Heißer Sand...

Reisezeit: Juli 2003  |  von Laila Vanwinkle

Baghdad, Irak

Salam Baghdad und Fotos

Ahlan (Willkommen), und "Schlonek", wie der Iraker sagt. Oder "Schlonak", wenn Sie ein Mann sind. Wahrscheinlich hab ich's jetzt doch wieder durcheinander gebracht...

In jedem Fall: Wenn Sie eine Frau sind, würden Sie dort von anderen Frauen geküsst: links, rechts, links, rechts.

Hiermit seien Sie so geküsst (wenn Sie eine Frau sind).

In diesem Land ist seit dem Frühjahr 2003 Krieg. Den Krieg kann man beim besten Willen nicht übersehen--ich habe versucht nicht polemisch zu sein, aber, nun ja, es war kein lustiger Roadtrip zum Vergnügen. Ich habe mich aber darum bemüht, es leichter verdaulich zu machen, denn, so sagte mir jemand bei einer Friedensveranstaltung, bei der mir der Michael-Moore ähnliche Stil sauer aufstieß: "So hört wenigstens jemand zu".

Wem mein Stil zu flapsig erscheint: Humor ist ja schließlich auch die Denkweise, mit der man über die "Unzulänglichkeiten des Lebens lächelnd hinwegsieht". (Demnnach müssten viele Leute im Irak derzeit eigentlich einen Lachanfall nach dem anderen kriegen...)

Danke für Ihre Zeit und Aufmerksamkeit, sowie Ihre Fähigkeit über meine Tippfehler "lächelnd hinwegzusehen"...

Irak in Kürze

Beste Aussicht: Farbenspiel beim Sonnenaufgang in der Wüste sowie vom Dach des Sheraton-Hotels auf die Stadt.

Bestes Essen: Falafel mit scharfer Curry Sauce - Indien lässt grüßen und der lahme Kreislauf sagt "Aber hoppla!".

Beste Aktivität: Leute besuchen, reden, die arabische Gastfreundschaft in die europäischen Poren einsickern lassen wie in einen eingetrockneten Schwamm; am besten gar nichts tun außer Tee und Cola trinken, (auch um zu Hause den Zahnarzt zu erfreuen) alles andere ist sowieso zu heiß im Sommer, und riskant.

Wo wohnen: Selbst kleinere Hotels mit Bad und WC - für meine Begriffe höhere Mittelklasse - kosteten nur 7 Dollar pro Übernachtung.

Taxis: Meistens nicht mehr als 2 Dollar (innerhalb der Stadt).

Auf gar keinen Fall:
- im Moment: Aus welchen Gründen auch immer - hinreisen...
- nach Einbruch der Dunkelheit draußen aufhalten
- Leitungswasser trinken, auch sogenanntes "behandeltes" Wasser hatte noch Parasiten zu bieten, da die Rohre in sehr schlechtem Zustand u. noch durch Krieg z. T. beschädigt und nicht genügend gewartet worden sind.
- kein Rohgemüse essen, das nicht desinfiziert wurde (nachfragen- es wird optimalerweise 20 Minuten in einer Lösung eingeweicht, mit Jod oder ähnlichen Chemikalien).
- aufpassen mit Gemüse u. Wasser auch wegen abgereichertem Uran durch US-Geschosse im Boden: Die Krebsrate im Irak ist seit dem ersten Golfkrieg auffällig angestiegen.

Warnung
Vielleicht sagt sich jetzt jemand, das hört sich ja alles sehr nett und unterhaltsam an, die Deutschen sind ja die Guten, fahren wir doch auch mal hin. Willkommen werden Sie mit Sicherheit sein - aber abgesehen davon, dass die Situation, nicht nur mit den Entführungen, mittlerweile so eskaliert ist, dass ich selber dort zur Zeit nicht hinfahren würde, obwohl ich dort Leute kenne und natürlich andere Beweggründe als touristische hatte, ist dies natürlich nur ein kleiner Ausschnitt meiner Erlebnisse. Unter anderem habe ich eine Schießerei ausgelassen, eine unangenehme, lange nicht diagnostizierbare Krankheit, die Umweltvergiftung und andere nicht so wunderbare Dinge.

Man bedenke auch, dass die Kosten für Evakuierungsflüge von Privatmenschen, die von der Regierung vorgestreckt werden, von jedem selbst zurückzuzahlen sind: Sie gehen in die Tausende.

Und wünsche mir einen einmal friedlich bereisbaren Irak, mit allen Menschen, Ost oder West, die ich dort getroffen habe, noch am Leben und körperlich wie seelisch vollständig und gut und mit genau der gleichen Falafelsauce, Intshallah. (Den Irak, nicht die Menschen!)

Alle Namen von hier erwähnten Privatpersonen habe ich in ihrem Interesse geändert und wenn nötig, Details weggelassen, die zu ihrer Identität führen könnten. Die Welt ist klein, missgünstig und nachtragend, und insbesondere an diesem Ort leider explosiv...

Dieser Bericht sei all jenen gewidmet, die durch den 11. September und seine Folgen, egal, auf welcher "Seite" sie stehen mögen, gewaltsam einen geliebten Menschen verloren haben.

Wo immer du jetzt bist, dies ist mal wieder für dich.

Das Ding vom Geldschein

Das Ding vom Geldschein

Begegnung mit der unheimlichen Art

Begegnung mit der unheimlichen Art

Kein Graffiti: Unten wohnt noch eine Familie.

Kein Graffiti: Unten wohnt noch eine Familie.

© Laila Vanwinkle, 2005
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Die Reise
 
Details:
Aufbruch: Juli 2003
Dauer: unbekannt
Heimkehr: Juli 2003
Reiseziele: Irak
Der Autor
 
Laila Vanwinkle berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.