Taiwan für ein halbes Jahr

Reisezeit: November 2009 - Mai 2010  |  von Michael Geiger

Taipei Woche 3

Jetzt bin ich schon seit 3 Wochen hier und habe mich langsam eingelebt. Hmmm was gibt's denn alles zu erzählen....?
Manche von euch haben vielleicht mitbekommen, dass ich für meine Diplomarbeit auf dem Gebiet von Brennstoffzellen forschen wollte. Hat sich jetzt aber geändert, nachdem ich mir die Situation im Labor angeschaut hab und noch dazu das Angebot bekommen habe, mich mit Lithium-Ionen-Akkus zu beschäftigen, hab ich mich dafür entschieden. Ich werde mich also die nächsten 5 Monate mit Elektrolytadditiven für Lithium-Ionen-Akkus rumschlagen. Ist mal richtig interessant, morgen werde ich meinen ersten eigenen Akku basteln! Das ist genau das richtige für mich!!!

Hauptcampus der Tatung University, studieren unter Palmen

Hauptcampus der Tatung University, studieren unter Palmen

Da isser!

Da isser!

Meine Uni ist auch klasse, die Leute sind alles super nett und versuchen mir zu helfen, wo es nur geht. Ein kleines Problem ist allerdings, dass entgegen meinen Erwartungen nur weniger als die Hälfte der Studenten so gut englisch sprechen können, dass man sich auch einigermaßen mit ihnen unterhalten kann. In den Geschäften usw. schaut es natürlich noch viel viel schlechter aus, aber bisher habe ich immer das bekommen was ich wollte, mit Händen, Füßen und Wortbrocken kommt man eigentlich ganz gut durch.
Wen es von euch interessiert, wo ich genau Wohne und um die Ecken ziehe, der kann mal auf http://maps.google.de/ gehen und dort in das Adressfeld folgende Koordinaten eingeben:
25.067508,121.523431
Das Gebäude unter dem Zeiger ist mein Wohnheim. Direkt darunter in dem länglichen Gebäude ist mein Labor und links davon, über der großen Straße ist der Campus von meiner Uni.
Was hier richtig auffällt, ist das die Schüler alle Schuluniformen tragen müssen. Das kann manchmal richtig lustig sein, wenn einem in der MRT (U-Bahn) auf einmal eine ganze Horde von Mädels mit Minirock und Kniestrümpfen entgegenkommt, dann fühlt man sich auf einmal wie mitten in einem Sailor Moon Comic. Die Schüler von der Tatung Highschool haben die absolute Arschlochkare gezogen, die müssen orangene T-Shirts und schwarz-orange Jogginghosen tragen, schaut immer aus, wie ne Gruppe Sträflinge auf Hofgang, wenn die unterwegs sind.

Mein Wohnheim

Mein Wohnheim

Über allem thront das Grand Hotel, in meinem viertel von überall aus zu sehen

Über allem thront das Grand Hotel, in meinem viertel von überall aus zu sehen

Nach langem Suchen hab ich jetzt auch endlich ne ordentliche Strecke zum Laufen gefunden. Am Anfang war ich ziemlich frustriert, weil in der Umgebung von meinem Wohnheim alle Parks und Wege aufgerissen und umgebaut werden. Ab Anfang Juni 2010, also genau dann wenn ich abgereist bin eröffnet nämlich genau hier die Flora Expo (so ne Art Landesgartenschau auf Weltebene) und deswegen wird hier alles umgegraben. Die begehbare Strecke führt mich jetzt immer in den Norden zum Keelung River und dann in Richtung Westen am Fluss entlang, da ist man dann auch einigermaßen weg von den Autoabgasen und dem Smog, die das Laufen direkt in der Stadt unmöglich machen. Nach 20 km ist man dann am Pazifik und kann baden.... man muss ja Ziele haben

Der Verkehr hier ist auch extrem. Gefühlt gibt es zwei Arten von Straßenverkehrsmittel: Roller und Taxis. (Nein Katrin hier gibt es keinen Taxis, das ist die Mehrzahl von Taxi ) Die Roller sind so Zahlreich, dass zur Hauptverkehrszeit oft mehrere Hundert Roller vor einer roten Ampel gleichzeitig warten. Und die fahren wie die Henker! Deshalb hat es mich nicht verwundert, dass ich gleich in der ersten Woche hier zweimal Zeuge davon wurde, wie ein Rollerfahrer an einem Taxi bzw. Bus zerschellt ist. Diese Bilder waren mir natürlich immer im Kopf, als ich als Sozius mit James, meinem "BetreuungsTaiwanesen" trotz heftiger Gegenwehr meinerseits auf einem Roller zur Immigrationsbehörde fahren musste. Meiner Meinung war diese Fahrt nicht nötig, da ich ein für mich passendes Visum für meinen Aufenthalt hier habe, nur leider waren die von der Uni hier anderer Meinung. Also musste ich Todesängste ausstehen, als wir zusammen durch Taipei über 8 Spurige Straßen geslalomt sind. Das muss man gesehen haben, wie irre die hier zwischen den Autos rumkurven! Heil bei der Behörde angekommen, seitenweise Anträge ausgefüllt, Passphotos machen lassen, um dann vom zuständigen Beamten zu erfahren, dass ich doch ein passendes Visum hab und keine MRC brauche!!!!! Habs doch gesagt! Hilft aber alles nix, wir mussten wieder zurück, diesmal hats zusätzlich auch noch geregnet. Wieder Todesängste! Davon, dass Straßenmarkierungen bei Regen unglaublich rutschig werden können hat hier wohl noch nie jemand gehört. Also Vollgasslalom zurück. Ich war mal richtig froh, als wir dann wieder heil am Wohnheim angekommen sind.

Als mir letztens ein Kollege aus dem Labor angeboten hat, mich hinten auf seinem Roller mit zum Bätscha (Badminton) zu nehme hab ich dankend abgelehnt und bin lieber zur Halle gelaufen...

Fahren wie die Henker aber panische Angst vor Schweinegrippe haben... so sind se halt! Ich hab ja schon gedacht, die Kanadier übertreiben es mit der Panik vor der Schweinegrippe, aber hier drehen se alle am Rad. Bevor man die Universität, das Wohnheim, Behörden... betreten kann wird hier erstmal bei jedem Fieber gemessen. Bei uns hier meistens mit einem Berührungslosen Stirnthermometer. Wer Fieberfrei ist, der bekommt nen Punkt verpasst, dass man am gleichen Tag nicht nochmal gemessen werden muss. Hier an der Uni muss sogar jeder Student (außer den internationalen ) im Internet seine Körpertemperatur eintragen. Wer es 3 mal vergisst, fliegt raus. Krass oder? Bei uns im Wohnheim steht mittlerweile eine Infrarotkamera, die automatisch bei jedem, der vorbei läuft die Temperatur misst. Ist die zu hoch, erklingt ein Alarmton und der Security Man kommt angerannt. Ist immer richtig lustig, wenn wir mit heißem Essen Heimkommen und das Ding los geht... Dass hier wirklich die Hälfte der Leute mit Gesichtsmaske rumlaufen brauch ich euch ja bestimmt nicht mehr erzählen. Bisher hab ich hier auch noch niemandem erzählt, dass ich die "Killergrippe" schon gehabt habe, ich glaub dann würde um mich herum Panik ausbrechen

Apropos Essen: Irgendwie muss man ja den Magen voll bekommen, darum habe ich es mittlerweile zur Sportart erhoben, einfach zu einem Essensstand zu gehen, auf irgendein Gericht in der Karte zu zeigen und dann hoffen, dass es auch für mich genießbar ist. Ehrlich gesagt habe ich bisher alles essen können, mal mit mehr und mal mit weniger Enthusiasmus. Es ist immer wieder spannend, ob ich das, was ich bekomme identifizieren kann oder nicht. Mittlerweile kann ich immerhin schon eine Erfolgsquote von hervorragenden 50% vorweisen! Damit sich das aber auch mal ändert habe ich mich jetzt zu einem chinesisch Kurs angemeldet. Der geht mal richtig ab, in der erste Woche werde ich gleich mal 8 Stunden Unterricht haben, mal schauen ob es bei mir Sprachlegastheniker auch was hilft.

Mittlerweile habe ich natürlich auch damit angefangen, die Stadt bei Nacht unsicher zu machen, leider wird ja das Wohnheim wie bereits beschrieben immer um halb 12 nachts abgesperrt, drum ist das nicht ganz so einfach. Ein weiteres Problem ist, dass die anderen internationalen Studenten hier ziemlichen Trantüten sind, die abends einfach nicht weggehen wollen! Aber das kann mich natürlich nicht stoppen, deswegen bin ich einfach alleine los, nachdem ich ausnahmsweise verspätete Türöffnung beim Sicherheitsdienst von Wohnheim beantragt hab.
Zuerst bin ich n bisschen durchs nächtliche Taipei geschlendert und hab mich nach ner Kneipe umgeschaut. Leider hab ich aber nichts passendes gefunden. Also hab ich ein paar junge Leute gefragt, wo man denn noch gepflegt weggehen kann. Die haben mich dann in ein Taxi gesetzt, dem Taxifahrer gesagt, wo es hin geht und der hat mich dann ins Lexy gebracht. Mittlerweile weiß ich, dass das der Nobeldiscoschuppen von Taipei ist, aber es war trotzdem richtig lustig da. Am Eingang war eine ewig lange Schlange und vorne sind richtig viele wieder weggeschickt worden, waren wohl nicht gut genug angezogen (!!!?? . Als mich dann ein Security hinten an der Schlange erspäht hatte isser hergekommen und hat mich einfach ganz nach vorn geschoben (ich hab mir schon gedacht, der kommt her und schickt mich weg) und schon war ich drinnen. Mit dem Aufzug gings dann hoch in die 8 Etage und da war dann ordentlich Disco. Wow die geben sich da mal richtig Mühe, mit Bühnenshow, Feuershow, Barkeepershow, Bunnyshow......... und die Einrichtung war glaub auch nicht vom Sperrmüll! Ach ja mich hat dann auch noch so n Typ von der Disse angesprochen, hat mir seine Karte in die Hand gedrückt und mir gesagt, dass ich ihn das nächste mal anrufen kann bevor ich komm, dann setzt er mich auf die Gästeliste und reserviert mir einen Tisch, yeah! Und dann war da noch ne Polizeirazzia, Licht ging, Musik ging aus und es wurde keinem wurde mehr Bier verkauft, außer mir ich glaub die mögen Langnasen!!!! Ich hab mich mit total vielen netten Leuten unterhalten und wurde ständig auf irgendwelche Drinks Eingeladen. Um vier hatte ich dann genug, ich hab mich in ein Taxi fallen lassen und bin heimgefahren worden. Zum Glück hab ich immer einen Zettel dabei, auf dem auf chinesisch meine Adresse steht, die Taxifahrer können hier alle nicht englisch, (James: Sonst wären se nicht Taxifahrer geworden) sonst wird's schwierig heimzukommen.

Hauptbahnhof von Taipei

Hauptbahnhof von Taipei

Der ganz normale Werbewahnsinn, leider kann man es auf dem Photo nicht blinken sehen!

Der ganz normale Werbewahnsinn, leider kann man es auf dem Photo nicht blinken sehen!

Taipei von dem Yoanshan Mountain aus. Natürlich im Smog. Zu sehen sind von unten: Flora Expo Baustelle, Stadtflughafen, 101

Taipei von dem Yoanshan Mountain aus. Natürlich im Smog. Zu sehen sind von unten: Flora Expo Baustelle, Stadtflughafen, 101

Der mobile Wertstoffhof von Taipei

Der mobile Wertstoffhof von Taipei

© Michael Geiger, 2009
Du bist hier : Startseite Asien Taiwan Taipei Woche 3
Die Reise
 
Worum geht's?:
Ich verbringe ein halbes Jahr in Taipei, Taiwan um dort meine Diplomarbeit an der Tatung University zu schreiben. Hier habt Ihr die Möglichkeit zu erfahren, was ich alles so erlebt habe und wie es ist, in Taiwan zu leben.
Details:
Aufbruch: 04.11.2009
Dauer: 6 Monate
Heimkehr: Mai 2010
Reiseziele: Taiwan
China
Der Autor
 
Michael Geiger berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.