Heilige Kühe und GoGo-Girls

Reisezeit: Januar - Juli 2004  |  von Ralf Knochner

himachal pradesh: am rande erzaehlt

inner line permit

fuer manche strecken oder orte in indien braucht man eine besondere erlaubnis. fuer einen abschnitt der hindustan-tibet-strasse auch, konkret zwischen jangi und sumdho. warum man eine solche erlaubnis braucht, verschliesst sich mir. weder werden weitere informationen ueber die antragsteller eingeholt, noch werden die angaben ueberprueft. als adresse gebe ich bei solchen gelegenheiten deshalb meistens "wohnzimmer 69, 0815 sonstwo" an. indische beamte uebertragen diese angaben dann sorgfaeltig in die benoetigten formulare, teilweise muss ich alles noch buchstabieren. dabei mache ich natuerlich immer ein sehr ernsthaften eindruck.
die meisten "inner line permits" gibt es aber gar nicht mehr bei behoerden, sondern bei reisebueros. das koennte man als eine einzige indische arbeitsbeschaffungsmassnahme beschreiben. es gibt reisebueros, die vermutlich noch nie auch nur eine einzige reise vermittelt haben, sondern sich darauf beschraenken die benoetigten formulare auszufuellen und das geld zu kassieren. in den spaeten abendstunden sieht man dann den betreffenden beamten mit dem "reisebuerotypen" spazierengehen, vermutlich zur gelduebergabe.
ausgestattet mit dieser erlaubnis mache ich mich auf den weg. es gibt auch keine probleme bei den kontrollen, aber der soldat in sumdho will es ganz genau wissen. abgesehen von der polizeikontrolle nahe delhi ist das das einzige mal, das sich jemand dafuer interessiert meinen fuehrerschein zu sehen. das ist aber noch nicht alles. er kontrolliert die zulassung, die gestellnummer, will den besitzer wissen und vieles mehr. das alles geht natuerlich in der ueblichen geschwindigkeit des indischen subkontinents von statten. na ja, was solls, ich bin jung, ich kann warten. abschliessend biete ich ihm noch das geburtsdatum meines goldhamsters und die schuhgroesse meines bruders an, aber erstaunlicherweise will er das nicht notieren. ja, ja, raetselhaftes indien.

die jeeptour

yoram (fuer israelis ist schnee oder eis was ganz tolles weil aussergewoehnlich).

yoram (fuer israelis ist schnee oder eis was ganz tolles weil aussergewoehnlich).

ich war wirklich hocherfreut yoram in kazaa wiederzutreffen. die verabschiedung in kalpa hatte ich irgendwie versaeumt und das war schade, denn ich mag seine ruhige art. er lud mich ein mit ihm eine jeeptour zu machen, mit mud als ziel, das momentan letzte im pin valley erreichbare dorf. genau daran war ich mit dem motorrad gescheitert, weil ich ihn zwei wasserlaeufen steckenblieb. die fahrt verlaeuft problemlos, aber wir wundern uns beide, dass der fahrer unseres jeeps einem anderen jeepfahrer nicht helfen will, der in den selben fluten wie ich steckengeblieben ist. ja, so sind leider die indischen autofahrer (zumindest anderen indischen fahrern gegenueber), ruecksichtslos bis ins mark. hupen, blenden, draengeln, aber niemals zuerst bremsen. das ist jetzt aber ein anderes thema.

in mud angekommen staunen wir beide ueber die vielen unterkunftsmoeglichkeiten, aber mud ist, das erfahren wir dort, anfangs- oder endstation fuer trekkingtouren. die aussicht fand ich, verglichen mit den tagen davor eher durchschnittlich, was aber auch an dem wolkenverhangenen himmel gelegen haben koennte. irgendwann setzten wir uns dann in`s grass und unterhielten uns. ich war ein wenig erstaunt, als mir yoram sagte, ich haette sein bild von deutschen veraendert. bis zu dieser reise habe er deutschen immer sehr kritisch, ja abneigend gegenuebergestanden und wollte nicht viel mit ihnen zu tun haben. das ist schon komisch. ich haette nicht gedacht, dass juedische israelis dieser generation deutschen noch so ablehnend gegenueberstehen. und ich haette noch weniger vermutet, dass ausgerechnet ich ein solches bild korrigieren koennte. ich bin ja nicht mal in deutschland geboren und - das ist jetzt bitte ganz neutral gemeint - denke nicht, das ich ein typischer deutscher meiner generation bin (falls es das ueberhaupt gibt). vielleicht hoffe ich das aber auch nur, beseelt von dem wunsch nach einzigartigkeit. das habe ich yoram natuerlich nicht gesagt, denn einerseits war ich froh, dass er jetzt ein ein wenig positiveres bild von deutschen hat und andererseits habe ich seine ausfuehrungen "natuerlich" als kompliment aufgefasst ...... och, ich denke das kann ich jetzt mal so stehenlassen

ihre heiligkeit

dalai lama.

dalai lama.

der dalai lama. er besuchte die kloester in spiti und umgebung fuer eine woche und deshalb wurden alle kloester rausgeputzt und die wege geteert. fuer drei tage gab er im kloster kungri, das liegt im pin valley, sog. unterweisungen (teachings), jeweils von 8 -12 uhr. da die meisten der einwohner der gegend buddhisten sind, war klar, das es voll werden wuerde.

um im folgenden absatz nicht missverstanden zu werden und besser verstehen zu koennen warum ich folgendes sage, sollte man wissen das ich atheist bin, der sich manchmal als agnostiker tarnt, um diskussionen zu vermeiden. der dalai lama ist mir sehr symphatisch und vieles von dem was er zu sagen hat ist beachtenswert. die quote meiner zustimmung zu seinen in den medien publizierten aussagen liegt bei 99% (der papst kommt da bei mir vielleicht auf 30%). auch die religion des buddhismus erscheint mir, weil recht undogmatisch, als ein eher kleines uebel dieser welt. buddhisten sind ja nicht unbedingt friedfertiger (siehe die geschichte tibets und sri lankas, aber zumindest treibt sie kein missionierungsgedanke). nun aber zurueck zum geschehen.

kaza fuellte sich zusehends und die jeeps und busse waren ausgebucht. wo der dalai lama ist, da koennen westler allerdings nicht weit sein. er hat ja sehr viele anhaenger in aller welt, aber viele der leute, die ich hier gesehen und mit denen ich kurz gesprochen habe, scheinen ihm nachzureisen wie kleine hunde. das kann ich nun nicht unbedingt verstehen. ganz zu schweigen davon, dass sich manche dieser seiner anhaenger auch noch fuer die besseren buddhisten, vielleicht sogar die besseren menschen halten. ich konnte in kungri einen amerikaner beobachten, der sich beim auftauchen des dalai lama vor ehrfurcht fast bepisst haette und wenn der platz nicht so voll gewesen waere, dann haette er sich vermutlich baeuchlings hingeworfen. dann gab es noch die englaenderin, die einem jungen maedchen erklaerte, sie muesse erst gar nicht nach tabo (dem ort der naechsten unterweisung) gehen, "das koenne man nur verstehen, wenn man schon mindestens 10 jahre buddhist ist". das nenn ich ueberheblich. ein franzoesischer bekannter erzaehlte mir, wie er fast von den westlichen anhaengern gelyncht worden waere, weil er es gewagt hat, mit der kopie eines gerade ausgeteilten gebetes etwas reis vom boden zu schaufeln.

all diese kritik hat aber selbstverstaendlich nichts mit dem dalai lama zu tun. seine anhaenger kann man sich nun mal nicht immer aussuchen und vermutlich tue ich manchen auch unrecht.

die veranstaltung an sich war natuerlich schon recht interessant. direkt vor ihm waren die moenche des klosters kungri, auf seiner einen seite die hohen wuerdentraeger seines ordens (gelbmuetzen), auf der anderen ausgesuchte westler und auf dem restlichen grund die normale bevoelkerung (der poebel?). die meisten westler, aber auch einige inder hatte radios am ohr kleben, aus denen die worte des uebersetzters drangen. um den platz herum war ein markt aufgebaut, es gab kleine lokale und fuer mich am interessantesten: viele moenche aus allen moeglichen kloestern und menschen in lokaler tracht.
leider war auch viel polizei und armee da, nicht zu vergessen die bodyguards des dalai lama. einen davon durfte ich naeher kennenlernen, als er mir sein sprechfunkgeraet in die nieren rammte. moegen tausend kamelfloehe seinen arsch befallen.

bei der unterweisung des dalai lama.

bei der unterweisung des dalai lama.

im gebet versunken.

im gebet versunken.

glaeubige buddhisten.

glaeubige buddhisten.

© Ralf Knochner, 2004
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Die Reise
 
Worum geht's?:
. := Auf einer Enfield Bullet durch den Norden Indiens := . . Den zweiten Teil der Reise findet ihr in der Rubrik Südostasien/Laos unter "Dauerlächeln und Bombenstimmung - der Fortsetzungsroman in Südostasien". Bis jetzt ist erst der Teil über Laos fertig, Kambodscha folgt noch.
Details:
Aufbruch: Januar 2004
Dauer: 6 Monate
Heimkehr: 18.07.2004
Reiseziele: Indien
Jaipur
Udaipur
Jaisalmer
Leh
Der Autor
 
Ralf Knochner berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Ralf sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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