Indian Summer in den Neuengland Staaten der USA

Reisezeit: September / Oktober 2008  |  von Franzi S.

Die Green Mountains

Die riesigen Fenster ums Zimmer herum haben eine einfache Innen-Lamellenstore, die nur wenig Licht abschirmt. Dies ist insofern toll, weil draussen ein Scheinwerfer das Haus beleuchtet und damit genau unser Zimmer. Gott sei Dank ist dieses Flutlicht um 22 Uhr abgeschaltet worden. Fränzchen hat sich schon mit Hilfe eines Badetuchs eine zusätzliche Verdunkelung gebastelt, was Jürg wieder zu emsigem Kopfschütteln animiert hat...

Aber wir haben wunderbar geschlafen und um acht Uhr sitzen wir am grossen Tisch im schönen Esszimmer zusammen mit einem Ehepaar aus Connecticut. Schon im Tripadvisor haben Gäste beschrieben, dass das Frühstück einmalig sei, und so sind wir wirklich gespannt, was uns da erwartet. In der Küche waltet Jon, den wir nun auch noch kennen lernen. Sein Englisch ist Oxford-mässig gepflegt, so dass er seine Abstammung nicht verleugnen kann. Wie Julie ist auch er sehr freundlich und herzlich.

Das Frühstück besteht aus drei Gängen. Einerseits haben wir ofenwarme Cones mit Butter auf dem Tisch, andererseits serviert uns Julie leckere Pancakes mit Erdbeeren und Rahm. Dann gibt es einen ebenso leckeren Blätterteigkuchen mit Käse und Spargeln. Die Leute im Tripadvisor haben nicht übertrieben. Es schmeckt alles äusserst fein, und Jon und Julie freuen sich über die vielen Komplimente, die es von allen Seiten hagelt. Ein weiteres Ehepaar gesellt sich zu uns. Sie kommen aus New Jersey. Schon bald sind links und rechts angenehme Gespräche im Gange woher man kommt und wohin man geht.

Als wir am Morgen aufgestanden sind, hat es draussen geregnet. In der Zwischenzeit scheint die Sonne, doch schwarze Wolken dominieren nach wie vor die umliegenden Berge. Der Wetterkanal meldet, dass das Wetter erst ab Mittag besser werden soll.

So wursteln wir gemütlich noch ein wenig im Zimmer herum und starten um halb zehn unsere Tour. Jon meint beim Verlassen des B & B's, es werde heute noch 20 Grad. Sehr lustig... Draussen ist es kurz vor dem Regnen und ar..kalt.

Der Reiseführer hat uns das Städtchen Manchester schwer ans Herz gelegt. Einerseits ist es eines der schönsten Neuengland-Städtchen und andererseits ein Paradies für alle Shoppingfreaks. Das hört sich doch für einen halb-verregneten Tag hervorragend an! Der Highway 11 führt uns zuerst durch ein idyllisches Tal, dann geht's langsam in die Höhe. Natürlich begleiten uns herrlich farbenfrohe Wälder, wobei die Farbe gelb dominiert. Auf dem Bromley Pass erblicken wir Skilifte und Pisten sowie ein Spielparadies für Kinder. Dann geht's steil hinunter in ein weiteres Tal, wo Manchester liegt. Das Städtchen besteht gemäss Reiseführer aus drei getrennten Städten: Manchester Depot und Manchester Center, die Outlet-Zentren Neuenglands, und Manchester Village. Alle drei Orte zusammen bilden ein malerisches Reiseziel inmitten von Bergen - typisch für das südliche Vermont.

Manchester ist schon seit dem 19. Jahrhundert ein bevorzugtes Ferienziel gewesen, damals reisten wohlhabende Städter in die Berge um der sommerlichen Hitze zu entgehen. Bürgersteige seien aus Marmor im Schatten von alten Bäumen. Davon sehen wir jedoch noch nichts, da wir als erstes in dem Teil landen, wo die Outlet Läden dominieren. So was Dummes... Zudem brauen sich die dunklen Wolken wieder zu einem Wolkenbruch zusammen, so dass wir leichten Herzens auf einen der grossen Parkplätze fahren und uns dem Shopping hingeben. Okay, geben wir mal nicht das Wetter schuld. Wir wären vermutlich auch so nicht an den vielen Shops vorbeigekommen...

In solche schönen Häusern befinden sich die Shops

In solche schönen Häusern befinden sich die Shops

Über zwei Stunden verbringen wir in diesen schönen Geschäften. Mal giesst es draussen in Kübeln, mal scheint die Sonne. Touristen werden Busweise herangekarrt, doch alles in allem hat es wenig Leute die shoppen. Um halb eins haben wir schon eine ganze Menge Plastiksäcke bei uns und hungrig sind wir auch. An einem kleinen Flüsschen entdecken wir eine Bäckerei, die frisches Brot und Bagel anbietet. Ein junges Paar steht hinter der Theke und bietet tatsächlich richtig leckeres Brot an, das man dann nach Lust und Laune mit diversen Leckereien belegen kann und fertig ist das Sandwich.

Um halb zwei ist das Wetter traumhaft schön und tatsächlich 20 Grad. Jon hatte recht! Mit dem Auto fahren wir die 7A südwärts durch ein schönes landwirtschaftlich dominiertes Tal. Im Reiseführer habe ich vom Mount Equinox gelesen, wo eine Aussichtsstrasse auf den 1145 m hohen Berg führt. Ein schönes Loghouse im kanadischen Stil steht neben einer Barriere. Dort muss man zuerst eine Münze kaufen für 10 Dollar, damit man die Strasse auch befahren darf, respektive damit sich die Barriere öffnet. Im Haus verkauft mir ein freundlicher junger Mann diese Münze. Ich sehe mir erstaunt die Auslage des Ladens an. Überall Bibeln, Jesuskreuze, Heiligenbilder und was-weiss-ich-noch Heiliges. Das macht mich ein wenig misstrauisch!

Das canadisch anmutende Haus zu Beginn der Aussichtsstrasse

Das canadisch anmutende Haus zu Beginn der Aussichtsstrasse

Doch das hält uns natürlich nicht von der Fahrt auf den Berg ab. Schon bald steigt die Strasse in die Höhe und führt uns durch unglaublich schöne Herbstbäume. Der strahlend schöne Sonnenschein lässt die Bäume wie unter Scheinwerferlicht erstrahlen. An einem Aussichtspunkt muss Jürg halten. Die Farben sind atemberaubend schön. Hohe Bäume, die in den herrlichsten Gelb-, Orange- und Rottönen leuchten. Es wirft uns immer wieder aus den Socken, was die Natur da hervorbringt. Und Jürg "fötzelt" herum, er sei froh, dass ich einen Baum fotografiere. Es wäre ja mein erster... Männer!

und immer wieder die schönen Herbstbäume

und immer wieder die schönen Herbstbäume

Die Fahrt geht weiter den Berg hinauf. Plötzlich gelangen wir vom herbstlichen Peak in den Past Peak. Zuerst werden die Blätter bräunlich, dann gibt's bereits kahle Bäume. So schnell kann es gehen. Dann gelangen wir in eine Buschlandschaft, die uns einen herrlichen Blick über die Landschaft gewährt. Schon bald erreichen wir den höchsten Punkt, wo es einen grossen Parkplatz und ein Hotel hat, das aber einen unbewohnten Eindruck macht.

Steil gehts auf den Mount Equinox

Steil gehts auf den Mount Equinox

was für ein Anblick...

was für ein Anblick...

Die Aussicht ist einfach nur grandios. Die umliegenden Green Mountains sind hingegen alles andere als grün. In allen Farben leuchten uns die Berghänge entgegen. Tief schwebende Kuschelwolken bieten ein herrliches Schattenspiel und der Blick kann ungehindert über viele Bergzüge gleiten. So schön! Plötzlich hüllt uns eine schwarze Wolke in tiefen Schatten und es scheint, als ob uns Petrus noch eine Dusche bescheren will. Doch der starke Wind weht die Wolke schnell davon.

Beim Hotel hat es ein Schild, das uns erklärt, dass hier oben lange eine Sekte zuhause war (wen wundert's...).

Die Aussicht über die Green Mountains ist grandios, obwohl sie alles andere als grün sind

Die Aussicht über die Green Mountains ist grandios, obwohl sie alles andere als grün sind

Die Fahrt führt uns aussichtsreich wieder hinunter. An einem besonders schönen Ort machen wir nochmals einen Halt und sehen unter uns einen See mit eigenartigen Gebäuden. Jürg entdeckt am Ende der Strasse ein riesiges Kreuz. Wir gehen mal davon aus, dass die Sekte ihren Ort verlegt hat und nun völlig abgelegen in diesem einsamen Tal schaltet und waltet. Die Geschichten über amerikanische Sekten mit ihren harschen religiösen Ansichten sind bekannt. Nichts für uns...

Es geht wieder hinunter

Es geht wieder hinunter

Wieder unten beim kanadischen Loghaus angekommen muss ich meine Neugier befriedigen. Dieses Mal begleitet mich Jürg, er will den religiösen Shop mit eigenen Augen sehen. Ich frage den jungen Mann, was dies für Gebäude seien, die wir unterwegs gesehen hätten. Es ist ein katholisches Kloster, wo 16 Mönche wohnen. Frauen strikte verboten! Ups... soviel zu meiner Sektentheorie. Aber die Bemerkung "Frauen strikte verboten" wurmt mich natürlich. Blöde Macho-Heinis...

Was wir hier als Sektenort vermuten, ist ein katholisches Kloster - ups...

Was wir hier als Sektenort vermuten, ist ein katholisches Kloster - ups...

Unsere Fahrt geht zurück nach Manchester, dieses Mal in den echten Dorfteil ohne Outlet Shops. Der Reiseführer klärt uns darüber auf, dass die umliegenden Berge die Taconic Range sei mit einer Höhe von rund 1000 Meter über Meer. Wir parken unser Auto im Alt-Manchester, welches im herrschaftlichen Federal Style glänzt (was auch immer das für ein Style ist...). Und hier endlich erblicken wir die Bürgersteige aus Marmor. Wow, das haut einem ja um! Der grosse Dorfplatz mit der eindrücklichen Kirche, das schöne Rathaus mit dem goldenen Turm und nicht zu vergessen die Eleganz des Equinox Hotel mit den hohen Säulen - alles ist höchst sehenswert. In diesem luxuriösen Hotel sind bereits vier US-Präsidenten abgestiegen und auch heute scheint es mehrbessere Gäste zu beherbergen.

das schöne Rathaus von Manchester

das schöne Rathaus von Manchester

Das altehrwürdige Equinox Hotel

Das altehrwürdige Equinox Hotel

Wir unternehmen einen Spaziergang der Hauptstrasse entlang. Wer kann schon so gediegen über Marmor bummeln. Die Häuser, die wir passieren, sind elegant und gepflegt. Die Strasse ist wie eine Allee und wird von alten herrlichen Bäumen gesäumt. Ich verstehe, dass die Reichen und Schönen hier ihre Sommerferien verbrachten. Der Glanz ist nach wie vor vorhanden.

es hat herrliche Häuser in Manchester

es hat herrliche Häuser in Manchester

Die Fotos, die ich hier schiessen kann, gehören definitiv in die Postkarten-Kategorie. Die Häuser sind schneeweiß, der Himmel tiefblau und die farbigen Bäume untermalen alles. Es wirkt schon bald kitschig schön. Ich liebe Kitsch!!

Langsam machen wir uns auf den Heimweg. Wieder geht's über den Bromley Pass - dieses Mal in der schönsten Abendsonne. In Londonderry machen wir in einem Shoppingcenter noch einen kurzen Halt und kaufen uns ein kleines Abendessen ein. Salat und Chicken Wings sind da ideal. Dann geht's zurück zu unserem romantischen B & B. Schwer beladen betreten wir das Country Inn und Julie lacht als sie uns sieht. Sie ahnt wohl, wo wir waren...

Da es so ein wunderbarer Abend ist, mache ich mich noch auf zu einer Fototour rund ums Haus. Dann gibt's ein entspannendes Bad im Jacuzzi. Was für ein schöner Tag! Und morgen soll sich das Wetter halten. Wir sind wirklich Glückspilze. Hurricane Kyle ist da schon lange vergessen.

© Franzi S., 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Alle schwärmen vom Indian Summer in den Staaten. Wir wollten es mit eigenen Augen sehen... und wurden nicht enttäuscht!
Details:
Aufbruch: 26.09.2008
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 17.10.2008
Reiseziele: Vereinigte Staaten
Der Autor
 
Franzi S. berichtet seit 16 Jahren auf umdiewelt.
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