Heilige Kühe und GoGo-Girls

Reisezeit: Januar - Juli 2004  |  von Ralf Knochner

uttaranchal: die ersten beiden wochen in uttaranchal

Die Region Uttaranchal, östlich von Rishikesh.

Die Region Uttaranchal, östlich von Rishikesh.

die fahrt beginnt früh, denn das wird ein langer tag. die strecke windet sich um den bedeutendsten nationalpark indiens - dem corbett nationalpark - hoch in die berge. das gefühl mit sozia auf dieser maschine und in diesem land ist etwas ungewohnt, aber monique wiegt mit gepäck ja nur 50 kg. wir tuckern beständig durch pinienwälder (die briten haben die anderen bäume gefällt, denn aus pinien kann man etwas gewinnen, was damals wohl selten und teuer war .... da könnt ihr mal recherchieren) und es riecht sehr intensiv nach nadelbaumöl!? nach etlichen teepausen und wunderschönen ausblicken kommen wir zur ersten zwischenstation - ranikhet auf 1900 m. eine kleinstadt, hat aber einen golfplatz .... ja, wo die briten mal waren bleibt immer was zurück.
wir beschließen, hier zu übernachten und als wir gerade beim abendessen sitzen, bricht der erste regen über die stadt herein. nein, nicht nur so ein wenig, sondern gleich so heftig, dass ich schon glaube, das restaurant fliegt auseinander. türen werden aufgeweht, ein fenster geht zu bruch, es donnert und blitzt. für den weg zurück nutzen wir eine regenpause und mir wird schlagartig klar, dass ich auf regen überhaupt nicht eingestellt und deshalb auch nicht entsprechend ausgerüstet bin. die reise war, wie wohl häufig in indien, ganz anders geplant. na gut, was soll's, dann muss ich eben ab jetzt verstärkt auf das wetter achten und mir bei gelegenheit noch etwas wetterfestes kaufen.
ansonsten ist es mal wieder zeit für die üblichen verdauungsprobleme. ja ja, indien ..... auch bekannt als das land der tausend abführmittel. besonders lustig ist es, nachts auf eine siffige toilette gehen zu müssen, wenn gerade stromausfall ist. selten so gelacht!

glocken an einem tempel in ranikhet.

glocken an einem tempel in ranikhet.

in almora kommen wir trocken an und nehmen ein etwas besseres zimmer mit warmer dusche und fernseher. eine gute wahl, denn der regen lässt nicht lange auf sich warten. ich nutze die zeit, um meine wunden zu versorgen. gerade als wir nach almora reingefahren waren, kam mir ein bus entgegen, natürlich auf voller straßenbreite. neben mir ein 40 cm tiefer abwassergraben und dann eine wand, das motorrad voll beladen. ich komme ins kippen als ich dem bus ausweiche und um schlimmeres zu verhindern muss ich mich bei halber fahrt dreimal von der wand abstoßen, um mich wieder zu stabilisieren. dementsprechend schaut die hand jetzt aus.

der baum des monats.

der baum des monats.

zumindest kommen gute filme (es gibt mindestens drei englischsprachige sender, die filme und serien zeigen), aber langsam nervt es mich, dass monique sich bei jeder gelegenheit einen joint drehen muss. erstens bin ich nichtraucher, zweitens sehr müde und drittens immer noch ein wenig kränklich.
der regen in almora hört selten auf und auf einer kleinen ausflugsfahrt in das benachbarte "kasar devi" erwischt es mich auch. diese regenfälle sind angeblich die ersten in diesem jahr und sicher dringend nötig für die landwirtschaft, aber als tourist könnte ich gerne darauf verzichten. und so bleibt mir almora in erinnerung als die stadt, in der die zitronen blühen, aber leider die wäsche nie trocken wird.

blick vom balkon über almora.

blick vom balkon über almora.

die ausflugsfahrt nach "kasar devi" hat sich aber gelohnt, denn der ort hat mir so gut gefallen, dass ich beschlossen habe, für ein paar tage dahin zu ziehen. monique gefällt es dort ebenfalls, aber sie will in ein anderes gästehaus. das ist ganz ok so, denn so gern ich sie auch habe, manchmal nervt sie auch (na ja, wer tut das nicht?). eine ihrer nervigen eigenschaften kommt in lokalen zum tragen. die armen leute dort haben es furchtbar schwer, es ihr rechtzumachen. erst fällt sie durch zig sonderwünsche auf und dann passt natürlich das eine oder das andere nicht. zugegeben ... ich bin anspruchslos und erwarte nichts großartiges, deshalb bin ich meistens zumindest nicht enttäuscht.

abendstimmung.

abendstimmung.

kasar devi liegt auf knapp über 2000 m und muss bis vor ein paar jahren noch ein geheimtipp gewesen sein. das kann man jetzt wohl nicht mehr behaupten .... es sei denn, man übersieht die 50 israelis. die unterkünfte sind meistens sehr einfach (also nur bett mit matraze und indisches klo im garten) oder superteuer (etwa 100 euro die nacht, z.b. www.kalmatia-sangam.com). ich habe mir viele gästehäuser angesehen und mich schlussendlich über einem tibetischen lokal einquartiert. zum ersten mal probiere ich "momos" und "thupka", letzteres ist eine suppe und ersteres eine teigtasche mit füllung. schmeckt lecker und ist für jede tageszeit geeignet.

itai und aya.

itai und aya.

auf einem ausflug in eines der internetcafés von almora treffe ich zufällig auf das israelische pärchen aus udaipur, itai und aya. die beiden waren mir ja damals schon sehr symphatisch und ich besuche sie in ihrem hotel. der eigentümer des hotels, mr. shah, ist ein sehr eigentümlicher, exzentrischer und alter mann, aber auch lustig und interessant (mehr von mr. shah im nächsten Kapitel). während des gesprächs überzeuge ich itai und aya, auch nach kasar devi zu kommen und wie es der zufall will, wird in meinem gästehaus an diesem tag auch noch die "einliegerwohnung" frei. alles passt und wir ziehen zu dritt dort ein. ein relativ großes wohnzimmer, zwei getrennte schlafräume, ein küche, ein eignes bad mit warmwasser (!) und sogar ein ofen. das ist göttlich. leider fängt es wieder an zu regnen und es wird - auf 2000 m nicht weiter verwunderlich - sehr kalt. jetzt macht sich der ofen bezahlt und ich genieße die warmen duschen. wir spielen karten, machen kurzausflüge, schnipseln salate und unterhalten uns. die gespräche sind für mich sehr interessant und gerade die kombination "deutscher/israelis" beinhaltet einige erhellende momente.
itai erweist sich als sehr sprachinteressiert und schnappt sich mein hindi-selbstlernbuch. ich habe es jetzt seit fast einem monat und bin immer noch nicht über seite 5 hinausgekommen. er ist schon nach einer stunde doppelt so weit und am nächsten tag finde ich einige blätter mit hindi-schreibübungen am boden. ich schenke ihm das buch, so kann es wenigstens seine bestimmung erfüllen. monique besuche ich fast täglich und als sie nach delhi fahren muss, fällt die verabschiedung sehr herzlich aus.

der regen hat auch sein gutes, denn danach ist die aussicht noch besser als sonst und zum ersten mal erblicke ich das himalayagebirge. na ja, zumindest in halber pracht, aber immer noch schön genug, um mit offenem mund dazustehen.
die zeit scheint jetzt schneller zu vergehen und das wetter bessert sich merklich. itai und aya wollen weiterziehen, ich bleibe noch ein wenig. wir verabreden uns in einer anderen stadt und werden auf jeden fall in kontakt bleiben. die beiden sind ein tolles paar und ich habe die zeit mit ihnen genossen. nachdem ich jetzt für fast 2 wochen meine unterkünfte mit anderen menschen geteilt habe, freue ich mich sogar wieder auf ein wenig einsamkeit.

nach 4 tagen almora und 8 tagen kasar devi genieße ich nochmal die aussicht bei einem stück kuchen und einem tee, bevor ich mich bei strahlendem sonnenschein wieder auf die socken mache.

blick auf den himalaya von kasar devi.

blick auf den himalaya von kasar devi.

© Ralf Knochner, 2004
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Die Reise
 
Worum geht's?:
. := Auf einer Enfield Bullet durch den Norden Indiens := . . Den zweiten Teil der Reise findet ihr in der Rubrik Südostasien/Laos unter "Dauerlächeln und Bombenstimmung - der Fortsetzungsroman in Südostasien". Bis jetzt ist erst der Teil über Laos fertig, Kambodscha folgt noch.
Details:
Aufbruch: Januar 2004
Dauer: 6 Monate
Heimkehr: 18.07.2004
Reiseziele: Indien
Jaipur
Udaipur
Jaisalmer
Leh
Der Autor
 
Ralf Knochner berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Ralf sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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