Kambodscha - ein Schicksal das nicht zu lachen verlernt hat!

Reisezeit: September / Oktober 2005  |  von Johann Brucker

Wohl eines der Länder, die man nicht kurz beschreiben kann. Es ist zwar ein sehr perönlicher Reisebericht, aber ich denke, dass es wichtig ist, dass sich so viele Menschen wie möglich, dieser Perle (wenn nicht die letzte) annehmen und Ihren Beitrag für die weitere Existenz in seiner Art leisten. Nix für Touristen, alles für Menschen die Ihren Horizont erweitern wollen!

Ankunft und Phnom Penh

Sonntag 19:50 (Phnom Penh):

Ich sitze im "Restaurant" des River Star Hotel - ein Guesthaus der gehobenen Klasse, man könnte auch sagen, ein Hotel der unteren Klasse. In den Räumen befinden sich zahlreiche PC's. Ich habe mir einen dieser stark gebrauchten geschnappt und versuche die letzten Stunden Revue passieren zu lassen.

Am Samstag, den 24.09.2005, ca. 7:00, bin ich aufgestanden und der Tag hat wie erwartet mit den vorauszusehenden Spannungen begonnen. Keine Ahnung warum ich immer so gereizt bin wenn ich wegfahre. Ich habe den Vormittag damit verbracht, meine Gedanken zu fassen und nach und nach alles was mir noch eingefallen ist, einzupacken.
Tristan wollte nicht zu Flughafen mitfahren - er war ziemlich beleidigt. Schlussendlich haben wir ihn doch überreden können. Um ca. 11:00 waren wir dann am Airport. Ich hab mich von Dany und den Kinds verabschiedet - kurz gehalten - ich hasse Abschiedszenen, die gehen mir zu sehr zu Herzen. Irgendwie war ich stark erleichtert, als ich hinter den Türen der Passkontrolle war. Ich hab noch einmal zurück geblickt und gesehen, dass sich die Kids mit den Heften, die wir Ihnen gekauft haben, beschäftigt haben.

Beim einchecken hat mir so ein Kasperl 10 von meinen Feuerzeugen abgenommen. "Es sind max. 5 erlaubt..." In meiner Gewohnten Art, habe mich kurz auf eine Diskussion eingelassen und es dann gut sein lassen. Die Maschine war gesteckt voll. Beim Einchecken ist es mir gelungen, die Dame von der Notwendigkeit von viel, viel Platz für mich zu überzeugen und so kam es, dass ich einen genialen Fußfreiplatz bekam. Ich weis nicht warum, aber es war einer der angenehmsten Flüge, die ich je hatte. Vielleicht lag es an der beruhigenden Hintergrundmusik oder einfach daran, dass kaum Standardtouris an Bord waren.

Die 12 Stunden bis Kuala Lumpur waren schnell vorüber. Nach einem halben Reiseführer, einer Stunde Rockmusik aus dem mp3 Player, denn ich mir am Freitag noch schnell gekauft hatte und drei - vier Stunden Schlaf waren wir schon am Anflug auf Malaysia.
Fasziniert haben mich die Mädels des Bordpersonals. Alle gekleidet in langen kimonoähnlichen Kleidern mit demselben feinen grellfarbigen Muster. Irgendwie kann es mir vor, als wären die malaysischen Mädels durch ein Sieb geschüttelt worden. Eine glich irgendwie der anderen.

Am Flughafen angekommen, war meine größte Sorge, eine Raucherzone zu finden. Neben der Suche nach dem Gate für den Anschlussflug und meinen beeindruckten Blicken, die die Architektur der Gebäude einfangen wollten, fand ich bei den Dealern - einem Dutyfree Shop - den notwendigen Tipp. Neben Gate C1 soll es eine Raucherzone geben. Schon in der Nähe war der Geruch in der Halle verändert. Ich betrat einen ca. 50m2 großen Raum, in dem ca. 60 Personen ihrer Sucht nachgingen. Die Blicke der Leute erschienen mir so, als würden sie sagen, "na, jetzt hast du auch her gefunden". Und es war dann auch zu bemerken, dass jeder, der den Raum später neu betrat, ein erleichtertes glückliches Gesicht machte. Der Reichtum dieses Staates ist nicht zu übersehen. Beim Abflug aus der Stadt blickte ich aus dem Fenster und sah eine Riesenbaustelle im Nichts neben der anderen. Gewaltige Parkanlagen und Hotelkomplexe, wie man sie sich kaum vorstellen kann, wurden dort neben den unzähligen Autobahnneubauten errichtet. Ein gigantischer Bauboom, der seinesgleichen in Europa sicher nirgendwo finden lässt.

An den Flug bis Saigon kann ich mich kaum erinnern. Nur die zahlreichen kleinen Boote, die vom Flugzeug auf offener See aus erkennbar waren blieben mir in Erinnerung.
Abwesend und halbdösend verbrachte ich den Flug bis wir über dem Festland waren. Eine beeindruckende Landschaft. Zuerst habe ich geglaubt, dass unser Flugzeug die Sonne so stark reflektiert, bis ich dann sah, dass es nicht das gebündelte Licht unseres Blechbombers sondern, das auf den bewässerten Feldern, reflektierende Licht der Sonne war. Kein einziger Fleck, bis auf kleine Hausgärten und Strassen, die nicht unter Wasser standen. In diesem Moment dachte ich, wenn du dieses Gebiet nicht wie deine Westentasche kennst kommst du nie von A nach B.

Abertausende Mofas drängten sich auf den Strassen rund um den Flughafen.
Nach dem Verlassen des Flugzeuges im Freien, erinnerte ich mich sofort an den einen oder anderen Samstag im Rock Pub. Sehr heiß und unheimlich schwül. In der Ankunftshalle überlegte ich, wie ich nun am schnellsten nach Phnom Penh komme. Mir wurde in diesem Moment bewusst, dass ich gar nicht so viel Zeit habe mich hier aufzuhalten, obwohl es mich schon sehr interessiert hätte. Vor der Passkontrolle fand ich in einer Ecke einen Vietnamairlines-Stand und sprach dort gleich eine Dame wegen eines Weiterfluges an. Die hat sich überhaupt nicht ausgekannt... "Sie sind doch gerade angekommen..."

Jedenfalls hatte sie meinen Wunsch gleich einmal im Griff. Ich bekam einen
Guide, der mich an alle Kontrollen vorbei und durch Hintertüren in die Eingangshalle des Flughafens führte. Dort brachte er mich zu einer Dame, die offensichtlich schon vollkommen informiert war und mir nach dem Wunsch nach Barem ein Ticket aushändigte. Zurück begleitete mich der Guide in selber Weise.

Oben in der Halle angekommen versuchte ich der Dame zu erklären, dass ich noch Gebäck mit hatte und dieses natürlich mit sollte. Da hatte sie die Lage schon im Griff. Eine kurze Ansage durch in ihr Funkgerät, dann bat sie mir Ihr zu folgen. Wir kamen in die Halle, wo das Gebäck ankommt, dort lag meine Tasche einsam und menschenfern. Sie klebte ein Ticket um den Griff des Rucksackes und sprach nochmals durch ihr Funkgerät. Plötzlich tauchte
das Gesicht eines jungen Vietnamesen zwischen den Plastikschleusen, die die Halle vom Freien trennte, auf. Sie deutete, ich solle Ihm die Tasche durchreichen. Ganz eines war mir das nicht, aber es schien als wäre es Routine und so stieg ich auf das Förderband um Ihm die Tasche zu überlassen.

"Ist ja nur Gewand drinnen, dass kannst du riskieren...", dachte ich und überlies Ihm ohne folgende Blicke die Tasche. Die Wartezeit kam mir ewig vor. Irgendwie hab ich die Uhrzeit noch nicht auf die Reihe bekommen und habe mehrmals versucht auf meinem Gate einzuchecken. Da waren aber sicher noch einige Flüge vor meinem. Die Fluggäste werden dort von uniformierten, soldatenähnlichen jungen Leuten im Zaum gehalten und freundlich eingewiesen.

Eine junge Vietnamesin in Uniform und einem mächtigen braunen Hut, mit dem dicken roten Stern, der ihr viel zu groß erschien, hatte besondere Sorge um mich. Offensichtlich machte ich so einen orientierungslosen Eindruck auf sie, dass sie mir stets einen Sitzplatz zeigte und mir mitteilte, dass es noch nicht zwölf ist. Kurz vor zwölf war dann mein Flug von der einfachen Anzeigetafel verschwunden und tauchte dann am Gate daneben auf. "Auf was setz ich jetzt...", dachte ich. "Die Flugnummer oder die Gatenummer?" Da hab ich meine besorgte Soldatin wieder in den Blick bekommen und Ihre dezente Geste lies mich dann zum anderen Gate wechseln.

Na fein, eine zweimotorige 40 Mann Propeller-Maschine. Da ich schon längere Zeit keine Dusche und kein Deo mehr benutzt habe, war jetzt meine größte Sorge, dass es keiner in meiner unmittelbaren Nähe aushalten muss. Die Maschine war nur zur Hälfte besetzt und der erleichterte Blick der Lady, die den Platz neben mir gehabt hätte und vom Steward, eine Reihe nach vorne gebeten wurde, war nicht zu übersehen und auch gerechtfertigt.
So filigran sie auch wirkte, war die Maschine ruhig in der Luft. Kurz nach Saigon war weit und breit nur überschwemmtes Land zu vernehmen. Das Menkongdelta schien gänzlich überschwemmt zu sein. Aus der Luft waren die Ränder von Kanälen zu erkennen und plötzlich die Dämme des Menkong. Beeindrucken! Rings um, wo man auch hinsieht, überschwemmte Felder, die nur mit Booten befahrbar schienen. Gleich darauf konnte man auch ein zweites riesiges Gerinne erkennen. Der Tonle Sap. Meiner Kartenerinnerung nach müssten wir jetzt unmittelbar vor Phnom Penh sein. Kurz darauf waren am westlichen Ufer Siedlungen zu erkennen. Die Landschaft war nun nicht mehr von Wasser bedeckt, wir waren über der Hauptstadt. Aus der Luft versuchte ich die Orientierung, nach der Karte, die ich im Flugzeug kurz angesehen hatte, zu finden. Es gelang. Demnach musste der Flughafen nordnordwestlich des Stadtzentrums liegen. Eine klein wirkende Stadt ohne jegliche Hochhäuser, kleinen Wohnblöcken und unzähligen Gärten lag unter uns.

Nach dem Passieren der unfreundlich wirkenden Beamten der Visumbehörde, suchte ich nur den Weg ins Freie um meiner Nikotinsucht wieder nachzukommen. Kurz vor dem Ausgang kommt mir ein freundlich lachender ca. 20 Jahre alter Kambodschaner entgegen und fragt mich, ob ich ein Taxi benötige. Ich erwidere sein Lächeln und lies ihn gleichzeitig erkennen, dass mir das Taxi jetzt egal ist und ich eigentlich nur im Freien eine rauchen möchte. Er blieb neben mir und versucht mich, neben seiner Ungeduld zu unterhalten. Der junge Khmer war erleichtert als ich die Zigarette ausdämpfte und mich mit ihm auf den Weg machte.

Ich nannte Ihm die "Riverside" und bat ihm ein nicht all zu teueres Hotel anzusteuern.
Auf der Fahrt versuchte ich, ein paar Informationen zu bekommen. Er war ebenfalls interessiert an meiner Herkunft und dem Grund meines Besuches.

Ich hab ihn eigentlich nahezu abblitzen lassen. Das Leben auf der Strasse beeindruckte mich zu sehr. Hunderte Mofas waren neben einigen Pkw's auf der Strasse unterwegs. Keiner schien sich an irgendwelche Regeln zu halten. Das einzige was als Gesetz erschien, war das Tempo. Keiner der Verkehrsteilnehmer fuhr schneller als 30 Stundenkilometer. Die Mofas quälten sich durch die Lacken der ersten Spur. Von links und von rechts reihten sich unzählige Motorräder ein. So chaotisch es erschien, kam es mir vor, als würde keiner bremsen oder ausweichen müssen. Und auch der Lärm, den die Fahrzeuge in unseren Breiten verbreiten, war nicht vorhanden. Wie ein großer, langsam fliesender Fluss kam mir die Strasse ins Zentrum vor. In den ganz großen Lacken planschten Kinder, unmittelbar neben dem Verkehr, auf das Tollste.

Ich musste gleichzeitig an die Bilder im Reiseführer denken, wo 4 Personen auf einem Mofa unterwegs waren und musste feststellen, dass dies kein besonderes Foto war. Alles, wirklich alles, und alle werden auf den wacklig anmutenden Hondas transportiert. Der Sohn, der seine Schwester und die Großmutter am Tank hat. Ein Vater, der mit zwei fast Säuglingen unterwegs ist. Ein Junge der ca. 30 leere 10Liter Kanister bei sich führt. Plötzlich stoppen wir an einer Kreuzung. Wir hatten offensichtlich unser Ziel erreicht. Das "River Star" Hotel. Ein dreistöckiges Eckhaus direkt an der Strasse, die entlang dem Tonle Sap verläuft.

Es erschien nicht so, als hätte es mehr als 6 Zimmer zu bieten. Beim Aussteigen haben sich drei kleine Mädchen um mich bemüht und wollen mir etwas verkaufen. Sie haben offensichtlich rasch gemerkt, dass ich ihnen keine Aufmerksamkeit schenken kann, da ich mit meinem Kopf wo anders war.

Am Ende eines lang gezogenen Raumes empfängt mich das Lächeln eines Khmer und einer, wie sich herausstellt, neuen Portierkraft. Man schlägt mir verschiedene Zimmer in verschiedenen Preisklassen vor und ich entscheide mich schlussendlich für das teure mit Flussblick. Aus früheren Reisen war ich auf einiges vorbereitet und sehr beeindruckt, wie großzügig die Räume - wenn auch schlicht - eingerichtet, waren. Als der Portier den Raum verließ, öffnete ich zuerst die Vorhänge und warf einen Blick auf die großen Ausmaße des braunen Flusses der hinter der breiten Promenade verlief.

Überall waren junge Leute mit Motorrädern zu sehen. Eine Gruppe von Kindern spielte im Wasser mit einem Ball. Der "Strand" war voller Leben. Zwischen den Verkäufern, die Ihre Wägen schoben und den Jugendlichen die auf der Promenade flanierten, erblickte ich etwas, dass ich erst beim zweiten Mal glauben konnte. Da kam doch glatt ein junger Khmer mit einem Enterhackenähnlichen Stab auf einem ausgewachsenen Elefantenweibchen den Gehsteig entlang.

Von keiner Menschenseele beachtet, zog er langsam an dem Hotel vorbei. Wo bin ich hier, dachte ich in diesem Moment und gleichzeitig an die Märchen, die ich als Kind gelesen hatte. Weder in meiner vergangenen Realität noch in den Geschichten, die mir im Gedächtnis waren, konnte ich ein ähnliches Bild finden. Mir viel in diesem Moment nur ein: "da bleib ich", nahm mein Handy, schaltete es ein und musste meine ersten Eindrücke sofort an die weitergeben, die nicht mit auf die Reise gekommen waren. Eine großartige Dusche in einer steinernen Badewanne, in der auch ich Platz finden würde.

Die Klimaanlage tat mittlerweile schon ihre Aufgabe - sie schaltete sich nur ein wenn man den Schlüsselanhänger in einen Schlitz steckt - und ich richtete mich für meine erste Expedition her.

Den Fotoapparat und die Geldtasche nahm ich mit. Ich entschied mich die Promenade entlang zu gehen. Ich hatte noch nie so viel Blicke auf meinem Körper gespürt. Jeder, wirklich jeder, blickte mich an. Ich versuchte, diese Blicke so gut es ging mit einem Lächeln zu erwidern. Wenn mir das glückte, war der Blickkontakt auch schon zu Ende. Meist jedoch gelang es mir nicht und die Blicke der Personen blieben an mir haften.
Dann waren da auch gleich zahlreiche Verkäufer, bei denen das Lächeln offensichtlich als Aufforderung aufgenommen wurde. Am schwierigsten tat ich mir bei den Kindern. Mein erster Gedanke war: "du bist in einem Land, wo auch Kinder alltäglich von Perversen verwendet werden, hinterlässt du nicht genau diesen Eindruck, wenn du dich ihnen zuwendest?"

Einer Gruppe von zwei Jungs und einem Mädel, werden so ca. 4-5 Jahre alt gewesen sein, konnte ich mein eigentliches Bestreben nicht mehr verwehren. Sie baten mich, bei einem der zahlreichen Kleinköchen etwas Essbares für sie zu kaufen. Ich kniete mich zu einer reiferen Khmerfrau, die helle kleine Bälle auf Holzspiesen in einer Schüssel mit Fett gebraten hatte. Ich überließ den Kids die Bestellung, es waren mittlerweile fünf. Jeder wollte zwei dieser Spieße. Ich gab zu erkennen, dass ich das nur kaufe wenn ich einen Ball kosten darf.
Sie hatten große Freude. Der Älteste teilte einen Jungen ein, mir etwas abzugeben. Als ich aufstand, waren sie schon wieder in alle Richtungen verschwunden. Tausend Eindrücke und Motive, die ich gerne mit der Kamera festgehalten hätte. Dafür habe ich offensichtlich zu viel Respekt oder die falsche Auffassung. Wenn ich jemanden fragend angesehen habe, ob ich Ihn fotografieren dürfte, kam da immer nur das Lächeln, das genau alles sagen könnte.

Den ganzen Nachmittag habe ich damit verbracht, durch die Strassen im näheren Umkreis des Hotels zu ziehen und Eindrücke einzufangen. Für die Taximopedfahrer hatte ich schon die richtige Gestik. Ich baumelte mit Zeige und Mittelfinger nach unten und klatsche dann auch meinen Bauch. Das verstand jeder lachend, dass es besser wäre, ich wenn ich zu Fuß gehe. Jedes mal, wenn ich am Hotel vorbei gehe, fragt mich derselbe Junge mit dem Taximofa, woher ich komme. Als er mich wieder vorbeikommen sah und mich abermals das Selbe fraget - wollte ich wissen ob er nicht zu viel trinkt. Hat ihn offensichtlich etwas gesagt. Jetzt wüsste er dann meinen Namen. Obwohl ich Ihn wahrscheinlich die nächste Zeit nicht mehr loswerde. Von Mopedfahren bis geile Pussys über Gewehrschiessen bis zum Opium hat er mir alles schon angeboten.

Ein paar Strassen weiter bin ich zu einer, doch nicht kleinen, Openairveranstaltung gekommen. Offensichtlich ein Popkonzert auf Khmer. Eine junge hübsche Lady hat, für uns schnulzige, Songs zum Besten gegeben. Ca. 1000 vorwiegend Jugendliche haben sich vor der schlecht beschalten Bühne eingefunden und lauschen gespannt aber doch emotionslos der Musik. In der Mitte der Menge aus Radfahrern Fußgängern und Mopedfahrern schwenkt ein riesiger alter verrosteter Arm mit einem Kameramann an der Spitze über die Köpfte der Menge.Der Star wurde von 6 keusch bekleideten Mädchen stielvoll synchron tanzend begleitet.
Ich drehe noch eine Runde und kehre dann ins Hotel zurück. Kurz hielt ich mich auf meinem Zimmer auf, um die Klimaanlage zu genießen, dann zog es mich wieder an den Strand.

Ich setze mich auf die Kaimauer und beobachte im dunklen Schutz das Geschehen. Immer wieder entdecken mich jedoch die neugierigen Blicke der Vorbeiziehenden. Ein kleines Mädchen, das ich vor Stunden abgewiesen habe, bot mir im idealen Moment gekühlte Wasserflaschen aus einem Eimer an. Als größtes Problem stellte sich wieder die Sprache heraus. Schlussendlich wickeln wir das Geschäft wie beim Ziehen von Schwarzerpeterkarten ab. Ihr Lächeln und der Umstand, dass ich bei der Händlerin auf dem Popkonzert 600 und nun 1000 Riel bezahlt habe, sagt mir, dass sie besser als gewöhnlich ausgestiegen ist.
Ein junger Mann mit einem Plastiksackerl nähert sich mir. Ich verstand Ihn nicht. Er deutete jedoch sofort auf den kleinen Beutel. "Ahhh cambodian glue" - die Doge der Straßenkinder, gab er mir laut zu verstehen, murmelt noch einige Worte, die glaube ich nicht nett waren und schnorrt dennoch Zigaretten von mir. Ich beschloß wieder ins Hotel zurück zu gehen. Dabei kommt mir der Gedanke, dass es sicher Sinn hätte, meine Eindrücke festzuhalten. Dieser Gedanke hat auch den Ursprung, dass der Freund, der mich darauf gebracht hat, wieder einmal das Leben etwas anders zu spüren, nicht mit ist. Ich versuche mir vorzustellen, dass sie hier in den Strassen von Phnom Penh ihre Zeit seit immer verbringt. Doch auch wenn sie in einer anderen Kultur aufgewachsen ist, kann ich mir das vorstellen. Ich blickte durch die offene Terrassentüre auf die Strasse und konnte nur mehr wenige Menschen feststellen, die in der Dunkelheit unterwegs waren. Der Hotelbesitzer hatte mich in der Logia angesprochen und mir ihm Zuge des Gespräches angeboten, ein Fahrzeug mit Fahrer zu organisieren. Am nächsten Tag wollte ich früh aufstehen und noch tiefer in die Eindrücke der Stadt eindringen. * Es ist 23:30 und ich bin sau müde.*

Montag, 26.9.2005:

*Ich habe wieder etwas Zeit gefunden den Tag am PC, etwas Revue passieren zu
lassen. In meinem Magen rumort es ein bisschen. Ich habe zu Abend gegessen - Khmerstyl. Den Namen des Gerichtes habe ich mir nicht gemerkt. Also für meinen Geschmack stark ungewöhnlich aber durchaus gut. Der Geschmack erinnert mich an den ekelerregenden Geruch heute am Central Markt. Ich dachte, wie halten die Leute das aus, dass es hier so verwest riecht. Seit Mittag weis ich, dass der Geruch von irgendeinem Gewürz ausgeht. Das Essen ist wie gesagt gewöhnungsbedürftig. Das Abendessen war ein gekochter Süßwasserfisch in einer dicken Currysauce, die mit zahlreichen Kräutern versetzt war. Serviert wurde dieses "Ragout" in einer Kokosnuss und natürlich mit einer Portion Reis.*

An diesem Morgen hatte ich total verschlafen. Ich wollte zu Sonnenaufgang raus aus den Federn. Vielleicht hatte ich doch zu lange Khmer-Musicclips gesehen. War recht witzig, was Khmer unter Rockmusik versehen. Die meisten Rockmusikgruppen bestanden aus vier - fünf brav gekleideter Jungs, die alle eine Stromgitarre umhängen hatten. Aus den Lautsprechern kamen dann ganz softe Schnulzen, vergleichbar mit den Schlagern der 50er und 60er in unseren Breiten. Es liesen sich da durchaus Ähnlichkeiten feststellen. In der Zeit der Sorgen und der Konflikte hört man offensichtlich nur sanfte Musik die sich, hauptsächlich mit Liebe beschäftigt. In unseren Breiten sind die Leute gesättigt, da braucht es das Harte und Extreme. Sogar so eine Schlagerburg wie das Lokal, die Tenne gibt es nicht mehr.

Es hat gerade begonnen zu regnen. Morgens habe ich mir einen Kaffee und ein Baguette mit Butter gegönnt. Jeder der Österreich schon einmal verlassen hat, wird unseren Kaffee schätzen. Mein Plan für diesen Tag war es, ein Geländefahrzeug aufzutreiben um mich am nächsten Tag ins Landesinnere zu begeben. Zuhause hatte ich noch einen Verleiher im Internet recherchiert. Diesen wollte ich aufsuchen. Auf dem Stadtplan, den ich vom Hotel bekommen habe, hatte ich die Strasse 592 - das Vergeben von Straßennamen haben sie hier aufgegeben, da bei jedem Machtwechsel die Herrschaft als erstes die Namen umgeändert hat - gefunden. Um wie immer soviel wie möglich von der Stadt mitzubekommen, wählte ich den Fußmarsch in das ca. 4km entfernte Stadtviertel. Richtung Norden erreichte ich nach einigen hundert Metern den "Central Markt". Ein großer an eine Moschee erinnernder Kuppelbau mit vier sternförmigen Schiffen. Rings um das Gebäude waren hunderte Stände aufgebaut. Zwischen der stark belebten Strasse und den Ständen war ein ca. 4m breiter Streifen, der frei von jeglichem Verkehr war. Erfreut über den Umstand, mich einige Meter ohne auf den Verkehr zu achten, bewegen zu können, nutzte ich den Weg. Dann bemerkte ich auf der einen Seite, ein Fahrrad neben dem anderen gereiht und auf der anderen Seite ein Mofa neben das andere gereiht.
Zuerst dachte ich, ich sein in den Verkaufsraum eines Händlers eingedrungen. Als ich dann aber einige Meter weiter blickte, sah ich einen Jungen Mann an einem kleinen Tisch sitzen. Er kassierte offensichtlich von einem Mofafahrer Geld, um in die "Schutzzone" zu dürfen.

Jetzt war klar, dass es sich bei dem Streifen um einen bezahlten Mofa und Radparkplatz handelte.
Ich begann nunmehr den Eingang zu der Halle zu suchen, rings herum säumte ein Stand nach dem anderen den Platz des Gebäudes. Alle 20 Meter gab es einen schmalen Weg ins Innere. Da ich keinen Eingang gefunden hatte, erlaubte ich mir, einen dieser Gänge ins Innere zu nehmen und hoffte, nicht in einem Verkaufsraum zu enden. Der schmale ca. 1.5 Meter breite Gang war mit Folie überdeckt und führte in das Innere.
Zu meinem Erstaunen musste ich feststellen, dass dies offensichtlich ein regulärer Zugang zum Markt war. Es stellte sich heraus, dass innerhalb der Verkaufsfront ein regelrechtes Labyrinth solcher Gänge bestand. Ein Verkaufstand nach dem anderen in einem Art Höhlensystem. In einem Teil waren die Textilwaren und Lederutensilien vorherrschend, in einem anderen Teil war es der Fisch und dann kam auch noch die Unterhaltungsecke.
Irgendwann betrat ich dann eine riesige Halle. Wahrscheinlich wirkte sie nur so, nach all den Schlürfen. In der Mitte der Halle, also unter der Kuppel waren gemauerte Verkaufsstände mit Vitrinen. Die Händler im Zentrum verkauften ausschließlich Juwelierware und Uhren. Der Schmuck aus diesem grell, kitschigem Gold konnte mir wenig abgewinnen. Vielmehr interessierten mich die Stände im Umkreis. Ich habe schon viele Märkte gesehen, aber so etwas wie hier sah ich zum ersten Mal. Alles, wirklich alles, was man aus Tieren herausbekommen kann, hängt hier zum Verkauf. Die Eingeweide neben den Knochen von Schweinen, dazwischen gerupfte Vögel und Kröten. Auch hier sind die Verkaufsstände ca. 1m ummauert. In jedem Verkaufsstand tummeln sich zumindest vier Frauen und meist genauso viele Kleinkinder, während die Großmutter die lebenden Welse köpft, wird der Enkel daneben von der am Verkaufspult sitzenden Mutter gestillt. In den meisten Ständen befindet sich auch eine altertümliche, mit dem Fuß zu betreibende Nähmaschinen, so etwas, was wir im Keller haben. Fleißig nähen hier die älteren Töchter kitschige Blusen und Röcke. Gerne hätte ich hier alle Eindrücke mit der Kamera aufgenommen. Wieder einmal war ich zu schüchtern die Leute um ihr Einverständnis zu fragen und zu respektvoll es einfach zu tun.

Ich muss zugeben, dass stellenweise der Gestank unerträglich war. Die Eindrücke entschädigten aber für das erdulden dieses Umstandes. Richtung Norden bewegte ich mich auf die Strasse zu, die zum Flughafen führte. Der Fußgängerverkehr wurde schlagartig geringer, nur mehr vereinzelnd waren Stände in der Ferne zu erkennen. Neben der "Hauptstrasse", die übrigens vierspurig getrennt durch einen Grünstreifen war, waren so gut wie keine Menschen auf den breiten Gehsteigen unterwegs. Seit dem Betreten dieser Strasse hat mir auch kein einziger Mofafahrer, in der Hoffnung auf eine Fahrt, zugewinkt. Ich hatte offensichtlich das Zentrum des Geschäftslebens verlassen. Die Strasse führt entlang des Kopfbahnhofs, der einzigen Bahnstrecke in Kambodscha. Gesäumt von einer hohen Mauer führte der Gehweg vereinzelt an Hallen und Mofaserviceplätzen vorbei. Hier sprach mich kein Mensch mehr an. Die Leute beobachteten mich zwar, aber das Verhalten der Menschen, wie in der Innenstadt, gab es hier nicht mehr. Wenn du an einer Familie vorbei gingst oder an einer Gruppe Kinder, wurdest du stets freundlich mit einem "Hallo" von den Kleinsten begrüßt. Nach ca. zwei Kilometer endet die Mauer auf der rechten Seite und eine Strasse war erkennbar.
Wenn ich meinem Plan Glauben schenken durfte, so war die erste Strasse auf der rechten Seite, die die ich nehmen musste. Sie war unbefestigt und machte einen Bogen, sodass ich nicht wirklich erkennen konnte wo sie hinführte. Ich vertraue auf den Stadtplan und nahm den Weg. Nach wenigen Metern wurde mir klar, dass das sicher nicht die richtige Strasse war. Der Weg war unbefestigt, voller Schlaglöcher. An den Straßenrändern waren nun keine Geschäfte mehr zu sehen. Neben alten Hallen und verfallenen Bauwerken standen kleine primitive Holzhütten. Wenige Menschen (im Vergleich zur "Innenstadt") waren hier im Schlamm unterwegs. Fast keiner schenkte mir Beachtung. Vor den kleinen Hütten saßen stets Frauen und zahlreiche Kinder. Nach einigen Minuten kam ich zu einer Eisenbahnkreuzung, die Bahnverbindung von Kambodscha. Als ich links und rechts die Gleise sah, beobachte ich, wie hunderte Menschen entlang und auf den Gleisen verweilten. Offensichtlich war das so etwas wie ein Markt, obwohl die Gleisanlage so aussah, als wäre sie lange nicht mehr benutzt worden. "Soll ich die Kamera auspacken?". Irgendwie kam es mir vor, dass sie zwar so einen Außerirdischen, wie mich kannten, aber diesen noch nie in unmittelbarer Nähe ihres Zuhauses gesehen hatten. Ich dachte nach, was ich wohl von einem Asiaten denken würde, der unsere Haustüre fotografiert... Irgendwie war mir klar, dass ich nun in einer Siedlung von, bei uns würde man sagen "Normalbürger", war.

Bei der Suche nach dem Weg zurück auf die befestigte Strasse kam ich an einem lang gezogenen großen einstöckigen Gebäude vorbei. Das Gebäude war von einem hohen, durch Säulen unterbrochenen, gusseisernen Zaun umgeben. Über einem der Gusselemente erkannte ich ein Transparent auf dem ich "Cambodian University" lesen konnte. Es war offensichtlich eine Art Highschool. Dies bestätigte meine Vermutung, dass ich in einem Viertel der Normalbürger war. Nach einigen Gassen wurden die Gebäude wieder höher und massiver. Bei uns würde man das wahrscheinlich als eine Einfamilienhaussiedlung ansehen. Zu bemerken war, dass auf allen Zäunen und Mauern schwere Stacheldrahtkonstruktionen zu finden waren. In den Einfahrten der zweistöckigen Betonbauten saßen ab und zu Mütter und ihre Kinder. Eine ältere Dame leert Ihren Kübel schwungvoll in eine der zahlreichen Lacken der Strasse. Einige Tropfen des Nassen erwischten mich auf den Füßen und ich mache einen kurzen Satz auf die Seite. Das hat natürlich ein herzhaftes Lachen einer Gruppe von Kindern ausgelöst. Ich musste ebenfalls lachen. Beim Blick vorwärts erkannte ich endlich eine befahrene, befestigte Strasse. An der Ecke standen zwei Mofafahrer und entspannten sich im Schatten. Es war an diesem Vormittag irrsinnig heiß und wolkenlos. Ich fragte, mit dem Plan in der Hand, wo ich mich gerade befinde. Gleich kamen zwei seiner Bekannten zur Hilfe und nach kurzer Zeit waren sie sich unsere Position sicher. Ich fragte den Jungen, ob er den Weg zu der Adresse, die ich Ihn zeigte, kenne. In Gemeinschaftsarbeit und unter Einbeziehung der Händler in der Nähe war ich bebreit, den Weg antreten zu können. Es war ein ungewöhnliches Gefühl, sich mit hundertvierzig Kilo auf die Bank eines Mofas zu setzen, dessen Fahrer ca. 50kg wog. Nach einigen Metern hatte ich jedoch Vertrauen gefunden. Er brachte mich zu einem Haus, das mit Wellblech umzäunt war. Auf einer Tafel stand "Car renting". Ich versuchte eine der Türen zu öffnen, zu klopfen und das Tor zu betätigen. Ein Mann, der 10 Meter weiter auf seinem Moped lag, deutete mir dann hilfreicher Weise auf eine Plastikdose an einer Säule. Eine Glocke! Nachdem Betätigen kam ein Junge und öffnete mir das Tor. Im Hof waren einige älter Pajero, unter denen zahlreiche Männer lagen und fleißig werkten. Ich wurde an die offensichtliche Dame des Hauses weitergeleitet, die mich in das Haus bittete. Nach einem kurzen Versuch, ihr mein Anliegen zu erklären, begab sie sich an ihr Telefon und gab mir dann ihren - ich denke Mann - zu sprechen. Er erklärte mir kurz, was wie viel kostet und wir verblieben, dass ich in anrufen werde, wenn ich darauf zurück komme. Ich verließ dann das Gelände und schnappte mir den nächst bestem Mofafahrer. Die Fahrt war durchaus angenehm bei der Hitze. Mehrmals dachte ich das Ruder übernehmen zu müssen. Ich habe mich zusammengerissen und versuchte mir einzureden, dass er der Profi ist. Bis zum Central Market hab ich mich führen lassen. Da mein Magen knurrte, beschloss ich etwas zu essen. Ein Restaurant, in dem Einheimische essen, wollte ich besuchen. Eine Gasse Richtung Fluss fand ich ein Restaurant, das mich ansprach. Die Kellnerin (denke die Tochter des Hauses) war es offensichtlich nicht gewohnt, so lange auf eine Bestellung zu warten.

Ich bestellte Fisch mit rotem Curry. Nach einiger Zeit bekam ich eine große Suppenschüssel mit roter Sauce und undefinierbarem Inhalt und einen Teller mit Reis. Da war plötzlich dieser Geruch. Derselbe, den ich so intensiv auf dem Markt mitbekommen hatte. Das war also kein Verwesungsgeruch, sondern ein Gewürz. Na ja - versuchen wir es halt, dachte ich. Einerseits regte es mich, andererseits war es doch gut. Dennoch war ich froh, als ich meinen Hunger gestillt hatte. Nach dem Essen beschloss ich mich etwas auf die Kaimauer an der Promenade zu setzen. Da wenige schattige Plätze vorhanden waren, fragte ich einen Khmer, ob ich mich zu ihm setzen darf. Er bejahte das natürlich und es dauerte nicht lange, und wir kamen ins Gespräch. Mich interessierte natürlich, was er treibt und wie er aufgewachsen war und ob er Familie hat. Mit seinem mittelmäßigen Englisch erklärte er mir, dass er als Driver arbeitete und 30 Jahre alt war, keine Freundin hat, weil er kein Geld hat und nie zur Schule gegangen ist. Im Zuge des Gesprächs haben sich vier Kinder bei uns versammelt. Mit zwei Holzangeln verbrachten sie spielend den Tag damit, kleine Fische zu fangen. Als ich dann den Ersten fragte, ob ich Ihn fotografieren darf, war auch schon das Eis gebrochen. Ich zeigte Ihnen auf dem Display die Bilder. Die beiden Kleinsten, ich schätze zwischen drei und vier Jahren, schmiegten sich bald an mich. Das kleine Mädchen war fasziniert von meinen Händen und versuchte Ihre Finger zwischen meinen zu verschränken. Der Junge war bald auf meinem Schoss. Beim nächsten Fang eines vier Zentimeter langen Wels musste ich natürlich Fotos schießen. Es dauerte nicht lange und sie begannen dann mich mit "give me one dollar" zu bearbeiten. Ich wollte sie zum Essen einladen und hatte den Khmer gebeten sie zu fragen, ob sie Hunger haben. Eine richtige Antwort habe ich nicht bekommen. Ich bin dann wieder aufgebrochen. Im Hotel kam ich den mit dem Hotelmanager ins Gespräch. Ich fragte Ihn wie viel ein Grundstück bzw. ein Haus in Phnom Penh kostet.

Wirklich Ahnung hatte er nicht, aber er lud mich ein, ein Grundstück am Fluss zu besichtigen, das zu verkaufen wäre. Nach einer Dusche traf ich Ihn wieder und er bat mich, mit Ihm mitzukommen. Mit seinem Mercedes sind wir dann einige Kilometer flussaufwärts gefahren und haben den Tonle Sap überquert. Nach ca. 5km ist er dann rechts in einen Feldweg eingebogen. Dieser mündete in einem, zum Menkong verlaufenden, Weg.

Zwischen dem Menkong und der Strasse lagen ca. 20m Land. Einige Parzellen waren bebaut einige nicht. Der Hotelmanager erklärt mir, dass er schon seit langem versucht, hier ein Grundstück zu kaufen. Aber jedes Mal wenn er das Geld zusammen hat, sind die Grundstückspreise wieder gestiegen. Links und rechts vom Weg wohnten Familien in Ihren hölzernen Pfahlbauten. Er steuert auf eines dieser Häuser zu und sprach den Hausherren an. Der etwa 50 jährige Fischer, den rechten Arm hatte er verloren, begann sofort mit Jourin, dem Hoteldirektor, ein Gespräch. Der Fischer bot das Grundstück links von seinem Haus für $18.000,- an. Sein Grundstück würde er um $35.000,-- verkaufen. Zuerst war ich mir nicht sicher, ob die mich verarschen wollen. Eine Parzelle war etwa 12 mal 25m in der Regenzeit. Cirka 30cm unter dem Niveau der Parzelle lagt der Wasserspiegel des Flusses. Mit der Zeit kam ich darauf, dass hier wahrscheinlich ein Villenviertel entsteht. Jourin fuhr mit mir die Strasse weiter entlang und erzählt mir von jedem neuen Besitzer, Franzose, Chinese... Er meint viele reiche Westler kaufen sich hier ein Grundstück bauen ein Haus und "halten" sich hier dann eine Kambodschanische Freundin. Die hier Einheimischen werden bald verschwunden sein. Für meinen Hintergedanken war das wohl der schlechteste Ort in Land zu investieren. Sicher ist jedoch, dass es hier bald große Renditen für Grundstücksspekulanten gibt. Offensichtlich war er massiv daran interessiert, ein Grundstück zu kaufen, und so klapperten wir noch einige Bauern ab. Einfach irre was die dort für diese Verhältnisse verlangen. Niemals würde ich für ein Sumpfgundstück bzw. eines im Überschwemmungsgebiet bis zu $50 pro Quadratmeter bezahlen. Beide irgendwie enttäuscht, sind wir dann wieder in die Stadt gefahren. Auf dem Weg hinein hat er mir von einem Khmerclub erzählt, den ich unbedingt besuchen muss. Er fragte mich, ob ich schon einmal gesehen habe wie die Khmer tanzen. Jedenfalls überredete er mich, dass ich mir das heute ansehe sollte. Auf der Fahrt ins Zentrum hatte er mir noch ein bisschen von den Menschen in Kambodscha berichtet. Er meinte, dass die Armut einerseits so extrem ist und die Regierung nichts für die Bauern tut. Fast alles im Land wird importiert. Frauen gehen so weit, dass sie Ihre Baybies an Chinesen oder wenn auch immer verkaufen. In diesem Moment hackte ich ein. Es kann nichts auf der Welt passieren, dass ich eines meiner Kinder verkaufen würde. Vorher würde ich selber sterben. Doch er erklärte mir die Umstände und es erschien mir verständlich. Meist sind die Familien sehr kinderreich. Alle die Arbeiten können, müssen dies tun um ihre Familie zu erhalten. Wenn da ein älteres Familienmitglied schwer erkrankt und die Existenz der ganzen Familie auf dem Spiel steht, fragt keiner mehr nach Moral. Eine Schwester geht für Ihren kranken Bruder in die Betten fremder Männer. Und das Neugeborene rettet der Familie das Leben und hat mit etwas Glück die Chance zu überleben. Wie ich zuvor eigentlich die Mütter nicht verstanden habe, ist er gleichfalls zornig auf die Regierung, die so etwas zulässt. Er deutet im selben Moment auf das Mofa mit Anhänger, auf dem sich 10 Personen - Kinder, Frauen - befinden. "Ist so etwas erlaubt in deinem Land?" Nein. Es schert sich hier kein Mensch um Regeln. Die Leute müssen von einem Ort zum anderen. Die kann man nicht einschränken. Und wenn da überall Polizisten strafen würden. Die letzen 15 Minuten der Fahrt erzählte er mir noch von seinen Sorgen, genug Geld zu verdienen um seiner Frau und seiner dreijährigen Tochter ein Haus zu kaufen. Die Eigentümer des Hotels waren Chinesen. Er meinte, wenn der Betrieb gut geht, werden sie ihn verkaufen. Seine Angestellten verdienen oft mehr als er, beklagte er sich. Ich lächelte und dachte nur, "Das kommt mir bekannt vor - ahh auch so ein Depp wie ich." Im Hotel angekommen vereinbarten wir, dass wir um 9:00 in den Klub fahren würden. Als ich dann aufbrechen wollte, erzählte er mir, dass er noch einen Termin habe und vielleicht nachkommen würde. Er bat mich, mit meinem zukünftigen Fahrer den Club zu besuchen. Der Fahrer, er sah aus als wäre er gerade 17 geworden, hat ständig ein Lächeln im Gesicht und man merkte unverkennbar, dass er ständig mit den Gedanken wo anders war. Ich brach mit den Jungen auf. Irgendwie kam ich mir, mit Ihm als Begleitung, komisch vor. Ich möchte nicht wissen, wie viele sich gedacht haben, "Ah der schwule Dicke mit seinem Lustknaben", was ja hier nicht so abwegig war. Jedenfalls sind wir in diesen Club gegangen. Die Disco war im zweiten Stock. Im ersten befand sich das Mekong Massagestudio. Also, mir wurde klar, dass das nicht so ein Club ist, wie ich ihn mir vorgestellt hatte. So wie bei uns, wo sich die Jugendlichen treffen. Vielmehr lief es in den groß angelegten Disco (wie bei uns vor 20 Jahren), die mit Livemusik beschallt wurde, so ab, dass da scharenweise junge Mädchen - also ich hätte sie auf 13-15 geschätzt, aber das heißt nichts, mein Fahrer ist auch 23 - herumsitzen. Wenn du den Raum betrittst, kümmern sich sogleich drei Kellner um dich. So schnell kannst du gar nicht schauen, haben wir von Erdnüssen, Mangostangen und sonstigem Knabberzeug den Tisch voll gehabt. Der zweite Einsatz galt einer Frau in einer Werbeuniform, die offensichtlich eingeteilt war, für die Bierfirma das Bier zu präsentieren. Sie hielt mit das "Tiger"-beer Etikett vor Augen und fragte mich so, dass es den Eindruck machte, als würde sie mich umbringen, wenn ich ein anderes bestelle. Sozusagen überredet, bestellte ich eines. Zack, zack und es waren drei Flaschen mit Eiskübel am Tisch, eine wurde geöffnet und daraus, nach jedem Schluck, nachgeschenkt. Ich versuchte mich mit meinem Fahrer etwas zu unterhalten, kam dabei aber darauf, dass es nur sehr schlecht Englisch konnte. Man wurde dort gefragt, ob man ein Mädchen am Tisch haben möchte mit der man dann auch tanzen kann. Als Startänzer und Liebhaber von Frauen, die aussehen wie Kinder - natürlich ironisch gemeint - hab ich gleich mal verneint. Den Fahrer versuchte ich verzweifelt zu überreden, ein Tänzchen mit einem der Mädles zu wagen. Im Gespräch fand ich heraus, dass es offensichtlich so etwas, wie Jugendlich bei uns, nicht gibt. Es gibt hier keine Treffpunkte außer der Schule und dem nachmittägigen allgemeinen Aufstieg auf Mofa und Fahrrad und runden in der Stadt drehen.

Sehr seltsames Gefühl die alten Säcke, zumeist Chinesen, zu beobachten, wie sie mit Mädchen, die mir noch wie Kinder erschienen, herumtanzten. Witzig war jedenfalls, der Khmersquerdance. Die Junge Frau auf der Bühne stimmt mit ihrer Kombo eine sehr hoch klingende, melancholische Nummer an. Plötzlich finden sich 10 Pärchen auf der Tanzfläche ein, stellen sich in Zweierreihen auf. Die vorderen zwei Mädel beginnen so dann mit leicht vorwärts und rückwärts schunkelnder Bewegung und dabei die Handflächen
harmonisch auf und abdrehend - einmal links - einmal rechts, um die Tanzfläche zu tanzen.
Einerseits witzig, andererseits faszinierend, dass sich alle, viele kannten sich nicht, zusammen bewegten. Ich habe das ganze noch eine Zeit beobachtet. Mein Fahrer war offensichtlich schon so müde, dass gar kein Gespräch mehr zusammen kam.
Ich habe nur noch herausgefunden, dass er die Grundschule und Highschool besucht hat und diese vor drei Jahren abgebrochen hat, seine Familie Bauern waren und diese 75 km südlich von Phnom Penh Ihre Farm hatten. Er wirkte traurig. Wir verließen dann die Disco und fuhren mit den Mercedes zurück ins Hotel. Ich vereinbarte mit Ihm, dass wir um ca. 10:00 aufbrechen würden. Bevor ich schlafen ging, versuchte ich noch die Erlebnisse des Tages im Internet aufzuzeichnen. So erledigt vom sonnenreichen Tag schaffte ich es aber nicht mehr und nahm mir vor, früh morgens weiter zu schreiben. Doch bevor ich den PC verlies, musste ich noch mal an den Fahrer denken, das war ein Kind und außerdem war sein Englisch mies. Wäre genial wenn mich jemand begleiten könnte, der das Land kennt und auch die Sprachen. Ich schrieb Po ein Email, ob sie jemanden kennt und wartete noch eine Zigarettenlänge auf eine Antwort. Dann ging ich zu Bett. 3 Anrufe in Abwesenheit. Eine von Ritchi um 8:30 aus dem Büro wahrscheinlich, Scheiße dachte ich mir. Ich schrieb ihm eine SMS ob er etwas brauche und er antwortete mir mit "alles klar, alles im Griff" und wünschte mir einen schönen Urlaub - die Antwort war klar, aber mir war klar, dass es irgendwo eckt.

© Johann Brucker, 2006
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Die Reise
 
Details:
Aufbruch: 24.09.2005
Dauer: 16 Tage
Heimkehr: 09.10.2005
Reiseziele: Kambodscha
Sihanoukville
Der Autor
 
Johann Brucker berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.