick zumeist fest auf den Felsen geheftet stolpern wir auf dem Base Walk vorwärts. Leider führt der Weg nur an sehr wenigen Stellen direkt an den Felsen heran. Dennoch sind die unterschiedlichen Blickwinkel auf den Ayers Rock atemberaubend. Immer wieder finden wir eindrucksvolle Details, Risse, Höhlen oder ausgewaschene Terrassen auf den Felsflanken, die in Verbindung mit dem Licht der Sonne einzigartige Strukturen und Schattenmuster erzeugen. Etwas verunsichert sind wir nur durch die verschiedenen Heiligen Stellen am Berg, bei denen nicht nur das Betreten (verständlich) sondern auch das Fotografieren (weniger verständlich) verboten ist. Strafe: AUD 5'000. Was man nun fotografieren darf und was nicht, ist zudem manchmal kaum auseinander zu halten. Manchmal stehen die hohen Verbotsschilder nur in eine Richtung, mal weiss man gar nicht, wie man überhaupt Bilder machen soll, ohne dass was heiliges aufs Bild kommt. Grobe Leitlinie: alles was irgendwie wie ein versteinertes Abbild männlicher oder weiblicher Geschlechtsorgane aussieht ist heilig.

Ziemlich müde gelaufen erreichen wir den Aufstiegspunkt zur Spitze des Uluru. Unserem Ausgangspunkt für den Rundgang. Den wir wohlweislich so gewählt haben, da sich hier die einzigen Toiletten am Fels befinden. Immerhin jeweils 2 Stück für Männlein und Weiblein. Leider fallen diese durch die Kategorie "geht noch" weit durch. Kein Glanzpunkt des Parks. Irgendwie fühlen wir uns sehr stark an Afrika erinnert. Aber in den Busch flüchten zum Austreten ist auch keine Alternative. Abgesehen von der dann zu erwartenden Geruchsbelästigung, wenn das alle machen würden, hindert natürlich die Strafverordnung des Parks eines solche Ausflucht. Der Toilettengang im freien wird zwar nicht ausdrücklich als Verbot aufgeführt, aber das (schamhafte) Verlassen der Wege wird mit AUD 550 berechnet. Also lieber Nasen zu und Sonnenbrille auf und die öffentliche Toilette besuchen.

Bleibt noch die Frage, ob wir den Fels besteigen sollen oder nicht. So wie es aussieht, kommen gerade die Australier vornehmlich hier hin, um den Ayers Rock zu besteigen. Obwohl jeder Besucher von den Aborigenes - denen der Fels ja nun offiziell "gehört", die ihn aber für 99 Jahre an die Regierung verpachtet haben - darum gebeten wird, es zu unterlassen, da der Fels ja heilig ist. Irgendwie erscheint uns bei den Australiern die Frage ob besteigen oder nicht jedoch eher eine Form der politischen Abstimmung zu sein, als das wirkliche Interesse an der Aussicht. Denn je mehr wir bei unseren Nachbarn auf den Campingplätzen nachbohren, wie nun das Verhältnis der weissen Australier mit der Minderheit der Ureinwohner ist (2% der Australier sind Aborigines), desto grösser werden die Risse, die die beiden Bevölkerungsgruppen trennen. Wir jedenfalls wären dafür den Fels entweder ganz zu sperren oder ohne Moralpredigten zu öffnen. Denn alle die mit Copyrightzeichen (!) versehenen Sprüche* der traditionellen Besitzerin des Uluru, Barbara Tjikatu, in der Besucherbroschüre kommen nie zum eigentlichen Punkt. Entweder der Uluru ist heilig und keiner geht drauf und macht Fotos von ihm, oder er ist offen. Aber alles (geldbringende Touristenattraktion und abgeschottetes Heiligtum) kann man nicht haben. Nur eine solche Entscheidung wird wohl erst am Ende des Pachtverträge im Jahr 2084 fallen. Bis dahin wird das Thema in Australien politisch zu heiss sein.

*Orginaltext Barbara Tjikatu im Visitor Guide:
"Listen! If you get hurt, or die, your mother, father and family will really cry and we will be really sad too. So think about that and stay on the ground."

(Uns wurde die Entscheidung ob rauf auf den Uluru oder nicht abgenommen. Während wir noch überlegen, ob wir dafür überhaupt fit genug sind, wird der Aufstieg wegen heftiger Windböen gesperrt.)

Regenrinne

Regenrinne

© Ingo Hoffmann, 2004
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Rundreise mit dem gemietet Landcruiser durch Westaustralien. 10'000 Kilometer durch den roten Kontinent. Reiseroute: Perth - Westcoast - Hamersley Range - Kimberley - Bungle Bungle - Tanami Desert - Ayers Rock - Warburton Road - Perth.
Details:
Aufbruch: 26.04.2004
Dauer: 7 Wochen
Heimkehr: 10.06.2004
Reiseziele: Australien
Der Autor
 
Ingo Hoffmann berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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