Frankreich - Spanien 2014

Reisezeit: August - Oktober 2014  |  von Uschi Agboka

Teil III - Baskenland - Streckenverlauf: Hospital St. Blaise (UNESCO) - Camp de Gurs

20.09.2014 - 23. Tag - Hospital St. Blaise (UNESCO) - Camp de Gurs

20. September 2014 - Samstag - 23. Tag
Hospital Saint Blaise - Eglise l'Hospital Saint Blaise - UNESCO Weltkulturerbe
Camp de Gurs, Gurs
Campingplatz Du Pont d'Abense, Abense de Haut, Tardets, Pyrenees-Atlantiques, Aquitanien
Fahrzeit: 3 Stunden - 84 km
Heute machen wir einen faulen Tag. Wir wollen nur nach Hospital Saint Blaise, uns die Kirche anschauen. Dann müssen wir noch einkaufen und den Campingbus vorbereiten. Morgen wollen wir weiter fahren, nach Spanien, an die Atlantikküste.
Abfahrt 10.30 Uhr, wie immer. D 347, D 24, D 25. L'Hospital ist ein sehr kleiner Ort, nur 80 Einwohner, die in schönen Häusern leben.
Den Mittelpunkt des Ortes bildet die Eglise l'Hospital Saint Blaise, UNESCO Weltkulturerbe. Die Kirche ist geöffnet und eine nette junge Frau bietet uns einen Audioführer in deutscher Sprache an. Wir sind begeistert. Alles wird sehr schön erzählt, untermalt von entsprechender Beleuchtung und Musik. Das Ganze ist kostenlos, doch wir geben eine Spende, das alles muss schließlich bezahlt und erhalten werden.
Die Kirche aus ockerfarbenem Tonschiefer ist eine Mischung aus romanisch-navarresischer und byzantinischer Architektur: Sie hat die Form eines griechischen Kreuzes mit einem achteckigen Turm in der Mitte, der sich über einer Kuppel mit spanisch-maurischen Einflüssen erhebt. Die Maße sind mit 18 Metern Länge und 12 Metern Breite bescheiden.
Der Eingang auf der Westseite erfolgt durch ein reich dekoriertes Portal unter einem kleinen Glockenturm. Nur Teile des Schmucks im Tympanon sind noch original, die meisten Teile sind bei einer Restauration Anfang des 20. Jh. originalgetreu rekonstruiert worden.

Bis auf die Fenster im Chor und in den beiden Kapellen in den Querschiffen sind alle Nischen mit steinernen Balustraden versehen, deren einzelne Säulen vielfältige geometrische Formen besitzen. Diese Architekturelemente, die aus einer islamischen und vorromanischen Tradition stammen, sind in solcher Vollständigkeit in keiner anderen französischen Kirche zu finden. Ebenso einzigartig ist der Dachgesims des Chores aus Holzbohlen, verziert im Mudejar-Stil. Altersbestimmungen ergaben, das sie tatsächlich noch aus dem 12. Jh. stammen. Die hölzerne Empore war während des Gottesdienstes nur den Männern vorbehalten.
Die meisten Fenster sind auf der Innenseite mit Fächerbögen versehen. Die achteckige Kuppel erhebt sich über einer glatten Trompe. Ihre Konstruktion über doppelt verschränkten Bögen, die einen achteckigen Stern bilden, erinnert an maurische Vorbilder.
Schön ist auch das Altarbild Saint Blaise.
L'Hôpital Saint-Blaise wurde im Mittelalter zur Betreuung der kranken Pilger auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela gegründet. Augustinermönche aus dem Kloster Santa Cristina auf dem Col du Somport erbauten hier in der Mitte des 12. Jh. eine Herberge der Barmherzigkeit. Die Bezeichnung "Hospital" ist nur die ortsübliche Umschreibung. In der Hierarchie des Klosters handelte es sich um eine Komturei. Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1308. Die Herberge wurde vermutlich in der Zeit der französischen Revolution abgerissen. Heute existiert nur noch die romanische Kirche, die als Teil des Weltkulturerbes der UNESCO "Jakobsweg in Frankreich" ausgezeichnet ist.

Der Heilige Blasisus gilt als Schutzheiliger der Schäfer, der Wollkämmer und der Steinmetze. Er war von Beruf Arzt und wurde später Bischof von Sebaste, damals Hauptstadt der römischen Provinz Armenien.
Eine dreitägige Wallfahrt zu seinen Ehren fand regelmäßig Anfang Februar statt. Dabei wurden Tierhaare, Federn und ähnliche Produkte aus der Nutztierhaltung in ein Feuer auf dem Dorfplatz geworfen, um den Schutz des Viehs zu erbitten.
Nach der guten Führung schauen wir uns noch ein bisschen in dem winzigen Ort um, ehe wir weiterfahren. Mich interessieren dabei besonders die Katzen, die hier herum spazieren.
Weiter D 25, D 936 bis nach Gurs. Dort hatten wir schon an einem anderen Tag eine Gedenkstätte von weitem gesehen. Heute wollen wir uns das näher anschauen.
Camp de Gurs war bereits vor dem Zweiten Weltkrieg das größte französische Internierungslager.
Das Lager wurde 1939 auf einem feuchten, 80 Hektar großen Gelände errichtet. Ursprünglich gab es 400 schlichte hölzerne Baracken, umgeben von einem doppelten Stacheldrahtzaun. Es wurde zunächst für politische Flüchtlinge und Kämpfer des Spanischen Bürgerkrieges eingerichtet.
Ab Mai 1940 werden auch "Unerwünschte Personen" (z .B. antifaschistische Emigranten aus Deutschland und als Spione verdächtigte Staatsbürger verschiedener Länder) welche die Vichy-Regierung in Frankreich verhaften ließ, hier untergebracht, im Laufe der Zeit fast 64.000 Personen, auch Frauen und Kinder.
Ab Oktober 1940 setzt dann die Belegung mit den aus Südwestdeutschland abtransportierten Juden ein, die in Zügen ins nahe Oloron Sainte Marie gebracht und von dort ins Lager transportiert wurden - Gurs selbst hatte keinen Gleisanschluss. Für viele war das nur eine Zwischenstation, bevor sie 1944 in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau verschleppt und dort umgebracht wurden.

Nach der Befreiung wurde das Lager zur Inhaftierung von Kollaborateuren und deutschen Kriegsgefangenen genutzt. Am 31. Dezember 1945 wurde das Lager geschlossen und anschließend zerstört. Auf dem größten Teil des Geländes wurde ein Wald gepflanzt - die Erinnerung an dieses Lager, das ständig unter französischer Verwaltung gestanden hatte, sollte verdrängt werden.
Seit 1994 ist das Lagergelände eine nationale Gedenkstätte, welche die Erinnerung an seine Geschichte und die dort Internierten wach halten soll. Es wird vom Förderverein "Amicale du camp de Gurs" betreut. Das Gelände ist frei zugänglich.
Die nationale Gedenkstätte besteht aus verschiedenen Elementen. Ein Pavillon informiert über das Lager, die Insassen und die Zustände. Ein "Weg der Erinnerung" mit Informationstafeln verläuft durch das Gelände (meist im Wald). Am Beginn der etwa zwei Kilometer langen Lagerstraße weist eine Doppelreihe von Stelen auf die verschiedenen Opfergruppen dieses Ortes hin, gestaltet vom israelische Künstler Dani Karavan. Eine der Holzbaracken ist rekonstruiert. Im Freigelände führt ein 160 Meter langes Gleis von einer durch ein Holzgerüst angedeuteten Baracke zu einem mit Stacheldraht umzäunten betonierten Platz, symbolische Erinnerung an die Verschleppung in die Vernichtungslager. Auf dem etwas abseits liegenden Lagerfriedhof sind mehr als tausend Menschen begraben, überwiegend im Lager verstorbene Spanienflüchtlinge und -kämpfer und jüdische Deportierte.
Rolf und ich sind erschüttert von dem, was wir hier erfahren und sehen.
Unsere Fahrt geht nun weiter, nach Oloron Sainte Marie. Dort im Intermarche machen wir einen Großeinkauf, ehe wir auf kleinen Sträßchen zurück auf den Campingplatz fahren. Unsere letzte schöne Fahrt in der Gegend. Es ist heute sehr schwül, 28 Grad, einige Regentropfen erwischen uns.

Gegen 13.30 Uhr sind wir Zuhause, nach 3 Stunden, 84 km. Doch wir haben gerade heute, an unserem letzten Tag hier, besonders viel Interessantes gesehen.
Erst einmal müssen die Einkäufe verstaut werden, 2 Rindersteaks, 2 Rumpsteaks, 2 Stck. Lachs, alles wird eingelegt mit Olivenöl, Wein und Kräutern und im Kühlschrank verstaut. Anschließend mache ich mich daran, die frischen Crevetten zu pulen. Danach muss ich meine Fingernägel mal wieder auf Vordermann bringen und lackieren. Rolf und ich wollen ein bisschen relaxen, doch keine Chance. Schon den dritten Tag ist ein lauter Rasenmäher unterwegs. Ziemlich nervtötend. Hin und wieder fallen einige Regentropfen. Rolf lädt das Motorrad auf den Hänger. Morgen wollen wir nach Zarautz weiter fahren. Es sind einige neue Camper gekommen, ein Engländer, der einen Smart dabei hat. Er und seine Frau, beide über 80 Jahre, sind sehr nett und freundlich. Ein weiteres niederländisches Paar, sehr unfreundlich, unhöflich, sogar zu den eigenen Landsleuten Marius und Edith. Wir glauben inzwischen alle, dass die einfach etwas gegen Motorradfahrer haben.
Zum Abendessen gibt es die frischen Crevetten, dazu Pilze, Tomatensalat, Baguette, Weißwein, Pfirsiche.
Wir verbringen den letzten Abend auf dem schönen Platz wieder mit Marius und Edith, solch nette Menschen wie die beiden haben wir selten getroffen in all den Jahren. Adressen und Email werden ausgetauscht, ehe wir schlafen gehen.

© Uschi Agboka, 2015
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Fahrt durch die Auvergne, Perigord, Limousin, Aquitanien, das Baskenland und Besuch der Picos de Europa.
Details:
Aufbruch: 29.08.2014
Dauer: 6 Wochen
Heimkehr: 08.10.2014
Reiseziele: Frankreich
Spanien
Deutschland
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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