Auf dem Weg nach Albanien (2023)

Reisezeit: September - November 2023  |  von Andreas Kirchner

Eine Tour mit dem Wohnmobil nach Albanien

Turtle on the road

Es könnte ein neues Stück von Dream Theater sein oder der neue Roman von T. C. Boyle: Turtle on the road. Tatsächlich aber bedeutet es genau das: eine Schildkröte auf der Straße. Zum Glück noch nicht ganz. Sie steht am Begrenzungsstreifen der Landstraße und hat bereits eine Pfote (sagt man bei Schildkröten "Pfote"? - wohl kaum) auf den Asphalt gesetzt. Weiß sie, dass sie zum einen nun gut auf den Verkehr rechts und links achten und zum anderen schnell rennen muss, um lebend auf die andere Seite zu kommen? Vermutlich weiß sie zumindest, dass ihr die Möglichkeit "Rennen" nicht wirklich zur Verfügung steht. Und das lässt sie offenbar zögern.

Wir entdecken sie im Vorbeifahren aus dem Augenwinkel auf einer kleinen Landstraße unweit von Skradin, Kroatien. In unserem geistigen Auge sehen wir schon das nächste Auto hinter uns über sie hinweg brettern. Der Panzer knirscht, knackt und bricht. Die vier Beinchen liegen platt auf dem heißen Asphalt, in alle vier Himmelsrichtungen zeigend. Der Kopf ist, na ja, kein Kopf mehr. STOP! Wir starten augenblicklich das Naturschutzprojekt "Rettet die dalmatinische Schildkröte", drehen bei nächster Gelegenheit um, stellen unser Wohnmobil hinter die Schildkröte an den Straßenrand und machen die Warnblinkanlage an.

Die handtellergroße Schildkröte zieht sofort alle Viere und ihren Kopf ein, als wir sie hochnehmen. Geradezu schuldbewusst, als ob sie genau weiß, dass sie gerade dabei ist, gehörigen Unfug zu machen. Fünfzig Meter entfernt von der Straße, mit dem Kopf in die andere Richtung, setzen wir sie wieder auf den Boden. Nicht ohne sie zuvor dringlich ermahnt zu haben, ja nicht wieder zurück auf die Straße zu laufen! Sie guckt schüchtern mit einem Auge aus ihrem Loch. Leider keinerlei Anzeichen des Verstehens. Vielleicht hilft ja der kleine Steinhügel, der nun zwischen ihr und der Straße liegt und es ihr zu beschwerlich vorkommen lässt, den Weg in die falsche Richtung noch einmal zu bewerkstelligen. Wir können nur hoffen.

Die Schildkröte ist nicht das einzige verwunderliche Tier, dem wir in den letzten drei Tagen begegnet sind. Wir sind wieder unterwegs – dieses Mal in Richtung Albanien. Schon das erste Tier ist in unserer heimischen Gegend nur selten anzutreffen: das steirische Backhendl. Wir entdecken es nach unserem 800-km-Rutsch von unserem Startpunkt bis Graz. Der Wirt des Gasthofes, bei dem wir in der ersten Nacht stehen, offeriert es zusammen mit einem Stellplatz. Vor Jahren waren wir schon einmal hier. Da war der Stellplatz noch im Backhendl-Preis inbegriffen, heuer zahlt man 15 € extra. Wir nehmen uns vor, unsere Route das nächste Mal anders zu planen, auch weil das Fassungsvermögen des Stellplatzes mittlerweile restlos ausgeschöpft ist – das Backhendl lockt allzu viele Wohnmobilisten an.

Die anderen verwunderlichen Tiere, die uns über den Weg laufen – meist im wortwörtlichen Sinn – sind eine Heuschrecke, die in ihrer Statur einer Gottesanbeterin nicht unähnlich ist, eine fingerdicke und ebenso lange Raupe mit einem kleinen, blauen Stachel am Hinterteil, eine Wasserschlange, die sich auf einem Stein unter Wasser zu sonnen scheint, und eine ziemlich große grüne Echse, die auf einem Ast liegend auf uns herunter schaut und sich vornimmt, zuhause von den komischen Zweibeiner zu erzählen, die sie heute gesehen hat.

Was wir bislang gesehen haben, außer Tiere und Autobahn, ist der Krka-Nationalpark. Die letzten Jahre sind wir jedes Mal vorbeigefahren, weil andere Ziele erreicht werden wollten und die Zeit nun mal knapp bemessen ist, wenn man nach drei Wochen Urlaub wieder zur Arbeit zurückkehren muss. Nun ist das anders und nichts sprach dagegen, Krka dieses Mal in Angriff zu nehmen.

Und es hat sich gelohnt. Da wir zum einen außerhalb der Hauptsaison unterwegs und zum anderen schon sehr früh morgens von unserem Campingplatz aus gestartet sind, können wir den Touristenströmen ganz gut aus dem Weg gehen. Der viele Regen der letzten Wochen, in Kroatien um diese Zeit eher selten, trug dazu bei, dass die Krka viel Wasser führte und sich der Nationalpark von seiner besten Seite zeigen konnte.

Krka-Nationalpark

Krka-Nationalpark

© Andreas Kirchner, 2023
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Die Reise
 
Details:
Aufbruch: 16.09.2023
Dauer: 9 Wochen
Heimkehr: 14.11.2023
Reiseziele: Kroatien
Montenegro
Albanien
Slowenien
Der Autor
 
Andreas Kirchner berichtet seit 8 Monaten auf umdiewelt.
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