Zentralasien, die 'stans

Reisezeit: Oktober / November 2014  |  von Adi Meyerhofer

Kirgisien, Kasachstan, Usbekistan, Afghanistan, Tajikistan

Kurze Zusammenfassung

Gekochte Pferdezunge, deutlich weicher als Rind.

Gekochte Pferdezunge, deutlich weicher als Rind.

Nachdem mein eigentlicher Plan, von Bishkek über Osh "nach hinten" in die chinesische Provinz Sinkiang zu den historischen Stätten von Khotan, Dunhuang und Sian zu fahren am kleingeistigen Sachbearbeiter in der chinesischen Visumsabteilung gescheitert war: Irgendwann ist dann doch noch alles gut gegangen und ich durfte für günstiges Eintrittsgeld € 65 (Usbekistan), € 80 Tadjikistan und US$ 81 (Afghanistan) diese Länder besuchen. Vorneweg: Ein Erholungsurlaub war es nicht; nochmal hin muß ich auch nicht.
Nun komme ich mit dem "neuen" Design von umdiwelt nicht gut klar, daher gibt es den Bericht auch
ausführlicher

Kirgisien im Oktober

Von den besuchten Städten war Bishkek sicherlich die entspannteste, was wohl auch daran liegt, daß man im Lande - im Gegensatz zu den anderen 'stans seit 1991 schon zweimal den Präsidenten gewechselt hat (es wurde allerdings etwas "nachgeholfen"). Wie alle zu Sowjetzeiten ausgebauten Städte zeichnet sich auch Bischkek durch das fast vollständige Fehlen von Straßenschildern (außerhalb des Stadtkerns) sowie einer Beschilderung von Hausnummern oder Türschildern aus. Wenn man dann nur per Zeichensprache eine Richtung erfragen will, so wie ich das ohne Russisch tun mußte, ist man, vor allem nachts, gelinde gesagt am Arsch!
Angekommen bin ich frühmorgens am ersten kalten Herbsttag. Nun habe ich mir gleich zu Anfang eine kräftige Erkältung eingefangen, sondern auch gleich im North Face-Laden eine Daunenjacke für € 100 gekauft, die bei uns locker € 250 kosten würde. Dumm nur, daß es bis zum Ende der Reise nicht mehr kalt wurde und ich das Ding nun schleppte. Zum Glück läßt sich Daune gut zusammenpressen. Am Morgen meines Abfahrtstages bin ich dann in der Nähe des Osh-Basars auf sehr überzeugend wirkende falsche Polizisten reingefallen, die mich mit dem uralten Geldschein-Wechsel-Dich-Trick um € 150 erleichterten. Ärgerlich weniger der Betrag, sondern daß mir die Masche bekannt und ich ausdrücklich gewarnt war. Und was lernen wir daraus? Echte kirgisische Polizisten sind auf ihren Dienstausweisen IMMER in Uniform abgebildet, auch wenn sie in zivil arbeiten.

Russisch-orthodoxe Christi-Himmelfahrt-Kathedrale in Almaty.

Russisch-orthodoxe Christi-Himmelfahrt-Kathedrale in Almaty.

Almaty in Kasachstan

Der Aufenthalt beschränkte sich im wesentlichen auf drei Tage in der ehemaligen Hauptstadt Almaty. Auch die besuchte ich eigentlich nur, weil es verleichsweise einfach war. Zum einen fahren direkte Busse von Bishkek, zum anderen hat die kasachische Regierung, "probeweise für ein Jahr" zum 15. Juli 2013 die Visumspflicht für Staatsangehörige der zehn wichtigsten Investorennationen für 15tägige Besuche jeder Art aufgehoben. Diese Regelung wurde 2014 um ein weiteres Jahr verlängert. Wer länger als 30 Tage im Lande ist muß seine Lunge röntgen lassen und einen negativen HIV-Test vorlegen. Besonders letztere Diskriminierung ist angesichts der Tatsache, daß der Ort Temirtau das Epizentrum der zentralasiatischen AIDS-Epidemie war, vollkommen untragbar. Weite Gebiete des Landes sind als Sperrzonen nur mit Sondererlaubnis bereisbar, so die Region Baikonur (mit dem Weltraumbahnhof). Das Land ist eine autoritäre Präsidialdiktatur wo um den "Kasachbashi" Nursultan Nasarbajew feinster Personenkult betrieben wird.
Almaty ist eine schachbrettartig zu Sowjetzeiten massiv gewachsene Großstadt ohne eigentlichen Stadtkern. Die Orientierung ist ohne Russisch schwierig, lediglich für die zahlreichen Autofahrer gibt es über den jeweiligen Querstraßen brauchbare Hinweisschilder mit Straßennamen. Wie überall in der Region sind Straßenschildern an Häusern knapp, Hausnummern selten und Türschilder mit Nummern oder Namen vollkommen unbekannt.
Per Nachtbus ging es dann nach Shymkent. Geplante Anfahrt 18:00, um die Zeit fuhr man zur Tankstelle, dann wieder zurück, um geschlagene zwei Stunden lang Flachbildfernseher in jede noch freie Ecke zu laden. Der Fahrpreis ist gestaffelt. Je weiter hinten um so billiger. Die letzen Reihen kosten ein Drittel weniger als vorne.
Theoretisch fahren Kleinbusse die 120 km vom kasachischen Schymkent bis zum Grenzübergang, ich fand aber nur ein Taxi zum Ausländerpreis. Die restlichen 12 km lassen sich per Taxi (2014 pro Fahrzeug, bis 4 Pers., je nach Verhandlungsgeschick 20-40000 Som) zurücklegen. Deutlich unbequemer mit Gepäck ist die Fahrt mit Marschrutka 82 vom Norden Tashkents (Metro Buyuk Ipa Yoli, vomals "Maxim Gorki") zum Zentrum des Grenzortes, für die verbleibende Strecke gibt es einen Shuttlebus. Mehr dazu ...

Sozialistischer Realismus am Kriegerdenkmal in Almaty.

Sozialistischer Realismus am Kriegerdenkmal in Almaty.

Wachablösung am Kriegerdenkmal in Almaty -- 20 m im Stechschritt.

Wachablösung am Kriegerdenkmal in Almaty -- 20 m im Stechschritt.

Usbekistan -- Taschkent

Willkommen - Sie befinden sich in einem Polizeistaat der feineren Sorte
Regiert werden Sie von Islam Karimow, dem Ersten (Präsidenten von Usbakistan), wie an zahlreichen neu gebauten Monumenten zu lesen ist.
Der Grenzübergang bei der Hauptstadt Taschkent machte auf usbekischer Seite den Horrorgeschichten, die sich Reisende erzählen alle Ehre. Auf usbekischer Seite wird der Ton dann deutlich rauher. Die Abfertigung erfolgt nicht im Tempo einer Aldi-Kasse, eher schon wie am Postschalter. Eine Stunde später waren an den beiden offenen Schalter etwa zwanzig Personen abgefertigt. Hinein ins Zollgebäude, wo die Drängelei weiterging bis die Zolldeklaration in zweifacher Ausfertigung zwischen Bergen von Taschen und Koffern ausgefüllt waren. Zum eigentlichen Schalter wird man einzeln durch eine von einem Soldaten bewachte Sperre gelassen, der schon prüft, ob man die Formulare ausgefüllt hat. Der meinen Zettel prüfende Zöllner fragte auf Englisch dann noch ob ich zum Arbeiten käme. Auf mein "No jobs here," mußte er dann doch grinsen. Nach Durchleuchten des Gepäcks ging's vergleichsweise schnell durch die hintere Tür. Am Stadtrand erlebt man dann zum zweiten Mal den Polizeistaat am eigenen Leibe - man wird an einem Checkpoint, samt Wachtürmen und Bunker ("pillbox") am Straßenrand angehalten. Diese Dinger gibt es im ganzen Land vor jeder größeren Fernstraßenkreuzung oder Ortsausgang und Provinzgrenzen. Legal kann man in Usbekistan als Ausländer keine SIM-Karte erwerben, lediglich in den Hauptverwaltungen der Telephongesellschaften gibt es 10-Tage-Touristenkarten.

Achtung Staatsgeheimnis. Photo der U-Bahn Taschkent.

Achtung Staatsgeheimnis. Photo der U-Bahn Taschkent.

Die Stadt Taschkent ist weit auseinandergezogen, verfügt aber dank der noch im Ausbau befindlichen Metro (pro Fahrt 1000 S = 0,25 €) über ein brauchbares Nahverkehrssystem. Richtig lästig wird es erst wenn man U-Bahn fahren will. An jeder Treppe ins Zwischengeschoß steht ein Wächter, der (theoretisch) von allen Kommenden die Tragetaschen zu inspizieren hat. Vor der Rolltreppe zum Bahnsteig steht dann nochmal einer mit Scanner und Tischchen, um ggf. die Taschen und Personen zu durchleuchten und die Papiere zu kontrollieren. Als ich am zweiten Tag bis nachmittags um eins zum dritten Mal angehalten worden bin und diesmal ein den Abzeichen nach offensichtlich Höherrangiger wieder "Passport!" sagte, ist mir der Kragen geplatzt: Ich habe ihm in bestem Bayrisch erzählt was ich halte von ihm und seiner Kontrolle. Vollkommen baff, machte der erst einmal einen Schritt nach hinten. Nachdem er sich gefangen hatte, schimpfte er auf russisch zurück, ich gab ihm meine Paßkopie, die er dann nur kurz beäugte und ab durch die Mitte. Als ich dieses Anekdötchen abends meinen russischen Bekannten erzählte, war die Reaktion blankes Entsetzen. - Ein Einheimischer, der mit einem Ordnungshüter so redet hat mindestens einen unangenehmen Nachmittag auf der Wache zu erwarten. "Aus Sicherheitsgründen" besteht im Lande ein Nachtfahrverbot für Busse. Das bedeutet bei den Riesenentfernungen, daß nur frühmorgens Busse abfahren. Die Fahrtdauer von Taschkent nach Samarkand beträgt ca. 4-5 Stunden, für eine Strecke von 290 km. "Raststätten mit sanitärer Infrastruktur sind unbekannt." (Auswärtiges Amt)


Beim Bahnhof gibt es ein Eisenbahnmuseum. Ich bin da kein Experte, aber wen die Photos sowjetischer Loks interessieren, für den habe ich etliche auf einer eigenen Seite zusammengestellt: » Eisenbahnmuseum Taschkent.

Soviel Scheine bekommt man für US$ 20 in Usbekistan. Es laufen fast nur 1000 S-Scheine (€ 0,30) um. (5000er, die größten gibt es erst seit 2013, sie sind selten).

Soviel Scheine bekommt man für US$ 20 in Usbekistan. Es laufen fast nur 1000 S-Scheine (€ 0,30) um. (5000er, die größten gibt es erst seit 2013, sie sind selten).

Monumentales aus Sowjetzeiten (Hotel Usbekistan) und heute, die Statue Tamerlans, dem Schlächter des 13. Jhdt. in dem Präsident Islam Karimow sein großes Vorbild sieht.

Monumentales aus Sowjetzeiten (Hotel Usbekistan) und heute, die Statue Tamerlans, dem Schlächter des 13. Jhdt. in dem Präsident Islam Karimow sein großes Vorbild sieht.

Usbekistan -- Samarkand

Samarkand ist das nationale Vorzeigeobjekt Usbekistans, die historischen Stätten wurden aufwendig mit ausländischer Hilfe restauriert. Dabei hat die UNESCO als sie die unhistorisch restaurierten Medressen und Mausoleen in ihre Weltkulturerbeliste aufgenommen hat, ganz offensichtlich dem Druck des Diktators nachgegeben und ihre strengen Vorgaben bezüglich der Historizität aufgeweicht. Bei den Hauptsehenswürdigkeiten - überall in Usbekistan - besteht eine dreistufige Diskriminierung bezüglich der Eintrittspreise, abhängig von Aussehen und den Sprachkenntnissen der Besucher. Dabei gilt grob, daß der Grundpreis für Usbeken mit 3-4 multipliziert für Gäste mit asiatischem Aussehen gilt, das zehnfache verlangt man von nicht-russischen Europäern, denen man gerne dieselbe Summe noch einmal für eine "Photoerlaubnis" abnimmt. Angesichts derartiger Praktiken sollte man sich nicht scheuen kostenfreie Schleichwege zu benutzen.
Der Registan ist eine der Hauptsehenswürdigkeiten von Samarkand. Er wurde zum wichtigsten Platz der Stadt, nachdem das Leben in Afrosyab zum Erliegen kam. Er wurde mehrere Male umgebaut. Heute stehen dort drei ehemalige Medressen (Koranschulen). Zu Beginn der 1980er Jahre wurde er historisierend dem Niveau des Platzes im 16. Jahrhunderts angepasst. Das Innere ist einem solchen Ort vollkommen unangemessen zu einer Art Touristenkitsch-Einkaufszentrum umgestaltet worden.
In Samarkand gibt es noch mehr Moscheen, z. B. die Juma- bzw. Bibi-Khanum-Moschee oder den alten Stadtkern mit der Ulubeg-Sternwarte zu besichtigen. Vom Stil unterscheiden sie sich kaum vom gezeigten.
Den ursprünglich geplanten Abstecher nach Nord-Usbekistan, über Urgench (ca. 700 km) nach Khiva, das von dort 35 km entfernt ist und durch seine erhaltene belebte Altstadt sehenswert ist habe ich mir aus Zeitgründen aufgrund der verkürzten Reisedauer gespart. Ebenso die Weiterfahrt ins nördlich davon gelegene Nukus, das wegen seines Igor-Savitsky-Kunstmuseums verbotener Sowjetkunst interessant gewesen wäre.
Ganz Usbekistan im Detail.

Timuriden-Mausoleum in Samarkand.

Timuriden-Mausoleum in Samarkand.

Usbekistan -- Termiz

Nach Termiz sind es rund 390 km auf der Straße. Die Bahnstrecke, die einen gewaltigen Schlenkerer über Qarshi macht, ist deutlich länger. Dabei ist bedauerlich, daß das einzige Zugpaar nur nachts verkehrt, die Strecke führt durch einige sehr interessante, leere, wüstenähnliche gebirgige Landschaften. Ankunft war nach knapp elf Stunden mit weniger als zehn Minuten Verpätung, morgens um 9. Ausnahmsweise erwies sich das Hotel Surxon, als abzockefreie Unterkunft, mit 35000 Som (€ 9) auf jeden Fall sein Geld wert.

"Letzter Schnapsladen vor Afghanistan ..." steht zwar nicht dran, könnte aber stimmen. Schade nur, daß der usbekische Zoll jegliche Ausfuhr von Alkohol unterbindet.

"Letzter Schnapsladen vor Afghanistan ..." steht zwar nicht dran, könnte aber stimmen. Schade nur, daß der usbekische Zoll jegliche Ausfuhr von Alkohol unterbindet.

Grenzübergang Haimartan

Für die eifrig gesammelten Registrierungsbescheinigungen hat sich der Zöllner dann nicht interessiert. Die ortsübliche Leibesvisitation, von der man hört, daß sie sich durchaus auf alle Körperöffnungen erstrecken kann, war bei mir ein oberflächliches Abtasten der Jacke. Lediglich die Flasche Wodka mußte ich ausschütten, nachdem ich noch einen kräftigen Schluck genommen hatte, weil: "Islamic Republic in Afghanistan." Auch das Zollformular wurde blind abgestempelt. Den Ausreisestempel in den Paß gab es nach kurzer Wartezeit, dann folgte der Fußmarsch über die auf usbekischer Seite gut abgesicherte "Freundschaftsbrücke." Erbaut worden war die von der Sowjetunion, als sie ab 1979 ihre unverbrüchliche Freundschaft mit den Afghanen zeigte. Angeblich haben 2013 1700 Touristen Afghanistan besucht.
"Vernichtet ist das ganze Heer,
Mit dreizehntausend der Zug begann,
Einer kam heim aus Afghanistan."
Fontane, Das Trauerspiel von Afghanistan.

Der ultimative Angeber-Stempel im Paß.
Für US$ 81 am selben oder nächsten Tag problemlos erhältlich.

Der ultimative Angeber-Stempel im Paß.
Für US$ 81 am selben oder nächsten Tag problemlos erhältlich.

Afghanistan: Masar-i-Sharif

Ich kann hier nicht schon in die Politik abschweifen, aber nach einer Woche in der vormals deutschen Besatzungszone in Nord-Afghanistan, habe ich den Eindruck, daß dieser gesamte Einsatz und das propagandistisch Drumhum, mit dem tumben deutschen Volk die "Humanität" der Sache schmackhaft gemacht wurde war die größte Verarsche seit 1939!


Von der usbekischen Grenze ging es dann, durch nichts als Wüste mit teilweise die Straße gefährdenden Wanderdünen 75 km die Straße runter nach Masar-i-Sharif (Mazāri Sharīf, Farsi: مزارِ شریف). Deren Ausweitung wird auch durch die Bevölkerungsexplosion auch bei Ziegen, die alles was an Trockenbüschen noch wächst kahlfressen verschlimmert. Zur Linken der Hauptstraße die neue für die Versorgung der Besatzungstruppen gebaute eingleisige Bahnstrecke zwischen der Grenze, von wo Anschluß an das allgemeine zentralasiatische Bahnnetz besteht, zum Camp Marmal.
Das Zentrum der Stadt ist das Ali-Mausoleum, die "blaue Moschee," mit ihrem großen Park rundum. Der Zutritt zum Inneren ist für Ungläubige verboten. Die seit einigen Jahren laufende Renovierung schreitet fort. Im Westen wird gegenwärtig ein neuer Flügel mit Minaretten angebaut. Die Wände auch der Tore zum Park an den Kardinalpunkten werden neu gekachelt. Es ist so ziemlich die einzige Sehenswürdigkeit in einer lauten, staubigen und wie überall in Afghanistan sehr schmutzigen Stadt, wozu die ungefilterten Autoabgase ebenso beitragen wie die offenen Kohlefeuer überall.
Meine Unterkunft war direkt beim Südausgang, für 500 Afg. gab es ein Zimmer mit Satelliten-TV (Gott sei Dank für Test-Cricket!) und ein Gemeinschafts-Plumpsklo, das man immerhin absperren konnte und auch noch Wasser aus dem Hahn floß.
Am zweiten Tag bin ich auf der Straße von einem Englischlehrer angesprochen worden, der mich zunächst in die Privatschule an der er unterrichtete mitschleppte. Vormittags arbeitete er in der Verwaltung einer Spedition. Im Chefbüro wurde ich Kuriosum vorgezeigt. Dabei kam auch ein bärtiger, älterer Afghane der Sorte "verwittert." Als ich sein Alter schätzen sollte versuchte ich höflich zu sein und sagte "60," er sah deutlich älter aus. Tatsächlich war er 48! 35 Jahre Krieg haben da doch Spuren hinterlassen.
Schließlich wurde ich dann zum Abendessen nach Hause gebeten.

Das Imam-Ali-Mausoleeum und Moschee im Stadtzentrum von Masar. Zutritt für Ungläubige verboten.

Das Imam-Ali-Mausoleeum und Moschee im Stadtzentrum von Masar. Zutritt für Ungläubige verboten.

Das blickdicht zur Festung ausgebaute deutsche Generalkonsulat in Masar. Den Amis, das Gelände vorher gepachtet hatten, war es zu unsicher was sie nachdem sie $ 80 Mio investiert hatten, erkannten. Auffällig ist, daß sich zwar zu jedem gespendeten Kindergartenstuhl schnell Informationen im Netz finden, zu dem festungsmäßig ausgebauten deutschen Generalkonsulat aber, abgesehen vom Westerwell'schen Eröffnungstrip 2013 nichts.

Das blickdicht zur Festung ausgebaute deutsche Generalkonsulat in Masar. Den Amis, das Gelände vorher gepachtet hatten, war es zu unsicher was sie nachdem sie $ 80 Mio investiert hatten, erkannten. Auffällig ist, daß sich zwar zu jedem gespendeten Kindergartenstuhl schnell Informationen im Netz finden, zu dem festungsmäßig ausgebauten deutschen Generalkonsulat aber, abgesehen vom Westerwell'schen Eröffnungstrip 2013 nichts.

Afghanistan: Frontstadt Kundus

Mit dem Sammeltaxi kam ich nach gut fünf Stunden in Kundus an. Hier ist die letzten zehn Jahre "Deutschland am Hindukush verteidigt" worden. 56 Soldaten starben den Heldentod fürs Vaterland.
Den Taliban-Angriff auf die Staatsanwaltschaft mit acht Toten und zehn Verletzten am 27. Oktober habe ich leider verpaßt. Wir sind zwei Stunden zu früh am "High Court" vorbeigefahren.
Durch jahrelange Anwesenheit von Besuchern in offizieller Mission, mit fettem Spesenkonto, sind die Hoteliers der Stadt selbstzufrieden und teuer geworden. Die gebotenen Unterkünfte sind, Stand Okt. 2014, angesichts der gebotenen Qualität, um etwa ein Drittel bis die Hälfte überteuert.
Auße im Basar herumspazieren kann man Kundus nichts machen, es gibt keinerlei Sehenswürdigkeiten. Große Erheiterung löste es aus als ich erzählte, daß ich beim Friseur gewesen war. Das war so befremdlich, weil die Herren Befreier, die zehn Jahre Kundus beschützt haben, scheinbar nie aus ihren gepanzerten Fahrzeugen gestiegen sind und im Basar eine Runde gedreht haben. So gewinnt man nie die "hearts and minds." Auch die noch in Kundus stationierten UNMOG-Beamten sieht man nur in Ihren fetten SUV fahren.
Der Nordern Afghanistans Detailliert, mit mehr bunten Bildchen.

Straßenszene in Kundus.

Straßenszene in Kundus.

Grenzübergang Shir Khan Bandir

Ich hatte nach einer Woche Afghanistan nun wirklich genug, besonders da Kundus mit seinem Dreck, wenig freundlichen Menschen und teuren Hotels nur den Basar zum Herumlaufen zu bieten hatte.
Nachdem man sich am afghanischen Zollhäuschen von dem Schock erholt hatte, daß ein weißer Ausländer ohne Diplomatenpaß vorbeikam, mußte man mich wohl oder übel dienstbeflissen hineinbitten, um mein Gepäck zu "inspizieren." Ich mußte den Clipverschluß am Rucksack aufmachen, zwei Sekunden später dann wieder zu! "Have a nice day." An der Paßkontolle stand doch glatt ein Einheimischer vor mir. Das Ausreisen dauerte so lange wie man braucht die persönlichen Daten (Religion des Vaters ?) in ein dickes Buch zu schreiben. Mit dem neuen Familienamen "Deutsch" verließ ich offiziell Afghanistan.


Die beiden Afghanen im Shuttle-Bus (muß man im Grenzbereich benutzen), einer ein ehemaliger UN-Mitarbeiter, der auch schon in Mali stationiert war, arrangierten sich sofort mit mir zu einer Fahrgemeinschaft nach Dushanbe und handelten den Fahrer auf faire USS$ 60 bis zur Haustür herunter. Kutschiert wurden wir in einem gepflegten schwarzen Mercedes mit 350000 km am Tacho. Mit mir versuchte dann der Fahrer dan den "gestiegenen Fahrpreis"-Trick beim aussteigen, angeblich war des Sonomi rapide gefallen ...

Tajikistan: Dushanbe

Unter der Bevölkerung ist das aus dem ländlichen Raum, während des Bürgerkriegs - anstelle der geflohenen russischstämmigen Intelligentsia - zugewanderte Element in seinen Sitten und Gebräuchen sehr offensichtlich. Eine eiserne Regel im Straßenverkehr ist: Für Fußgänger wird nicht gebremst!
Praktisch alle touristisch interessanten Orte befinden sich im Umfeld der zentralen Nord-Süd-Achse Rudaki Prospekt, südlich des ehemaligen Kaufhauses Tschum.
Durch das relativ kompakte Dushanbe konnte ich nur am ersten Tag schlendern. Ab Tag zwei goß es in Strömen auch tat der "Döner des Todes" seine Wirkung. -- Drei Tage Dünnpfiff.


Ganz Tadjikistan detailliert

Vormals welthöchster Fahnenmast, Somomi-Denkmal, neuer Präsidentenpalast und Adler im Zentralpark von Dushanbe.

Vormals welthöchster Fahnenmast, Somomi-Denkmal, neuer Präsidentenpalast und Adler im Zentralpark von Dushanbe.

Tajikistan: Khujand

Nach Khujand (Хуҷанд) gelangt man vom Cemzavod Avtovokzal ("Zementfabrik-Busstation") . Vollgepumpt mit Kohletabletten (viel das aus meinem Magen hätte kommen können war nach zwei Tagen "Montezumas Rache" nicht mehr drin) ließ ich mich von einem Opel Vectra-Fahrer zu einem vernünftigen Preis kapern, dabei nicht bedenkend, daß Bayern 3 bei solchem Wetter Anfang November gerne "in höheren Lagen Schnee" im Verkehrsfunk durchgeben würde. Dazu kam dann, daß ein Vectra über Frontantrieb verfügt und mein Fahrer nur über Sommerreifen. Irgendwann haben wir dann die Kiste den Berg hinaufgeschoben, bis ein Schneepflug kam.
Immerhin habe ich auf der Strecke von meinen Mitfahrern zwei weitere Worte russisch gelernt: 1) "prrroblèm" angesichts der Schneedecke und 2) an den Mautstellen: "Schlagbaum" - Russisch ist doch gar nicht so schwer!


Gelandet bin ich in Khujand nach einer Stunde umherirren in der Absteige "Shark Hotel," der Empfehlung des einzigen internationalen Reiseführers der Region, im gleichnamigen grün-gelben Gebäude beim Basar, kenntlich am Lenin/Stalin-Medallion von 1954 an der Fassade. Es gibt keinerlei Beschilderung aber das Bett für 15 TJS (US$ 3). Man bekommt die Qualität, die man bezahlt: Gemeinschaftstoilette mit drei Plumpsklos ohne Türen daran und kein fließend Wasser. Uraltbetten und ungewaschene Bezüge, was man angesichts der schwachen Funzel im Zimmer zum Glück nicht erkennt.
Nachdem ich am weit außerhalb liegenden Bahnhof geklärt hatte, daß keine Züge nach Kirgisien fahren, entschloß ich mich am nächsten Morgen in den saueren Apfel zu beißen, zum nochmaligen:

Transit durch Usbekistan

Die usbekische Seite des Grenzpostens bei Kanibodam, von der man hört, daß sich die Zöllnern schon mal drei Stunden Zeit nehmen um alle Bilder auf einem Laptop anzusehen, begrüßte mich erst einmal der "Feldscher" - noch so ein schönes russisches Wort - zum Fieber messen von wegen Ebola und so ...
Weiter zum Zoll, wo es überraschenderweise das zweifach auzufüllende Formular auf Anforderung sogar auf Englisch gab. Im mit Bollerofen geheizten Häuschen lief ein Großbildschirm mit einer usbekischen Soapopera auf voller Lautstärke. Die bearbeitende Zöllnerin, gut Englisch sprechend, war mit dem Zettel in zwei Minuten fertig. Mit den Männern folgte dann das übliche Gespräch: "Aus Minschen? - ah, FC Bayern," dann "BMW," "Mercedes gutt" und "Frau Merkel" ... Das übliche Geld vorzählen entfiel. Rucksack halb auspacken mußte ich dann doch, es folgte die Frage nach "notebook" - ich zog meinen Taschenkalender heraus, ganz klar ein "Notizbuch."


Ins nächste Dorf ging es dann per Kleinbus dessen Fahrer keine tadjikischen Somoni wollte. Der Preis für die Einheimischen war 2000 usbek. Som. Von mir verlangte er erst 3000, als ich meine kleinen Dollarscheine sah frech nach dem 5er (15500 S.) greifend, wurde die Szene schnell ungemütlich, so daß ich ihm 2 $ in die Hand drückte nur um ihn loszuwerden. Inzwischen vorm Basar von den Schwarzgeldwechlern umlagert - es ist immer wieder erstaunlich welche Hektik Leute, die sonst den ganzen Tag nur faul herumstehen, auf einmal verbreiten können. Bei der Umrechnung von Somoni über Euro zu Som habe ich dann einen Fehler gemacht und mich selbst um 20% beschissen. Egal, viel war es nicht. Mit 65000 S. in 500er-Scheinen ausgestattet fuhr mich ein Bursche für vernünftige 15000 S. flott fünfzig Kilometer nach Kokand. Von dort weiter im Sammeltaxi, mit dem bereits erwähnten einzigen anständigen Taxler, den ich in sechs Wochen getroffen habe, für 4000 S. (auf dem Vordersitz!) neunzig Kilometer nach Namagan. Er setzte mich nicht nur an der richtigen Abfahrtstelle ab, sondern verhandelte dann noch ordentlich mit dem Anschlußfahrer nach Uchkurgon, dem letzten Ort vor der kirgisischen Grenze bei Shamaldy-Say. Zum Übergang brachte mich dann ein Marschrut mit zwei besoffenen Russen, die vom Ausländer so begeistert waren, daß sie nicht nur die Fahrt zahlten, sondern unbedingt noch Photos wollten.

Weiter mit dem alten Spiel. Der Soldat als Vorposten funkt Paßdaten durch, das Tor wird geöffnet. Man steht am usbekischen Zoll. Die dritte Ausfertigung des Zollformulars abgeben. Der Vergleich mit dem Einreiseformular zeigt einen Geldverbrauch von nur $ 2 und 150 sonomi (€ 20). "Sie waren nur wie lange in Usbekistan?" "Transit: Sechs Stunden." "Von Kanibodam in sechs Stunden. Geht das?" "Du Germanski? Not bike??" Vor der Gepäckkontrolle standen ein paar Leute, also erst zum Fenster mit der Paßkontrolle. Gerade als meiner auf den Scanner gelegt wird - Stromausfall!
Nach einer knappen Dreiviertelstunde im Finstern ward es wieder Licht, mein Paß als erster dran, ausgestempelt und ab durch die Mitte, bevor die keifende Zöllnerin Zeit hatte wieder aufzutauchen. Noch ein kurzes englisches Gepräch mit dem Soldaten am großen Ausgangstor, das man mir öffnet und - ich stehe auf einem mondbeschienenen Feldweg im Nirgendwo. Etwa einen Kilometer weit kein Anzeichen eines kirgisischen Postens.

Wieder in Kirgisien: über die Berge und den Toktul-see

Erst bei der Hauptstraße rechts ein leeres Häuschen und ein beleuchteter Bauwagen. Der ganze Trupp sitzt gerade beim Abendessen. Ich werde hineingebeten, muß Plow mitessen, bekomme auch Kumis vorgesetzt (» Essen & Trinken) überraschenderweise hat mein immer noch angeknackster Magen das extrem fettige erste Essen nach drei Tagen drinnen behalten. Dazu: "Germani? - Mercedes gutt!" usw. Irgendwann steht ein junger Grenzer auf, nimmt meinen Paß und bringt ihn gestempelt zurück.
Der Chef läßt es sich dann nicht nehmen, mir am Rande der Hauptstraße ein Auto für die Fahrt ins zehn Kilometer entfernte Hotel herauszuwinken.


Nach angenehm verbrachter Nacht im Fernfahrerhotel bei Salkaldy-Say mußte ich nach Bishkek zurück. Nun gibt es entlang der Hauptstraße, die über 800 km die beiden größten Städte verbindet noch Bushaltestellen. Busse fahren aber, weil die Straße angeblich zu gefährlich ist, keine mehr. Also Finger raus, wie das die Einheimischen auch machen. Mir war zunächst nicht klar, daß eigentlich nur gehalten wird, wenn man die 500 km in die Hauptstadt durchfährt. Nach einer knappen Viertelstunde hielt dann auch ein ordentlicher größerer Honda. Als allererstes wollte einer der Mitfahrer meine Adresse, um nach Deutschland zum Arbeiten zu kommen - als LKW-Fahrer, angesichts der in Zentralasien üblichen Fahrweise eine erschreckende Vorstellung. Ich muß aber sagen, daß er, nachdem er das Steuer später übernommen hatte, gut fuhr.
Die Strecke selbst geht vom Ferganatal langsam hoch zu einer Bergkette, am größten Staudamm des Landes vor Karaköl vorbei. Dann geht es zum Toktugul-See, kurz hinter dem wir Mittag machten. Es gab frittierten Fisch aus dem See, lachsähnlich - auch den hat mein immer noch schwacher Magen vertragen. Es folgt ein Anstieg über 80 km zum Ala-Bel-Paß auf 3484 m. Danach kommt eine Hochebene, in der man im Sommer Jurten für Touristen aufbaut, die es gerne abgelegen mögen. Landschaftlich sehr reizvolles Grasland, aber vollkommen baumlos. Von weitem grüßen Viertausender. Nach knapp 60 km würde man dann den Töö-Amut-Paß auf knapp 3600 m erreichen. Man hat jedoch vor einigen Jahren einen Tunnel gegraben, der 1000 m darunter durchführt. Dann geht es relativ flott in die Ebene der Provinz Chui hinab, Bishkek, hundert Kilometer weiter liegt auf 800 m.
An Fahrkostenbeteilgung wären etwa 1500 S. üblich gewesen, der Wagenbesitzer hat mir dann 2000 abgenommen, was etwa der halben Benzinrechnung für die Gesamtstrecke von Osh entsprach. Angesichts des Komforts im neuen Auto, der angenehmen Gesellschaft und sicheren Fahrweise ein Zuschlag den ich gerne bezahlt habe.

Staudamm des Wasserkraftwerks bei Kara-Köl an der Fernstraße M41.

Staudamm des Wasserkraftwerks bei Kara-Köl an der Fernstraße M41.

Bishkek, zum zweiten, 7.-12. Nov.
Die letzten paar Tage vor dem Rückflug habe ich es dann entspannt angehen lassen können. Abgestiegen im von einem japanisch-kirgisischen Ehepaar geführten Sakura Guesthouse hatte ich Gelegenheit in einer Woche mehr japanisch zu sprechen als in den letzten drei Jahren. Dabei trifft man in solchen Teilen der Welt eher unkonventionelle Japaner.
Etwas störend - und das war das einzige Mal außerhalb Afghanistans überhaupt - war der morgendliche Weckruf des Muezzin, der alle Hunde der Nachbarschaft kurz nach fünf in der Früh zu noch lautem Heulen anregte. Sonst hört man in der Region, wie in der Schweiz, keine Gebetsrufe.
Den ganzen Trip ausführlicher beschrieben.

Das soll in Bishkek eines Tages die größte Moschee Zentralasiens werden.

Das soll in Bishkek eines Tages die größte Moschee Zentralasiens werden.

© Adi Meyerhofer, 2014
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Die Reise
 
Details:
Aufbruch: 07.10.2014
Dauer: 5 Wochen
Heimkehr: 13.11.2014
Reiseziele: Afghanistan
Der Autor
 
Adi Meyerhofer berichtet seit 11 Jahren auf umdiewelt.