Die Sieben Säulen der Weisheit

Reisezeit: März / April 2008  |  von Ursula Lauterbach

Petra und die Nabatäer-Gräber

"Petra"

Residenz der Nabatäer-Könige bis zur Errichtung der römischen Provinz "Arabia Petraea" durch Kaiser Trajan (106 n.Chr.),Handelsplatz im Karawanen-Verkehr von Südarabien nach Syrien.
Nach der Eroberung durch die Araber (629-632 n.Chr.) wurde die Stadt verlassen. 1812 von Johann Ludwig Burckhardt wiederentdeckt. Die monumentalen Fassaden zeigen eine eigenartige Mischung aus römisch-hellenistischer Tempelarchitektur und einheimischer Grabbau-Tradition.
Der quirlige Kleinstadt, die heute bei den Ausgrabungsstätten von Petra liegt, heißt: "Wadi Mussa", ein Ort, der seinen Aufschwung vor allem dem Tourismus verdankt.

Unser einheimischer Führer Adnan hat für uns die Eintrittskarten zum weltberühmten "Siq" besorgt, dem einzigen Zugang zur rosaroten Stadt Petra. Allerdings sind wir hier nicht mehr so allein wie in der Wüste. 2000 Menschen besuchen täglich dieses Wunder!
Überall gibt es Verkaufsstände mit den immer gleichen Ketten, Armbändern und Figuren.
Alles kostet erstmal 1 Dinar. Erst bei genauerem Nachfragen wird's teurer und da kommt es auf die Kunst des Feilschens an!

der morgendliche Blick aus dem "Siq" auf das "Schatzhaus"

der morgendliche Blick aus dem "Siq" auf das "Schatzhaus"

Auf dem Weg zum "Siq" kommen wir an den sog. "Dschinns" vorbei, würfelförmige Quader, die vermutlich Gräber waren. Die Beduinen haben sie als "Dschinn", als "Geister" tituliert, weil sie sich nicht vorstellen konnten, wozu sie gedient haben sollten.
Im "Siq" sehen wir die guterhaltenen Reste einer antiken Wasserleitung und immer wieder nabatäisches Pflaster, auf dem wir laufen.
Und dann kommt er, der weltbekannte Blick auf das "Schatzhaus". Aus der engen, dunklen Schlucht schauen wir nach einer letzten Biegung atemlos auf die im Morgenlicht glänzenden rosa Säulen dieses geheimnisvollen Grabes für einen nabatäischen König.
Was mag das für ein Gefühl gewesen sein, dieses Wunder als erster aus dem Westen kommender Forscher wie Johann Ludwig Burckhardt im 19.Jhd. erblickt zu haben!

Nach Minuten des Staunens wandern wir weiter am römischen Theater vorbei durch das sich breit öffnende Tal und können uns nicht sattsehen an immer wieder neuen, in den Felsen gehauenen Gräbern.
Heute aber heißt es Aufstieg! Über unzählige Stufen eng am Felsen entlang hinauf zum "Opferplatz", den Eseln ausweichend, die bewundernswert gleichmütig faule Touristen da hinauftragen. "Das stinkt ganz schön!" Werner gibt die philosophische Antwort der Stoiker: "Irgendwas stinkt immer im Leben!"
Um den "Opferplatz" zu schaffen (für Tieropfer) wurde der gesamte Berggipfel flach abgeschlagen (ca. 1000 m.ü.d.Meer).
Die Männer wollen ein paar Jungfrauen opfern, aber unter uns gibt es keine...Alhamdullah!!!

Dann wiederum atemberaubender Abstieg auf einem alten Pilgerweg durch das "Wadi al Farrasch", wo wir auf grellbunte Sandsteinschichten im Felsen stoßen und an weiteren, versteckt liegenden Gräbern vorbeilaufen.
Dann öffnet sich ein riesiges, archaisches Tal vor unseren Augen, weit unten liegt die "römische Kolonnadenstraße".
Die von allen Seiten scheinbar abbröckelnden beigefarbenen Hänge muten an wie das "Tal der Aussätzigen" im Film "Ben Hur". Hier wie dort wimmeln von allen Seiten Gestalten hintereinander auf schmalen Pfaden zu Tal, nur aus unterschiedlichen Gründen.

der buntgemaserte Sandstein

der buntgemaserte Sandstein

versteckt liegende Gräber im "Wadi al Farrasch"

versteckt liegende Gräber im "Wadi al Farrasch"

Nach einem typisch arabischen Mittagessen in einem kühlen Gartenrestaurant wird uns die mittägliche Schläfrigkeit schnell ausgetrieben!
Noch einmal geht es hinauf, steil hinauf, über 800 Stufen zum sog. "Kloster", arab. "Ed Deir". Der Lohn für die Mühen ist atemberaubend: einmal der Blick auf dieses gigantische, 40m hohe Monument auf einer solchen Höhe, dann aber auch, ein paar Meter weiter oben noch die Fernsichta auf das "Wadi Araba", das "Arabische Tal" und auf Israel tief unten in der Ebene, jenseits dieses gigantischen Massivs.
Die jordanische Flagge knattert hier oben im Wind, leichte Dunstschleier liegen über der glitzernden Fläche unter uns. So muß einst der Blick gewesen sein auf "das Gelobte Land"!

Auch der Abstieg über die vielen Stufen ist hart (unsere Knie ächzen), wir erreichen wieder die Kolonnadenstraße, marschieren auf römischem Pflaster Richtung "Siq" und beenden diesen aufregenden Tag mit ein paar "Frustkäufen" auf dem bunten Basar vor dem Siq-Eingang.
Der dicke Postbeamte macht mit der Schlange unserer nach Briefmarken anstehenden Reisegruppe das Geschäft seines Lebens und sein kleiner Enkel bietet unermüdlich jedem neuen Käufer in dem winzigen Postbüro einen Sitzplatz an.
Arabische Gastfreundschaft!
Bettinas Kommentar zum Leibesumfang des Postbeamten: "Ein Mann gewinnt erst Gewicht durch Gewicht!"
Und noch ein wenig bissiger: "Wo steht es, wenn ein Mann seine Frau prügelt und aus dem Haus wirft? In der BILD-Zeitung. Wo steht es, wenn eine Frau ihren Mann prügelt und ihn aus dem Haus wirft? In "SCHÖNER WOHNEN."

das "Kloster" - "Ed Deir"

das "Kloster" - "Ed Deir"

Blick auf das "Wadi Araba"

Blick auf das "Wadi Araba"

das "Schatzhaus" abends, nachdem alle Touristen gegangen sind

das "Schatzhaus" abends, nachdem alle Touristen gegangen sind

Am nächsten Tag Aufstieg auf den "Umm el Biyara", einen Monolithen gegenüber der gigantischen Fassade der Königsgräber. 500 Höhenmeter überwinden wir steil nach oben auf Treppen, deren Stufen manchmal so hoch sind, daß wir sie mit einem Schritt kaum bezwingen können. Jean-Luc zeigt uns hier den Sandstein mit seiner "Liesegangschen Bänderung" aus Hämatit, Mangan und Limonit. Es entstehen im Stein fantastisch bunte Linien, die sich entlang eines überhängenden Felsens an der gesamten Front des "Umm el Biyara" ziehen. Jean-Luc erzählt uns in groben Zügen, wie der Physiker Liesegang diese Zeichnung im Naturstein nachgewiesen hat, aber wir kapieren es nicht so recht. Schaut also bitte im Lexikon nach, wenn Ihr es genau wissen wollt!
(Auch beim Sandstein gibt es zwei Arten: äolischen und marinen Sandstein...den marinen Sandstein erkennt man an den kleinen, darin eingeschlossenen Kieselsteinen...ein Zeichen, daß dieser Stein einmal Meeresboden war.)
Oben, auf dem Gipfel, sehen wir alte Zisternen in den Felsen gehauen und die Ausgrabung einer steinzeitlichen Siedlung.
Auch der Blick auf den "Aronsberg" ist beeindruckend. Mit einem Mal befinden wir uns mitten in der biblischen Geschichte: Aron, Priester und Bruder von Moses ist auf diesen Berg gestiegen, um mit dem Ablegen seines Mantels die Priesterwürde auf seinen Sohn zu übertragen und dann dort oben zu sterben.
Hier spürt jeder wirklich den archaischen Impetus der Heiligen Schrift.

"die Liesegangsche Bänderung" im Sandstein

"die Liesegangsche Bänderung" im Sandstein

Nach dem Abstieg liegt vor uns noch einmal das gigantische Petra-Fels-Massiv mit den Königsgräbern, dem "Urnengrab" mit Vorhof und Haupthalle und einer grandiosen Akustik, dem "Seidengrab"mit seiner natürlichen Sandsteinmaserung in Grau, Rosa, Weiß und Blau, dem "Korinthischen Grab" (wegen der Säulen) und dem "Palastgrab" (Nachahmung eines römischen Palastes mit 4 Toren und 18 Säulen.

das "Palastgrab"

das "Palastgrab"

Über die Nabatäer, die Baumeister dieser Kunstwerke weiß man nicht viel. Alles ist eigentlich irgendwie Spekulation. Sicher ist, daß Alexander d.Gr. diese auf seinen Feldzügen nicht angegriffen und daher ihre Kultur nicht zerstört hat.
Eine kriegerische Geschichte gibt es dennoch zu "Petra":
Die Stadt wurde einmal von den Griechen angegriffen, als die Männer abwesend waren, Frauen, Kinder und Alte dabei ermordet und 6 Tonnen Silber geraubt. Von den Siegern mitgeführte Geiseln konnten allerdings fliehen und die eigenen Krieger verständigen.
Diese verfolgten die Griechen, die zu Pferd gekommen waren. Ein Pferd kann aber nur ca. 35 km laufen, dann muß es getränkt werden, während die Nabatäer Meister des Kamelreitens waren und im übrigen das Kamelsatteln erfunden haben. Weil das Kamel ohne Wasser länger durchhält als ein Pferd, konnten die Nabatäer die Griechen einholen, die Geiseln befreien und ihr Silber zurückgewinnen.

Unser letzter Gang zurück nach Wadi Mussa kann nun entweder durch den großen "Siq" erfolgen...was bequem wäre...oder durch das "Wadi Mudhlib"...was unsere Trittsicherheit verbessern würde.
Die Hälfte der Truppe entscheidet sich für die Verbesserung der Trittsicherheit und folgt Jean-Luc auf seinen abenteuerlichen Spuren durch dieses ganz enge Tal.
Die Frühlingsbäche haben dicke Felsen in die Schlucht gespült, sich dort verkeilt und oft den Weg versperrt. Wir arbeiten uns durch unglaublich enge Felswände bergan, manchmal können wir uns rechts und links gleichzeitig am Stein abstützen, so eng ist es hier.
Es ist ein atemberaubend schöner und anspruchsvoller Weg, dessen Ende durch ein mit flammend roten Oleandern bewachsenes Sandbett und einen Tunnel führt...zurück zum Ausgangspunkt, wo wir die "bequemen" Siq-Gänger wiedertreffen.

"Wadi Mudhlib"

"Wadi Mudhlib"

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Wandern und Leben bei den Beduinen des Wadi Rum. Petra und die Nabatäer: Architekten und Erfinder des Kamelsattelns. Berg Nebo und Totes Meer. Trekking im Naturpark Wadi Mujib.
Details:
Aufbruch: 30.03.2008
Dauer: 11 Tage
Heimkehr: 09.04.2008
Reiseziele: Jordanien
Der Autor
 
Ursula Lauterbach berichtet seit 16 Jahren auf umdiewelt.
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