Frankreich - 2011

Reisezeit: September / Oktober 2011  |  von Uschi Agboka

La Couvertoirade – Le Caylar -Tal der Sorgue

1. Oktober 2011 - 25. Tag - Gefahrene Meilen: 119 (192 km

Gorges du Tarn - Gorges de la Jonte - Gorges de Trevezel -
Abime de Bramabiau - La Couvertoirade - Le Caylar -
Tal der Sorgue - Roquefort-sur-Soulzon

Als wir heute bei herrlichem Sonnenschein draußen frühstücken, sind wir ganz allein auf dem Campingplatz. Die beiden anderen Camper sind bereits fort. Heute wollen wir uns einen gemütlichen Tag machen. Die Tour sieht vor Gorges du Tarn, Gorges de la Jonte, Gorges de Trevezel, nach La Couvertoirade. Aber unterwegs kann sich das durchaus ändern, so wie ich Rolf kenne.

Der "Abime de Bramabiau" ist uns heute mal wieder einen Halt wert. Der Fluss Bonheur, der sein überirdisches Bett aufgegeben hat, ist im Causse verschwunden. Nach mehr als 700 m unter der Erde verlässt er die Hochfläche durch einen hohen schmalen Spalt und tritt als Wasserfall in einem Felsenkessel wieder zutage. Bei Hochwasser erinnert der Lärm des Wasserfalles an das Gebrüll eines Ochsen, daher der Name Bramabiau, den das Flüsschen bis zu seinem Zusammenfluss mit dem Trevezel trägt. Martel, der berühmte Forscher, folgte mit seinen Gefährten als erster dem unterirdischen Wasserlauf des Bonheur. Außer dem 700 m langen Hauptlauf entdeckten sie über 1.000 Nebenzweige. Das nahezu 10 km lange Labyrinth besteht aus Sälen mit einem Durchmesser von bis zu 40 m, die stellenweise bis zu 50 m hoch und durch sehr schmale Gänge verbunden sind. Der Schriftsteller Andre Champson liess hier die Handlung seines Romanes "L'Auberge de l'Abime" spielen.
Im September/Oktober führt der Fluss nicht viel Wasser, es ist kein Brüllen des Ochsen zu hören! Über St. Jean du Bruel durch den Nationalpark der Cevennen kommen wir nach La Couvertoirade, wo wir uns Zeit lassen, um den kleinen Ort - ca. 150 Einwohner - zu durchstreifen. Wir waren schon einmal da und da es uns damals so gut gefallen hat, kommen wir wieder.

Der Name des Ortes ist seit dem 11. Jh. als "Cubertoirata" im Zuge einer Grenzziehung von Ländereien der ehemaligen Abtei von Gellone in Saint-Guilhem-le-Désert (Hérault) bekannt. Seit dem 12. Jh. ließen sich die Templer im Ort und der Umgebung nieder und machten aus La Couvertoirade eine befestigte Kommendatarabt ihres Ordens. Um die Burg herum entwickelte sich unter dem Templerorden ein Zentrum der Landwirtschaft und der Viehzucht (Pferde und Schafe). Als der Templerorden 1312 aufgelöst wurde und neue Herren den Ort übernahmen, zählte man im Jahre 1328 135 Haushalte mit 800 Einwohnern. 1450 verstärkten die Ritter des Johanniterordens die Verteidigungsanlagen der Burg, da bewaffnete Räuberbanden das Gebiet des Larzac plünderten. Doch zu diesem Zeitpunkt litt die Gegend schon unter einem Bevölkerungsrückgang, der bis in die siebziger Jahre des 20. Jh. anhielt. Heute wird der Ort, ca. 150 Einwohner, von Kunsthandwerkern bewohnt, deren Produkte man in kleinen schönen Lädchen kaufen kann. 1562 zu Beginn der Religionskriege versuchten die Hugenotten vergeblich, La Couvertoirade zu besetzen. 1702 bewaffnete sich die Bevölkerung und verstärkte die Einfallstore, um sich erfolgreich gegen den Überfall der Kamisarden zu wehren. 1768 wurde La Couvertoirade zur unabhängigen Kommandantur durch den Chevalier Riquetti, Baron von Mirabeau, erhoben.

Der Templerorden wurde um 1118 gegründet und war ein geistlicher Ritterorden, der in Folge des Ersten Kreuzzugs entstand. Er war der erste Orden, der die Ideale des adligen Rittertums mit denen der Mönche vereinte, zweier Stände, die bis dahin streng getrennt waren. In diesem Sinne war er der erste Ritterorden und während der Kreuzzüge eine militärische Eliteeinheit. Er unterstand direkt dem Papst und wurde von diesem nach einem großes Aufsehen erregenden Prozess, ausgelöst durch den französischen König Phi-lipp IV, 1312 aufgelöst. Die Güter des Ordens gingen auf die Johanniter über. Erst im Oktober 2007 erfolgte die Freigabe der Templerakte durch den Vatikan für die Öffentlichkeit. Die Auswertung durch Historiker ergab, wonach die gegen die Templer im Prozess erhobenen Vorwürfe unberechtigt waren. Es entstanden im Laufe der Jahre zahlreiche Legenden und Verschwörungstheorien um das Wirken, die Geheimnisse und die Schätze des Templer-Ordens. Es gibt aber keine Belege für diese Behauptungen, die strenger wissenschaftlicher Prüfung standhalten würden.

Jerusalem war ein Anziehungspunkt für Pilger und Abenteurer aus Europa. Kurz nach dem ersten Kreuzzug stand nur der Seeweg offen. Die Straßen von der Küste ins Landesinnere waren sehr unsicher. Die zahlreichen Pilger in den bergigen Regionen der Strecke von Jaffa über Ramla nach Jerusalem zogen Räuber an. Der Großteil des Kreuzritterheeres war nach Europa zurückgekehrt, weshalb kein Schutz vor Überfällen bestand. Wahrscheinlich waren es Hugo von Payns, Gottfried von Saint-Omer und sieben weitere französische Ritter, die einen Orden gründeten, dessen Aufgabe es sein sollte, die Straßen des heiligen Landes für die christlichen Reisenden zu sichern. Die Ritter legten vor dem Patriarchen von Jerusalem ein Ordensgelübde ab. Neben den "klassischen" Gelübden, die sich auf Armut, Keuschheit und Gehorsam bezogen, verpflichteten sich die Ordensbrüder zudem, den Schutz der Pilger sicherzustellen. Die Statuten des Ordens basieren auf der Regel des Benedikt von Nursia aus dem 6. Jh. Nach dem Vorbild der Templer formten sich weitere Ordensbruderschaften zu geistlichen Ritterorden um. Der bedeutendste von ihnen war der Johanniter- oder Hospitaliterorden, der bereits 1099 als reine Hospitalsbruderschaft bestand und bis Mitte des 12. Jh. sein Tätigkeitsfeld von der Beherbergung und Pflege von Pilgern, Kranken und Armen auch auf deren militärischen Schutz durch Ordensritter ausweitete. Auch der 1189 als Hospitals-bruderschaft gegründete Deutsche Orden wurde 1198 nach dem Vorbild der Templer zu einem geistlichen Ritterorden erweitert. Insbesondere zwischen den Johannitern und Templern entwickelte sich eine rege Konkurrenz um Macht und Einfluss im Heiligen Land, die teils in blutigen Gefechten ausartete und die Kreuzfahrerstaaten insgesamt schwächte. Die Templer beteiligten sich aktiv an der Vertreibung der Mauren von der Iberischen Halbinsel.

Wir besichtigen die alte Wehrkirche Saint Christopher aus dem 14. Jh.. Ein Kreuz des Malteserordens schmückt das Kirchenschiff. Der Friedhof nebenan ist mit scheibenförmigen Stelen geschmückt. Dann machen wir einen Spaziergang durch den malerischen Ort. Rolf fotografiert eine neugeborene Katze, deren Mutter sich nicht beim Fressen stören lässt. Ich kaufe eine Kette für Corinna, die Tochter unserer Freundin Sandra, die unser Haus hütet und für mich selbst einen Schlüsselanhänger mit einem Leoparden.
Unser Weg führt uns weiter nach Le Caylar. Das Dorf, dessen Name "Felsen" bedeutet, wird von stark verwitterten, wie Ruinen aussehenden Felsen überragt. Aus der Ferne meint man, es handle sich um eine von einer eindrucksvollen Umfassungsmauer mit Bergfrieden umgebene Stadt. Nähert man sich dem Ort, erkennt man, dass diese "Burg" in Wirklichkeit aus Felsen besteht, denen das Wasser bizarre Formen verliehen hat. In dem schönen Ort ist der Uhrenturm besonders sehenswert. Es handelt sich um einen Überrest der Stadtmauer, die den Ort im Mittelalter umgab. Viele der alten Häuser des Ortes besitzen noch schöne Fenster und Türen aus dem 14. und 15. Jh. Mitten auf dem Dorfplatz steht eine skulpierter Baum, geschaffen 1999 von dem Architekten J. P. Gouraud. Mich hat dieses Kunstwerk vor Jahren schon begeistert. Wir ergattern einen Platz in einem kleinen Cafe, am Platz, mit Blick auf den Uhrturm und den schön verziehrten Baum. Es ist 14 Uhr und wir geniessen den warmen Tag.

Durch die Pampa fahren wir weiter, über herrliche kurvige Straßen über die Hochebene des Larzac, durch das Tal der Sorgue, über Cornus (in der Reformation ein wichtiger Ort), Fondamente, Saint Beaulize, über den Col Aigueres nach Roquefort-sur-Soulzon. Es gibt seit 2009 sieben Roquefort-Produzenten, die mit Abstand größte ist Societe des Caves de Roquefort (60 % der Gesamtproduktion), die mehrere Höhlen besitzt und für Touristen Führungen anbietet. Wir sparen uns den teuren Eintritt und besichtigen die Caves Gabriel Coulet, der Eintritt ist frei. Und natürlich kaufen wir, nachdem wir einiges probiert haben, Käse und Trockenwurst für Zuhause. Alles wird gut verpackt, so dass es kein Problem mit dem Transport gibt.

Der Roquefort hat eine sehr lange Tradition: Schon die Römer kannten roquefortartigen Käse, wie Plinius der Ältere im Jahr 79 erwähnt. Um 1060 findet der Roquefort erste Erwähnung in Klosterbüchern, im Jahr 1411 erteilte Karl VI. den Bewohnern von Roquefort das Monopol für die Käsereifung in Kalkstein-höhlen des Bergmassivs Combalou. Als Garantiezeichen trägt der Käse neben dem Prüfsiegel AOC ein rotes Schaf in ovalem Rahmen.

Im Département Aveyron wird der echte Roquefort produziert, traditionell wird er aus roher Schafsmilch hergestellt und ist der einzige Blauschimmelkäse, der diesen Namen tragen darf. Eine Woche lang verbleibt der Käse in perforierten Tonformen in einem Reifungsraum und wird regelmäßig gewendet, anschließend werden die Laibe in die Höhlen von Combalou gebracht und aus der Form gehoben. Hier werden sie gesalzen. Der Edelpilz für den Käse wird auf Roggenbroten gezüchtet. Diese Käselaibe entstehen aus beimpfter Milch. In ihnen wartet Penicillium roquefortii auf den entscheidenden Schritt, das Pikieren. Damit sich der Pilz entfalten kann, muss der Käse mit Nadeln angestochen werden. Dadurch gelangt in die Nadelkanäle Sauerstoff in den Käse, wodurch sich der Pilz ausbreiten kann. Heute wird maschinell pikiert. In den Höhlen und Felsenkellern des Berges Combalou ist es feucht und luftig. Die Temperatur beträgt im Durchschnitt 8 C bei einer Luftfeuchtigkeit von 95 % - ein optimales Reifeklima. Diese feuchte Höhlenluft mit hohem Sauerstoffgehalt dringt in die Nadelkanäle ein und fördert das Pilzwachstum. Rund 3 Wochen später werden die Laibe in Zinnfolie gewickelt und zur Nachreifung für weitere 3 Monate oder länger in dunklere und kühlere Teile der Höhlen gebracht.

Die Gewölbekeller gehören der von Bauern 1842 gegründeten "Sociéte des Caves", der Gemeinschaft der Roquefort-Käser und sind seit dem 17. Jh. unverändert, zahlreiche Felsspalten lassen frische Luft eindringen. Die relativ konstanten Temperaturen (6-13° C) und die Luftfeuchtigkeit sorgen für optimale Reife-bedingungen. Gleich hinter dem Ort Roquefort-sur-Soulzon liegen insgesamt 17 Höhlen, die sich über 12 Stockwerke bis zu zwei Kilometer tief durch den Fels ziehen. Jede dieser Höhlen bietet jeweils leicht verschiedene Bedingungen und bringt einen Untertyp des Roquefort mit jeweils leicht variierender Ausprägung von Schimmelbildung und Geschmack hervor. Ein Roquefort Käse wieg zwischen 2,5 und 3 Kilo-gramm und ist ca. 10 cm dick. Für jedes Kilogramm Käse werden ca. 4,5 l Milch benötigt.

Unsere Tour führt uns weiter, über die grünen Oase Saint-Rome-de-Cernon und Saint-Georges de Luzen-con, unter der Brücke von Millau hindurch - immer wieder ein imposanter Anblick - nach Millau zum Einkaufen. Unterwegs begegnen uns 3 Jäger, wir grüßen freundlich, ich winke und sie grüßen und winken zurück. Wir müssen Vorsorge treffen, wollen wir doch nicht versehentlich erschossen werden. Obwohl wahrscheinlich die Wachteln und Fasane, die wir sehen, eher ihr Ziel sind. Auf den Wiesen schaffen Spinnen ihre Wunderwerke. Ihre filigranen Spinnereien sehen bezaubernd aus im Sonnenlicht.
Bei der Ankunft am Campingplatz um 16.30 Uhr begrüßen uns schon unsere Katzen. Vom Fuchs ist noch nichts zu sehen, gestern beobachteten wir ihn auf der Pirsch, doch die Enten waren zu schnell. Es war wieder ein herrlicher Tag, 30 Grad und laut Wetterbericht soll es so bleiben. Also entschliessen wir uns, noch auf dem schönen Platz zu verweilen. Es sind zwei Holländer mit Zelt eingetroffen, ansonsten sind wir allein. Heute Abend gibt es frischen Fisch, Trauben, die sind hier einfach Spitze, dazu Baguette und Weißwein. Die Enten belagern uns, das Baguette reicht kaum für alle. Nach einem spannenden Film gehen wir um 23.30 Uhr schlafen.

© Uschi Agboka, 2011
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Eine Tour über 39 Tage, von Niederbayern, durch Frankreich (Zentralmassiv) und weiter nach Italien (Ligurien - Aosta-Tal) Hier der erste Teil - Frankreich.
Details:
Aufbruch: 07.09.2011
Dauer: 6 Wochen
Heimkehr: 15.10.2011
Reiseziele: Frankreich
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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