Hola Colombia, Hola Perú ... Soy Uwe

Reisezeit: März 2014  |  von Uwe Decker

Bogota, das Regenloch

Wie für Medellin habe ich auch für Bogota zwei Tage eingeplant. Dazwischen liegt ein Tag für die Anreise mit dem Bus. Auch wenn es mit dem Flieger zu erschwinglichen Preisen sehr viel schneller geht, ich will etwas mehr vom Land sehen und zwar nicht nur aus der Vogelperspektive. Es lohnt sich. Für 20 Euro bekommt man ziemlich viel Busfahrt geboten, in meinem Fall gut zwölf Stunden. Der Flieger benötigt weniger als eine. Was kein Wunder ist. Kolumbien wird durchzogen von Andenketten, bis auf ein paar Kilometer geradeaus in der Ebene entlang des Rio Magdalena geht es in endlosen Serpentinen hoch und runter. Aufgrund des Fehlens von Eisenbahnen wird der gesamte Warenverkehr über die Straße abgewickelt. Entsprechend quält sich eine endlose Blechkolonne von LKWs die Berge hoch und runter, mit viel Gehupe und abenteuerlichen Überholmanövern dicht am Abgrund.

Ein Rat an den potentiellen Überlandbusfahrer in Kolumbien: Am besten nicht zu weit vorne sitzen und nicht zu oft nach vorne gucken. Das spart Nerven.

Wie gesagt, zwei Tage sind für Bogota eingeplant, und zwei Tage reichen. Denn über reichlich Sehenswürdigkeiten verfügt Bogota nicht. Oder ich habe sie übersehen.

Eine gute Möglichkeit, die Stadt kennenzulernen, ist eine Biketour, so wie sie mittlerweile von mehreren Anbietern durchgeführt wird. Trotz der Höhe, Bogota liegt auf einer Hochebene auf über 2.600 Metern, ist die Fahrt durchaus angenehm, denn einige der Hauptstraßen verfügen über eigene Fahrradspuren und jeden Sonntag Vormittag werden die Hauptachsen für den Autoverkehr gesperrt und stehen ausschließlich Fahrradfahrern, Skatern und Joggern zur Verfügung. Man merkt, Radsport ist nach Fußball Volkssport Nummer zwei in Kolumbien.

Bei den angebotenen Radtouren stehen weniger die Sehenswürdigkeiten im Mittelpunkt. Mit einer Ausnahme. Der Plaza Bolivar, ein riesiger baumloser Platz, umgeben vom Justizpalast, der Kathedrale, dem Parlamentsgebäude sowie dem Sitz des Bürgermeisters. Mitten drin die Statue Simon Bolivars. Ein wahrhaft geschichtsträchtiger Platz, mit einer zwiespältigen Geschichte, besonders was das Justizgebäude anbetrifft, sehr differenziert dargeboten von unserem Guide Roberto, einem lustigen Typen, und bilingual, für den spanisch und englisch sprechenden Teil unserer zehnköpfigen Gruppe.

Ansonsten geht es bei dieser Tour eher um den Alltag und das Leben der Einheimischen. Wir besuchen den Plazoleta del Rosario, wo sich jeden Vormittag vorwiegend ältere Herren mit zusammengefalteten Papierblättern einfinden. Des Rätsels Lösung: es handelt sich um Smaragdhändler und der interessierte Käufer kann hier die Ware in den Blättern in Augenschein nehmen und entweder ein Schnäppchen machen oder gnadenlos übers Ohr gehauen werden.

Weiterhin lernen wir wie eine Zuckerrohrpresse funktioniert und wie köstlich der so produzierte Saft schmeckt, besuchen einen Obstmarkt mit Kostproben der einheimischen Früchte wie Guanabana oder Borojo, Namen die ich noch nie gehört habe und die ich entsprechend im heimischen REWE Markt auf ewig vergeblich suchen werde, sehen das Training eines angehenden Torreros in der alten Stierkampfarena, fahren durchs Rotlichtviertel (es fängt an zu regnen und von den Arbeitsschaffenden ist weit und breit nichts zu sehen) und besuchen eine kleine, aber feine und angeblich Kaffee in Spitzenqualität produzierende Kaffeerösterei nebst Verköstigung.

Ich logiere in einem Hostal mitten in der Altstadt, in La Candelaria, einem Szeneviertel, in dem sich vorwiegend Studenten und andere jüngere Leute treffen und ausgehen. Viel Kopfsteinpflaster ist zu sehen, urige kleine buntbemalte Läden und Lokale sowie jede Menge Museen. Besonders zu empfehlen ist das Botero Museum. Genau, der aus Medellin mit den Dicken.

Wieso eigentlich steht in Reiseführern, dass La Candelaria abends nicht sicher ist und man das Viertel bei Dunkelheit meiden sollte? Was für ein Unsinn.

In der Nähe befindet sich auch das "Museo del Oro", das Goldmuseum, ein Must Go für jeden Bogota-Besucher. Schließlich beherbergt dieses Museum eine weltweit einzigartige Sammlung präkolumbianischer Goldobjekte.

Bogota steht im Ruf, ein Regenloch zu sein, und das kann ich bestätigen. Bevor die Wolken noch tiefer hängen und die Sicht gleich Null ist fahre ich vormittags mit der Seilbahn auf den Cerro Montserrate, auf 3.150 Meter Höhe und genieße den Blick auf das Häusermeer unter mir. Hier oben sehe ich auch, dass die umliegenden Hügel dicht grün bewachsen sind. Also jede Menge Natur. Oft genug fängt in Kolumbien der Dschungel gleich hinter der Stadtgrenze an.

Zum Schluss dieses Kapitels kann ich mir ein Wort zur holden Weiblichkeit nicht verkneifen. Stehen die Kolumbianerinnen doch im Ruf, zu den schönsten Frauen der Welt zu gehören, die Paisas, so werden die Einwohner rund um Medellin genannt, zu den Schönsten der Schönen. Insofern war ich vor Bogota reichlich enttäuscht. Nach Bogota nicht mehr. Aussehen und Schönheit ist natürlich Ansichtssache. Auf jeden Fall verfügt Kolumbien über eine beeindruckende Völkervielfalt. Wie kaum sonst auf der Welt kann man auf engstem Raum alle erdenklichen Hautfarben, von ganz weiß bis ganz schwarz, sehen.

© Uwe Decker, 2014
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Von der Karibikküste zum Amazonasdschungel – Drei Wochen Allein durchs Nördliche Südamerika
Details:
Aufbruch: 05.03.2014
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 29.03.2014
Reiseziele: Kolumbien
Peru
Der Autor
 
Uwe Decker berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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