Freiwilligenarbeit Ghana - Presbyterian Clinic Langbensi

Reisezeit: Dezember 2011 - Februar 2012  |  von Sabine Valentin

Geburtstag in Ghana

Geburtstag feiern in Ghana ist nicht üblich. Mein Gastvater hat mir erzählt, dass er sogar seinen eingen Geburtstag oft vergißt. Viele Menschen in Ghana wissen nicht, wann sie geboren sind. Eine ganz witzige Begegnung in der Klinik: Eine ältere Damen kommt zu mir an die Anmeldung zum Blutdruck, Temperatur und Gewicht messen. In ihrem Folder fehlt das Geburtsdatum und Alter. Als ich sie danach frage bzw. ihr die Frage übersetzen lasse, gibt sie als Antwort, dass sie 30 Jahre alt ist. Herrlich, oder? Man kann immer sagen ich bin 29 +! Die Dame sah aus, als wenn sie schon ein paar Jahre mehr auf dem Buckel hätte - so ungefähr 70!
Selbst Kelvin und Vida (Nichte und Neffe), die hier im Haus leben wissen nicht wann sie geboren sind. Die Altersangaben scheinen mir für beide sehr hoch gegriffen mit 14 und 17 Jahren. Arme Kinder - haben noch nie einen Geburtstag gefeiert! Wenn die Kinder in der Klink zur Welt kommen wird dies natürlich registriert. Sonst macht man das Lebensalter an Ereignissen fest! Ich bin geboren nach oder vor diesem Event!
Nun zu meinem Geburtstag. Ich wollte diesem Ereignis ja eigentlich entkommen - aber man kann auch ans Ende der Welt reisen - wir kennen unsere Geburtsdaten - und ich werde 40 - ob ich nun mag oder nicht! Ich feiere nun mal gerne und so wollte ich meinen Geburtstag doch nicht so sang- und klanglos vorübergehen lassen. Ich habe meinen Gasteltern Silvester von meinem bevorstehenden Event erzählt und es war sofort klar, dass wir dies feiern wollen. Mein Gastvater (31 Jahre) meinte, dass dies ein großer Grund ist, dass ich soooo alt geworden bin - noch fit und munter. Eine Kollegin in der Klinik (25 Jahre alt) hat mir erzählt, dass es ihr Wunsch ist, wenn sie so alt ist, so gut auszusehen wie ich! Das geht doch runter wie Öl!
Also wenn jemand in Ghana seinen Geburtstag feiert, dann läd man einige Freunde ein, es gibt Musik, Getränke, eine Kleinigkeit zu essen. Die meisten Leute können sich so etwas einfach nicht leisten.
Ich bin mit meinem Gastvater einen Tag vor meinem Geburtstag nach Walewale, der nächsten größeren Stadt, mit dem Motorrad gefahren um Geld am Geldautomaten zu holen. Ich bin schon ewig nicht mehr auf einem Motorrad mitgefahren (glaube das letzte Mal mit 16) - war ein wenig aufgeregt! Mein Gastvater hat sogar einen Helm - auf meine Bedenken, ob dieser wirklich paßt, hat er mir geantwortet, dass dieser Helm jedem paßt. Klar - so groß kann der Kopf gar nicht sein, dass der Helm zu klein ist! Wir sind dann mit 40 km/h gefahren - die Straße ist ziemlich schlecht - sandig, staubig mit vielen Schlaglöchern. Wenn ein LKW oder ein Trotro an einem vorbeifährt muß man erst einmal stehenbleiben um nicht den ganzen Staub zu schlucken.

In Deutschland nehme ich mir normal an meinem Geburtstag frei. In Langbinsi habe ich gearbeitet. Donnerstag ist Wiege- und Impftag in der Klinik. Falls das Gewicht unter einer bestimmten Grenze ist wird mit den Müttern über eine bessere Ernährung gesprochen. So kommen sehr viele Frauen an diesem Tag zusammen - wir haben dies genutzt um unsere Aufklärung über HIV zu halten, später dann noch einmal im normalen Wartebereich der Klinik. Ist eine ganz schöne Geräuschkulisse mit so vielen Kindern.

Vielen Dank für die vielen Glückwünsche zu meinem Geburtstag auf Facebook, per Mail, auf diesem Portal, Telefon, Skype ... Habe mich sehr gefreut, dass mir meine Schwester schon in Deutschland eine Karte zum Geburtstag mitgegeben hat und ich von meinen Freundinnen Susanne und Elke ein Geschenk auspacken konnte. Der Lippenstift und die Creme sind hier sehr nützlich, da die Sonne und der Hamartan (Saharawind) die Haut sehr austrocknet.
So - nun seid Ihr wahrscheinlich schon gespannt wie wir jetzt schlußendlich gefeiert haben.
Meine Gäste waren das Klinikpersonal und die Gastfamilie (bei der ich ja gefeiert habe). - außerdem sehr viele kleine uneingeladene Gäste, die von der lauten Musik angelockt wurden - oder besser gesagt schon vom Aufbau! Wir haben für die Kinder des Dorfes vorher auch schon Kekse gekauft - auf anraten meiner Gastfamilie. Mit diesem Andrang hatte ich allerdings nicht gerechnet - hat mich am Anfang fast erschlagen. Das Haus meiner "Familie" hat einen Innehof - von hier aus kann man in alle Zimmer gehen. In diesem Hof haben wir Bänke aufgestellt. DJ John hat ganz schön viel Platz gebraucht mit seinen vier Mega-Boxen. Es ist wichtig, dass die Musik laut ist!
Es gab Malt und Fanta in zwei Geschmacksrichtungen zu trinken. Cola gab es gerade nicht in Langbinsi. Als ich nach Alkohol - z. B. Bier fragte (schmeckt ganz gut - Star - habe ich in Accra getestet) hat mein Gastvater gemeint, dass man für mich ja etwas kaufen kann. Er hat gehört, dass die Deutschen sehr viel Bier trinken. Meine Familie gehört den "Assemblies of God" an und den Mitgliedern ist es nicht gestattet Alkohol zu trinken. Die Moslems trinken auch keinen Alkohol. Die Katholiken dürften ... Es war also für die Gäste nicht außergewöhnlich nur Softgetränke zu bekommen.

Zu essen sollte es Hahn (Mehrzahl Hähne?!) geben - unsere waren jedoch noch zu klein und anscheinend gab es an meinem Ehrentag keine zu kaufen. Es gab dann Rindfleisch angebraten in kleinen Stückchen. Außerdem hatte ich Sweetballs bei einer Klinikangestellten bestellt. Sie bereitet diese jeden Donnerstag und Freitag zu und verkauft diese an Patienten in der Klinik. Schmeckt ein bisschen so wie ein Krapfen ohne Füllung (kleiner). Ein Stück kostet umgerechnet 5 Cent. Ich habe ihr gesagt, sie soll für ca. 30 Personen Sweetballs mitbringen. Ihre Frage nach einem Geburtstagskuchen habe ich bejaht. Ich wollte alles vorher bezahlen - "No sister, I will do it for you! No problem, pay it later!" Darauf sollte man sich nie einlassen. Das Ganze hat dann 20 Euro gekostet! Ja ein Weißer hat Geld und dem tut es nicht weh, wenn er das 10fache bezahlt ... D. h. vorher immer fragen - am Besten das Geld immer parat haben - mit Wechselgeld ist es auch oft schwierig ...
Die Party hat um 17:00 Uhr begonnen. Erst einmal wurden die Kinder mit Keksen und verdünntem Fanta versorgt. Danach bekamen die Erwachsenen etwas zu trinken.
Mein Gastvater hat eine Rede gehalten - wir hatten sogar ein Mikro! Bei jedem Anlass in Ghana wird erst einmal gebetet. In meinem Fall hat dies die Hebamme übernommen. Mein Gastvater fand sie passend, da sie stellvertretend für ihren Berufsstand, diejenige ist, die den Menschen auf die Welt hilft. Außerdem ist die Hebamme wie ich katholisch. Sie hat Gott gedankt, dass ich jetzt unter ihnen bin, wir diesen Geburtstag feiern können und ich so gesund alt wurde. Sie hat darum gebeten, dass ich hundert Jahre alt werde ... Danach haben alle für mich Happy Birthday gesungen. Dann kommt die Frage wie alt man nun ist und zu diesem Zeitpunkt wird der Kuchen angeschnitten.
Ehrengäste waren Chief Joseph (zu ihm schreibe ich Euch später noch etwas) und ein Vertreter von SYTO (der Agentur, die mich in mein Projekt vermittelt hat).
Wir haben ausgelassen getanzt - ich bin begeistert über so viel Beweglichkeit, Ausdauer, Rhythmusgefühl - - - da kann ich leider nicht mithalten!
Um kurz vor 20.00 Uhr hat meine Gastmutter befunden, dass es jetzt dann auch reicht. Wir haben dann in der Familie noch eine Fanta zusammen getrunken und meine Geschenke ausgepackt. Ich bekam vier weiße Taschentücher - die Farbe weiß steht für Happieness - ich bin mir sicher, dass dies ein glückliches Jahr wird - es hat schon sehr gut und mit viel innerem Frieden angefangen! Außerdem gab es zwei Geburtstagskarten. In Langbinsi gibt es so etwas nicht zu kaufen - eine Krankenschwester ist extra nach Walewale gefahren (18 Meilen) um sie für mich zu besorgen. Außerdem gab es Bisquites und Bonbons. Ein schönes Fest - und noch heute (eine gute Woche später) rufen mir die Kinder Happy Birthday entgegen! Mit Sicherheit ein Geburtstag, an den ich mich gerne zurückerinnere!

© Sabine Valentin, 2011
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Die Reise
 
Worum geht's?:
9 Wochen Ghana - 5 Tage Accra - 2 Monate Langbensi
Details:
Aufbruch: 18.12.2011
Dauer: 9 Wochen
Heimkehr: 19.02.2012
Reiseziele: Ghana
Weihnachten
Der Autor
 
Sabine Valentin berichtet seit 12 Jahren auf umdiewelt.
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