Jordanien 2012

Reisezeit: Oktober 2012  |  von Hartmut Laue

Die Muslimbrüder und mein Auto?

Das ist ganz einfach: Nachdem ich mir die erste Nacht ja so ziemlich um die Ohren geschlagen habe - gelandet um 1:35 in der Nacht, Fahrzeug übernommen und dann durch die menschenleere nächtliche Millionenstadt Amman gebrettert (sie ruht auf 21 Hügeln und ist daher extrem unübersichtlich), dabei selbst mit Karte, GPS und eingeschaltetem Gehirn mehrfach verfahren, schließlich das Hotel gegen 3:30 Uhr mitten in der tagsüber extrem trubeligen Altstadt aber doch gefunden und auf Rat von Loay (unser Nachtportier, ein ganz lieber Mensch) als weit und breit einziges Auto direkt vorm Hotel auf der Straße geparkt ("no problem, absolutely safe")- wollte ich die nächste Nacht mal ruhig verbringen. Ich hatte mich schon über den nächtlichen Lärm, Sirenen usw. gewundert, als es um 3 Uhr an der Tür klopft. Ich ignoriere es zunächst, er bleibt aber hartnäckig, ich schaue raus, ja, das sei die Polizei, ich müsse mein Auto wegfahren, da offensichtlich nach dem Freitagsgebet mit Demonstrationen gerechnet werde. Er habe das rein zufällig gesehen, als er aus dem Fenster geschaut habe. Ich wanke schlaftrunken nach unten - und bin schlagartig hellwach. Um mein Auto 3 Polizeiwagen mit roten und blauen Blinklichtern, mittendrin mein Auto am Abschleppwagen, fertig zur Abfahrt!!!! Gerade noch mal gut gegangen, ich parke auf seinen Rat in einer Seitengasse hinter dem Hotel.
Da ich das mit den Freitagsdemos schon ahnte, plane ich einen Besuch der Wüstenschlösser außerhalb Ammans und will daher mein Frühstück kurz vor 7 Uhr einnehmen. Mein neuer Freund Loay erzählt mir, wenn ich wegfahren wolle, sollte ich das besser sofort tun, heute sei genau in dieser Gasse der Pets Market, da käme man dann nicht mehr weg. Tatsächlich, die schmale Straße ist bereits gut gefüllt mit Vogelkäfigen, Hunden und Katzen. Immerhin hat er mir noch schnell eine Frühstücksbox mitgegeben und ich komme gerade noch so raus. Beim Verlassen der Stadt kommen mir schon lange Kolonnen an gepanzerten Fahrzeugen entgegen, auch einige Pickups mit palästinensisch aussehenden Leuten obendrauf mit aufgepflanzten Maschinengewehren, wie man das so aus dem Fernsehen kennt!? Loay erzählt mir später, dass 20.000 Leute der Muslimbrüderschaft demonstriert haben, bewacht von 12.000 Polizisten, und das alles offenbar direkt unter meinem Hotelzimmer! Als ich abends wiederkomme, ist jedenfalls alles so wie immer und das Hotel steht auch noch. Aber komisch war's schon. Loay und die nette Besitzerin Nijmah (gesprochen" Netschma") entschuldigen sich noch jeden Tag bei mir, so peinlich ist ihnen das . Soeben hat er mir - um Mitternacht - noch einen Tee mit frischer Minze gebracht, während ich hier diese Zeilen zu netbook bringe.

Da ich noch nicht genug Aufregung hatte, habe ich meine Tour der Wüstenschlösser - mit unaussprechlichen Namen wie Quasr-al-Hallabat, Hamam-as-Sar, Quasr Azrat, Quasr-al-Kharana und Qusir-Amra - nachmittags noch erweitert und bin an die syrische Grenze gefahren, davon ausgehend, dass man mich schon aufhalten wird, wenn es brenzlig werden sollte, unser Auswärtiges Amt jedenfalls warnt vor Aufenthalten um Mafraq herum. Aber es gibt keinen checkpoint, nur einmal eine martialische Militärstellung mit Flakkanonen direkt an der LKW-"Rennstrecke" in den Irak, die direkt parallel zur syrischen Grenze verläuft. Mein Ziel ist die die alte Nabatäerstadt Umm-al-Jimal nur wenige km von Syrien entfernt. Ich bin auf diesem großen Areal ganz alleine, Visitor Center ist verwaist, Touris trauen sich offenbar nicht mehr her. Über Mafraq komme ich dann wohlbehalten wieder in Amman an - und treffe schon wieder interessante Leute: Karo aus München hat gerade eine Famulatur in der palästinensischen Westbank gemacht (Nablus) und ist daher in israelischen Augen schwer verdächtig, Intan aus Djakarta spricht perfekt Deutsch, daneben sprach ich inzwischen mit mehreren Australiern , langsamen Schweizern aus Bern, Nordiren, einen Thai, den waschechten Briten Patrick und Kerstin (!) aus London.

Als nächstes gibt's etwas über Abseiling.....

© Hartmut Laue, 2012
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Von den Golanhöhen zum Toten und Roten Meer
Details:
Aufbruch: 03.10.2012
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 27.10.2012
Reiseziele: Jordanien
Der Autor
 
Hartmut Laue berichtet seit 13 Jahren auf umdiewelt.